Einleitung
Einleitung
Telomere und Telomerase
Vor 40 Jahren arbeitete ein engagierter Forscher namens Leonard Hayflick am Wistar
Institut in Philadelphia mit Kulturen verschiedener Körperzellen. Man ging zu dieser
Zeit davon aus, dass man Zellkulturen in optimalen Medien unendlich lange am Leben
halten könne. Hayflick musste aber feststellen, dass ihm über kurz oder lang alle
Zellkulturen eingingen, was auch immer er unternahm. Alle frischen Zellen, die er
seinen Kulturen hinzufügte, machten eine festgesetzte Zahl von Teilungen durch. Danach
ließen sie sich durch nichts mehr zur Replikation bringen und starben ab. Zur damaligen
Zeit erntete der junge Wissenschaftler nicht wenig Spott, weil er offensichtlich irgendetwas
übersehen hatte. Heute ist seine erste Arbeit über die replikative Seneszenz ein anerkannte
Klassiker [1 ]. Die Grenze der Zellteilungsfähigkeit wird nach ihm als „Hayflick-Limit” bezeichnet.
Fibroblasten von Feten teilen sich unter Kulturbedingungen höchstens 80-mal, die von
Greisen weniger als 20-mal. Genaue experimentelle Beobachtungen zeigten, dass die
Chromosomenenden, die so genannten Telomere, bei der Zellteilung allmählich kürzer
werden. Ihre Restlänge scheint die Zahl der noch möglichen Teilungen zu bestimmen
[2 ]. Theoretische Überlegungen von James D. Watson, dem Entdecker der DNA-Struktur näherten
sich dem Replikationsproblem in den siebziger Jahren von der molekularbiologischen
Seite [3 ]. Bei jeder Zellteilung, bei der die chromosomale DNA verdoppelt wird, teilen sich
zunächst die beiden Elternstränge der DNA zur Replikationsgabel auf. Es entstehen
zwei Matrizen, die die Sequenz der Tochterstränge festlegen. Am Replikationsursprung
lagert zunächst ein kurzes RNA-Stück als Starter (Primer) an. Dieser wird dann an
seinem freien 3'-Ende durch die DNA-Polymerasen um die komplementären Nukleotide verlängert.
Da alle Polymerasen in Eukaryonten nur in 5' > 3' - Richtung lesen, erfolgt die Synthese
an einem Strang kontinuierlich und an der 3';- 5'-Gegenseite in Bruchstücken, den
Okazakifragmenten, die durch Polymerasen zusammengefügt werden müssen. Da der Primer
abschließend wieder enzymatisch entfernt wird, verbleibt am 5'-Strangende eine Lücke,
die nicht aufgefüllt werden kann. Es fehlt eine freie 3'-DNA um einen Primer anzulagern
(Abb. [1 ]). Auf diese Weise wird das Telomer bei jeder Teilung unvermeidbar um einige Basenstücke
kürzer [4 ]. Lägen an diesen chromosomalen Endstücken relevante Exons, würde die Translationsmatrize
zerstört, und es käme zu zellulären Fehlfunktionen. Alle untersuchten Zellen haben
jedoch an ihren Enden repetitive Sequenzen, die offensichtlich nur die eine Funktion
haben, die Chromosomenenden zu schützen. Diese genfreien Schutzkappen verhindern z.
B. Fusionen und Translokationen. Am Ende humaner Chromosomen finden sich ca. 2000
Wiederholungen der Sequenz TTAGGG. Jede Zellteilung führt nun zum Verlust einiger
Wiederholungsabschnitte dieser Schutzkappen-Basen. Da deren Zahl groß, aber dennoch
endlich ist, ergibt sich das anschauliche Bild von der „Uhr des Lebens” die unaufhaltsam
abläuft. Die Telomere des Menschen verkürzen sich bei jeder Mitose um 25 bis 200 DNA
Basen. Bei Erreichen einer kritischen Länge von ca. 6 Kb tritt die somatische Zelle
in die Seneszenz [5 ]. Sie teilt sich nicht mehr und stirbt schließlich ab (Abb. [2 ]). Das Fibroblastensterben von Len Hayflick hat damit eine Erklärung gefunden. Es
ergibt sich aber ein neues Phänomen. Mindestens zwei Zellarten scheinen sich nämlich
dem Hayflick-Limit zu entziehen: Keimzellen und Tumorzellen. Beide können sich offensichtlich
unbegrenzt teilen. Sie scheinen das Endreplikationsproblem zu umgehen, oder, um das
Bild noch einmal zu verwenden, einen Trick gefunden zu haben, die „Uhr des Lebens”
immer wieder aufzuziehen. Carol Greider und Elizabeth Blackburn fanden 1985 die Lösung
dieses Rätsels [6 ]. Sie identifizierten ein erstaunliches Enzym, eine Telomer-Terminal-Transferase
(Telomerase). Die Telomerase ist eine reverse Transkriptase, die über ein eigenes
RNA-Matrizenstück mit dem internen Gegenstück zu den telomeren TTAGGG-Sequenzen verfügt.
Der katalytische Proteinanteil der Telomerase (hTERT) kann mit seiner eigenen Matrize
(hTR) den kritischen DNA-Abschnitt synthetisieren und ihn den chromosomalen Endstücken
anlagern. Zellen, die Telomerase aktivieren können, sind unbegrenzt teilungsfähig.
Diese Immortalisierungsfähigkeit hat der Telomerase auch die Bezeichnung „Unsterblichkeitsenzym”
verschafft.
Abb. 1 Das Endreplikationsproblem entsteht, weil Polymerasen nur in 5'-3'-Richtung ablesen
können. Am 5'-Ende eines Tochterstranges fehlt zum Schluss ein Primer. Der Tochterstrang
wird bei der Zellteilung um ein Telomerstück kürzer.
Abb. 2 Mit jeder Zellteilung verkürzen sich die Telomere. Wenn die chromosomalen Endstücke
eine kritische Untergrenze erreicht haben, sistiert die Teilungsfähigkeit. Falls,
wie im Fall von Tumorzellen Telomerase aktiviert werden kann, sind weitere Teilungen
möglich.
Tumorzellen und Telomerase
Die Seneszenzforscher und die Tumorbiologen haben sich in den letzten Jahre intensiv
mit der Telomerase beschäftigt [7 ]. Während die einen Wege suchen, durch Aktivieren oder gar Zuführen von Telomerase
das Altern aufzuhalten [8 ], suchen die anderen nach Möglichkeiten, die Telomeraseaktivität von Tumorzellen
zu neutralisieren, um ihnen die Immortalität zu nehmen [9 ]
[10 ]
[11 ]. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Telomerlängen von Krebszellen relativ kurz
aber stabil sind. Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen gesteigerter Proliferationsrate,
Entartung und Telomeraseaktivität [12 ]. Die z. Z. favorisierte Hypothese ist, dass eine schnelle Verkürzung der Telomerlänge
bei den mitosereichen Tumorzellen die Aktivierung der Telomerase triggert. Dem p53
kommt wahrscheinlich eine Sensorfunktion zu [13 ]. Durch Hochregulation der hTERT mRNA wird die reverse Transcriptase aktiv und die
replikative Seneszenz der Tumorzellen wird umgangen. Sie gewinnen unbegrenzte Teilungsfähigkeit
[7 ].
In den allermeisten Malignomen konnte inzwischen Telomeraseaktivität nachgewiesen
werden [14 ]
[15 ]
[16 ]. In Operationspräparaten von Bronchialkarzinomen lagen die Raten zwischen 80 % [17 ] und 84 % [12 ]. Es gibt erste Hinweise, dass die Aktivierung von Telomerase mit dem histologischen
Grading korreliert und prognostisch bedeutsam sein kann [18 ]. In einer Gruppe von 103 operierten Patienten war der klinische Verlauf der 85 Telomerase-positiven
schlechter als der der 18 Telomerase-negativen. Von den 32 Patienten mit dem Tumorstadium
T1, die Telomerase-positiv waren, verstarben 8 innerhalb der ersten zwei Jahre. Alle
9 Telomerase-negativen Patienten lebten noch nach vier Jahren [19 ]. Der Test auf Telomeraseaktivität wurde von verschiedenen Arbeitsgruppen zum Tumornachweis
eingesetzt [20 ]
[21 ]
[22 ]. Durch Kombination zweier In-situ-TRAP-Assays konnte die Arbeitsgruppe des Tokyo
Medical College bei 18 von 22 Patienten in bronchialen Spülflüssigkeiten Telomeraseaktivität
nachweisen [23 ]. Mit einem ähnlichen TRAP-Assay fanden britische Kollegen in 16 von 23 BAL-Flüssigkeiten
von Tumorpatienten Telomeraseaktivität. Eine Wiederholung dieser Studie ergab bei
uns vergleichbare Ergebnisse. Segmentbronchusspülungen erwiesen sich jedoch als relativ
umständlich. Wir untersuchten daher, ob gewöhnliche Bürstenbiopsien neben der cytologischen
Untersuchung zur Telomerasebestimmung geeignet sind.
Material und Methoden
Material und Methoden
Patientenkollektiv, Protokoll und Probeentnahme
Insgesamt wurde bei über 100 Patientenproben die Telomerase mit dem PCR-ELISA-Test
bestimmt. Telomeraseaktivität fand sich bei Tumorpatienten in Ergussflüssigkeiten,
Operationspräparaten, Nadelsaugbiopsien, Biopsien von Thorakoskopien und Bronchoskopien.
Nachdem wir genügend Erfahrung mit dem Test gesammelt hatten und Schwellenwerte für
positiv, schwach positiv und negativ ermittelt waren, wurde er eingesetzt bei Patienten
mit Verdacht auf ein peripheres Bronchialkarzinom. Bestimmt wurde die Telomerase in
Bürstenbiopsien. Zur der im Folgenden dargestellten Auswertung kamen nur die Fälle
(47 von 79), bei denen später durch invasive Diagnostik wie Thorakotomie, VATS oder
transbronchiale Biopsie eine eindeutige histologische Diagnose erzielt werden konnte.
Die 47 Patienten (37 männlich, 10 weiblich) mit einem Durchschnittsalter von 61 Jahren
(28- 83 Jahre) wurde wegen Tumorverdacht flexibel bronchoskopiert. Die Bronchoskopie
erfolgte nach ausreichender Lokalanästhesie und Gabe von Midazolam. Die tumorverdächtigen
Stellen (Infiltrate, Rundherde) wurden unter Durchleuchtung sondiert. Zunächst wurde
eine Bürstenbiopsie aus dem korrespondierenden Segment der Gegenseite des Tumorverdachts
entnommen. Verwendet wurden geschützte Bürsten mit einem Durchmesser von 3 mm und
einer Länge von 11 mm (Mill-Rose, Mentor, Ohio, USA). Die Bürste wurde in PBS-Lösung
ausgeschüttelt. Es folgte ein Bürstenbiopsie aus dem tumorverdächtigen Infiltrat bzw.
dem Rundherd unter Durchleuchtung. Dabei wurde vom Untersucher notiert, ob er meinte,
die Struktur unter Durchleuchtung fraglich, sicher oder wahrscheinlich nicht erreicht
zu haben. Die Bürste wurde sofort auf einem Objektträger ausgestrichen und für die
zytologische Untersuchung schnellfixiert. Anschließend wurde die Bürste in einem zweiten
PBS-Röhrchen ausgeschüttelt. Meistens wurde diese Bürstenbiopsie wiederholt, um genügend
Material für die PCR-Untersuchung zu gewinnen. Die Objektträger wurden konventionell
nach Papanicolaou gefärbt und mikroskopisch zytologisch untersucht. Die beiden PBS-Röhrchen
wurden zentrifugiert und gegebenenfalls mit von roten Blutkörperchen befreit. Die
in Lysis-Puffer aufgeschwämmten Zentrifugate wurden mit einem TRAP-Assay auf Telomeraseaktivität
untersucht. Ein Teil des Lysats wurde hitzeinaktiviert und als Negativkontrolle dem
gleichen Test unterzogen.
Telomerasebestimmung
Das Testprinzip des Telomeric Repeat Amplification Protocols (TRAP) wurde erstmals
1994 von Kim u. Mitarb. beschrieben [15 ]. Modifizierte Kits sind von verschiedenen Firmen wie Shugai Pharmaceuticals, Oncor
und Roche-Boehringer erhältlich. Wir verwendeten den T eloTAGGG Telomerase PCR ELISAPlus -Kit von Roche Molecular Biochemicals, Mannheim.
TRAP-Protokoll
Im ersten Reaktionsschritt wird ein biotinmarkierter P1-TS Primer dem nativen Bürstenbiopsieextrakt,
der hitzeinaktivierten Probe und einem internen Standard zugefügt. Die spezifischen
Telomeric Repeats TTAGGG (sechs Nukleotide) werden dabei dem biotinmarkierten synthetischen
Primer angelagert. Aus dem internen Standard entstehen Produkte von 216 Basenpaaren.
Die, in Anwesenheit von Telomerase entstandenen Produkte, werden mit dem P1-TS Primer
und einem zweiten Primer durch 20 PCR-Zyklen amplifiziert (Mastercycler gradient,
Eppendorf, Hamburg). Die Proben werden denaturiert und hybridisiert an eine, für die
Telomeric Repeats spezifische, digoxinmarkierte Sonde, gebunden an einer streptavidingecoatete
Mikrotiterplatte.
Analyse des TRAP-Tests
Die immobilisierten PCR-Produkte wurden mit einem Anti-Digoxin-Peroxidase-Antikörper
versetzt, und nach Zugabe von TMB - wurde der Farbumschlag bei 450 nm in einem ELISA-Reader
(Sensident Scan 352, Labsystems, Finnland) nachgewiesen. Verdünnungsstufen von 1:1
bis 1:100 wurden gemessen. Eine Extinktion unter 0,2 wurde als negativ [-], eine zwischen
0,2 und 0,4 als schwach positiv [(+)], eine zwischen 0,4 und 1 als positiv [+] und
alle darüber als stark positiv [++] bewertet.
Zusätzlich zu dem ELISA-Test wurde in einigen Fällen eine Elektrophorese auf einem
12,5 %igen Polyacrylamidgel bei 200 V durchgeführt. Ein DNA Molekulargewichtsmarker
IX von Roche und eine Sybr-Green-Färbung (Roche) wurden verwendet. Die Übereinstimmung
von ELISA-Test und Gel zeigt Abb. [3 ]. Der Einfluss von Inhibitoren der Taq-Polymerase in der Probe wurde durch die Verdünnung
neutralisiert. Ein Wert wurde als echt negativ [-] gewertet, wenn der interne Standard
ein positives Signal zeigte (Wertepaare rechts außen in Abb. [4 a, b ]). Der interne Standard musste positiv und die hitzeinaktivierte Probe musste negativ
ausfallen, damit der Test als valide angesehen werden konnte.
Abb. 3 Gelelektrophorese und ELISA-Test nach der PCR. Interne Standards mit Positivkontrollen
(1,2) und Leerwerten (3) sowie hitzeinaktivierte Patientenproben (7,10,14) vermeiden
falsch positive Werte. Verfälschungen durch Anwesenheit von Inhibitoren der Taq-Polymerase
werden durch Verdünnungsreihen (4 versus 5 und 6) ausgeschlossen. Bei echt negativen
Werten muss der interne Standard positiv werden (12 - 14).
Abb. 4 Schwellenwerte für schwach, einfach und doppelt positive Werte sowie echt negative
Werte wurden entsprechend der Extinktion im ELISA-Test sowie der Bandenausprägung
der Gele bestimmt.
Resultate
Resultate
Bei 38 Patienten bestätigte sich im Verlauf ein maligner Tumor. In 23 Fällen hatte
die Bürstenzytologie Tumorzellen gezeigt. Bei 25 Patienten war eine Telomeraseaktivität
nachweisbar gewesen. Hiervon waren 5 schwach positiv, 9 positiv und 11 Fälle stark
positiv. Bei den stark positiven Fällen handelte es sich in 5 Fällen um kleinzellige
Tumoren, nur ein kleinzelliges Karzinom war Telomerase-negativ. Andere Häufungen waren
nicht erkennbar, Adenokarzinome und Plattenepithelkarzinome verteilten sich gleichmässig.
In einem Fall fand sich ein ++ Wert bei einem Carcinoma in situ, ein Alveolarkarzinom
ergab ebenfalls einen ++ Wert. Bei 33 Patienten war mindestens ein Wert pathologisch.
Abb. [5 ] veranschaulicht die Ergebnisse.
Abb. 5 Grafische Darstellung der prozentualen Verteilung von Telomeraseaktivität und Zytologie
bei 38 Patienten mit bewiesenem Tumor. Durch Kombination von Zytologie und Telomerasetest
ergibt bei peripheren Bronchialkarzinomen eine Sensitivität von 87 %.
In 9 Fällen konnte ein Tumor ausgeschlossen werden, es fanden sich Infarktnarben,
Abszesse und Pneumonien. Mit einer Ausnahme waren diese Patienten beidseits Telomerase-negativ.
Ein ++ Telomerasewert fand sich bei einer Patientin mit Tuberkulose. Es waren mikroskopisch
säurefeste Stäbchen nachweisbar (Gaffky 3) und histologisch epitheloidzellige Granulome
sowie eine lymphozytäre Infiltration der Bronchuswand.
Diskussion
Diskussion
Die Bestimmung der Telomeraseaktivität an den Zelllysaten von Bürstenbiopsien hat
in unserer Studie vergleichbare Resultate ergeben wie die publizierten Arbeiten, bei
denen bronchiale Spülflüssigkeiten untersucht worden waren [22 ]
[23 ]
[24 ]. Die Bürstenbiopsie ist aber einfacher und schneller durchführbar als eine Lavage.
Sie hat zudem den Vorteil, dass sie in Verbindung mit einer Durchleuchtung gezielter
bei kleineren Verschattungen und Rundherden eingesetzt werden kann. Bei der Mehrzahl
unserer Patienten lagen infiltrative und dystelektatische Röntgenveränderungen vor.
Nur in einem Viertel der Fälle handelte es sich um echte Rundherde ohne Umgebungsreaktion.
Zurzeit sammeln wir weitere Daten, um die Sensitivität und Spezifität von Telomerase
und anderen molekularen Markern bei peripheren Rundherden zu bestimmen. Bisher scheint
sich die Telomerasebestimmung als sensitiver zu erweisen, als die Bestimmung von p53
und KRAS . Dies liegt in Übereinstimmung mit anderen Studien [25 ]. So fanden Ahrendt u. Mitarb., dass kein anderer tumoassoziierter Marker (p53, KRAS , Mikrosatelitenveränderungen von p16 ) in mehr als 53 % der Lavageflüssigkeiten von Tumorpatienten nachweisbar war.
Auch im Vergleich mit der konventionellen zytologischen Untersuchung sind die Ergebnisse
beeindruckend. Bei 37 Tumorpatienten sahen Arai u. Mitarb. in 24 Fällen zytologisch
Tumorzellen, konnten aber in 29 Fällen Telomeraseaktivität nachweisen [22 ]. Die Arbeitsgruppe um Yahata wies bei 18 von 22 Patienten Telomerase nach, nur bei
9 Patienten wurden Tumorzellen gesehen [23 ]. Wir fanden bei unseren 38 Bürstenbiopsien 23-mal Tumorzellen und 25-mal Telomeraseaktivität.
Es gab 15 Überschneidungen. In allen Studien zeigte sich, dass eine Kombination von
zytologischer Untersuchung und Telomerasebestimmung die Sensitivität weiter erhöht.
Wir erreichten mit 33 von 38 Fällen eine Sensitivität von 87 % bei peripheren Tumoren.
Dabei ist zu betonen, dass die Bestimmungen aus der gleichen Bürstenbiosie erfolgten,
also keinen weiteren Aufwand seitens des Endoskopikers erforderten. Denkbar wäre,
dass man die Sensitivität durch weitere Kombinationen, z. B. mit Lavagen, zusätzlichen
Bürsten, Katheter- oder Zangenbiopsien noch weiter steigern könnte.
Die Telomerase wird relativ früh im Verlauf einer malignen Entartung aktiviert [26 ]. Aus verschiedenen Gründen ist es dennoch unwahrscheinlich, dass sich ein Telomerasenachweis
zur Früherkennung von Bronchialkarzinomen einsetzen lässt. Zwar kann man Telomerase
auch im Sputum nachweisen, die derzeit verfügbaren Tests sind aber nicht empfindlich
genug. Die Sensitivität des semiquantitativen PCR-Tests darf andererseits nicht zu
sehr gesteigert werden, da auch andere endobronchial vorkommende Zellen, insbesondere
Lymphozyten und Basalzellen Telomeraseaktivität aufweisen. Wie durch In-situ-TRAP-Assays
nachgewiesen konnte, ist die Telomerase adulter, somatischer Zellen nur heruntergeregelt,
nicht aber völlig eingestellt [26 ]. In den kontralateralen, gesunden Lungen unserer Tumorpatienten konnten wir keine
Telomerase nachweisen. Hierbei gab es keine falsch positiven Werte. Spezifitätsprobleme
des Tests ergeben sich aber durch die Sonderstellung der Lymphozyten [27 ]
[28 ]. In diesen Zellen ist auch ohne maligne Entartung eine leicht erhöhte Telomeraseaktivität
messbar. Dies limitiert den Einsatz des Tests. Er ist z. B. ungeeignet für den Tumorzellnachweis
an Mediastinoskopieproben [29 ]. Sofern im Bronchialsystem eine lymphozytenreiche Entzündung vorliegt, muss mit
falsch positiven Ergebnissen gerechnet werden. Hiyamas Arbeitsgruppe fand in 4 von
106 Lavagen von Nicht-Tumorpatienten mit dem TRAP-Assay Telomeraseaktivität. Diese
vier Lavagen waren lymphozytenreich gewesen [21 ]. Die Lymphozytose wäre auch eine Erklärung für den hoch positiven Wert bei unserer
Tuberkulosepatientin. Es scheinen zudem bei einer Tuberkulose besondere Bedingungen
vorzuliegen. Eine chinesische Arbeitsgruppe konnte auch in Pleurapunktaten von Tuberkulosepatienten
erhöhte Telomeraseaktivität nachweisen [30 ]. Später konnten diese Kollegen experimentell zeigen, dass gereinigtes Tuberkulin-Protein
ausreicht, um die Telomeraseaktivität in den mononukleären Zellen des peripheren Blutes
hochzuregulieren [31 ]. In der spezifischen Immunantwort gegen Tuberkulose scheint das Enzym eine gewisse
Rolle zu spielen. Bei einem peripheren Herd und positivem Tuberkulintest muss der
Telomerasetest daher mit Vorsicht bewertet werden. Falsch positive Werte sind zwar
selten, aber möglich. Die tatsächliche Spezifität der Untersuchung muss sich an größeren
Kollektiven zeigen. Schließlich muss man herausstellen, dass die Aktivierung von Telomerase
nicht die einzige Möglichkeit ist, durch die Tumorzellen Immortalität erreichen können.
Es gibt mindestens einen alternativen Weg zur unbegrenzten Replikationsfähigkeit,
der aber bisher nicht aufgeklärt ist [32 ].
Falsch negative Werte können weiterhin durch Inhibitoren der Telomerase im Bronchialsekret
oder einfach durch Inhibitoren der Taq-Polymerase in der PCR entstehen. Durch Verwendung
eines internen Standards, einer hitzeinaktivierten Probe und einer Verdünnungsreihe
lassen sich die Fehlermöglichkeiten minimieren. Der damit verbundene Mehraufwand erscheint
uns unverzichtbar. Probe 4 in Abb. [3 ] ist beispielsweise negativ, während die 1 : 10 verdünnte Probe (Bande Nr. 5) des
gleichen Patienten positiv wird. Eine weitere Verdünnung auf 1 : 100 ergibt dann wieder
einen negativen Wert. Falsch positive Laborartefakte können durch zeitgleiches Messen
hitzeinaktivierter Proben vermieden werden. Hier darf keine Bande auftreten bzw. keine
Extinktionserhöhung messbar sein. In den Arbeitsanleitungen des Testkitherstellers
und in den veröffentlichten Studien wird die Bestimmung des Gesamtproteins vor dem
Test empfohlen [15 ]
[33 ]. Dies war bei der geringen Menge von Zellextrakt aus unseren Bürstenbiopsien nicht
möglich. Wir glauben jedoch nicht, dass sich hierdurch die Aussagekraft des Tests
relevant verändert. Die Gelelektrophorese und der Elisatest erwiesen sich als gleichwertig.
Sie sind, je nach Laborausstattung alternativ verwendbar. Der ELISA-Test erschien
uns praktikabler. Ob eine weitere Abstufung des semiquantitativen Tests zwischen hoch
positiv (++) und negativ (-) über die von uns gewählten vier Stufen hinaus sinnvoll
ist, oder ob vielleicht sogar zwei Stufen für klinische Fragestellungen ausreichen,
wird sich an größere Patientenzahlen zeigen.
Zusammenfassend ist die Telomeraseforschung facettenreich. Neben Grundlagenerkenntnissen
zur Tumorgenese und mögliche Anwendungen in der Tumortherapie [10 ]
[34 ] ergibt sich für den Kliniker schon jetzt die Möglichkeit, mit einem relativ einfachen
Labortest die Sensitivität bronchoskopischer Untersuchung von Patienten mit Tumorverdacht
zu verbessern.