Anamnese Ein 68-jähriger Patient hatte kolikartige Schmerzen der rechten Flanke, Übelkeit
und Erbrechen. Steine in beiden Nieren waren früher bereits dreimal durch extrakorporale
Stoßwellenlithotripsie behandelt worden. Es blieben Restkonkremente in der linken
oberen und rechten mittleren Kelchgruppe. Weiterhin hatte der Patient mehrere afebrile
Harnwegsinfektionen erlitten, die mit unterschiedlichen Antibiotika wie z.B. Trimethoprim/Sulfamethoxazol
oder Amoxicillin/Clavulansäure therapiert wurden.
Untersuchungen:Der Patient war bei der Aufnahme blass und agitiert, die Temperatur betrug 38,6°C,
der Blutdruck 115/65 mmHg. Das Abdomen war meteoristisch aufgetrieben, das rechte
Flankenlager klopfschmerzhaft mit Ausstrahlung in den rechten Unterbauch. Die Sonographie
des Abdomens ergab eine normal große linke Niere mit zwei Konkrementen in der unteren
Kelchgruppe sowie eine kleine rechte Niere mit einer leichten Nierenbeckenkelchektasie
und zwei Konkrementen in der mittleren Kelchgruppe. Die Urinanalyse zeigte eine leichte
Proteinurie, pH 5,4, Leukozyten >500/µl, Erythrozyten 200/µl. Die Blutanalyse ergab
34900/µl Leukozyten, BKS 35/65 mm, Serum-Kreatinin 2,4 mg/dl. Eine Nierenübersicht
zeigte Steine in beiden Nieren und eine schwach schattengebende Struktur in Projektion
auf den rechten mittleren Harnleiter. Die Aufnahmen nach Kontrastmittelinfusion zeigten
eine Ausscheidungsverzögerung und Parenchymverdünnung sowie eine Abflachung oder Destruktion
der Papillen der rechten Niere. Der Fleckschatten wurde als Harnleiterkonkrement bestätigt,
der Harnleiter war proximal dilatiert. Eine rechtsseitige Harnleiterkolik, kompliziert
durch einen fieberhaften Harnwegsinfekt, wurde diagnostiziert.
Therapie und Verlauf:Eine parenterale Therapie mit einem Cephalosporin der Gruppe 2 wurde eingeleitet und
über 3 Tage fortgeführt. Der Zustand des Patienten besserte sich vorübergehend. Da
er eine weitere Nierenkolik hatte, wurde das Harnleiterkonkrement am folgenden Tag
ureteroskopisch entfernt. Der Patient war schmerzfrei, blieb jedoch febril (38,2°C).
In der Urinkultur wuchsen 2×105 koloniebildende Einheiten (KBE)/ml Escherichia (E.) coli, empfindlich gegen alle üblichen Antibiotika, einschließlich Trimethoprim/Sulfamethoxazol.
Die Blutkultur war steril. Die antibiotische Therapie wurde für weitere 6 Tage auf
orales Trimethoprim/Sulfamethoxazol umgestellt, der Patient entfieberte und wurde
daraufhin entlassen. Nach Abschluss der Antibiotikatherapie wuchsen im Mittelstrahlurin
104 KBE/ml Enterococcus faecalis. Bei der ambulanten Visite 9 Tage nach Therapie wuchsen in der Urinkultur 105 KBE/ml E. coli, empfindlich gegen alle Antibiotika, wie der initial angezüchtete Erreger. Da der
Patient asymptomatisch war, wurde keine antibiotische Therapie eingeleitet. 18 Tage
nach der Therapie wurde der Patient wegen einer fieberhaften, rechtsseitigen, akuten
Epididymitis eingewiesen. Eine 10-Tages-Therapie mit einem oralen fluorierten Chinolon
und einem Cortisonpräparat wurde eingeleitet, woraufhin die Symptome verschwanden.
Bei den Visiten an den Tagen 5, 28, 60 und 90 nach der letzten Therapie wuchsen in
der Urinkultur 106 KBE/ml Enterococcus faecalis. Da der Patient asymptomatisch blieb, wurde trotz Erregernachweis im Urin keine antibiotische
Therapie eingeleitet.
Diskussion: Der febrile HWI konnte erst durch kombinierte antibiotische und urologische Therapie
behandelt werden. Eine komplette Sanierung des Harntraktes von Steinen sollte angestrebt
werden, da die Biofilminfektion an den Harnsteinen eine chronische Erregerquelle darstellt.
Die Epididymitis kann durch Erregeraszension im Verlauf der Ureteroskopie erklärt
werden. Trotzdem sollte eine infravesikale Harntransportstörung, z.B. durch Prostatavergrößerung
verursacht, ausgeschlossen werden.