Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(19): 1021
DOI: 10.1055/s-2002-28318
CME
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen - Der konkrete Fall

Adverse drug reactions - case reportS. Haffner1 , H. Lapp2 , P. A. Thürmann1
  • 1Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Klinikum Wuppertal GmbH, Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie der Universität Witten/Herdecke
  • 2Medizinische Klinik 3, Herzzentrum Klinikum Wuppertal GmbH, Lehrstuhl für Kardiologie der Universität Witten/Herdecke
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Prof. Dr. med. Petra A. Thürmann

Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Klinikum Wuppertal GmbH

Heusnerstraße 40

42283 Wuppertal

Phone: 0202/8961851

Fax: 0202/8961852

Email: petra.thuermann@klinikum-wuppertal.de

Publication History

21.1.2002

17.4.2002

Publication Date:
08 May 2002 (online)

Table of Contents #

Anamnese

Einem 83-jährigen Patienten wird aufgrund des Verdachts auf eine Bronchopneumonie u. a. Roxithromycin (1 x tägl. 300 mg) verabreicht. 4 Tage darauf verspürt der Patient Schwindel, teilweise mit einem Gefühl von drohender Ohnmacht, Luftnot, Schweißausbrüche und Übelkeit, die letztlich eine stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich machen.

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Untersuchungen

Im EKG fallen eine Arrhythmia absoluta (AA) bei Vorhofflimmern (VHF) (Frequenz ca. 50/min), eine verlängerte frequenzkorrigierte QT-Zeit (QTc nach Bazett) von 530  ms sowie eine selbstlimitierende Torsade-de-Pointes(TdP)-Tachykardie-Episode auf. Bei Herzinsuffizienz wurde die AA bei VHF bisher mit Digitoxin (1  ×  tägl. 0,07 mg) behandelt. Weitere Grunderkrankungen: Insulinpflichtiger Diabetes mellitus, koronare Herzkrankheit, arterielle Hypertonie.

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Therapie und Verlauf

Unter EKG-Monitoring wurden die nun zahlreich auffallenden TdP-Episoden zunächst mit Lidocain (100  mg i. v.) behandelt und ergänzend eine Kalium-, Magnesium- und Calciumsubstitution vorgenommen. Ferner wurde Roxithromycin gegen Ampicillin (3  ×  2 g) ausgetauscht und Digitoxin abgesetzt. Nachdem auf medikamentösem Wege keine Besserung erzielt werden konnte, wurde die Rhythmusstörung durch eine temporäre hochfrequente (110/min) Schrittmacherstimulation kontrolliert. Die Stimulationsfrequenz wurde im weiteren langsam abgesenkt, nach 3 Tagen konnte der Schrittmacher entfernt werden. Nach 10 Tagen wurde der Patient bei normaler QTc-Zeit (420 ms) und normfrequenter permanenter AA entlassen.

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Kommentar

Im vorliegenden Fall stehen die TdP-Episoden und die durch sie verursachten Beschwerden zeitlich und symptomatisch in Zusammenhang mit der neu begonnenen Roxithromycin-Medikation. In der Literatur sind etliche Hinweise auf arrhythmogene Eigenschaften der Substanzklasse der Makrolid-Antibiotika zu finden [1]. TdP-Tachykardien kommen vor allem bei bradykarden Rhythmusstörungen mit früh einfallenden ventrikulären Extrasystolen mit langer postextrasystolischer Pause („short-long-short-Mechanismus“) vor. Daher könnte sich Digitoxin als Kofaktor bei der Arrhythmieauslösung ausgewirkt haben. Da Hypokaliämie, Hypomagnesiämie und Hypocalcämie als prädisponierende Faktoren gelten, wurde versucht, durch entsprechende Substitution eine verbesserte Ausgangslage zu erzielen. Lidocain als repolarisationsverkürzendes Antiarrhythmikum blieb bei diesem Fall ineffektiv. Die Therapie mittels hochfrequenter temporärer ventrikulärer Schrittmacherstimulation zur Ausschaltung postextrasystolischer Pausen erwies sich als effektive Maßnahme.

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Literatur

  • 1 Woywodt A, Grommas U, Buth W, Rafflenbeul W. QT prolongation due to roxithromycin.  Postgrad Med J. 2000;  76 651-653

Prof. Dr. med. Petra A. Thürmann

Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Klinikum Wuppertal GmbH

Heusnerstraße 40

42283 Wuppertal

Phone: 0202/8961851

Fax: 0202/8961852

Email: petra.thuermann@klinikum-wuppertal.de

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Literatur

  • 1 Woywodt A, Grommas U, Buth W, Rafflenbeul W. QT prolongation due to roxithromycin.  Postgrad Med J. 2000;  76 651-653

Prof. Dr. med. Petra A. Thürmann

Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Klinikum Wuppertal GmbH

Heusnerstraße 40

42283 Wuppertal

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Fax: 0202/8961852

Email: petra.thuermann@klinikum-wuppertal.de