Cholezystolithiasis
Therapie
Bei asymptomatischer Cholezystolithiasis besteht, von definierten
Ausnahmen [Tab. 1] abgesehen, prinzipiell keine
Indikation zur Therapie [27].
Beim symptomatischen Gallensteinträger ist hingegen
eine Therapieindikation gegeben, da in dieser Gruppe in 1 - 2 % der
Fälle pro Jahr mit Komplikationen und in ca. 30 % mit
Rezidivbeschwerden zu rechnen ist [3]
[9]
[21] [27]
.
Die laparoskopische Cholezystektomie ist
die Standardtherapie der symptomatischen
Cholezystolthiasis [25]. Gegenüber
der konventionellen Cholezystektomie hat die laparoskopische Technik
einige Vorteile. Der Patient hat postoperativ weniger Schmerzen
und kann früher mobilisiert werden, das kosmetische Ergebnis
ist besser. Unter volkswirtschaftlichen Aspekten sind die kürzere
Krankenhausaufenthaltsdauer und der raschere Wiedereintritt ins
Erwerbsleben erwähnenswert. Die laparoskopische Cholezystektomie
ist wahrscheinlich auch bezüglich der Komplikations- und
Letalitätsdaten gegenüber der offenen Technik
im Vorteil [2]
[27] [35]
.
Mehrere große Untersuchungen ergaben eine operationsassoziierte
Letalität von etwa 0,08 % bis 0,18 % und
postoperative Komplikationen (insbes. Blutung, Gallengangsverletzung
mit/ohne Fistel, mit/ohne Stenose; Wundinfektion,
Darmverletzung) bei etwa 3 % der Patienten. Die
Konversionsrate zur konventionellen Cholezystektomie ist auf etwa
3 - 9 % der Eingriffe
zu beziffern [2]
[28]
[35].
Bei akuter Cholezystitis zeigen
mehrere Untersuchungen den Vorteil der frühelektiven Operation
innerhalb der ersten 72 Stunden [2]
[27]
[28] [33]
. In den meisten Fällen
ist die dabei die laparoskopische Technik einsetzbar [8]
[13].
Bei gangränöser Cholezystitis, schweren Gerinnungsstörungen,
unklaren anatomischen Strukturen und dem seltenen Mirizzi-Syndrom
ist die Konversion zur offenen Cholezystektomie meist
nicht vermeidbar [8]
[36].
kurzgefasst: Therapie der Wahl der
symptomatischen Cholezystolithiasis ist die Cholezystektomie.
Auch bei akuter Cholezystitis kann die Cholezystektomie meist laparoskopisch erfolgen; sie sollte in dieser
Situation frühelektiv (innerhalb der ersten 72 Stunden) durchgeführt
werden.
Voraussetzungen für die orale Lysetherapie
sind kalkfreie (Röntgen-negative)
Steine mit einem Durchmesser bis 5 mm (in Einzelfällen
bis 10 mm) und eine gute Gallenblasenkontraktilität (> 60 % nach
Reizmahlzeit). Mit einer oralen Therapie mit Ursodesoxycholsäure
(10 - 15 mg/kg) wurden
Steinfreiheitsraten bis zu 80 % [26]
[27] erzielt.
Die Kombination mit Chenodesoxycholsäure verbessert nicht
die Steinfreiheitsrate, erhöht allerdings die Rate an Nebenwirkungen
(insbes. Diarrhoe, Transaminasenanstieg) [26].
Tab. 1 Mögliche
Indikationen zur Cholezystektomie bei operablen, asymptomatischen Patienten mit Cholezystolithiasis (nach
27).
-
Porzellangallenblase
-
gleichzeitiges Vorliegen von schnell wachsenden oder über
1 cm großen Gallenblasenpolypen
-
Gallenblasensteine über 3 cm Durchmesser
(insbes. Männer)
-
bei speziellen abdominellen Eingriffen (z. B.
Ileumresektion, ausgedehnte Dünndarmresektionen, Transplantationen)
|
Die orale Lysetherapie sollte nach aktuellen Empfehlungen mindestens
3 Monate nach sonographisch verifizierter Steinfreiheit fortgesetzt
werden [27]. Die 5-Jahres-Rezidivrate
der oralen Lysetherapie liegt allerdings bei bis zu 50 % [25]
[27]
.
Die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) ist ein etabliertes konservatives
Verfahren zur Therapie der symptomatischen Cholezystolithiasis [31]. Sind die in [Tab. 2] genannten Voraussetzungen erfüllt,
konnten die höchsten Steinfreiheitsraten bei Solitärsteinen
bis 20 mm Durchmesser oder bis 3 Steinen mit vergleichbarem
Gesamtvolumen erzielt werden [27]
[31]. Zur schnelleren Beseitigung
der verbliebenen Steinfragmente wird die ESWL üblicherweise
mit einer UDC-Monotherapie wie bei der oralen Lysetherapie kombiniert.
Tab. 2 Voraussetzungen
für die konservativeTherapie von Gallenblasensteinen.
-
typische
biliäre Symptomatik
-
keine Komplikationen
-
gute Gallenblasenfunktion (mind. 60 % Kontraktion)
-
durchgängiger Ductus cystikus
-
nicht-verkalkte Steine
|
Wird nach konservativem Therapieverfahren ein asymptomatischer
Rezidivstein gefunden, ist nach derzeitiger Empfehlung keine erneute
Therapieindikation gegeben. Beim symptomatischen Rezidivstein sollte
hingegen eine laparoskopische Cholezystektomie erfolgen [20]
[27].
Andere semiinvasive Verfahren wie die Cholezystostomie mit Steinentfernung
bei Belassung der Gallenblase [20] und
die direkte perkutane Lyse mittels Methyl-tert-butyl-Ether (MTBE) [14] haben sich
in der klinischen Routine nicht durchgesetzt.
kurzgefasst: Konservative Behandlungsoptionen
bei der symptomatischen Cholezystolithiasis sind die medikamentöse
Lysetherapie und die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie.
Beide Verfahren weisen eine gute primäre Erfolgsrate, im
Langzeitverlauf aber auch eine hohe Steinrezidivrate auf und sind
auf unkomplizierte Fälle beschränkt. Die asymptomatische
Cholezystolithiasis ist in der Regel keine Indikation zur Therapie. Ausnahmen bestehen z. B.
bei Porzellangallenblase, gleichzeitig vorliegenden Gallenblasen-
polypen (>1cm) oder bei speziellen abdominellen Eingriffen,
wie der Resektion des terminalen Ileums.
Cholangiolithiasis
Therapie
Bei der Therapie der Cholangiolithiasis muss zwischen den Behandlungskonzepten
bei Choledocholithiasis und Hepatolithiasis unterschieden werden.
Die Standardtherapie der Choledocholithiasis ist
die endoskopische Papillotomie [6]
[22] und
anschließende Steinextraktion mittels Korb oder Ballon. Durch
diese Standardtechniken werden Steinfreiheitsraten zwischen 70 % und
90 % erreicht [Abb. 1]. Berücksichtigt werden
muss dabei das typische Komplikationsprofil der endoskopischen Papillotomie
des Gallenganges mit den Risiken Pankreatitis (0,3 - 4 %),
Blutung (2 - 4 %) oder seltener
retroduodenale Perforation und Cholangitis. Die methodenbedingte
Letalität erreicht - auch in Abhängigkeit
von der Erfahrung des Untersuchers - 0,2 bis etwa 1 % [12]
[23]
.
Das endoskopische Vorgehen ist dabei bezüglich der Rate
schwerer Komplikationen im Vorteil zu historischen Daten der operativen,
offenen Gallengangsrevision und hat naturgemäß eine
kürzere Hospitalisationsdauer zur Folge. Ein Steindurchmesser >15 mm,
ein Missverhältnis zwischen Steindurchmesser und Gallengangsweite,
eine ungünstige Steinlage (intrahepatisch, vor Stenosen)
und eine ungünstige anatomische Situation, z. B.
Duodenalstenose oder Billroth-II-Magenresektion sind typische Faktoren,
die eine primäre Steinextraktion verhindern. Zur Therapie
dieser - definitionsgemäß komplizierten - Choledocholithiasis
sind weitere Techniken erforderlich.
Abb. 1
a: Nachweis
mehrerer Choledochuskonkremente. b: Nach mechanischer Lithotripsie
und Fragmentextraktion mit dem Dormiakorb weitgehend steinfreie
Gallenwege.
Verfahren der ersten Wahl in der Behandlung des komplizierten
Gallengangssteines ist die mechanische Lithotripsie [27],
die Anfang der 80er Jahre entwickelt wurde [29].
Vorteile sind die niedrigen Kosten, die einfache Verfügbarkeit
und ein hoher Effizienzgrad mit Erfolgsraten von etwa 60 - 80 %.
Diese Methode setzt voraus, dass die komplizierten Gallengangssteine im
Korb eingefangen werden können, was naturgemäß durch Steindurchmesser
und Steinlage limitiert wird [32].
Tab. 3 Publizierte
Daten zur elektrohydraulischen (EHL), zur laserinduzierten (LISL)
und extrakorporalen Stoßwellen-Lithotripsie (ESWL) von Gallengangssteinen
Autor, Publikationsdatum
|
Technik
|
Patienten (n)
|
Steinfreiheit
|
Hochberger, 1 997 (15)
|
LISL
|
60
|
87 %
|
Jakobs, 1 998 (18)
|
LISL
|
89
|
87 %
|
Adamek, 1 996 (1)
|
EHL
|
49
|
74 %
|
Binmoeller, 1 993 (5)
|
EHL
|
65
|
98 %
|
Sackmann, 1 991 [31]
|
ESWL
|
711
|
86 %
|
Ellis, 2 000 (10)
|
ESWL
|
83
|
83 %
|
Aufwendigere Methoden der intra-, wie extrakorporalen Lithotripsie [28]
werden überwiegend
in Endoskopiezentren vorgehalten, weil dort sowohl eine ausreichende
Erfahrung des Therapeuten wie eine wirtschaftliche Nutzung der Geräte
gewährleistet ist.
Die elektrohydraulische Lithotripsie (EHL) basiert
auf dem Prinzip der Unterwasserfunkenentladung und erfordert wegen
der potenziellen Gefahr der Gallengangsperforation bei Fehlapplikation
den obligaten Einsatz eines Cholangioskops zur direkten optischen
Kontrolle. Wenn die Steine mit dem Cholangioskop erreicht werden
können, gelingt in etwa 90 % auch die
Desintegration der Steine [1]
[5]
[30].
Die laserinduzierte Stoßwellenlithotripsie (LISL) ist der EHL vergleichbar effektiv [15]
[17]
.
Durchgesetzt hat sich im europäischen Raum ein »intelligenter« Rhodamin-Laser.
Dieser spezielle Laserlithotriptor hat ein integriertes Stein-Gewebe-Erkennungssystem,
das den Einsatz ohne Cholangioskop ermöglicht, da es eine
Abschaltung des Laserimpulses bei Fehlapplikation auf Gewebe gewährleistet [15]
[17]
.
Neben diesen intrakorporalen, rein endoskopischen Verfahren steht
die extrakorporale Stoßwellenlithotrispie (ESWL)
zur Verfügung, die ähnliche
Steinfreiheitsraten erzielt, wie die oben beschriebenen intrakorporalen
Methoden [1]
[5] [30]
.
Alle angeführten Lithotripsietechniken haben eine ausgesprochen
niedrige Komplikationsrate [27]. Mit
der Kombination der oben beschriebenen Techniken sind Steinfreiheitsraten
von etwa 98 % bei der Behandlung der Choledocholithiasis
zu erzielen (eigene Daten der Med. Klinik C / Ludwigshafen
an über 2500 behandelten Patienten). Die Langzeitergebnisse
nach endoskopischer Sphinkterotomie wegen Choledocholithiasis sind
gut. Nach kompletter Steinextraktion ist nur in etwa 11,3 % im
Langzeitverlauf mit einem Steinrezidiv zu rechnen [34].
Für die wenigen Fälle, die endoskopisch nicht
zu sanieren sind, stehen Alternativen zur Auswahl, die in Abstimmung
mit dem kooperierenden chirurgischen Partner eingesetzt werden sollten.
Bei guter Operabilität und gleichzeitig bestehender
Cholezystolithiasis ist die Cholezystektomie mit intraoperativer
Therapie der Choledochussteine hilfreich. Ist der Patient bereits cholezystektomiert,
kann bei schlechter transpapillärer Erreichbarkeit der
Steine die perkutan-transhepatische Choledochusdrainage
mit perkutaner Cholangioskopie zur Sanierung der Gallenwege eingesetzt
werden.
Bei Cholangitis und primär nicht sanierbarer Choledocholithiasis
ist eine temporäre endoskopische biliäre Endoprotheseneinlage
sehr hilfreich [4]. Bei lokal oder systemisch inoperablen Patienten
und Versagen der endoskopischen Fragmentationstechniken stellt die
biliäre Endoprothetik eine effektive Palliation dar. Die
permanente Prothesenversorgung sollte aber wegen des Risikos der
Sepsis bei Prothesenokklusion auf Einzelfälle beschränkt
werden [4]
[25] [27]
.
Wird vor geplanter Cholezystektomie
eine Choledocholithiasis diagnostiziert, wird ein sog. therapeutisches Splitting empfohlen. Die
primäre endoskopische Extraktion der Gallengangssteine und
die anschließende laparoskopische Cholezystektomie ist
dabei nach den entsprechenden Leitlinien Vorgehen der Wahl [27].
Die chirurgische Sanierung der
extrahepatischen Gallenwege bei Choledocholithiasis ist nur in Ausnahmefällen
erforderlich. Eine mögliche Option stellt die laparoskopische
Cholezystektomie mit laparoskopischer Gallengangsrevision dar. Die ersten Erfahrungsberichte
zeigen Erfolgsraten von etwa 70-95 % [7]
[27].
Die Anwendung dieser relativ neuen Methode ist aber derzeit noch
auf eine geringe Zahl chirurgischer Zentren reduziert. Die offene Choledochusrevision mit Choledochostomie scheint
bei jüngeren Patienten im Stadium ASA-1 und -2 genauso
effizient und sicher zu sein, wie die präoperative Papillotomie
und Steinextraktion [11]
[26]. Bei akuter Cholangitis und
mit steigendem Alter des Patienten erhöhen sich die Komplikationsrate
und die operationsbedingte Letalität infolge offener Choledochusrevision
deutlich und erreichen bis zu 10% [26]. Bei
kleinen Gallengangsteinen und erhöhtem Risikoprofil des
Patienten sollte - die Verfügbarkeit ausgewiesener
Partner vorausgesetzt - individuell über eine
postoperative, endoskopische Sanierung der Gallenwege entschieden
werden.
kurzgefasst: Die Therapie von Gallengangssteinen
ist die Domäne der Endoskopie. Nach endoskopischer Papillotomie
gelingt die Steinextraktion mittels Ballonkatheter oder Korb in
mehr als 70 % der Fälle. Für
ungünstige anatomische Situationen, sehr große
Steine oder bei einem Missverhältnis zwischen Stein- und
Gangdurchmesser stehen mehrere intra- wie extrakorporale Verfahren
zur Steinfragmentation zur Verfügung. Bei entsprechenden
apparativen wie personellen Voraussetzungen gelingt die Behandlung
der Choledocholithiasis in mehr als 97 % der Fälle
auf endoskopischem Wege. Liegen gleichzeitig Gallenblasensteine
und eine Choledocholithiasis vor, wird derzeit das »therapeutische
Splitting« favorisiert, das eine endoskopische Behandlung
der Choledocholithiasis mit anschließender laparoskopischer
Cholezystektomie beinhaltet. Mit neuen laparoskopischen Techniken
ist die Kombination von laparoskopischer CHE und Choledochusrevision
in gleicher Sitzung möglich.
Das therapeutische Vorgehen bei der in einigen Regionen Asiens
endemischen primären Hepatolithiasis soll wegen der Seltenheit
in unseren Breiten nur kurz erörtert werden. In vielen dieser
Fälle ist ein operativ-chirurgisches Verfahren erforderlich. Insbesondere
bei gleichzeitiger Cholezystolithiasis, wenn die Steine auf ein
Lebersegment begrenzt sind, zur lokalen Abszessbildung oder Segmentatrophie
geführt haben oder der Verdacht auf ein cholangiozelluläres
Karzinom besteht, bietet ein leberresezierender Eingriff eine potenziell
kurative Option [19]
[37].
Nach Voroperationen oder bei komplexen intrahepatischen Steinlagen,
z.B. mit diffusem Befall mehrer Segmente ist heute der perkutan-transhepatische
Zugang oder bei gleichzeitig erfolgender Cholezystektomie der perkutane
Zugang über den T-Trakt das Verfahren mit der höchsten
Erfolgsrate. In verschiedenen Untersuchungen wurden eine Steinfreiheit
bei bis zu 90 % der behandelten Patienten erzielt,
die Komplikationsrate ist bei etwa 5 - 8 % anzusiedeln
und betrifft vorwiegend Hämobilie und Cholangitis (53).
Transpapilläre endoskopische Verfahren haben wegen der
oft schlechten Erreichbarkeit der Steine infolge peripherer Lage,
begleitender Stenosen oder vorhergehender operativer Eingriffe eine
untergeordnete Bedeutung in der Behandlung der komplexen Hepatolithiasis [19]
.
kurzgefasst: Bei intrahepatischen Gallengangssteinen
ist eine Kombination aus Leber-(Segment-) resektion (ggf. im Rahmen einer
Cholezystektomie) und perkutan-endoskopischen Techniken die therapeutische
Strategie mit der höchsten Erfolgsrate. Transpapilläre
Techniken haben wegen der oft schlechten Erreichbarkeit der Steine
bei der Hepatolithiasis eine untergeordnete Bedeutung.