Einleitung
Einleitung
Die physikalische Therapie ist neben der Pharmako-, der Trainings- und der edukatorischen Therapie ein wichtiger Bestandteil der Therapiemöglichkeiten von chronischen Atemwegserkrankungen. Dabei werden physikalische Behandlungstechniken verwendet, um einen positiven Verlauf der Erkrankung zu bewirken. Die Ziele der Anwendung liegen in der Verhinderung des Atemwegskollapses, der Ökonomisierung der Atmung, effizienterem Husten mit erhöhter Reinigung der Atemwege von Schleim und Verbesserung der Leistungsfähigkeit [1].
Die Gesamtheit der physikalischen Anwendungen beinhaltet unterschiedliche Ansätze: die krankengymnastische Atem-, Inhalations-, Bäder- und Massage-, Atemhilfs-, Wärme-, Strahlen- und Klimatherapie sind einige Anwendungsformen. Physikalische Therapie definiert sich als die Gesamtheit wissenschaftlich begründeter therapeutischer Maßnahmen unter Anwendung physikalischer, chemischer, anatomischer, physio- und pathophysiologischer Gesetzmäßigkeiten und Kenntnisse oder Erfahrungen, bei denen mittels physikalischem Reiz versucht wird, den Körper zu gezielten Reaktionen zu bewegen [2].
Dabei sollen die positive Beeinflussung, Veränderung oder Beseitigung einer drohenden oder vorhandenen Gefährdung oder Erkrankung zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität erzielt werden.
Die deutsche Atemwegsliga empfiehlt eine konkrete Anwendung von physikalischer Therapie bei COPD zur Verbesserung der Sekretelimination, der Vermeidung des exspiratorischen Bronchialkollapses und zum Erleichtern der Atmung [3].
Die erwünschten Ziele der Physiotherapie bei der chronisch obstruktiven Bronchitis liegen in der Erzielung einer Exspirationshilfe bei Belastung, einer Steigerung der Thoraxbeweglichkeit, der Zwerchfellkraft, der Gehstrecke und der Sputumclearance, sowie in einem Vermeiden von Pressatmung zum Beispiel durch Entspannungsübungen. Vor allem zur Verbesserung der Mukusclearance (Drainagelagerung, vertikale Erschütterung, Lippenbremse, autogene Drainage, Flutter [VRP-1 Desitin®]/RC-Cornet®, PEP-Maske und unterschiedliche Hustentechnik) und der konkreten Atmungsunterstützung (Lippenbremse, Körperstellungen, Bauchatmung, Handgriffe) kommen Verfahren zur Anwendung, die teils in ihrer Effektivität wenig erforscht sind.
Eine Vielzahl von kontrollierten, randomisierten Studien [4]
[5]
[6]
[7]
[8]
[9]
[10]
[11]
[12]
[13] hat den multifaktoriellen Effekt von pneumologischen Rehabilitationsprogrammen oder körperlichem Training erforscht und für positiv befunden. Auch Inspirations-Muskel-Training [14]
[15]
[16]
[17] und aktive Entspannungsübungen [18]
[19]
[20] wurden in der Vergangenheit als nützlich bei obstruktiven Atemwegserkrankungen befunden.
Es gibt jedoch nur wenige prospektive, randomisierte Studien, die einzelne Anwendungen der Physiotherapie bei COPD unter kontrollierten Bedingungen auf ihren Effekt hin untersuchen [21]. Folglich besteht ein Problem der physikalischen Therapie darin, dass sich verordnende Ärzte auf nur wenige Daten im Sinne von kontrollierten Studien beziehen können. Dadurch kommt es zu Unklarheiten über die Indikationsstellungen und positiven Effekte einer einzelnen physikalischen Anwendung.
Aus diesem Grunde macht sich diese Übersicht zur Aufgabe, eine Darstellung darüber zu geben, welche Anwendungen der physikalischen Therapie nachgewiesene Verbesserungen im Krankheitsverlauf beim Patienten erzielen.
Atemübungen
Atemübungen
Eine Studie von Kurabayashi et al. [22] beschreibt eine Verbesserung der Lungenfunktionswerte durch Atemgymnastik mit Steigerung des Peakflows und einer Verbesserung der Blutgase (PaO2 ↑, PaCO2 ↓). Diese Resultate wurden jedoch in einer Studie mit geringer Fallzahl (n = 24) festgestellt.
Weiner et al. [23]
[24] stellten bei Untersuchungen an Patientengruppen, die einen Inspiratory-Muscle-Trainer über 6 Monate benutzten, eine Erhöhung der Ausdauer (12 min Gehtest) und der Inspirationskraft (PImax) fest.
In einer weiteren Studie mit 77 Patienten, die Inspirations-Muskel-Training über 3 Monate durchführten, wurde zwar eine Verbesserung der Ausdauerleistung und eine Verringerung der Dyspnoe beschrieben, die Lungenfunktionsparameter blieben jedoch unverändert [25]. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch andere Untersuchungen mit weniger Patienten [26]
[27]
[28].
Eine Studie von Falk et al. [29] kam bei einer Untersuchung an 27 Patienten zu dem Ergebnis, dass sich unter dreimonatigem Inspirations-Muskel-Training neben der Besserung der Ausdauerleistung und der Dyspnoe auch eine Verminderung des funktionellen Residualvolumens und eine Senkung der Atemfrequenz einstellen.
Die Anwendung von normalem Husten in Kombination mit allgemeinen physiotherapeutischen Atemübungen zeigte in einer Studie mit 6 Patienten unter Benutzung eines radioaktiven Tracers eine Verbesserung der peripheren Clearance mit Erhöhung der Sputummenge [30].
Tab. 1 Studienübersicht Atemübungen bei COPD
Jahr | Autor | Patientengruppe | Studiendesign | Ergebnis |
1998
| Kurabayashi et al. | 24 Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen | 3 Gruppen mit Atemgymnastik über 2 Monate: A) 20 min/Woche B) 120 min/Woche an 3 Tagen Übungen C) 120 min/Woche jeden Tag Übungen | Gruppe B) und C): PEF ↓, PaO2 ↑ zusätzlich bei C) PaCO2 ↓ |
1993
| Weiner et al. | 20 Patienten mit COPD | 2 Gruppen: A) 10 Patienten mit Inspirations-Muskel-Training, B) 10 Patienten mit generellem körperlichen Training über 6 Monate | Gruppe A): PImax ↑, Atemmuskulaturausdauer ↑, Alle Pat.: 12 min Gehtest ↑ |
1992
| Weiner et al. | 36 Patienten mit COPD | 3 Gruppen: A) 12 Patienten mit Inspirations-Muskel-Training, B) 12 Patienten mit generellem körperlichen Training, C) 12 Patienten ohne Training über 6 Monate | Gruppe A): mehr Ausdauer und Inspirationskraft sowie bessere Belastungstoleranz als Gruppe B) und C) |
1981
| Bateman et al. | 6 Patienten mit COPD | entweder alleiniges Husten oder Husten mit Atemgymnastik, inhalierter radioaktiver Tracer | mehr Sputumproduktion und bessere Clearance mit Atemgymnastik |
1986
| McKeon et al. | 18 Patienten mit COPD | 10 Patienten trainierten 6 Wochen Inspiration gegen Widerstand | bei den Trainierten steigerte sich die Inspirationsdauer, Fahrradergo =, Treppensteigen =, 12 min Gehtest = |
1985
| Chen et al. | 13 Patienten mit COPD | 7 Patienten führten Inspiration gegen Widerstand 2 × 15 min zweimal/Woche durch, doppelblind | bei Training: Inspirationsmuskelausdauer ↑, -Kraft ↑, Lungenfunktion und Leistung unverändert |
1981
| Bjerre-Jepsen et al. | 28 Patienten mit COPD | 14 Patienten mit Inspirations-Muskel-Training 3 × 15 min/d für 6 Wochen | Lungenfunktionstest unverändert, kein Unterschied der Ausdauer in beiden Gruppen |
1985
| Falk et al. | 27 ambulante Patienten mit COPD | Randomisierung, 3 × 10 min/d Inspirations-Muskel-Training für 3 Monate | trainierte Gruppe: Dyspnoe ↓, Ausdauer ↑, FRC und AF ↓ in Ruhe und Belastung |
1984
| Andersen et Falk | 77 ambulante Patienten mit COPD | 3 Monate Inspirations-Muskel-Training, keine Kontrolle | 63 Patienten mit Dyspnoe ↓, Ausdauer ↑, Lungenfunktion = |
1986
| Nagendra et Nagarathna | 570 Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen | Yoga-Übungen über 3 - 54 Monate, ausgeschiedene Patienten dienten als Kontrolle | mit Yoga: PEF ↑, Cortisonbedarf ↓ |
Nagendra und Nagarathma [31] führten eine Studie an 570 Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen durch, die Yoga-Atemübungen über einen Zeitraum von 3 - 54 Monaten durchführten. Die Patienten erreichten einen erhöhten Peakflow-Wert und benötigten weniger orales oder parenterales Cortison zur Therapie der Atemwegserkrankung. Die Studie hatte jedoch keine normale Kontrollgruppe, sondern nahm die über den Beobachtungszeitraum aus den Übungen ausgeschiedenen Patienten als Vergleich, was möglicherweise zu systematischen Fehlern führen könnte (Tab. [1]).
Kontrollierte Studien, welche die Körperhaltungen (Ablegen des Schultergürtels, Kutschersitz) und Selbsthilfetechniken (Packegriff, gähnende Inspiration) als Gegenstand der Analyse haben, gibt es nur sehr wenige. So werden in den 80er Jahren einige Einzelbeobachtungen erwähnt [32]
[33], die Mechanismus und Benefit dieser Techniken beschreiben. Dabei sollen eine Entlastung des Thorax und der Einsatz der Atemhilfsmuskulatur zu einer Minderung der Obstruktion und Verbesserung der Thoraxbeweglichkeit führen.
Lippenbremse
Lippenbremse
Durch einen intrabronchialen Druck soll bei der Lippenbremse ein Kollaps der instabilen Atemwege verhindert und eine Mobilisierung des zähen Schleims erreicht werden [34]. Der Sauerstoffpartialdruck soll an- und der Kohlendioxidpartialdruck abfallen, während sich das Atemzugvolumen erhöht und sich die Atemfrequenz und das Atmminutenvolumen vermindern sollen [35]
[36]
[37].
Die Lippenbremse wird in verschiedenen Studien unterschiedlich bewertet. So geht eine Studie um Tiep et al. [38] mit 12 Patienten davon aus, dass sich die Sauerstoffsättigung und der Kohlendioxidpartialdruck unter Anwendung der Lippenbremse verbessern. Ebenso wird die Dyspnoe vermindert. In einer späteren Studie von Tiep et al. [39] wurde die Lippenbremse als effektiver als die einfache Atemmuskulaturgymnastik eingestuft.
Auch Fagevik et al. [40] konnten in einer Studie mit 174 Patienten, die die Lippenbremse in Kombination mit Huffing und Husten postoperativ (Abdomen-OP) verwendeten, und einer ähnlich großen Kontrollgruppe (n = 194) nachweisen, dass sich der Sauerstoffpartialdruck bei den Patienten durch die Lippenbremse erhöht. Ebenso konnten eine frühere Mobilisation und geringere Inzidenz von postoperativen Komplikationen beobachtet werden. Die untersuchten Lungenfunktionsparameter blieben jedoch unverändert.
Van der Schans et al. [41]
[42] simulierten eine Lippenbremse mit 5 cm H2O exspiratorischem Widerstand bei 12 Patienten, konnten jedoch keine signifikanten Veränderungen in der Lungenfunktion feststellen, die einen positiven Effekt der Lippenbremse aufzeigten. In einem ähnlichen Studiendesign stellten William et al. [43] bei 14 Patienten mit COPD fest, dass die Lippenbremse zwar die Ermüdung der Inspirationsmuskulatur verringert, jedoch keinen Effekt auf das funktionelle Residualvolumen hat.
Spahija und Grassino [44] zeigten bei 11 Gesunden, die sie mit und ohne Lippenbremse untersuchten, dass die Atemfrequenz und das Atemminutenvolumen gesenkt und die Exspirationszeit und das Atemzugvolumen erhöht werden. In einer älteren Studie [45] wurde beschrieben, dass mittels Lippenbremse das Exspirationsvolumen um bis zu 20 % zunehmen kann (Tab. [2]).
Tab. 2 Studienübersicht Lippenbremse
Jahr | Autor | Patientengruppe | Studiendesign | Ergebnis |
1986
| Tiep et al. | 12 Patienten mit COPD und Hypoxie | randomisierung, Belastung mit/ohne Lippenbremse | SaO2 ↑, PaCO2 ↓, Dyspnoe ↓ |
1996
| Spahija et Grassino | 11 Gesunde | Test mit/ohne Lippenbremse | Exspirationsdauer ↑, AZV ↑, AF ↓, AMV ↓, Unterschied zu PEP-Maske festgestellt |
1997
| Fagevik et al. | 174 Patienten mit abdominaler OP | Lippenbremse + Huffing + Husten, 194 Patienten als Kontrolle | PaO2 ↑, Mobilisation früher, Lungenfunktion =, postoperative Komplikationen ↓ |
1997
| Van der Schans et al. | 12 Patienten mit obstruktiver Atemwegserkrankung | simulierte Lippenbremse mit PEP (5 cm H2O) | keine Signifikanz: AZV ↑, FRC ↑ |
2000
| William et al. | 14 Patienten mit COPD + 10 Gesunde | simulierte Lippenbremse mit PEP | Ermüdung ↓, FRC = |
PEP-Maskenatmung
PEP-Maskenatmung
Die verschiedenen Maskenatmungen (PEP, cPAP) sollen mittels erhöhtem intrabronchialen Druck eine Atemwegsinstabilität verhindern und so eine erhöhte Mukusclearance und verbesserte Blutgase (PaO2 ↑, PaCO2 ↓) bewirken.
Eine Studie an 9 Patienten mit COPD und respiratorischer Insuffizienz konnte zeigen, dass die Atmung mit PEP-Masken und cPAP eine Reduktion des PaCO2 erbrachte. Es konnte jedoch kein Signifikanzniveau erreicht und kein Langzeiteffekt beschrieben werden [46].
Van Hengstum et al. [47]
[48] beschrieben in zwei randomisierten Cross-over Trials mit 7 und 8 Patienten, dass die PEP-Maske zwar einen leichten positiven Effekt auf die Erkrankung habe, eine forcierte Exspirationstechnik in Kombination mit Lagerungsdrainage sei jedoch wesentlich günstiger. Eine Intensivierung der Sputummobilisierung wurde bei beiden Gruppen erwähnt.
Eine weitere Studie an 20 postoperativen Patienten zeigte, dass bei positivem exspiratorischen Druck eine Erhöhung des FEV1-Werts zu erwarten sei, dieser sich jedoch direkt nach Anwendung normalisiere [49].
Falk et al. [50] wiesen in einer randomisierten Cross-over-Studie an 14 Patienten mit zystischer Fibrose nach, dass die expektorierte Sputummenge signifikant höher lag und es zu einer vermehrten Sauerstoffsättigung kam, wenn bei Patienten eine PEP-Maskenatmung anstatt Lagerungsdrainage, Perkussion oder Vibration verwendet wurden.
Es wird ebenfalls erwähnt, dass die Dyspnoeempfindung bei Belastung mit Maskenatmung erhöht sei, auch wenn es zu einer Verbesserung der Atmung und Verminderung der Totraumventilation kommt [51].
Im Vergleich mit dem oszillierenden PEP-System Flutter (VRP-1 Desitin®) wird durch das permanente PEP-System eine erhöhte Wirksamkeit zur Krankheitseinstellung bei zystischer Fibrose berichtet [52] (Tab. [3]).
Tab. 3 Studienübersicht unterstützende exspiratorisch positive Druckatmung
Jahr | Autor | Patientengruppe | Studiendesign | Ergebnis |
1984
| Falk et al. | 14 Patienten mit zystischer Fibrose | Randomisierter Cross-over-Trial, A) Lagerungsdrainage + Perkusion + Vibration B) Lagerungsdrainage + PEP-Maske temporär C) PEP-Maske D) forcierte Exspirationstechnik | Gruppe A: SaO2 ↓ Gruppe B + C: Sputumclearance ↑ Gruppe C: SaO2 ↑ |
1988
| Van Hengstum et al. | 8 Patienten mit COPD | randomisierter, kontrollierter Cross-over-Trial, PEP-Maske vs. forcierte Exspirationstechnik plus Lagerungsdrainage | Clearance ↑ durch forcierte Exspirationstechnik plus Lagerungsdrainage, PEP-Maske besser als Kontrolle |
1991
| Van Hengstum et al. | 7 Patienten mit COPD | randomisierter Cross-over-Trial, PEP-Maske vs. forcierte Exspirationstechnik plus Lagerungsdrainage | Clearance ↑ durch forcierte Exspirationstechnik plus Lagerungsdrainage |
1994
| Van der Schans et al. | 8 Patienten mit COPD | alle Patienten mit/ohne PEP-Maske (5 cm H2O) getestet | PEP-Maske: Ventilationsparameter ↑, Dyspnoeempfinden unter Belastung ↑, Totraumventilation ↓ |
1995
| Herala et al. | 9 Patienten mit COPD und respiratorischer Globalinsuffizienz | alle Patienten mit PEP-/cPAP-Testung und Hyperventilation, Reihenfolge randomisiert, Vergleich mit Intervallzeit (3 Tage ohne Behandlung) | PEP-Maske und Hyperventilation senken PaCO2 deutlicher als cPAP-Therapie, keine Signifikanz, kein Langzeiteffekt |
1996
| Gultuna et al. | 20 postoperative Patienten | alle Patienten randomisiert mit IPPV, PEEP-, DEEF- (diminished early exspiratory flow) Ventilation | PEEP + DEEF Ventilation mit FEV1 ↑, kein anhaltender Effekt, Gefahr des Barotraumas |
2001
| McIlwaine et al. | 40 Kinder mit zystischer Fibrose | Randomisierung, 1 Jahr Therapie mit Flutter oder mit PEP-Maske | Flutter: VC ↓, Hospitalisationen ↑, Antibiotikagebrauch ↑ |
Drainagelagerung und Huffing
Drainagelagerung und Huffing
Unter Ausnutzung der Schwerkraft und gesteigerter Zwerchfellkraft soll die Drainagelagerung eine Erhöhung des PaO2- und des FEV1-Werts, der Vitalkapazität und eine vermehrte Clearance bewirken können. Einige Studien [53]
[54]
[55] konnten an kleinen Patientenkollektiven zeigen, dass eine Drainagelagerung in Kombination mit forcierten Exspirationsmanövern eine Erhöhung der Mukusclearance bewirkt und effektiver ist als PEP-Maskenanwendung oder alleiniger Husten.
Das Prinzip des „Huffing” beinhaltet eine forcierte Exspiration bei offener Glottis, um die Expektoration zu erleichtern. Dabei stützt sich der erwünschte Effekt jedoch auf nichts anderes als Beobachtungen, es finden sich keinerlei kontrollierte Studien zu diesem Thema in der internationalen Literatur.
Vibrationsmassage/Perkussion
Vibrationsmassage/Perkussion
Die Vibration und manuelle Perkussion des Thorax soll eine vermehrte Schleimexpektoration unterstützen. Verschiedene Studien [56]
[57] konnten bei Untersuchunen an kleinen Patientengruppen (n < 13) keinen positiven Effekt auf die Clearance nachweisen. May und Munt [58] zeigten an 35 Patienten mit COPD, dass bei Perkussion mit Drainagelagerung eine verbesserte Clearance zu erzielen sei, Veränderungen in der Lungenfunktion konnten jedoch nicht nachgewiesen werden.
Im Gegensatz dazu wurden in Studien mit geringer Fallzahl (n < 11) auch Verschlechterungen des FEV1 beschrieben [59]
[60], die mittels Salbutamolinhalation vor der Anwendung verhindert werden konnten.
Autogene Drainage
Autogene Drainage
Die autogene Drainage macht sich die Bronchialweite durch Erhöhung des Kalibers zunutze. Studien von Hasani et al. [61]
[62] mit 19 Patienten zeigen den positiven Effekt auf die Clearance der zentralen Atemwege unter Kombination mit Husten und forcierter Exspirationstechnik. Eine Veränderung der Lungenfunktionsparameter oder der Sputummenge/-konsistenz wurde nicht beobachtet.
Lindemann et al. [63] vergleichen den Effekt der autogenen Drainage mit dem Flutter (VRP-1 Desitin®), wobei der Flutter eine stärkere Mukusexpektoration ermöglicht.
Vertikale Erschütterungen, die eine Mukusmobilisierung bewirken sollen, wie sie durch das Trampolin oder Pezziballübungen verursacht werden, sind ebenfalls weitgehend ohne durch randomisierte, kontrollierte Studien erwiesene Effekt. Einzig Einzelfallbeschreibungen werden in der Literatur erwähnt.
Eine Studie von Cochrane et al. [64] an 23 Patienten mit COPD konnte die Verbesserung einer vorbestehenden Atemwegsobstruktion durch kombinierte, allgemeine thoraxphysikalische Therapiemaßnahmen wie Atemübungen, Vibration und Perkussion in verschiedenen Körperhaltungen nachweisen. Dabei kam es zu einer signifikanten Verbesserung der spezifischen Conductance (sGAW) um durchschnittlich 18 % (p < 0,05). Es wurde jedoch nur eine Wiederholung der Messungen an zwei verschiedenen Tagen bei 4 beziehungsweise 8 Patienten als Kontrolle erstellt.
Flutter (VRP-1 Desitin®)/RC-Cornet®
Flutter (VRP-1 Desitin®)/RC-Cornet®
Ein weiteres Prinzip zur Lockerung des intrabronchialen Schleims sind die exspiratorisch benutzten Geräte, die eine Oszillation der Luftsäule bei positivem intrabronchialen Druck bewirken. Die Absicht liegt darin, die Viskosität des Schleims, den Hustenreiz, Atemwegswiderstand und die Dyspnoe zu vermindern und das FEV1 zu erhöhen.
Es existieren zwei verschiedene Systeme: der so genannte Flutter (VRP-1 Desitin®) und das RC-Cornet®. Das RC-Cornet® bietet dabei Vorteile, da es lageunabhängig verwendet werden kann und sich daher auch zur Kombination mit anderen physikalischen Anwendungen (z. B. Lagerungsdrainage) anbietet, während der Flutter (VRP-1 Desitin®) aufgrund seiner inseitigen Kugel nur in senkrechter Haltung zu verwenden ist. Außerdem können beim RC-Cornet® verschiedene Positionen des Mundstücks voreingestellt werden, die eine Variation der erzeugten Druckform zwischen peak to zero und Dauer-PEP mit aufgesetzten Druckschwankungen ermöglichen.
Lindemann [65] beschreibt in einer Studie von 20 Patienten mit zystischer Fibrose eine gleichstarke Mukusclearance wie bei der autogenen Drainage. App et al. [66]
[67] gehen bei Studien an 14 Patienten mit zystischer Fibrose von einer verminderten Viskoelastizität aus, kommen jedoch zu dem Schluss, dass es zu keiner Veränderung von Lungenfunktionsparametern oder dem Sputumvolumen kommt. Das gleiche Ergebnis wird bei einer Studie mit 17 COPD-Patienten von Nakamura und Kawakomi [68] berichtet.
Im Gegensatz dazu beschreiben Weiner et al. [69] bei einer Untersuchung an 20 COPD-Patienten, die 3 Monate den Flutter (VRP-1 Desitin®) benutzten, dass sich der FEV1-Wert, die exspiratorische Vitalkapazität und der 12-Minuten-Gehtest verbessern. Die Blutgase, Atemfrequenz und der Atemgrenzwert blieben unverändert, während sich jedoch die Symptome der Krankheit ebenfalls reduzierten.
Konstan [70] berichtet von einer mehrfach erhöhten Sputummenge bei Verwendung des Flutters (VRP-1 Desitin®) im Vergleich mit der Lagerungsdrainage bei 19 Patienten mit zystischer Fibrose und empfiehlt, weitere Studien zur genauen Analyse der Lungenfunktion durchzuführen.
In einer multizentrischen Studie an 51 Patienten mit COPD beschreiben Cegla und Retzow [71], dass der Flutter (VRP-1 Desitin®) eine signifikante Verbesserung der Lungenfunktionsparameter Vitalkapazität, Peakflow und FEV1, sowie des Aukultationsbefundes und der klinischen Zeichen (Husten, Sputum, Dyspnoe) erzielt.
In einem Vergleich zwischen dem Flutter (VRP-1 Desitin®) und dem RC-Cornet® [72] mit 90 COPD-Patienten erreicht das RC-Cornet® eine stärkere Verminderung des Residualvolumens und der Atemfrequenz. Auch wird in dieser Studie davon berichtet, dass die Patienten subjektiv eine höhere Akzeptanz des RC-Cornet® zeigten. Das RC-Cornet® unterstützt zusätzlich den bronchospasmolytischen Effekt von inhalativem Ipratropiumbromid [73].
Einige Studien konnten zeigen, dass es unter Verwendung der oszillierenden PEP-Systeme zu einer signifikanten Senkung der Viskoelastizität des Sputums kommt [67]
[74]
[75]
[76]
[77] (Tab. [4]).
Tab. 4 Studienübersicht exspiratorische Oszillationssysteme
Jahr | Autor | Patientengruppe | Studiendesign | Ergebnis |
1992
| Lindemann | 20 Patienten mit zystischer Fibrose | autogene Drainage vs. Flutter (VRP1-Desitin®), randomisierte Cross-over-Studie | Flutter (VRP1-Desitin®): kein Unterschied zur autogenen Drainage, aber leichter anwendbar |
1993
| Cegla et Retzow | 51 Patienten mit COPD | multizentrische Studie mit Kontrollgruppe | Flutter (VRP1-Desitin®): Lungenfunktionsparameter ↑ (VC, FEV1, PEF), klinische Zeichen verbessert (Husten, Sputum, Dyspnoe, Auskultation), Ausdauer ↑, Leistung ↑ |
1994
| Konstan | 18 Patienten mit zystischer Fibrose | Flutter (VRP1-Desitin®) vs. Lagerungsdrainage oder Husten, Cross-over-Trial | Flutter (VRP1-Desitin®): Sputummenge 3fach ↑ |
1996
| Weiner et al. | 20 Patienten mit COPD | tägliche Therapie mit dem Flutter (VRP-1 Desitin®) bei 10 Patienten über 3 Monate | Flutter: FVC ↑, FEV1 ↑, 12 min Gehtest ↑, Blutgase =, AF = , max. AMV =, Symptome ↓ |
1996
| Nakamura et Kawakami | 17 Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen | alle Patienten benutzten 3 Tage lang den Flutter mit und 3 Tage ohne Kugel als Kontrolle | Flutter (VRP1-Desitin®): subjektiv ging es den Patienten besser, PEF =, Husten =, Dyspnoe =, Sputumclearance ↑ |
1997
| Cegla et al. | 90 Patienten mit COPD und tracheobronchialer Instabilität | RC-Cornet vs. VRP1-Desitin, randomisiert und kontrolliert | RC-Cornet®: RV ↓, Hyperventilation ↓, Sputumclearance ↑, Dyspnoe ↓, höhere Akzeptanz als VRP1-Desitin® |
1998
| App et al. | 14 Patienten mit zystischer Fibrose | autogene Drainage vs. Flutter (VRP1-Desitin®), randomisierte Cross-over-Studie | Flutter (VRP1-Desitin®): Viskoelastizität ↓, FVC =, FEV1 =, Sputumvolumen = |
Reviews
Reviews
Wenige Reviews beschäftigten sich bisher mit dem Thema der randomisierten und kontrollierten Studien über die Physiotherapie bei COPD. Pavia [54] untersuchte die Literatur zu diesem Thema und kam zu dem Schluss, dass Lagerungsdrainage und forcierte Exspirationstechniken, verbunden mit der Inhalation von Betamimetika mittels Nebulizern zu empfehlen sind, um eine erhöhte Clearance bei COPD zu erreichen. Die Perkussion und Vibration des Thorax biete keine deutlich positiven Effekte.
Ein weiterer Review zu Beginn der 90er Jahre ging von einer Verbesserung der mukociliären Clearance durch die traditionelle Physiotherapie (Lagerungsdrainage, Perkussion, Vibration und Atemgymnastik) aus, bemerkte jedoch, dass bei akuter Exacerbation wenig Effekt zu erzielen sei [78].
In späteren Reviews kommt man in Analysen zu folgenden Ergebnissen:
Jones und Rowe [21] durchsuchten die Cochrane-Bücherei auf Artikel über kontrollierte und randomisierte Studien zu dem Thema bis Juli 1997. Es wurden Studien, in denen Lagerungsdrainage, Thoraxperkussion und Vibration, Pezziball, Husten- und forcierte Exspirationstechniken zu anderen Drainage- oder Atemtechniken, Plazebo oder Behandlung verglichen wurden, erfasst. Zwei unabhängige Analysen wurden angefertigt, bei denen insgesamt nur 7 Studien mit insgesamt 126 Patienten die Einschlusskriterien (randomisierte, kontrollierte Studien) erfüllten. Auch diese 7 Studien wurden als von der Fallzahl klein und nicht von hoher Qualität bezeichnet. Die meisten Studien zeigten keinen Hinweis auf einen signifikanten Effekt der physikalischen Therapie bei COPD. Einzig bei der Sputumclearance ließ sich ein positiver Effekt nachweisen. Es wurde gefolgert, dass es zur Zeit nicht genug Daten über die Effektivität der physikalischen Therapie gibt.
Ein weiterer Review-Artikel, der ähnlich konzipiert war, jedoch die physikalische Therapie bei Asthma bronchiale als Untersuchungsgegenstand hatte, kam zu einem ähnlichen Ergebnis: Aus 316 Studien zur Effektivität der physikalischen Therapie wurden letztlich nach unabhängigen Analysen nur fünf Studien als randomisiert und klinisch kontrolliert mit Aussagekraft bewertet. Auf dieser Datenlage wurde ebenfalls gefordert, weitere Daten zum Nachweis einer Wirksamkeit zu erheben [79] (Tab. [5]).
Tab. 5 Rating der einzelnen physikalischen Therapiemaßnahmen
Atemübungen
| B |
atemerleichternde Körperstellungen
| C |
Lippenbremse
| B |
Drainagelagerung
| B |
Huffing
| C |
PEP-Maskenatmung
| B |
Vibrationsmassage/Perkussion
| C |
autogene Drainage
| B-C |
Flutter (VRP-1 Desitin®)/RC-Cornet®
| A |
A
| evidenzbasiert durch verschiedene Studien mit solidem Design, kontrolliert, randomisiert, statistisch gesichert |
B
| evidenzbasiert durch Beobachtungsstudien oder kontrollierte Studien, kleines Patientenkollektiv oder statistisch nicht ausreichend gesichert |
C
| Expertenmeinungen, Erfahrungsberichte, Einzelfallstudien |
Zusammenfassende Empfehlungen
Zusammenfassende Empfehlungen
Da die Meinungen und Studienergebnisse bei der Verwendung von Atemgymnastik zur Therapie einer COPD differieren und es nicht klar ist, ob sich neben der subjektiven Dyspnoe [22]
[23]
[24] auch die Lungenfunktionsparameter [25] bessern, stehen bei Übungen mittels Pezziball und Trampolin zur Mukusmobilisierung sowie bei den Effekten verschiedener atemerleichternder Körperhaltungen kontrollierte, randomisierte und prospektive Studien fast noch vollständig aus.
Eine Anwendung der Lippenbremse ist empfehlenswert, da sich die Blutgase durch sie zu verbessern scheinen [38]
[40], wobei jedoch in neueren Studien keine signifikanten Änderungen der Lungenfunktionsparameter festgestellt werden konnten [41]
[42]
[43], während eine ältere Studie von einer Zunahme des Exspirationsvolumens ausgeht [45]. Die Atemfrequenz und das Atemminutenvolumen scheinen abzunehmen [44], wobei jedoch nur Studien mit geringer Fallzahl vorliegen.
Die Untersuchungen von PEP-Maskensystemen beschreiben teils positive Effekte der Systeme auf Blutgase [46], FEV1-Wert [49] und Sputummobilisierung, wobei jedoch nur kleine Studienkollektive mit teilweise nichtsignifikanten Ergebnissen verwendet wurden. Van Hengstum et al. [47]
[48] berichten außerdem, dass herkömmliche physikalische Therapieverfahren (Lagerungsdrainage, Perkussion, Vibration) effektiver seien.
Gerade bei diesen Verfahren liegen jedoch nur wenige Studien mit geringer Fallzahl vor, die sowohl eine Verbesserung verschiedener Leistungsparameter [53]
[54]
[58]
[64] als auch Verschlechterungen des FEV1-Werts durch Thoraxperkussion [59]
[60] oder keinen signifikanten Effekt [56]
[57] nachweisen konnten.
Als gesichert im Vergleich zu den unterschiedlichen Ergebnissen über die Effekte der herkömmlichen physikalisch-therapeutischen Anwendungen kann dagegen der positive Effekt von Flutter (VRP-1 Desitin®) und RC-Cornet® angesehen werden, für die große multizentrische Studien [69]
[71]
[72] und Reviews [80] eine Verbesserung der spirometrischen Parameter sowie eine Senkung der Viskosität des Sputums [67]
[74]
[76] beschreiben konnten. Der positive Effekt dieser beiden Systeme ist somit ausreichend bewiesen, weshalb sie bei COPD additiv verwendet werden sollten.
Die aktuellen und systematisch durchgeführten Reviews der englischsprachigen Fachliteratur [21]
[79] zum Thema physikalische Therapie bei COPD kommen zu dem Ergebnis, dass die wenigsten bestehenden Studien vom Konzept her geeignet sind, eine signifikante Aussage zum Benefit einer Anwendung zu machen und fordern daher eine weitergehende Erforschung der Auswirkungen der physikalischen Therapie auf die COPD im Sinne einer Evidence-based-Medicine. Gerade die rein mechanischen Maßnahmen zur Mukosekretolyse müssen dabei genauer analysiert werden.
Der Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen erwähnt zu diesem Thema unkoordinierte Einzelmaßnahmen bei der Versorgung der COPD, die wenig sinnvoll sind. Es besteht Bedarf, Leitlinien einer Therapie zu entwickeln und somit die Qualität der Behandlung zu fördern [81], denn bis heute werden Behandlungskonzepte des Asthma bronchiale übernommen und für die COPD ungeprüft verwendet.
Problematisch für eine Evidence-based-Medicine im Bereich der physikalischen Therapie bei COPD ist also eine bestehende Unsicherheit in der Bewertung einer Anwendung nach rein wissenschaftlichen Methoden. Hier müssen eindeutige Zielparameter festgelegt werden, um vergleichbare Ergebnisse von prospektiven, klinischen und randomisierten Studien zu erhalten. So ist es möglich, eindeutige Aussagen zu Ergebnissen zu machen und solchermaßen eine Grundlage für allgemeine Therapieempfehlungen und Leitlinien zu schaffen.