Das Chondromyxoidfibrom ist ein seltener gutartiger Knochentumor mit einer Inzidenz
von ca. 1 % aller Knochentumoren, der erstmalig von Jaffe u. Lichtenstein 1948 beschrieben
worden ist (Jaffe et al., Arch Pathol 1948; 45: 541). Die Hauptlokalisation des Tumors
ist die Metaphyse der langen Röhrenknochen, insbesondere der unteren Extremität. Betroffen
sind überwiegend junge Patienten in der 2. und 3. Lebensdekade. Das klinische Erscheinungsbild
ist häufig von einer längeren Schmerzanamnese gekennzeichnet.
Fallbericht
Ein 9-jähriger Junge klagte nach einem Zusammenprall im Sportunterricht über rezidivierende
Beschwerden im Bereich der lateralen Kniegelenksregion. Die klinische Untersuchung
ergab einen lokalisierten Druckschmerz über dem Fibulaköpfchen. In der daraufhin angefertigten
Röntgenaufnahme zeigte sich eine traubenförmig strukturierte lytische Knochenläsion,
die scharf begrenzt zu den angrenzenden Knochenabschnitten zur Darstellung kam. Die
metaphysär lokalisierte Läsion führte zu einer Auftreibung der Kortikalis, die insbesondere
in den medialen Anteilen papierdünn imponierte. Verkalkungen in der Läsion ließen
sich nicht nachweisen (Abb. [1]). Ergänzend wurde eine MR-Tomographie bei einer Feldstärke von 1,5 Tesla durchgeführt.
In den T1-gewichteten axialen Schnittbildern (Abb. [2] a) kam eine signalarme Läsion zur Darstellung, die in der T2-Wichtung überwiegend signalreich imponierte. Die angrenzenden Weichteile zeigten
ein Ödem (Abb. [3]). In der Kontrastmittelserie ließ sich eine deutliche Kontrastmittelaufnahme in
der Läsion und in den angrenzenden Weichteilen dokumentieren (Abb. [2] b).
Die histologische Aufarbeitung der Biopsie und des Kurettagematerials zeigte eine
chondromyxoide Grundsubstanz mit lobulärem Wachstumsmuster unter Einschluss chondrozytenähnlicher
Tumorzellen. Zwischen der chondrogenen Matrix waren mesenchymale Zellen unter Einschluss
mehrkerniger Riesenzellen entwickelt.
Diskussion
Im Hamburger Knochentumorregister mit knapp 8000 primären Knochentumoren sind in den
letzten 22 Jahren 40 Chondromyxoidfibrome registriert worden, was einem Anteil von
0,5 % entspricht (Engels et al., Pathologe 1999; 20: 224). In allen Berichten mit
größeren Fallzahlen wird die Metaphyse langer Röhrenknochen, insbesondere der unteren
Extremität, als Hauptmanifestation beschrieben. Bei größeren Läsionen ist jedoch auch
ein Übergreifen auf die Epiphyse beobachtet worden. Die proximale Tibia stellt mit
30 % der Fälle die Hauptmanifestation. Es kann aber auch jeder andere Knochen involviert
sein, wie Berichte über Manifestationen in Rippen, Sternum, Wirbelkörper und Unterkiefer
zeigen (Wu et al., Hum Pathol 1998; 29: 438). Eine Lokalisation im Bereich der Fibula,
wie im vorliegenden Fall, ist trotz der Bevorzugung der unteren Extremität sehr selten.
Von den 40 Chondromyxoidfibromen im Hamburger Knochenregister ist bisher nur eine
Manifestation in der Fibula verzeichnet.
Radiologisch erscheint das Chondromyxoidfibrom als runde, häufig exzentrische, osteolytische
Läsion. Sie erfüllt zumeist die Kriterien einer gutartigen Knochenläsion mit scharfer
Begrenzung und Sklerosesaum. In einzelnen Fällen ist die ausgedünnte Kortikalis aufgehoben
und eine Ausdehnung in angrenzende Weichteile zu erkennen. Nur selten ist eine periostale
Reaktion abzugrenzen. Histologisch ist das Periost regelhaft intakt. Die Läsion weist
gelegentlich eine expansive Ausdehnung mit Lobulierung und einer Pseudotrabekulierung
auf. Kalzifikationen können in bis zu 16 % der Fälle auftreten.
Das typische histologische Bild ist gekennzeichnet durch ein lobuläres Wachstumsmuster
mit einer chondromyxoiden Grundsubstanz und fibroblastischen Zellen. Bizarr pleomorphe
Zellkerne können vorkommen, dürfen jedoch nicht zur Diagnose eines Chondrosarkoms
führen. Hier ist die Kenntnis des Röntgenbildes ein unverzichtbares Kriterium zur
Erhebung der korrekten Diagnose.
Radiologische Arbeiten zum Chondomyxoidfibrom sind selten und betreffen überwiegend
die konventionelle Röntgendiagnostik. Die Darstellung des Tumors in der MRT ist bisher
nur vereinzelt publiziert (Adams et al., Skeletal Radiol 1993; 22: 358). In den T2-gewichteten Sequenzen stellt sich der Tumor überwiegend signalreich dar, bedingt
durch das chondromyxoide Gewebe. Die Darstellung des fibrösen Anteils ist abhängig
von seiner Vaskularisation. Typischerweise zeigt der Tumor eine deutliche Kontrastmittelaufnahme,
wie auch in unserem Beispiel.
Als gutartiger Tumor wird eine Kurettage oder eine komplette Exzision des Chondromyxoidtumors
durchgeführt. Mit der Kurettage liegt die Rezidivquote bei 12,5 - 25 %, die allerdings
durch das Einbringen von Spongiosa deutlich gesenkt werden (Rahimi et al., Cancer
1972; 30: 726) kann. Die En-bloc Resektion bzw. weite Exzision wird nur von wenigen
Autoren empfohlen, hat jedoch eine niedrigere Rezidivquote als die Kurettage. Die
präoperative MRT kann hierbei die exakte Ausdehnung des Tumors naturgemäß besser einschätzen
als die konventionelle Röntgenaufnahme. Übereinstimmend sind die Angaben, dass Rezidive
gehäuft bei jungen Patienten und bei Prädominanz der myxoiden Komponente auftreten.
Differenzialdiagnostisch ist das Chondromyxoidfibrom von anderen gutartigen Knochentumoren
wie z. B. dem Enchondrom, einer solitären Knochenzyste bzw. einer aneurysmatischen
Knochenzyste abzugrenzen. Für ein Enchondrom wären jedoch die fehlenden Matrixverkalkungen
und die deutliche Fibulaauftreibung nicht regelhaft, während in der MRT im Falle der
solitären und aneurysmatischen Knochenzyste ein Flüssigkeitsnachweis, teilweise mit
Spiegelbildung abzugrenzen wäre. Wenn das Chondromyxoidfibrom die Epiphyse beteiligt,
ist differenzialdiagnostisch zusätzlich ein Riesenzelltumor oder ein Chondroblastom
mit einzubeziehen. Das deutliche Weichteilödem und die Kontrastmittelanreicherung
in den Weichteilen im vorliegenden Fall ist für einen gutartigen Knochentumor ungewöhnlich.
Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass die MRT unmittelbar nach einem Anpralltrauma
erfolgte. Neben der unmittelbaren traumatischen Weichteilreaktion ist auch eine nicht
abgrenzbare Fraktur als Ursache der Weichteilbeteiligung denkbar, welche die häufigste
Ursache einer Periost- und angrenzenden Weichteilreaktion beim Chondromyxoidfibrom
darstellt (Wilson et al. Radiology 1991; 179: 513).
Zusammenfassend ist die radiologische Diagnosestellung eines Chondromyxoidfibroms
aufgrund der Seltenheit dieses gutartigen Tumors und die Vielseitigkeit seiner Lokalisation
eine besondere Herausforderung. Ein Chondromyxoidfibrom sollte jedoch in Betracht
gezogen werden, wenn es sich um eine solitäre, lytische, scharf begrenzte Knochenläsion
mit lobulärem bzw. septiertem Aussehen handelt. Die Diagnose ist noch wahrscheinlicher
bei einer metaphysären Lokalisation in einem Röhrenknochen, insbesondere der Tibia
oder des Femurs, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kniegelenk.
J. Lorenzen, G. Krupski, Hamburg
Abb. 1Digitale Röntgenaufnahme a. p.: Nachweis einer traubenförmig septierten scharf begrenzten
Läsion der Fibula. Der Tumor hat einen metaphysären Sitz und hat zu einer Ausdünnung
der Kortikalis insbesondere medialseitig geführt, ohne sie jedoch zu durchbrechen.
Kein Nachweis einer Periostreaktion oder einer Verkalkung.
Abb. 2(a) MRT: T1-gewichtete Aufnahme, axiale Schnittführung. Der Tumor kommt nahezu isointens zum
umliegenden Weichteilgewebe zur Darstellung. Die Kortikalis ist deutlich ausgedünnt
bzw. in dieser Wichtung kaum abzugrenzen. (b) Nach i. v. Gadoliniumgabe findet sich eine Kontrastmittelaufnahme in Anteilen des
Tumors. Zusätzlich lässt sich eine Aufnahme in den angrenzenden Weichteilen abgrenzen.
Abb. 3In den T2-gewichteten Aufnahmen stellen sich die chondromyxoiden Anteile des Tumors signalreich
dar. In den angrenzenden Weichteilen Nachweis eines Ödems.