Pneumologie 2002; 56(3): 163-164
DOI: 10.1055/s-2002-20557
Editorial
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ein Novum: Gemeinsamer Kongress von DGP und DGAI

A Novelty: Joint Congress of DGP and DGAIG.  Schultze-Werninghaus1
  • 1Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil, Kliniken der Ruhr-Universität Bochum, Medizinische Klinik und Poliklinik, Abteilung für Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin, Bochum
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Prof. Dr. G. Schultze-Werninghaus

Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil

Bürkle-de-la-Camp-Platz 1

44789 Bochum

Email: gsw2002@ruhr-uni-bochum.de

Publication History

Publication Date:
05 March 2002 (online)

Table of Contents

    Eigentlich scheint es naheliegend, dass die DGAI nicht nur - wie in der Vergangenheit - mit der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin 1954, der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft 1957, der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft 1960, der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde 1975 und der Gesellschaft für Immunologie 1978 bzw. 1990 gemeinsam tagt, sondern auch mit der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, gibt es doch zahlreiche klinische und wissenschaftliche Berührungspunkte zwischen beiden Fächern. Hierzu gehören das Asthma bronchiale, die exogen-allergische Alveolitis, interstitielle Lungenerkrankungen mit immunologischer Pathogenese, Interaktionen zwischen Rhinopathie und Erkrankungen der tieferen Atemwege. Dennoch hat es etwas mehr als 50 Jahre nach Gründung der DGAI 1951 gedauert, bis ein gemeinsamer Kongress stattfinden konnte.

    Ein Blick in das Programm des Kongresses zeigt, dass sonst auf Pneumologenkongressen oft nicht oder nur schwach berücksichtigte Themen, wie die Bedeutung der oberen Luftwege für Asthma und Schlafapnoe, allergologische, immunologische und umweltbedingte Grundlagen von Atemwegserkrankungen besonders berücksichtigt worden. Umgekehrt gilt sicherlich auch für die primär allergologisch interessierten Kollegen, dass sie in Bochum die Chance haben, „über den Tellerrand zu schauen”. Schließlich haben sich die Fächer auch im Bereich der Forschung viel zu sagen, da trotz unterschiedlicher Fragestellungen vielfach gleiche Methoden angewendet werden, Zellen und Zytokine, Rezeptoren und DNA, Immunologie und Molekularbiologie gleichermaßen das aktuelle Interesse bestimmen. So werden - da bin ich ganz sicher - alle Tagungsteilnehmer von der Verbreiterung der Perspektive profitieren. Zu den Schwerpunkten des Kongresses gehören:

    • Bedeutung der allergischen Rhinitis für die Asthmaentstehung (Stichworte: „Etagenwechsel”, „United Airways”)

    • Bedeutung von Umwelteinflüssen und Infektionen für die Entstehung allergischer Krankheiten

    • Asthma- und Allergieprävention durch Allergenvermeidung, hypoallergene Ernährung, Antihistaminika und Immuntherapie

    • Neue Erkenntnisse zu Kontaktallergien

    • Nahrungsmittelallergien/Kreuzallergien

    • Diagnostik aus dem Atemexhalat bei entzündlichen Atemwegskrankheiten

    • Asthmatherapie im Kindes- und Erwachsenenalter

    • COPD: Medikamentöse Therapie, richtige Ernährung, Rehabilitation

    • Pulmonale Hypertonie - Pathophysiologie und Therapie

    • Lungenkarzinome, Pleuramesotheliom - Frühdiagnostik, Frühintervention, Genetik und Umwelt

    • Infektionen der Lunge mit Bakterien, Viren und Pilzen

    • Multiresistenz gegen Antibiotika und Tuberkulostatika

    • Schlafapnoesyndrom: Auswirkungen auf das Herz

    • Neue Entwicklungen in der Pneumokonioseforschung

    • Zytokine bei Atemwegserkrankungen

    • Komplementärmedizin

    • Disease Management/Integrierte Patientenversorgung

    Aus Sicht des Kongresspräsidenten besteht durch diesen gemeinsamen Kongress vor allem die Hoffnung, den Pneumologen die Bedeutung allergologischer Fragestellungen und antiallergischer Maßnahmen näher zu bringen. In pneumologischen Therapieempfehlungen und neuesten Monographien zum Thema Asthma werden die therapeutischen antiallergischen Maßnahmen oft lediglich in Kurzform und - bezogen auf die Immuntherapie - mit dem Unterton der Skepsis dargestellt, entgegen dem Stand der Forschung. Hier ist Informationsarbeit offensichtlich erforderlich, die eines der Ziele des Kongresses sein wird.

    Das Asthma bronchiale - als klinische bedeutsamste Verbindung zwischen DGP und DGAI - steht derzeit besonders im Blickpunkt der Gesundheitspolitik, da im Rahmen der Disease-Management-Diskussionen eine der Krankheiten mit Modellcharakter. Leider spielen auch hier in den bisher vorgelegten Konzepten antiallergische Maßnahmen nur eine untergeordnete bzw. keine Rolle. Dies gilt auch für den Bericht über die Medizinische Über-, Unter- und Fehlversorgung der Ärztlichen Zentralstelle Qualitätssicherung im Auftrag von BÄK und KBV.

    Für den Pneumologen ist die Beschäftigung mit allergologischen Themen von Bedeutung, nicht nur, da Asthma und Alveolitis einen allergischen Hintergrund haben, sondern auch um auf dem Stand des Wissens zu bleiben. Wussten Sie schon, dass inzwischen das „extrinsische” und das „intrinisische” Asthma nicht mehr existieren? Auch das „exogene” und das „endogene” Asthma sind obsolet. Zumindest dann, wenn es nach dem Willen einer Task Force der Europäischen Akademie für Allergologie und Klinische Immunologie EAACI geht (Allergy 2001; 56: 813 - 824). Vorgeschlagen werden die Termini „Allergisches” bzw. „Nichtallergisches” Asthma, das „allergische” Asthma soll unterteilt werden in das „IgE-vermittelte” bzw. „Nicht-IgE-vermittelte” Asthma. Analog sollen auch die Rhinitis, Konjunktivitis, das atopische Ekzem, die Urtikaria, Nahrungsmittelüberempfindlichkeit, Medikamentenunverträglichkeit, Insektengiftreaktionen und die Anaphylaxie definiert werden. Sozusagen „IgE als Messlatte” - verständlich evtl. dadurch, dass der Erstautor der Entdecker des Immunglobulin E ist (und einem namhaften Produzenten von IgE-Messsystemen sehr nahe steht).

    Es gäbe vieles hierzu anzumerken. So die Frage, wie denn diese Definition den zahlreichen Patienten mit Asthma, erhöhtem IgE, aber einer im Wesentlichen von nichtallergischen Faktoren bestimmten chronischen Erkrankung gerecht werden soll, analog bei chronischen Hauterkrankungen und der chronischen Rhinitis. Und das, nachdem die Spezialisten seit Jahrzehnten darum bemüht sind, eben nicht allein auf den Hauttest oder das spezifische IgE die Diagnose zu begründen. Der Präsident der EAACI stellt in seinem Kommentar zu dieser Publikation fest, dass dies nicht das letzte Wort sein dürfe, aber evtl. der Beginn einer weltweit gültigen Neudefinition. Man wird dies sorgfältig beobachten müssen.

    Zu hoffen ist, dass derartige Diskussionen einerseits innerhalb der pneumologischen Gremien zum Nachdenken über traditionelle, nicht mehr zeitgemäße Begriffe führten, andererseits aber auch dazu, in ständige Kommunikation mit den allergologischen Verbänden einzutreten, wie z. B. seit langem schon mit Onkologen und Thoraxchirurgen.

    Zur Wahrnehmung dieser fachlichen Kontaktmöglichkeiten auf dem Kongress Bochum 2002, aber auch zu den Rahmenveranstaltungen unter dem Motto „Ruhrstadt - ein neues Profil des Ruhrgebietes” (Thema des Festvortrages) lade ich Sie herzlich ein.

    Prof. Dr. G. Schultze-Werninghaus

    Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil

    Bürkle-de-la-Camp-Platz 1

    44789 Bochum

    Email: gsw2002@ruhr-uni-bochum.de

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    Email: gsw2002@ruhr-uni-bochum.de