Einleitung
Einleitung
Das maligne Pleuramesotheliom (MPM) ist ein bislang noch seltener aggressiver solider Tumor, welcher als Signaltumor der Asbestexposition gilt, da das MPM bei Asbestexponierten 1000-mal häufiger vorkommt als in der Allgemeinbevölkerung [3]. Die Inzidenz und Mortalität werden in den nächsten Jahren drastisch zunehmen. Allein für Westeuropa werden 250 000 männliche Mesotheliomtote bis zum Jahr 2030 prognostiziert [1]. Aufgrund der langen Latenzzeit zwischen Asbestexposition und Tumormanifestation sowie des Anstiegs des Asbestverbrauches in Deutschland bis Mitte der siebziger Jahre wird der Gipfel der Mesotheliomtodesfälle in Deutschland für das Jahr 2017 erwartet [2]. Die Latenzzeit zwischen dem Beginn der Exposition gegenüber Asbest und der Tumormanifestation liegt im Mittel bei 35 Jahren, mit einer Schwankungsbreite von 10 - 60 Jahren. Die Dauer der Asbestgefährdung beträgt im Mittel 15 Jahre, im Extremfall auch nur wenige Wochen [4]. Das Manifestationsalter des malignen Pleuramesothelioms liegt in Deutschland bei 65 ± 10 Jahren. Die mittlere Überlebensdauer wird in den meisten Untersuchungen mit 4 - 18 Monaten angegeben [5]. Ursache für die allgemein schlechte Prognose des MPM ist neben einer relativen Resistenz gegenüber Strahlen und Zytostatika vor allem die häufig spät gestellte Diagnose, wenn keine prognostische Operabilität mehr besteht. Daher ist eine konsequente Diagnostik symptomatischer Risikopatienten zu fordern, um alle therapeutischen Möglichkeiten nutzen zu können.
Diagnostik
Diagnostik
Die Diagnose des MPM gilt vor allem in frühen Stadien als schwierig, sie bleibt eine Herausforderung für den Kliniker und den Pathologen. Da der Beginn der Erkrankung schleichend und symptomarm verläuft, vergehen oft Monate vom Symptombeginn bis zur Diagnose. Die Säulen der Diagnostik sind die Klinik - hier insbesondere bildgebende und endoskopische Verfahren - und die pathologisch-anatomischen Befunde [6]
[7]. Die Diagnose eines MPM erfolgt durch den Kliniker in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Pathologen und Arbeitsmedizinern als Synopsis klinischer, röntgenologischer, endoskopischer und histologischer Befunde.
Klinik
Klinik
Trotz der langen Latenz zwischen Exposition und Tumormanifestation ist die Erhebung einer genauen Anamnese unabdingbar, auch wenn diese manchmal detektivische Fähigkeiten voraussetzt [8]. Bei klinischem Verdacht auf ein MPM spielen neben der Berufsanamnese auch Fragen nach früheren Wohnorten, Industriestandorten in näherer Umgebung und Lebensgewohnheiten eine Rolle.
Berufsanamnese
Der Berufsanamnese kommt bei klinischem Verdacht auf ein MPM große Bedeutung zu, da sich bei mindestens 70 % aller Mesotheliomerkrankten - und zwar bei Männern häufiger als bei Frauen [9] - anamnestisch ein beruflicher Asbestkontakt findet. Auch kurze Expositionszeiten sind zu berücksichtigen. Da die Fülle der in der Vergangenheit eingesetzten asbesthaltigen Materialien kaum zu überblicken ist, kann neben den Fragen über Kontakt zu typischen asbesthaltigen Produkten und Arbeitsabläufen eine Vorlage von Firmenlogos der ehemals asbestverarbeitenden Betriebe hilfreich sein. Auch Fragen nach einer Exposition als „Bystander” (Verrichtung von Arbeiten in der Umgebung asbestemittierender Arbeitsplätze) sowie nach einer indirekten Asbestbelastung (z. B. durch asbeststaubverunreinigte Kleidungsstücke, welche von den Ehefrauen der Asbestarbeiter gereinigt wurden) sind mitunter entscheidend. Auch bei fehlender beruflicher Exposition kann ein Asbestkontakt nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden.
Symptome
Die klinische Symptomatik ist uncharakteristisch und trägt nur wenig zur Diagnosestellung bei. Symptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Gewichtsverlust treten nur in 15 % aller Fälle auf [10]. Daneben werden vor allem in fortgeschrittenen Stadien Nachtschweiß und Fieber angegeben. Zu den am häufigsten angegebenen Symptomen gehören Belastungsdyspnoe mit kaum merklichen Beginn sowie dumpfe schlecht lokalisierbare Thoraxschmerzen auf der betroffenen Seite [11]. Diese werden oft als bohrend angegeben und sind bei Auftreten von Pleuraerguss nicht rückläufig. Daneben werden auch ein trockener Reizhusten und seltener Heiserkeit sowie Thoraxfülle angegeben.
Körperliche Untersuchung
Körperliche Untersuchung
Auch die körperliche Untersuchung ist im frühen Stadium der Erkrankung wenig ergiebig. Zu den am häufigsten erhobenen Befunden bei Diagnosestellung zählt eine Klopfschallverkürzung der Lungenbasis einhergehend mit einem verminderten Atemgeräusch (beides vornehmlich durch einen Pleuraerguss bedingt), palpable Tumormassen der Thoraxwand und eine Skoliose zur Tumorseite. Im späterem Krankheitsverlauf kann auch eine zur Seite gebeugte, schmerzbedingte Schonhaltung imponieren. Sehr seltene Erstmanifestationen können Aszites oder eine Perikardtamponade sein. Beim „schwartigen” Typ des MPM sind der befallene Brustkorb verschmächtigt und die Zwischenrippenräume verschmälert.
Labor
Labor
Routineparameter
In der klinischen Laborroutine gibt es keine auf das maligne Mesotheliom hinweisende Parameter. Häufig finden sich nur wenig ausgeprägte Entzündungszeichen mit erhöhten Leukozyten- und Thrombozytenzahlen sowie Anstieg der LDH und alkalischen Phosphatase. Einzelne Autoren beschreiben eine Erhöhung der Hyaluronsäure im Serum [12]. Auch sind verschiedene pathologische Laborbefunde als prognostisch relevant eingestuft worden (Tab. [1]).
Tab. 1 Klinische Laborparameter bei Diagnosestellung mit negativer Prognose
LDH
| > 500 IU/L |
Thrombozyten
| > 400 000/µl |
Hämoglobin
| < 10 g/dl |
Leukozyten
| > 15 000/µl |
Tumormarker
Die gängigen Tumormarker im Serum erlauben keine Diagnose des MPM. CEA wird nahezu regelhaft in niedriger Konzentration gefunden, während TPS (tissue polypeptide specific antigen) und CYFRA 21-1 (Cytokeratin-Fragment 21-1), welche die beim MPM exprimierten löslichen Cytokeratinfragmente nachweisen, in erhöhter Konzentration gefunden werden können. Sowohl CEA als auch CYFRA 21-1 zeigen eine höhere Sensitivität in Tumorproben als im Serum [13]
[14].
Genetik
Maligne Mesotheliomzellen zeigen regelhaft multiple Chromosomenveränderungen, zu den häufigsten gehören der homozygote Verlust des p16 Gens oder Verluste des Chromosoms 9p21-22 [15]. Die Bedeutung dieser und anderer Mutationen ist bislang jedoch unklar [16].
Bildgebende Verfahren
Bildgebende Verfahren
Sonographie
Die Sonographie, insbesondere die Pleurasonographie gehört zu den routinemäßig eingesetzten Verfahren, da bei 80 % der Patienten bei Erstvorstellung ein Pleuraerguss vorliegt. Sie erlaubt schon den Nachweis kleiner Ergüsse (≤ 200 ml), die dem Röntgenbild entgehen, wenn der dorsalen Recessus beim sitzenden Patienten beschallt wird. Die exakte Lokalisation des Ergusses erleichtert auch die gezielte Punktion. Tumorausdehnung und Invasion benachbarter Strukturen lassen sich sonographisch gut bestimmen.
Röntgen-Thorax
Die meisten MPM Fälle werden initial im Röntgenthoraxbild entdeckt. Ausgangsbefund ist meist ein Pleuraerguss ohne Mediastinalverlagerung. Mittels einer konventionellen Aufnahme können auch eine diffuse oder noduläre Pleuraverdickung sowie eine Schrumpfung des Hemithorax beim „schwartigen Tumortyp” aufgedeckt werden (Abb. [1]). Kontralaterale pleurale Veränderungen deuten auf Asbestexposition hin.
Abb. 1 Schematische Darstellung einer Pleuraverdickung sowie Schrumpfung des Hemithorax in der Röntgenthoraxaufnahme.
1 Pleuraerguss
2 Knollige Pleuraverdickung
3 Perikardiale Tumorinfiltration
4 Kontralaterale Pleuraplaques
Computertomographie (CT)
Für die Diagnose und Stadiierung des MPM hat die Computertomographie einen zentralen Stellenwert (Abb. [2]). Zu den häufigsten Veränderungen gehören neben einem Pleuraerguss noduläre pleurale Verdickungen, insbesondere der basalen Thoraxabschnitte. Bei zunehmenden Tumorwachstum resultiert das typische die Lunge ummauernde Bild mit Schrumpfung des betroffenen Hemithorax [17]. Eine Infiltration der Brustwand, die Beteiligung der Lunge sowie ein Befall des Perikards, der mediastinalen Lymphknoten und der kontralateralen Lunge lassen sich mit dieser Methode relativ spezifisch beantworten [18]. Darüber hinaus können Pleuraplaques besser als mit der konventionellen Röntgenaufnahme nachgewiesen werden. So wird ein mittels CT nachgewiesener regionaler Lymphknotenbefall in bis zu 50 % der Fälle beschrieben [19]. Die Darstellung von Grenzschichten insbesondere einer Zwerchfellbeteiligung ist allerdings aufgrund des Partialvolumeneffektes eingeschränkt. Dadurch ist die präoperative Beurteilung der Operabilität nicht immer eindeutig zu klären.
Abb. 2 Schematische Darstellung typischer Veränderungen beim MPM in der Computertomographie.
1 Pleuraerguss
2 Tumorinfiltration der Pleura
3 Knotige Tumorinfiltration des Perikards
4 Kontralaterale Pleuraplaques
Magnetresonanztomographie (MRT)
Die Magnetresonanztomographie wird bei ausgewählten Patienten mit potenziell resektablem Tumor empfohlen. Sie ist dem CT wegen der Möglichkeit sagittaler Rekonstruktion in der Darstellbarkeit brustwandnaher Strukturen überlegen [20]
[21]. So kommt es auch zu einer besseren Beurteilung des Zwerchfells und einer möglichen Tumorinfiltration [22].
Positronen-Emissionstomographie (PET)
In den letzten Jahren ist die Positronen-Emissionstomographie mit dem Radionuklid 18F-fluoro2-deoxy-D-glucose (FDG) zunehmend zum Nachweis thorakaler Tumore eingesetzt worden [23]
[24]. Die Methode beruht auf einem erhöhten Glukosestoffwechsel maligner Zellen. Verglichen mit dem CT wird u. a. eine verbesserte Darstellung mediastinaler Lymphknoten beschrieben [25]. Daher ist das PET sowohl zum präoperativen Staging potenziell resektabler Tumoren als auch posttherapeutisch zum Ausschluss verbliebenen Tumoranteile oder eines Tumorrezidivs einsetzbar [26]. Falsch positive Befunde können bei entzündlichen Veränderungen auftreten.
Invasive Verfahren
Invasive Verfahren
Pleurapunktion
Ein durch Punktion gewonnener Pleuraerguss ist in jeweils der Hälfte der Fälle serös oder hämorrhagisch. Laborchemische Analysen erlauben keinen eindeutigen Rückschluss auf die Genese. Die Analyse gewonnener Exsudate ergibt bei zunehmender Tumorlast erniedrigte pH- und Glukosewerte sowie erhöhte Hyaluronsäurewerte [27]
[28]. Dagegen ist das karzinoembryonale Antigen (CEA) in der Regel im Erguss nicht oder nur gering erhöht nachweisbar [29].
Pleurabiopsie
Die Sensitivität der blinden Pleurabiopsie liegt unter 50 %, da das MPM häufig in den basalen Anteilen der parietalen/diaphragmalen Pleura auftritt, die für eine blinde Biopsie schlecht erreichbar sind [29]. Ultraschall oder CT gesteuerte Punktionen können zur Gewebegewinnung beitragen, vorausgesetzt die gewonnenen Gewebeproben ermöglichen die Durchführung einer immunhistochemischen Untersuchung [30]
[31]. Wiederholte Pleurabiopsien zur Diagnosesicherung sind wegen der Gefahr einer Tumoraussaat zu vermeiden [29].
Thorakoskopie
Der Thorakoskopie kommt als diagnostischer Maßnahme eine zentrale Bedeutung zu. Hierbei handelt es sich um eine endoskopische Technik, die sich in der Hand erfahrener Pneumologen und Thoraxchirurgen zunehmender Beliebtheit erfreut und deren diagnostische Ausbeute zwischen 90 und 95 % liegt [32]. Sie kann in Lokalanästhesie mit leichter Sedation oder in Vollnarkose mit einem doppelläufigen Tubus zur getrennten Lungenventilation durchgeführt werden. Bei der Thorakoskopie in Lokalanästhesie sollte die Infiltration des Lokalanästhetikums streng auf die Eingangsstelle des Trokars begrenzt werden, um eine Tumordissemination zu vermeiden. Die sparsame und gezielte Biopsieentnahme makroskopisch suspekter Areale erfolgt unter direkter Sicht und ist nur selten durch Schmerz oder Dyspnoe limitiert [33]. Größere Schnitte oder mehrere Inzisionen wie bei der VATC führen zur Tumorverschleppung und Bildung von Impfmetastasen entlang der Interkostalräume und Weichteile. Hierdurch kann die Möglichkeit einer kurativen Resektion zunichte gemacht werden [34]. Während der Thorakoskopie ist eine komplette Betrachtung des betroffenen Hemithorax und somit die direkte Beurteilung des Tumorausmaßes möglich [10]. In palliativen Situationen kann bei der Thorakoskopie gleichzeitig eine Talkumpoudrage durchgeführt werden. Die Bestrahlung der Punktions- und Zugangsstellen nach erfolgter Thorakoskopie sollte bei inoperablen Patienten obligat erfolgen.
Bronchoskopie
Die Bronchoskopie trägt zur Diagnostik des MPM nicht bei, ist jedoch zum Ausschluss eines Bronchialkarzinoms (z. B. Adenokarzinom) mit Pleuritis carcinomatosa notwendig. Gelegentlich gelingt auch der Nachweis von Asbestkörperchen in der bronchoalveolären Lavage als Hinweis einer Asbestbelastung [35].
Mediastinoskopie/Laparaskopie
Die Mediastinoskopie hat ihren Stellenwert im Rahmen der Stadiierung, insbesondere vor geplanten operativen Eingriffen. In bis zu 50 % lassen sich dabei, trotz unauffälligem CT-Thorax tumorbefallene Lymphknoten ipsilateral (N2) finden. Während die Spezifität der Mediastinoskopie 100 % beträgt, liegt die Sensitivität zwischen 80 - 95 %, da nicht alle Lymphknotenstationen erreichbar sind [36]. In besonderen Fällen kann bei fraglicher Resektabilität eines MPM auch eine präoperative Laparaskopie zum Ausschluss eines fortgeschrittenen Tumors präoperativ durchgeführt werden.
Zytologie/Histologie
Zytologie/Histologie
Die zytologische Untersuchung gewonnener Exsudate kann in bis zu 50 % positive Ergebnisse erbringen, jedoch kann die Differenzierung gegenüber einer Pleurakarzinose bei Adenokarzinom oder reaktiv veränderten Mesotheliomzellen schwierig sein, so dass auch falsch negative Befunde vorkommen. Der immunhistochemische Nachweis von p53 gilt als wichtiger Hinweis für Malignität.
Histologisch werden drei Haupttypen des MPM unterschieden, ein epithelialer Typ in ca. 50 %, ein sarkomatöser oder mesenchymaler Typ in ca. 15 % und ein Mischtyp in ca. 35 % der Fälle. Mit der Entwicklung immunhistochemischer Methoden wurde die Diagnose eines MPM in den letzten Jahren erleichtert. Beim Verdacht auf ein MPM gilt heute der positive Nachweis von Zytokeratin 5/6 und Vimentin bei fehlendem Nachweis von CEA als richtungsweisend. Darüber hinaus kann der beim MPM fehlende Nachweis der monoklonalen Antikörpers Leu-M1 (CD15) und Ber-EP4 zur Differenzialdiagnose gegenüber dem Adenokarzinom herangezogen werden [37]. Zu den Antikörpern, welche Mesothelzellen markieren, gehören Calretinin, Thrombomodulin und HBME-1. Der Einsatz von Calretinin scheint für die Diagnose des MPM von hohem Nutzen zu sein [7].
Funktionsuntersuchungen
Funktionsuntersuchungen
Die Funktionsuntersuchungen haben vor allem im Hinblick auf das weitere therapeutische Vorgehen beim MPM Bedeutung. Neben der Spirometrie und der arteriellen Blutgasanalyse als Basisuntersuchungen sind EKG und Echokardiographie obligat. Bei geplanter Operation ist zur Berechnung der postoperativen Funktionsreserve die Durchführung einer Lungenperfusionsszintigraphie mit Seitenquantifizierung notwendig. Darüber hinaus können in bestimmten Fällen weitere Belastungsuntersuchungen wie Rechtsherzkatheter und Ergospirometrie notwendig werden.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnose
Im Rahmen der Differenzialdiagnose müssen zunächst benigne Pleuraergüsse, hierbei insbesondere die benigne Asbestpleuritis, sowie alle anderen malignen Pleuraergüsse abgegrenzt werden. Bei infiltrativem Wachstum müssen ein peripheres Bronchialkarzinom, eine Pleurakarzinose, oder Pleurametastasen bei Karzinomen der Lunge, der Mamma, des Magens, des Ovars, der Nieren und der Schilddrüse ausgeschlossen werden [38].
Stadieneinteilung
Stadieneinteilung
Die erste weit verbreitete Stadieneinteilung wurde 1976 von Butchart veröffentlicht [39]. Sie ist wegen ihrer klinischen Unterteilung in 4 Stadien sehr praktikabel. Der Wunsch nach einer genaueren Stratifikation der Patienten im Hinblick auf klinische Studien führte in den kommenden Jahren zur Entwicklung zahlreicher neuer Einteilungen. Da eine Lymphknotenbeteiligung häufiger auftrat als ursprünglich angenommen [40], wurde die Einführung eines TNM-Systems notwendig. Dieses wurde 1995 durch die International Mesothelioma Interest Group (IMIG) vorgeschlagen und ist derzeit am verbreitetsten [41]. Die sich aus der TNM-Klassifikation ergebende Stadiierung unterteilt Mesotheliomerkrankte nach ihrer Überlebenswahrscheinlichkeit. Im Stadium I und II liegen resektable Tumore vor. Die Unterteilung in IA und IB basiert auf den mittels Thorakoskopie erhobenen Daten von Boutin [42], der einen deutlichen Überlebensunterschied zeigen konnte je nachdem, ob nur die parietale oder auch die viszerale Pleura betroffen war. Im Stadium III liegt ein potenziell resektabler Tumor und im Stadium IV ein nicht resektabler Tumor vor. Ein Nachteil der aktuellen Stadieneinteilung ist die Notwendigkeit einer invasiven Diagnostik (Thorakoskopie, Mediastinoskopie). Auch bedarf die vom Bronchialkarzinom übernommene N-Klassifikation, welche die Tumorausbreitung per continuitatem mit Befall ungewöhnlicher Lymphknotenstationen nicht berücksichtigt, weiterer Validierung (Tab. [2], Tab. [3]).
Ausblick
Ausblick
Die bislang späte Diagnose des MPM mit daraus resultierender schlechter Prognose kann möglicherweise durch eine konsequente Diagnostik von Verdachtsfällen auf MPM verbessert werden. Hierzu zählt vor allem die frühzeitige Thorakoskopie mit Materialentnahme bei unklaren Pleuraergüssen asbestexponierter Personen. Bei den mit dieser Methode diagnostizierten frühen Stadien des MPM stehen dann auch mehr therapeutische Möglichkeiten bis hin zu multimodalen Konzepten zur Verfügung. Auch stellt sich bei der Fülle der zu erwartenden Mesotheliomfälle und der von den Berufsgenossenschaften gut erfassten Risikopatienten die Frage der Früherkennungsuntersuchungen mit neueren Methoden, etwa dem „low dose” Computertomogramm des Thorax.
Tab. 2 TNM-Klassifizierung des malignen Pleuramesothelioms
T-Primärtumor
|
T1a
| Tumor begrenzt auf die ipsilaterale parietale und/oder mediastinale und/oder diaphragmale Pleura. Keine Beteiligung der viszeralen Pleura. |
T1b
| Tumor begrenzt auf die ipsilaterale parietale und/oder mediastinale diaphragmale Pleura. Befall der viszeralen Pleura durch einzelne Tumorherde. |
T2
| Tumorbefall aller ipsilateraler Oberflächen (parietale, mediastinale, diaphragmatische und viszerale Pleura) mit zusätzlicher Beteiligung einer der folgenden Strukturen: - Zwerchfell - ipsilaterale Lunge (ausgehend von viszeraler Pleura) |
T3
| Tumor lokal fortgeschritten, aber noch potenziell resektabel. Tumorbefall aller ipsilateralen Oberflächen (parietale, mediastinale, diaphragmatische und viszerale Pleura) mit zusätzlicher Beteiligung einer der folgenden Strukturen: - thorakale Faszie - mediastinales Fettgewebe - nichttransmuraler Perikardbefall - ipsilateraler Brustwandbefall in Form einzelner komplett resizier-barer Herde |
T4
| Tumor lokal fortgeschritten und technisch inoperabel. Tumorbefall aller ipsilateraler Oberflächen (parietale, mediastinale, diaphragmatische und viszerale Pleura) mit zusätzlicher Beteiligung einer der folgenden Strukturen: - diffuse Ausbreitung oder multifokale Tumormassen in der Brustwand - direkte Ausbreitung des Tumors durch das Zwerchfell in das Peritoneum - direkte Ausbreitung des Tumors in die kontralaterale Pleura - direkte Ausbreitung des Tumors in ein oder mehrere mediastinale Organe - direkte Ausbreitung des Tumors in die Wirbelsäule |
N-Lymphknoten
|
N0
| keine regionären Lymphknoten |
N1
| Lymphknotenmetastase(n) in ipsilateralen, peribronchialen und/oder ipsilateralen Hiluslymphknoten (einschließlich Befall durch direkte Ausbreitung des Primärtumors) |
N2
| Metastasen in ipsilateralen, mediastinalen und/oder subkarinalen Lymphknoten |
N3
| Metastasen in kontralateralen mediastinalen, kontralateralen Hilus-, ipsi- oder kontralateralen Skalenus- oder supraklavikulären Lymphknoten |
M-Fernmetastasen
|
M0
| keine Fernmetastasen |
M1
| Fernmetastasen |
Tab. 3 Stadieneinteilung des malignen Pleuramesothelioms
Stadium IA
| T1a | N0 | M0 |
Stadium IB
| T1b | N0 | M0 |
Stadium II
| T2 | N0 | M0 |
Stadium III
| T1,2 | N1 | M0 |
| T1,2 | N2 | M0 |
| T3 | N0 - 2 | M0 |
Stadium IV
| alle T4 | | |
| | alle N3 | |
| | | alle M1 |