Zusammenfassung
Im Rahmen einer Auswertung des Gesundheitssurveys
Nordrhein-Westfalen (n = 1920) wurde untersucht, ob und in
welchem Ausmaß sozioökonomische Unterschiede in der Inanspruchnahme
von Früherkennungsuntersuchungen und Maßnahmen der
Gesundheitsförderung vorliegen. Im Mittelpunkt der Analyse stand dabei die
Teilnahme an der Krebsfrüherkennungsuntersuchung und am
Gesundheits-Check-up, denen im Rahmen der Sekundärprävention eine
besondere Bedeutung zukommt. An einer Krebsfrüherkennungsuntersuchung im
Untersuchungsjahr bzw. im Jahr davor nahmen insgesamt 29,2 % der
anspruchberechtigten Männer und 56,5 % der Frauen teil. Beim
Gesundheits-Check-up waren es 29,6 % der Männer und
30,1 % der Frauen. Bei einer Differenzierung nach Sozialschicht
zeigte sich, dass die vorliegende Studie die bisherigen Ergebnisse einer
zunehmenden Nichtteilnahme mit abnehmender sozialer Schicht an
Krebsfrüherkennungs-Untersuchungen bestätigen konnte. Wie in
vergleichbaren Untersuchungen stellt sich der soziale Gradient bei Frauen
ausgeprägter dar als bei Männern. Während für den
Gesundheits-Check-up keine schichtspezifischen Disparitäten festgestellt
werden konnten, lag bei der Inanspruchnahme von gesundheitsfördernden
Maßnahmen für Frauen ein signifikanter sozialer Gradient vor. Wird
anstelle des Schichtindex die Schulbildung als Indikator für den
sozioökonomischen Status herangezogen, zeigten sich insgesamt
schwächere Zusammenhänge für die Teilnahme an den
Früherkennungsuntersuchungen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich
Maßnahmen zur Steigerung der Teilnahmeraten von
Früherkennungsuntersuchungen auch und gerade auf die Angehörigen der
unteren sozialen Schicht konzentrieren sollten, um gesundheitliche
Ungleichheiten gar nicht erst entstehen zu lassen.
Abstract
This paper examines the effect of socio-economic status on the
utilisation of screening programmes and health promotion measures, based on
data of a representative health survey in North Rhine-Westphalia (Germany),
with a sample of 1,920 respondents. The analysis focuses especially on the
utilisation of the cancer screening programme and the ‘Health
Check-Up’ programme, which both have a high rank in German secondary
prevention strategies. During the study year and the year before
29.2 % of the relevant male and 56.5 % of the
female population took part in cancer screening programmes. At the same time
29.6 % of the males and 30.1 % of the females took
part in the ‘Health Check-Up’ programme. In respect of
socio-economic differences, the data confirmed the results of former studies in
which non-participation of cancer screening programmes increased with
decreasing social class. The social gradient was more pronounced with women
than with men. While for the ‘Health Check-Up’ no socio-economic
differences could be found, the participation rates in health promotion
measures for women varied significantly with socio-economic status. For both
screening programmes generally weaker statistical associations were found if
the socio-economic status index was substituted by the educational level of the
respondents. The findings suggest that strategies designed to increase
participation of such programmes should concentrate more on lower social status
persons to prevent the development of inequalities in health.
Schlüsselwörter
Gesundheitliche
Ungleichheit - Früherkennungsuntersuchungen - Gesundheitsfördernde
Maßnahmen - Sozioökonomischer
Status - Gesundheitssurvey Nordrhein-Westfalen
Key words
Health Inequalities - Screening
Programmes - Health Promotion Measures - Socio-economic
Status - Health Survey North Rhine-Westphalia
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