Das AkT ist ein ambulantes, 10 wöchentliche Sitzungen zu je
2Œ Zeitstunden umfassendes strukturiertes Gruppenprogramm, in dem sich
die Teilnehmer - bis zu 14 Personen - in zieloffener Weise für
kontrolliertes Trinken oder Abstinenz entscheiden können.
„(Selbst)kontrolliertes Trinken” bedeutet hier, dass der
Konsument sein Trinkverhalten an zuvor von ihm festgelegten Trinkregeln -
vor allem Trinkmenge und -häufigkeit betreffend - ausrichtet. Das
AkT versteht sich als Ergänzung zu den vorhandenen Abstinenzangeboten. Es
wurde erstmals im Oktober 1999 an der Psychosozialen Beratungs- und
Behandlungsstelle für Suchtkranke des Caritasverbandes Nürnberg
durchgeführt [1 ]
[2 ]. Seit
April 2001 werden Trainerkurse zum AkT angebotenen [3 ].
Auf diesem Weg haben sich inzwischen über 140 Suchtfachkräfte aus
Deutschland und der Schweiz zur eigenständigen Durchführung von
AkT-Kursen qualifiziert. Das AkT wird inzwischen in verschiedenen Städten
Deutschlands und der Schweiz angeboten, integriert in die Angebotspalette von
Beratungsstellen und Praxen (vgl. www.kontrolliertes-trinken.de). Für die
Teilnahme am AkT wird eine vom lokalen Anbieter frei wählbare Gebühr
erhoben, zum Teil ist sie kostenfrei (wie in Nürnberg).
Zielgruppen und Ziele des AkT
Zielgruppen und Ziele des AkT
Das AkT wendet sich an Menschen, die vier Voraussetzungen
erfüllen („Indikation”):
Ihr Alkoholkonsum hat ein riskantes bzw. bereits
schädigendes Ausmaß angenommen.
Sie haben den Wunsch, ihren Alkoholkonsum zu reduzieren.
Ein einfaches „Herunterschrauben” des
Alkoholkonsums ist ihnen nicht möglich.
Abstinenz ist für sie kein zur Zeit gewünschtes oder
realistisches Ziel.
Mit dem AkT werden die folgenden Zielsetzungen verbunden:
Personen zu einer Teilnahme zu motivieren, die sich durch
Hilfsangebote mit ausschließlicher Abstinenzvorgabe (und oft langer oder
unklarer Behandlungsdauer) nicht oder nicht mehr angesprochen fühlen;
konkrete Hilfestellungen zur Konsumreduktion bzw. bei
Entwicklung von Abstinenzmotivation zum Erreichen der Abstinenz zu geben;
Beeinträchtigungen, die durch überhöhten
Alkoholkonsum entstanden sind, abzubauen;
Teilnehmer, denen eine Trinkmengenreduktion nicht zufrieden
stellend gelingt, in abstinenzorientierte Suchthilfeangebote (z. B.
ambulante Beratung, ambulante oder stationäre Entwöhnung) zu
vermitteln.
Kontraindikationen lassen sich in Bezug auf das AkT in
„absolute” und „bedingte” unterscheiden:
Eine absolute Kontraindikation besteht in bereits erreichter
Abstinenz oder einem festen Entschluss zu dauerhafter Abstinenz.
Bedingte Kontraindikationen liegen vor a) bei einem schweren
Alkoholproblem (wie etwa Alkoholabhängigkeit) und b) bei auch durch
geringe Alkoholmengen absehbaren negativen Konsumfolgen (wie im Falle von
Schwangerschaft/Stillzeit, alkoholsensibler Medikation oder körperlichen
Vorschädigungen). „Bedingt” sind diese Kontraindikationen zu
nennen, weil in diesen Fällen die Alkoholabstinenz zwar Ziel erster Wahl
ist, kontrolliertes Trinken aber trotzdem geboten ist, wenn der Konsument nicht
in der Lage ist, Abstinenz anzustreben oder einzuhalten, und wenn er das
Abstinenzziel ausdrücklich ablehnt und statt dessen eine Konsumreduktion
wünscht.
Behandlungsbedürftige psychiatrische Begleiterkrankungen
(z. B. schwere Depression, Borderline-Störung oder Psychose),
zusätzlicher Suchtmittelkonsum (z. B. Cannabis), massive soziale
Desintegration (z. B. Wohnsitzlosigkeit) oder andere
Beeinträchtigungen der „Gruppenfähigkeit” (z. B.
extrem schlechtes Hörvermögen; bedeutsamer kognitiver Abbau) stellen
zwar keine Kontraindikationen für kontrolliertes Trinken dar. Sie
können es aber geraten erscheinen lassen, statt des Gruppenprogramms das
„Einzelprogramm zum kontrollierten Trinken” (EkT)
[4 ] zur Anwendung zu bringen.
Screening und Diagnostik im AkT
Screening und Diagnostik im AkT
Dem AkT vorgeschaltet finden 1 - 3 diagnostische
Einzelsitzungen statt. Es kann bei einer einzigen Sitzung bleiben, a) wenn sich
bereits aus dem Erstkontakt eine eindeutige Kontraindikation für die
AkT-Teilnahme ergibt oder b) wenn man den Klienten einige der diagnostischen
Verfahren selbstständig zu Hause bearbeiten lassen kann und
möchte.
In der ersten Diagnostiksitzung, dem Screening, werden anhand des
„Diagnostik-Manuals” [5 ] das aktuelle
Trinkverhalten, das Ausmaß körperlicher Entzugserscheinungen,
eventuelle psychische Begleiterkrankungen und Konsum weiterer psychoaktiver
Substanzen sowie der Grad der sozialen Integration erhoben. Wenn sich aus
diesen Informationen nicht bereits eine Kontraindikation für das AkT
ergibt, wird in dieser Sitzung noch der Auftrag an den zukünftigen
AkT-Teilnehmer weitergegeben, bis zum nächsten Diagnostiktermin aktuelle
Ultraschallbefunde (Abdomen) und Laborwerte (Gamma-GT, GOT, GPT, Bilirubin,
Quick, Albumin, kleines Blutbild, BSG) einzuholen und eine körperliche
Untersuchung vornehmen zu lassen (mit vorgefertigtem Anschreiben an den
behandelnden Arzt).
Beim zweiten und ggf. dritten Diagnostiktermin werden die
alkoholbezogene (ICD-10, AUDIT, NASS [dt. Übersetzung des SADQ],
KAZ-35 [modifizierte Version für kontrolliertes Trinken]) und
weitere psychiatrische Symptomatik (DIA-X-SSQ) vertiefend abgeklärt sowie
soziodemographische, suchtbiographische und soziale Basisdaten (gekürzte
Form des EuropASI) erhoben.
Grundlagen und Aufbau des AkT
Grundlagen und Aufbau des AkT
Das AkT mit seinen 10 Sitzungen gründet auf mehreren
Pfeilern:
Die wissenschaftliche Basis bilden die Erkenntnisse der
Forschung zum kontrollierten Trinken [6,7,8,9;
www.kontrolliertes-trinken.de] und zum
„Stufen-der-Veränderung-Modell” [10 ].
Der Aufbau des Programms ist verhaltenstherapeutisch orientiert
(klare Programmstruktur, Transparenz des Vorgehens, psychoedukative
Programmelemente, erfahrungsorientiertes Neulernen,
„Hausaufgaben”, Selbstkontrollmodell).
Die individuumsbezogenen Interventionen der Gruppenleitung
orientieren sich an den Prinzipien und Methoden der „motivierenden
Gesprächsführung” (z. B. aktives Zuhören,
„geschmeidiger” Umgang mit Widerstand usw. [11 ]) sowie lösungsorientierter Therapie
(Herausarbeitung der Fortschritte der Teilnehmer sowie der Kompetenzen, die die
Fortschritte begünstigt haben, anstatt in „Problemtrancen”
zu verfallen - ein äußerst aufbauendes, motivierendes Vorgehen
für die Teilnehmer! [12 ]).
Der Tatsache eines Gruppenprogramms wird Rechnung getragen durch
die Berücksichtigung gruppenpädagogischer Prinzipien (z. B.
Einführung von Ruth Cohns TZI-Regeln) und einer moderner
Erwachsenenbildung genügenden Didaktik (Nutzung von aktivierenden
Gruppenmethoden, Visualisierungen, Overhead-, Flip-Chart- und Metaplanmethodik
usw.).
Last but not least: Das Menschenbild ist
humanistisch-psychologisch orientiert (Respektierung und Förderung der
Klientenautonomie als übergeordnete ethische Maxime, z. B. bei
Zielentscheidungen; Berücksichtigung der aktuellen Befindlichkeiten und
Wünsche der Teilnehmer [„Hier-und-Jetzt-Prinzip”],
statt „kontaktarmer Stoffabarbeitung”; Zuversicht in die
Klienten, dass diese das ihnen gemäße Veränderungstempo selbst
herausfinden usw.).
Die 10 Gruppenabende, die von 1 - 2 für das
AkT fortgebildeten Suchtfachkräften geleitet werden [3 ], gestalten sich wie folgt:
Im ersten Teil der Sitzung äußert sich jeder Teilnehmer
nach einem kurzen Befindensblitzlicht zu seinem Umgang mit Alkohol und zu
weiteren wichtigen Ereignissen während der letzten 7 Tage. Weiterhin nimmt
er für die bis zum nächsten Gruppentermin folgenden 7 Tage eine
Zielplanung anhand von 3 Parametern vor (Anzahl abstinenter Tage; maximale
Trinkmenge an Trinktagen; maximale wöchentliche Konsummenge). Die
Gruppenleitung fokussiert und präzisiert die Wochenerfolge und gibt bei
Bedarf Unterstützung bei der weiteren Zielplanung.
Im zweiten Teil der Sitzung werden festgelegte Inhalte vermittelt
bzw. gemeinsam erarbeitet. Dazu gehören: Grundinformationen über
Alkohol (u. a. Ethanolgehalt der gebräuchlichsten Alkoholika,
Definition einer Standard[getränke]einheit, Bestimmung der
Blutalkoholkonzentration), Handhabung des Trink-Tagebuchs (das über das
ganze Programm hinweg zu führen ist), persönliche Gründe
für eine Konsumreduktion („Motivatoren”), Möglichkeiten
der Trinkzielfestlegung für jeweils eine Woche, Identifizierung von
Risikosituationen für überhöhten Alkoholgebrauch, Strategien zur
Konsumbegrenzung, Umgang mit Rückschlägen und Entwicklung von
Alternativen zum Alkoholkonsum (Bewältigung von Belastungen und
Freizeitgestaltung). In diesem zweiten Teil der Gruppensitzungen wechseln sich
in der Didaktik visuell unterstützte Kurzbeiträge der Gruppenleitung
(z. B. zu Grundinformationen über Alkohol), Einzelarbeiten der
Teilnehmer (z. B. Bearbeitung von Checklisten zu Risikosituationen),
Kleingruppenarbeiten (z. B. Erarbeitung von Kontrollstrategien),
Rollenspiele (z. B. zum Nein-Sagen bei Trinkangeboten), der Austausch in
der Gesamtgruppe und die Besprechung von Informationsblättern ab.
Für jede einzelne der 10 AkT-Sitzungen steht ausgebildeten
AkT-Trainern das ausführliche „Trainer-Manual” zur
Verfügung, in dem der zeitliche und inhaltliche Ablauf mit allen
didaktischen Anregungen minutiös ausgearbeitet ist, auf mögliche
Durchführungsprobleme präventiv vorbereitet wird und alle
Informations- und Arbeitsblätter enthalten sind [13 ]. Die Teilnehmer erhalten ein eigenes
„Teilnehmer-Handbuch” mit Sitzungsübersichten, Arbeits- und
Informationsbögen sowie weiteren Unterlagen [14 ].
Qualitätssicherung
Qualitätssicherung
In das AkT ist eine systematische Qualitätssicherung
implementiert.
Im Sinne der Strukturqualität ist die
Diagnostik standardisiert, d. h. es findet eine Batterie national und
international verbreiteter Diagnostikinstrumente zur Erhebung des
bio-psycho-sozialen Status der AkT-Teilnehmer Anwendung
(„Diagnostik-Manual”, s. o.). Das umfangreiche
AkT-Trainermanual mit seinen Materialien und exakten
Durchführungshinweisen und Zeitangaben für die einzelnen Abschnitte
jeder Sitzung bildet die Grundlage für eine standardisierte, aktuellen
fachlichen Standards genügende Gruppendurchführung. Die
Gruppenteilnehmer werden mit dem „Teilnehmer-Handbuch”
ausgestattet, wodurch gewährleistet ist, dass sie über alle für
die einzelnen Sitzungen notwendigen Unterlagen verfügen und mit diesen
nach dem AkT weiterarbeiten können. Eine hohe Qualität des AkT wird
weiterhin dadurch gefördert, dass zu den Trainerschulungen nur
Suchtfachleute zugelassen werden, das Training umfassend angelegt ist (von der
Diagnostikschulung über die Einübung aller 10 Sitzungen bis zur
Heranführung an die Anwendung der ausgearbeiteten Katamnesebögen),
nur ausgebildete AkT-Trainer das „Trainer-Handbuch” erwerben
können und ausgebildete AkT-Trainer in „senior trainings”
Möglichkeiten zum „Qualitäts-Check-up” und zur
Qualitätsoptimierung erhalten [15 ].
Die Prozess- und Ergebnisqualität des
AkT werden systematisch geprüft u. a. durch anonym
auszufüllende Stundenbeurteilungsbögen am Ende jeder Sitzung
(für Teilnehmer und Trainer), Teilnehmer-Abschlussbefragungen (summative
Programmevaluation) und Katamnesen (Laborbefunde und Befragungen zum
Trinkverhalten sowie körpermedizinischen, psychischen und sozialen Status
nach 6, 12 und 24 Monaten).
Schließlich werden auch die AkT-Trainerseminare mittels eines
standardisierten Fragebogens durch die Teilnehmer evaluiert (u. a.
Zufriedenheit mit 11 Seminaraspekten, wie „Kompetenzzuwachs”,
„Praxisnähe”, „schriftliche Unterlagen” etc.).
Stellvertretend für die Zufriedenheit mit den 11 Seminaraspekten steht das
positive Gesamturteil zu jedem der 6 Trainingskurse: Es liegt auf einer Skala
von -3 („sehr schlecht”) bis + 3 („sehr
gut”) nie unter + 2 (n=107 Trainingsteilnehmer).
Ergebnisse zum AkT
Ergebnisse zum AkT
AkT-Teilnehmer
Bislang liegen Daten zu den ersten fünf von uns zwischen
Oktober 1999 bis Juli 2001 in Nürnberg durchgeführten AkT-Gruppen
vor. Einige Interessenten wurden in dieser Zeit nicht in das Programm
aufgenommen (u. a. wegen Schwerhörigkeit, starker Verwahrlosung und
hirnorganischem Abbau, starker Angststörung, ausgeprägter Depression
und THC-Gebrauch). Von den 58 teilnehmenden Personen waren 19 Frauen und 39
Männer, alle über 30 Jahr alt (Durchschnitt 48 Jahre), mehr als die
Hälfte verheiratet. Mehr als 75 % wiesen mindestens die
mittlere Reife als Schulabschluss auf, ebenso viele waren arbeitstätig
(die Hälfte im Angestelltenverhältnis [z. B.
Altenpflegerin], ein Viertel als Selbstständige [z. B.
Werbefachmann] und ein Fünftel als Beamte [z. B.
Lehrer]). Zwei Drittel der Teilnehmer (67 %) hatten vor dem
AkT noch keinerlei Kontakte zum Suchthilfesystem gehabt.
Die durchschnittliche Trinkmenge der AkT-Teilnehmer (hier
n = 52) betrug unmittelbar vor AkT-Beginn (zum Teil
bereits reduziert durch das Wissen um den baldigen Programmbeginn) 28 SE, bei
erheblicher Variation um diesen mittleren Wert
(SD = 15,57; Spannbreite 0 - 70 SE; Abb.
[1 ]).
Abb. 1 Trinkmenge pro Woche
vor AkT-Beginn in Standardeinheiten [SE] (1 SE= 20 g Alkohol; n=52)
Zwei Drittel der Teilnehmer (66 %) waren als
alkoholabhängig einzustufen (mindestens 3 ICD-10-Kriterien erfüllt;
Abb. [2 ]). Bei jedem vierten AkT-Teilnehmer
(24 %) lag darüber hinaus Nikotinabhängigkeit vor (20
oder mehr Zigaretten/Tag).
Abb. 2 Anzahl erfüllter
ICD-Kriterien bei den Akt-Teilnehmern (n=58)
Jeder zweite AkT-Teilnehmer hatte bereits alkoholbedingte
medizinische Folgeprobleme erfahren (z. B. 33 % eine
Fettleber, 3 % eine periphere Polyneuropathie).
Neun Personen beendeten das AkT vorzeitig, zum Teil aufgrund
unserer Empfehlung zur Aufnahme einer weitergehenden Behandlung (so begannen
drei Personen eine Entgiftungs- und/oder Entwöhnungsbehandlung).
Konsumveränderungen im Laufe der AkT-Teilnahme
(Prä-Post-Vergleich)
Zur Abbildung von im Laufe der AkT-Teilnahme eingetretenen
Veränderungen wurde das Trinkverhalten der Teilnehmer der ersten drei
AkT-Gruppen („Behandlungsgruppen”; n = 34)
mit dem Trinkverhalten derjenigen Personen verglichen, die während der
Behandlungszeit der ersten AkT-Gruppe 3œ Monate auf den Beginn ihrer
Gruppe warteten („Wartekontrollgruppe”;
n = 12). Der Vergleich erbringt folgendes:
In den Behandlungsgruppen reduzierte sich der Alkoholkonsum im
Laufe des AkT um durchschnittlich 14,8 SE pro Woche und damit signifikant
stärker als in der Wartekontrollgruppe, in der die Reduktion nur 0,5 SE
betrug, t(44) = 3,76, p <.001.
Gleichzeitig stieg in den Behandlungsgruppen die Anzahl der
pro Woche abstinent verbrachten Tage um 1,7 Tage, in der Wartekontrollgruppe
nur um 0,2 Tage an, t(44) = 2,56, p <.05.
Weitere Vergleiche belegen die positive Wirkung des AkT auch
in biologischen Alkoholmarkern [16 ].
Die vor dem AkT erhobene Zuversicht, in 35 verschiedenen
Risikosituationen dem Zuviel-Trinken (= mehr trinken als
gemäß Trinkplan vorgesehen) widerstehen zu können (KAZ-35,
Version für kontrolliertes Trinken) erwies sich als prädiktiv: Je
höher das Anfangszutrauen in die eigene Fähigkeit, in
Trinkverführungssituationen stand zu halten, ausfiel, desto mehr
abstinente Tage pro Woche waren unmittelbar nach Abschluss des AkT zu
verbuchen, R = .36, p <.05. Noch stärker fiel
dieser Zusammenhang zwischen dem Anfangszutrauen, unangenehme Gefühle ohne
unkontrolliertes Trinken bewältigen zu können, und der Anzahl
abstinent verbrachter Tage nach dem AkT aus, R = .73, p
<.01.
Auch die Tatsache, dass alle Teilnehmer zu weitgehend allen
Terminen anwesend waren und in den am Ende jeder Sitzung ausgegebenen
„Stundenbeurteilungsbögen” (6 Items, z. B.
„Heute habe ich den Eindruck, dass ich bei der Bewältigung meines
Alkoholproblems vorangekommen bin”) hohe Zufriedenheitswerte angaben,
spricht für den guten Anklang, den das Programm gefunden hat (vgl. Abb.
[3 ]). Beispielsweise lag das summative
Zufriedenheitsurteil der Teilnehmer („Insgesamt betrachtet, fand ich die
heutige Gruppensitzung ...”) in keiner der 10 Sitzungen unter 4
(0 = „sehr schlecht”,
5 = „sehr gut”). Auch unser Eindruck, dass
die AkT-Teilnehmer persönlich sehr engagiert „bei der Sache
waren”, „Klientenwiderstand” (leugnen, bagatellisieren
usw.) kaum aufgetaucht ist und die Suchtarbeit im Rahmen des AkT eine neue
Leichtigkeit erfahren hat, sollten nicht unerwähnt bleiben.
Abb. 3 Bewertung
(n = 357) von sechs Aspekten jeder AkT-Sitzung durch die
Teilnehmer (Durchschnitt ± 1 SD über alle Gruppen und alle 10
Sitzungen). (Alkoholproblem = „Heute habe ich den
Eindruck, dass ich bei der Bewältigung meines Alkoholproblems
vorangekommen bin”; Gruppe = „Heute habe ich
mich in der Gruppe wohl gefühlt”;
Hilfe = „Heute habe ich konkrete Hinweise und Hilfe
erhalten”; Neues = „Heute habe ich Dinge
erfahren, die mir vorher noch nicht klar gewesen sind”; Innere
Beteiligung = „Heute war ich innerlich ganz
dabei”; für die ersten fünf Items:
0 = stimmt nicht, 5 = stimmt
völlig; Gesamturteil = „Insgesamt betrachtet,
fand ich die heutige Gruppensitzung” [0 = sehr
schlecht, 5 = sehr gut]).
Katamnestische Ergebnisse
Von 11 AkT-Teilnehmern liegen bislang komplette Messwerte bis zu
einem Jahr nach AkT vor. Sie demonstrieren:
Im Laufe des AkT reduzierte sich die an Trinktagen konsumierte
Alkoholmenge („Drinks per Drinking Day”, DDD) deutlich und nahm
im Folgejahr weiter ab (Abb. [4 ]). Der DDD-Wert nach
einem Jahr (2,1 SE) lag signifikant unter dem vor AkT-Beginn (4,8 SE),
t(10) = 3,70, p <.01.
Abb. 4 Durchschnittliche
tägliche Trinkmenge (in Standardeinheiten [SE]; 1
SE = 20 g Alkohol) vor und direkt nach dem AkT
sowie 6 Monate und 1 Jahr nach Programmende (n = 11).
Der im Laufe des AkT markant gesunkene Wochenkonsum
erhöhte sich in den ersten sechs Monaten nach AkT um 2,4 SE und sank im
Laufe der kommenden sechs Monate exakt auf das Niveau zu Ende der Behandlung ab
(12,9 SE; Abb. [5 ]). Die Mittelwertsdifferenz zwischen
der wöchentlichen Konsummenge zu Behandlungsbeginn und 1 Jahr nach
AkT-Ende ist signifikant, t(10) = 4,22, p <.01.
Abb. 5 Durchschnittliche
wöchentliche Trinkmenge (in Standardeinheiten) vor und direkt nach dem AkT
sowie 6 Monate und 1 Jahr nach Programmende (n = 11).
Ein ähnlicher Verlauf bildet sich bei der Betrachtung der
abstinenten Tage pro Woche ab (Abb. [6 ]). Hier sank
der Mittelwert von 2,7 Tagen unmittelbar nach Behandlungsende auf 2,2 Tage nach
6 Monaten ab, stieg aber in den kommenden 6 Monaten wieder auf 2,7 Tage an.
Auch hier unterscheiden sich Ausgangs- und 1-Jahres-Wert bedeutsam,
t(10) = 3,07, p <.05.
Abb. 6 Durchschnittliche
Anzahl abstinenter Tage pro Woche vor und direkt nach dem AkT sowie 6 Monate
und 1 Jahr nach Programmende (n = 11).
Weiterbehandlung
Nahezu jeder zweite der bisherigen 58 Nürnberger
AkT-Teilnehmer (47 %) nahm nach dem AkT irgend eine Art von
weiterer suchtspezifischer Hilfe in Anspruch, u. a.
Selbsthilfegruppenbesuche (14 %), fortlaufende Beratung
(10 %), stationäre Entwöhnungsbehandlung
(3 %) oder mehrere Behandlungsangebote (14 %). Die
Zielsetzung lautet bei einigen weiterhin kontrolliertes Trinken. Bei anderen
konnten die Selbsterkenntnis, mit kontrolliertem Trinken überfordert zu
sein und die Motivation, aktive Schritte hin zur Abstinenz zu unternehmen,
gefördert werden. Alleine 5 Klienten, die vor AkT noch keinen Kontakt zum
Suchthilfesystem hatten, konnten im Rahmen des AkT zur Abstinenz
hingeführt werden.
Folgerungen und Ausblick
Folgerungen und Ausblick
Die vorliegenden Erfahrungen mit und Befunde zum AkT sind
ermutigend:
Durch den Verzicht auf eine Abstinenzforderung sowie die
überschaubare Programmdauer konnten Menschen erreicht werden, die noch nie
suchtspezifische Hilfe in Anspruch genommen hatten, dieser aufgrund erheblicher
Alkohol- und Alkoholfolgeprobleme aber dringend bedurften.
Der durchschnittliche Alkoholkonsum konnte durch das AkT um mehr
als die Hälfte gesenkt werden, die Anzahl abstinenter Tage nahm zu, einige
Teilnehmer erreichten im Laufe des Programms vollständige Abstinenz. Diese
Erfolge sind auch noch nach einem Jahr nachweisbar.
Fast die Hälfte der Teilnehmer nahm, angestoßen durch
das AkT, weitere ambulante und/oder stationäre suchtspezifische Hilfe in
Anspruch, so sich diese als notwendig erwies.
Mit den Trinkmengenreduzierungen gingen Beeinträchtigungen
im Lebensalltag zurück (z. B. Partnerprobleme,
Leistungseinbußen am Arbeitsplatz; vgl. auch die Fallvignetten zum AkT,
Beitrag Körkel et al., in diesem Heft).
Die relativ geringe Quote klassischer Behandlungsabbrüche
sowie die positiven formellen und informellen Rückmeldungen der Teilnehmer
sind als weiteres Indiz für die Adäquatheit der Programminhalte und
-gestaltung zu werten.
Seit Sommer 2000 existiert eine Selbsthilfegruppe ehemaliger
AkT-Teilnehmer, die sich einmal im Monat trifft. Sie begünstigt nach
bisherigen Erfahrungen eine Stabilisierung der erzielten Erfolge.
Die genannten ersten Ergebnisse und begleitenden klinischen
Eindrücke zum AkT sprechen für die Weiterführung und Ausweitung
entsprechender Programme. Hägerbäumer [17 ],
Bundesgeschäftsführer des Blauen Kreuz in Deutschland, folgert ganz
im Sinne unserer Sichtweise: „Das AkT-Programm ist ein geeignetes
Angebot, um Menschen früher zu erreichen ... Der körperliche
und seelische Abbau der Suchtkranken kann früher gestoppt werden. Das Leid
der Suchtkranken und Angehörigen muss nicht ausgekostet werden und manches
ist eventuell vor dem Zerbrechen zu retten.” (S. 23)
In dieses Grundverständnis adressatenorientierter,
frühzeitiger Hilfe fügen sich auch die weiteren Programme zum
kontrollierten Trinken ein, die inzwischen von uns entwickelt worden sind:
Das „Ambulante Einzelprogramm zum
kontrollierten Trinken (EkT)” [4 ]
orientiert sich am Konzept des AkT, trägt jedoch den besonderen
Bedingungen der Arbeit mit Einzelklienten Rechnung. Das EkT eignet sich
für Klienten, die nicht an Gruppen teilnehmen können oder wollen und
für Trainer, die die Einzelarbeit bevorzugen. Auch in ländlichen
Regionen, in denen es schwierig ist, eine Gruppe von nennenswertem Umfang
zusammenzustellen, kann das EkT angezeigt sein.
Das „10-Schritte-Programm zum
selbstständigen Erlernen des kontrollierten Trinkens”
[18 ] leitet in 10 aufeinander aufbauenden Schritten
zur systematischen Alkoholreduktion an und kann bei auftauchenden
Umsetzungsproblemen durch eine Suchtfachkraft
(„10-Schritte-Coach”) unterstützt werden
[19 ]. Das 10-Schritte Programm umfasst ca. 100 Seiten
sowie einen Anhang mit Arbeits- und Informationsblättern. Zur
Durcharbeitung und praktischen Umsetzung der 10 Schritte sind drei Monate
einzuplanen.
Kurz vor der Fertigstellung befindet sich ein
Programm für niedergelassene Ärzte , das ein
Arbeitsheft zum kontrollierten Trinken für den Patienten (mit
Trink-Tagebuch, Empfehlungen zu Kontrollstrategien usw.) und eine
Arztbroschüre (für Eintragungen zu Gesprächsverlauf,
„Hausaufgaben”, Laborwerten usw.) zur Begleitung des Patienten
enthält. Auch analoge Programme für Psychologen
und betriebliche Suchtberater befinden sich vor dem Abschluss.