RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-2001-17597
Harnwegsinfektionen - Der konkrete Fall
Urinary tract infection - Case reportAnamnese Ein 68-jähriger Patient hatte kolikartige Schmerzen der rechten Flanke, Übelkeit und Erbrechen. Steine in beiden Nieren waren früher bereits dreimal durch extrakorporale Stoßwellenlithotripsie behandelt worden. Es blieben Restkonkremente in der linken oberen und rechten mittleren Kelchgruppe. Weiterhin hatte der Patient mehrere afebrile Harnwegsinfektionen erlitten, die mit unterschiedlichen Antibiotika wie z.B. Trimethoprim/Sulfamethoxazol oder Amoxicillin/Clavulansäure therapiert wurden.
Untersuchungen:Der Patient war bei der Aufnahme blass und agitiert, die Temperatur betrug 38,6°C, der Blutdruck 115/65 mmHg. Das Abdomen war meteoristisch aufgetrieben, das rechte Flankenlager klopfschmerzhaft mit Ausstrahlung in den rechten Unterbauch. Die Sonographie des Abdomens ergab eine normal große linke Niere mit zwei Konkrementen in der unteren Kelchgruppe sowie eine kleine rechte Niere mit einer leichten Nierenbeckenkelchektasie und zwei Konkrementen in der mittleren Kelchgruppe. Die Urinanalyse zeigte eine leichte Proteinurie, pH 5,4, Leukozyten >500/µl, Erythrozyten 200/µl. Die Blutanalyse ergab 34900/µl Leukozyten, BKS 35/65 mm, Serum-Kreatinin 2,4 mg/dl. Eine Nierenübersicht zeigte Steine in beiden Nieren und eine schwach schattengebende Struktur in Projektion auf den rechten mittleren Harnleiter. Die Aufnahmen nach Kontrastmittelinfusion zeigten eine Ausscheidungsverzögerung und Parenchymverdünnung sowie eine Abflachung oder Destruktion der Papillen der rechten Niere. Der Fleckschatten wurde als Harnleiterkonkrement bestätigt, der Harnleiter war proximal dilatiert. Eine rechtsseitige Harnleiterkolik, kompliziert durch einen fieberhaften Harnwegsinfekt, wurde diagnostiziert.
Therapie und Verlauf:Eine parenterale Therapie mit einem Cephalosporin der Gruppe 2 wurde eingeleitet und über 3 Tage fortgeführt. Der Zustand des Patienten besserte sich vorübergehend. Da er eine weitere Nierenkolik hatte, wurde das Harnleiterkonkrement am folgenden Tag ureteroskopisch entfernt. Der Patient war schmerzfrei, blieb jedoch febril (38,2°C). In der Urinkultur wuchsen 2×105 koloniebildende Einheiten (KBE)/ml Escherichia (E.) coli, empfindlich gegen alle üblichen Antibiotika, einschließlich Trimethoprim/Sulfamethoxazol. Die Blutkultur war steril. Die antibiotische Therapie wurde für weitere 6 Tage auf orales Trimethoprim/Sulfamethoxazol umgestellt, der Patient entfieberte und wurde daraufhin entlassen. Nach Abschluss der Antibiotikatherapie wuchsen im Mittelstrahlurin 104 KBE/ml Enterococcus faecalis. Bei der ambulanten Visite 9 Tage nach Therapie wuchsen in der Urinkultur 105 KBE/ml E. coli, empfindlich gegen alle Antibiotika, wie der initial angezüchtete Erreger. Da der Patient asymptomatisch war, wurde keine antibiotische Therapie eingeleitet. 18 Tage nach der Therapie wurde der Patient wegen einer fieberhaften, rechtsseitigen, akuten Epididymitis eingewiesen. Eine 10-Tages-Therapie mit einem oralen fluorierten Chinolon und einem Cortisonpräparat wurde eingeleitet, woraufhin die Symptome verschwanden. Bei den Visiten an den Tagen 5, 28, 60 und 90 nach der letzten Therapie wuchsen in der Urinkultur 106 KBE/ml Enterococcus faecalis. Da der Patient asymptomatisch blieb, wurde trotz Erregernachweis im Urin keine antibiotische Therapie eingeleitet.
Diskussion: Der febrile HWI konnte erst durch kombinierte antibiotische und urologische Therapie behandelt werden. Eine komplette Sanierung des Harntraktes von Steinen sollte angestrebt werden, da die Biofilminfektion an den Harnsteinen eine chronische Erregerquelle darstellt. Die Epididymitis kann durch Erregeraszension im Verlauf der Ureteroskopie erklärt werden. Trotzdem sollte eine infravesikale Harntransportstörung, z.B. durch Prostatavergrößerung verursacht, ausgeschlossen werden.