Der Arbeitskreis Pneumologischer Kliniken hat als ein wesentliches Ziel, die Qualitätsverbesserung
der pneumologischen Versorgung in Deutschland. Hierbei werden verschiedene Projekte
durchgeführt wie Krankenhausbegehung und die Begutachtung von Krankenakten (einschl.
der Röntgenbilder). Dieses Qualitätssicherungsverfahren hat jetzt drei Durchläufe
hinter sich, was zu einer deutlichen Erfahrungszunahme im Bereich der Peer Review-Verfahren
geführt hat. Nach unseren Informationen hat der Arbeitskreis Pneumologischer Kliniken
hier eine Vorreiterfunktion, denn es ist das am weitest gediehene Projekt. Andere
Fachgesellschaften (wie die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin)
haben in etwas weniger stringenter Form dieses Verfahren jetzt übernommen.
Am Projekt beteiligte Institutionen
Seit 1995 wird das Qualitätssicherungsverfahren des Arbeitskreises „Begutachtung von
Krankenakten” durchgeführt. Anfangs waren es 38 und zuletzt 43 Kliniken, die daran
teilgenommen haben. Diese 43 pneumologischen Kliniken oder Fachabteilungen stellen
etwas mehr als die Hälfte der in Deutschland vorhandenen stationären pneumologischen
Einrichtungen dar.
Inhalt und Methode
Bei den ersten beiden Durchläufen des Qualitätssicherungsverfahrens „Begutachtung
von Krankenakten” erfolgte eine Zertifizierung, ohne dass eine Korrektur der Mängelrügen
nachgewiesen werden musste. Die beiden ersten Durchläufe dienten im Wesentlichen zur
Erfahrungssammlung und um Ängste bei der Herausgabe von Krankenakten an Kollegen abzubauen.
Aufgrund der sehr positiven Resonanz konnte nach eingehender Diskussion das dritte
Verfahren wesentlich stringenter durchgeführt werden. Es wurde erstmalig ein feed
back eingebaut mit einer krankenhausinternen Qualitätskommission der an der Krankenversorgung
wesentlich Beteiligten, die einen Bericht über die erteilten Mängelrügen zu geben
hatten. Dieser Bericht musste ggf. erforderliche Korrekturmaßnahmen enthalten.
Aufgrund von Disziplinmängeln mancher teilnehmender Kliniken wurde außerdem ein bindender
Vertrag eingebaut, der Konventionalstrafen enthielt. Hier eine kurze Zusammenfassung
des Verfahrens: Am Anfang werden alle stationären pneumologischen Einrichtungen Deutschlands
angeschrieben, mit der Frage, ob sie an dem Qualitätssicherungsprojekt teilnehmen
wollen. Bereits im Anschreiben wird die genaue Struktur des Projektes erläutert. Die
interessierten Kliniken erhalten anschließend den Vertrag zugeschickt. Aus den zurückgesandten
verbindlichen Verträgen wird dann die Randomisierungsliste erstellt, die eine Zuordnung
der einzelnen Kliniken bezüglich Versendung und Empfang von Krankenakten regelt. Bevor
dies erfolgt, erhalten aber die teilnehmenden Kliniken eine Adressenliste, aus der
sie Kliniken (max. 10 % der Gesamtteilnehmerzahl, im letzten Falle bis zu 4 Kliniken)
streichen können, die für sie aus dem Zufallsverfahren ausgeschlossen werden (dieser
Zwischenschritt verhindert, dass Kollegen/Kolleginnen Akten der Kliniken bekommen,
zu denen ein gestörtes Vertrauensverhältnis besteht; es ist übrigens im Verlauf kaum
angewendet worden).
Ein ebenfalls zufällig gewählter Stichtag bestimmt dann den Zeitpunkt, ab dem die
Krankenakten ausgesucht werden. Damit die Auswahl nicht manipuliert werden kann, ist
die Patientenaufnahmeliste (wie sie an die Kostenträger übermittelt wird) beizulegen.
Es werden Krankenakten in konsekutiver Reihenfolge ausgewählt, deren Hauptdiagnose
pneumologischen Ursprungs ist. Diese Akten werden dann paarweise an ausgewählte Kliniken
wechselseitig versandt (Bäumlein-wechsel-Dich-Spiel). Die Begutachtung erfolgt anhand
von vorgegebenen Items zusammengefasst nach Arztbrief, Krankenakte und Funktionsuntersuchung.
Die einzelnen Items werden begutachtet, wobei die Schweregrade von „keine Mängel”
über „leichte Mängel” und „erhebliche Mängel” bis „unakzeptabel” existieren. Im Falle
einer Mängelrüge muss diese schriftlich begründet werden. Die Gutachter sind die jeweiligen
leitenden Ärzte oder Oberärzte der beteiligten Kliniken. Nach erfolgter Begutachtung
erfolgt die Rücksendung, wobei der Dialog zwischen Begutachter und Begutachtetem noch
möglich ist. Dieser kommt ebenfalls zu den Akten. Im Institut für Qualitätskontrolle
werden die eingegangenen Gutachten quantitativ ausgewertet. Die Auswertung geht an
alle teilnehmenden Kliniken zurück, wobei dann die Rangfolge der Kliniken anonymisiert
ist. Nur die eigene Klinik wird im Verhältnis zu den anderen dargestellt. Es erfolgen
Einzelanalyse sowie eine zusammenfassende statistische Analyse der Mängelrügen im
Vergleich zu den anderen Häusern.
Ebenfalls kontrolliert wird das Begutachtungsverhalten der Gutachter, d. h. wie sehr
sie vom Mittelwert abweichen. Gutachter, die mit ihrem Bewertungsverhalten aus einem
vorgegebenen Konfidenzintervall ausscheren, werden gezielt angeschrieben.
Nach Rücksendung der Krankenakten und der Gutachten müssen in den beteiligten Kliniken
Qualitätskommissionen tagen, die sich mit den Mängelrügen beschäftigen. Daraus ist
ein detailliertes Protokoll zu erstellen, das an das Institut zurückgesandt wird.
Im Falle der kompletten Durchführung des Projektes sowie des Erreichens einer bestimmten
Mindestpunktzahl erfolgt die Erstellung eines Zertifikates. Die Mindestpunktanzahl
errechnet sich aus einem gewichteten Mängelindex.
Zielsetzung
Wesentliches Ziel dieses Projektes ist die Qualitätsverbesserung im Bereich der Pneumologie.
Das Projekt hat den großen Vorteil der wirklichen Endpunktkontrolle der medizinischen
Leistung. Die meisten anderen Qualitätsmanagementverfahren prüfen Strukturqualität
bzw. Prozessqualität in Ansätzen. Die eigentliche Durchführung der Leistung bzw. ob
diese z. B. überhaupt indiziert war, wird gar nicht oder oft nur auszugsweise geprüft.
Das Projekt setzt genau dort an, wo die anderen Qualitätsmanagementverfahren wie ISO-9000
oder Qualitätsmessverfahren wie EFQM aufhören. Es stellt damit eine Ergänzung dar
zu den z. Z. zahlreichen in Entwicklung und Anwendung befindlichen Qualitätsmanagementverfahren,
deren wesentlicher Inhalt ist, Organisationsabläufe zu kontrollieren bzw. zu optimieren.
Das Verfahren ist für alle Disziplinen relativ rasch einsetzbar und vergleichsweise
sehr kostengünstig.
Es hat den Nachteil eines fehlenden Bezugspunktes. Natürlich erfolgt die Begutachtung
von Krankenakten nach gängigen medizinischen Empfehlungen und Leitlinien. Eine genauere
Vorgabe auf bestimmte Leitlinien ist aber aufgrund der Komplexität der Krankenfälle
häufig nicht möglich. Die Patienten sind in der Regel multimorbide, d. h. sie haben
mehrere Diagnosen, so dass nur eine Kombination von Leitlinien bzw. Empfehlungen in
Frage käme. Eine solch geartete Überprüfung der medizinischen Ergebnisqualität würde
sofort an methodische Grenzen stoßen (diese methodologische Limitation ist übrigens
auch der Grund, warum die Forschung über die künstliche Intelligenz stockt). Um diesem
ganzen Problemkomplex aus dem Wege zu gehen, wurde das Prinzip der Evolution angewendet.
Die jeweils im System vorhandenen besten Strukturen (Leiter der Fachabteilungen bzw.
Fachkliniken) begutachten sich gegenseitig. Es ist damit etwas dem Begutachtungsverfahren
beim Schieds- oder Kunstfehlerprozess verwandt. Auch hier stellen die Gutachter die
höchste Instanz dar. Es mag im Einzelfall nicht bekannt sein, was die beste Behandlungsmethode
ist, aber es fällt immer sofort auf, wenn gegen etablierte Diagnostik und Therapie
verstoßen wird. Es zeigt sich unmittelbar, was zu verbessern ist, ohne dass man das
Endziel kennt (das Bessere ist der Feind des Guten). Dieser evolutionäre Prozess bestimmt
z. B. auch die Entwicklung von Produkten in der Industrie. Es wird bei diesem Verfahren
also immer Mängelrügen geben, obwohl Kliniken sich permanent in ihrer Qualität verbessern.
Insofern bleibt immer ein Anreiz erhalten, der für einen Progress erforderlich ist.
NRW-Ziel
Ziel dieses Projektes ist die Verbesserung der Krankenhausversorgung (Nr. 7 der 10
vorrangigen Gesundheitsziele für NRW). Dieses Verfahren erlaubt eine direkte Verbesserung
der medizinischen Qualität unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Limitationen.
Dieses wird erreicht durch Items, die in den Begutachtungsprozess eingebaut sind,
wie z. B. überflüssige Untersuchung, kostengerechte Therapie usw. Nur durch die optimale
Ausnutzung der vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen ist eine weitere
Optimierung der Krankenversorgung möglich. Dieses, obwohl die Schere zwischen Leistungszunahme
und Bezahlbarkeit immer größer wird.