Pneumologie 2002; 56(7): 413-417
DOI: 10.1055/s-2002-32872
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Einfluss eines Krafttrainings auf Lungenfunktionsparameter und Größen der Leistungsfähigkeit von COPD-Patienten

Influence of a Resistance Training on Pulmonary Function and Performance Measures of Patients with COPDP.  R.  Wright1 , H.  Heck2 , H.  Langenkamp3 , K.-H.  Franz4 , U.  Weber4
  • 1Fakultät für Sportwissenschaft; Arbeitsbereich Trainingswissenschaft; Ruhr- Universität Bochum
  • 2Fakultät für Sportwissenschaft; Lehrstuhl für Sportmedizin; Ruhr-Universität Bochum
  • 3Fakultät für Sportwissenschaft; Arbeitsbereich Sportpsychologie; Ruhr-Universität Bochum
  • 4Pneumologische Praxisgemeinschaft Dr. Franz/Dr. Weber; Witten
Herrn Professor Dr. med. Karl-Heinz Rühle zum 60. Geburtstag gewidmet
Further Information

P. R. Wright

Schützenstr. 20

58452 Witten

Publication History

Publication Date:
19 July 2002 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

In der Literatur hat sich als trainingstherapeutische Intervention bezüglich der COPD die Empfehlung eines Ausdauertrainings durchgesetzt. Aufgrund der krankheitsspezifischen Symptomatik (Muskelatrophie, Belastungsdyspnoe, Testosterondefizit etc.) und der damit verbundenen Dekonditionierung kann aber davon ausgegangen werden, dass Krafttrainingsbelastungen in Form eines hypertrophierenden Maximalkrafttrainings (Querschnittstraining) eher dem krankheitsspezifischen Anforderungsprofil der COPD gerecht werden als reine Ausdauerbelastungen.

Zur Klärung der Effizienz eines solchen Krafttrainings wurden 28 Patienten mit einer mittel- bis schwergradigen COPD (m12/w16) randomisiert einer Behandlungs- (n = 21; Alter: = 56,5; FEV1-%Soll: = 54,9) und einer Kontrollgruppe (n = 7; Alter: = 59; FEV1-%Soll = 59,0) zugeordnet. Die Behandlungsgruppe unterzog sich ambulant einem 12-wöchigen hypertrophierenden Maximalkrafttraining, das initial zweimal-, später dreimal wöchentlich durchgeführt wurde.

Bezogen auf die tägliche Peak-Flow-Messung konnte eine tendenzielle aber nicht signifikante Verbesserung in der Behandlungsgruppe gegenüber der Kontrollgruppe festgestellt werden. FEV1 unterschied sich nicht. Die Behandlungsgruppe konnte sich in ihrer maximalen Leistungsfähigkeit im Ausgangstest der Fahrradergometrie um 18,7 % (von 85,2 W auf 107,1 W) gegenüber dem Eingangstest hochsignifikant (p < 0,001) verbessern. Für die gesundheitsbezogene Lebensqualität (erfasst mit dem St. George's Respiratory Questionnaire) ergab sich beim Vergleich der Werte von Eingangs- und Ausgangstest in der Behandlungsgruppe eine signifikante (p < 0,05) Verbesserung. Bei der Kontrollgruppe konnte hingegen eine tendenzielle, nicht signifikante, Verschlechterung beobachtet werden.

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Abstract

Background: Training therapy with its manifold effects should be part of a modern and multi modular treatment of the COPD. Because of the specific symptoms (e. g. muscle atrophy, dyspnea, low testosterone levels) and the deconditioning of these patients, a resistance training might meet the demands of a COPD-exercise-therapy rather than an endurance training. The aim of this research project was to evaluate the efficiency of a hypertrophic maximal strength training on various COPD relevant parameters. Methods: 28 patients with moderate to severe COPD (m12/f16) were randomized and divided in a treatment and a control group. The patients in the treatment group underwent a resistance training (hypertrophic maximal strength training) for 12 weeks, initially two times, then three times a week. Results: Considering the results of the daily Peak-Flow-Measurement, there was no significant change in both groups, but a trend towards an improvement could be found in the treatment group. There was no difference in the change of FEV1. The performance on the ergo cycle showed a highly significant improvement (p < 0.001) in the treatment group of 18.7 % (21.9 Watt). The results of the SGRQ showed a significant improvement (p < 0.05) of the HRQL in the treatment group. A change of the HRQL in the control group was not found. Conclusions: These data support the hypotheses that a short term high intensity strength training programme is suitable to improve performance measures of patients with moderate to severe COPD and it might also improve pulmonary function. The conclusion can be drawn, that this kind of resistance training can be prefered as COPD-specific training therapy and offers new treatment perspectives.

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Einleitung

Eine effiziente Behandlung der COPD erfordert verschiedene Therapieansätze. Dabei gilt die Rauchkarenz als wichtigste Intervention, denn sie kann den weiteren Krankheitsverlauf am günstigsten beeinflussen [1]. Zusätzlich bedürfen die Patienten einer medikamentösen Therapie. Eine weitere Behandlungsform besteht im systematischen körperlichen Training, das zur allgemeinen Konstitutionsstärkung, verbesserten Immunlage und Lungenfunktion beitragen soll.

Der gesundheitliche und konditionelle Abbau bei COPD-Patienten wird durch einen Teufelskreis, bestehend aus krankheitsbedingter Inaktivität und fortschreitender Verschlechterung des Krankheitsbildes mitverursacht. Diesen Teufelskreis zu durchbrechen, ist Ziel jeder Trainingstherapie. Grundsätzlich zeigen zahlreiche Formen der körperlichen Belastung einen positiven Effekt auf dieses Krankheitsbild. Jedoch sind Effektivität und Effizienz der einzelnen Maßnahmen sehr unterschiedlich. Ebenso verhält es sich mit der Verträglichkeit der trainingstherapeutischen Interventionen für COPD-Patienten [2].

So haben bereits verschiedene Untersuchungen den positiven Einfluss eines Ausdauertrainings auf den gesundheitlichen Zustand von COPD-Erkrankten nachgewiesen [3] [4].

Das im Folgenden beschriebene Forschungsprojekt hatte sich in Abgrenzung zum Ausdauertraining die Aufgabe gestellt, die Auswirkungen eines hypertrophierenden Maximalkrafttrainings auf die konditionelle Leistungsfähigkeit und die Lungenfunktionsparameter von COPD-Patienten im Rahmen eines 12-wöchigen ambulanten Reha-Programmes zu untersuchen. Der Entscheidung für diese Behandlungsform liegt die Beobachtung zu Grunde, dass Menschen mit obstruktiven Atemwegserkrankungen oftmals stärker durch verminderte Muskelkraft als durch eine ungenügende Herzkreislauf-Leistungsfähigkeit in ihrer körperlichen Aktivität eingeschränkt sind.

Des Weiteren ist anzunehmen, dass durch ein hypertrophierendes Maximalkrafttraining die erhöhte Produktion des Hormons Testosteron einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität der COPD-Patienten hat, deren Mehrzahl unter einem krankheitsbedingten Testosterondefizit leidet [5] [6] [7] [8]. Intensive Ausdauerbelastungen führen dagegen offenbar noch zu einer zeitweisen Reduktion der Testosteronplasmakonzentration [9].

Darüber hinaus zeigte sich in einer Pilotstudie, dass ein hypertrophierendes Maximalkrafttraining durch die intervallartige Belastungsstruktur (kurze intensive Belastungen gefolgt von relativ langen Pausen) besser von den Patienten toleriert wurde als ein Ausdauertraining.

Deshalb haben wir folgende Fragestellung untersucht: inwiefern ein hypertrophierendes Maximalkrafttraining Einfluss auf die Lungenfunktionsparameter, die Ausdauerleistungsfähigkeit und die gesundheitsbezogene Lebensqualität von COPD-Patienten hat.

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Material und Methoden

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Untersuchungskollektiv

Das Untersuchungskollektiv bestand aus 28 Probanden (12 Männer und 16 Frauen), die im Mittel 55,7 Jahre (± 6,9) alt waren, mit einem FEV1-Wert von 55,9 % (± 12,8). Nach Randomisierung wurden die Probanden in eine Behandlungs- und eine Kontrollgruppe eingeteilt.

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Einschlusskriterien

Patienten konnten an der Studie teilnehmen, wenn sie folgende Kriterien erfüllten:

  1. Anamnese von COPD, charakterisiert durch Husten und Sputumproduktion über mehr als zwei aufeinanderfolgende Jahre, irreversiblen FEV1-Veränderungen und Belastungsdyspnoe

  2. FEV1: 35 - 70 % Soll

  3. keine klinisch signifikante Co-Morbidität (nach Meinung des behandelnden Prüfarztes)

  4. 30 bis 65 Jahre

  5. Die Erbringung einer Fahrradergometerleistung von mind. 40 Watt über eine Dauer von 3 Minuten

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Behandlungsgruppe

Die Behandlungsgruppe bestand aus 21 Probanden (m10/w11). Sie waren durchschnittlich 56,5 (± 6,9) Jahre alt, mit einem Körpergewicht von 73,2 kg (± 21,9) und einem FEV1-Wert von 54,9 % (± 13,8). Die stark differierenden FEV1-Werte und eine Altersspanne von bis zu 20 Jahren Unterschied führten zu einer sehr heterogenen Leistungsfähigkeit. Weiterhin trug eine individuell unterschiedliche Beschwerdesymptomatik zur Heterogenität der Behandlungsgruppe bei.

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Kontrollgruppe

In der Kontrollgruppe befanden sich sieben Probanden (m2/w5) mit einem Durchschnittsalter von 59 (± 8,9) Jahren, einem Körpergewicht von 68,1 kg (± 8,6) und einem FEV1-Wert von 59,0 % (± 9,1). Die geringere Probandenzahl in dieser Gruppe ergab sich durch sog. Drop outs, die an den Ausgangstests nicht mehr teilgenommen haben.

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Studiendesign

Vor Beginn und nach Beendigung der 12-wöchigen Trainingsintervention absolvierten beide Gruppen umfangreiche Eingangs- und Ausgangstests, die sich jeweils über einen Zeitraum von zwei Wochen erstreckten. Von den zahlreich erhobenen Parametern werden in dieser Arbeit nur die folgenden drei behandelt:

  1. Die maximale Leistung in den ergometrischen Tests

  2. Die FEV1-%Soll und der Strömungswiderstand

  3. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität

Bei zwei Zwischenuntersuchungen (Visite 2 u. 3) nach jeweils vier Wochen wurde nochmals ein Lungenfunktionstest durchgeführt. Darüber hinaus wurde zur zweiten Visite der Fragebogen zur Bestimmung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität nochmals ausgefüllt. Alle Probanden nahmen tägliche Peak-Flow-Messungen (morgens und abends) vor und dokumentierten dies. Neben diesen täglichen Messungen unterzog sich die Kontrollgruppe allen beschriebenen Untersuchungen, war aber ansonsten angehalten ihren Lebensstil nicht zu verändern.

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Untersuchungsverfahren

Die Lungenfunktionsmessungen erfolgten zu den vier Visiten mit dem Gerät Master Screen der Fa. Jaeger/Toennies zur gleichen Tageszeit unter standardisierten Bedingungen. Zu den erhobenen Daten gehörten u. a. die forcierte exspiratorische Ventilation in 1 Sekunde und der Strömungswiderstand. Die tägliche Peak-Flow-Messung erfolgte eigenverantwortlich durch die Probanden morgens und abends mit dem Peak-Flow-Meter der Fa. Aventis Pharma (Bad Soden). Zur Bestimmung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität verwendeten wir den St. George's Respiratory Questionnaire (SGRQ). Dabei wurde jede Frage zu den Visiten den jeweils einzelnen Patienten unter Anleitung vorgelesen und die Antwort vom Interviewer angekreuzt. Die Fahrradergometrie erfolgte auf dem Life-Cycle 9500 der Fa. Life-Fitness (München). Der stufenförmige Ausbelastungstest sah bei zwei Minuten Stufendauer jeweils 10 Watt Steigerung/Stufe vor. Die Ausgangsleistung betrug 40 Watt.

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Trainingsintervention

Die Probanden unterzogen sich über einen Zeitraum von 12 Wochen einem ambulanten hypertrophierenden Maximalkrafttraining (Querschnittstraining), das sich in drei Phasen gliederte: 1. Muskelgewöhnungstraining (2 Wochen); 2. Querschnittstraining I (5 Wochen); 3. Querschnittstraining II mit intensivierter exzentrischer Arbeit (5 Wochen) (Tab. [1]).

Tab. 1 Zusammenfassung des Behandlungsprotokolls
TrainingsphaseInhalt
Muskelgewöhnung 12 Wdh./anfangs 2, dann 3 Serien/Pause:* 1 min./submaximale Intensität
*In den Pausen wurden kraftübungsspezifische Dehnungsübungen durchgeführt
Kraftübungen:
6 Übungen an Kraftmaschinen, die große Muskelgruppen belasten bzw. kinetische Ketten trainieren. Anschließend wurden individuelle Bodenübungen zur Kräftigung der Bauchmuskulatur durchgeführt.
Querschnittstraining 1 10 Wdh./anfangs 2, dann bis zu 4 Serien/Pause:* 2 min./maximale Intensität
Kraftübungen: s. o.
Querschnittstraining 2 8 - 10 Wdh./anfangs 2, dann bis zu 4 Serien/Pause:* 2 min./maximale Intensität mit Betonung der exzentrischen Phase durch „heavy negative” Modus
Kraftübungen: 7 Übungen an Kraftgeräten, ansonsten s. o.

Die Behandlung fand in den ersten zwei Wochen zweimal, dann dreimal wöchentlich statt. Die Trainingsdauer betrug anfangs 60, später 120 Minuten. Innerhalb des Studienprotokolls war es möglich, höchstens vier von den insgesamt 34 Behandlungseinheiten ausfallen zu lassen. Es wurden grundsätzlich große Muskelgruppen trainiert bzw. komplexe Übungen unter Einsatz kinetischer Ketten durchgeführt: 1. Beinpresse; 2. Beinbeuger; 3. Bankdrücken; 4. Lat-Ziehen; 5. Rudern sitzend; 6. Rückenstrecker; 7. Lateral Trainer; 8. Abdominal Übung. Dabei wurde insbesondere auf eine langsame und technisch einwandfreie Bewegungsausführung und auf die entsprechende Atemtechnik geachtet. Als Trainingsgeräte dienten die elektro-mechanischen Kraftmaschinen der Fa. Life Fitness (München).

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Statistik

Die Werte der Behandlungsgruppe wurden mit denen der Kontrollgruppe mittels des Mann-Whitney-U-Test verglichen. Die Werte der Visiten bzw. der Eingangs- und Ausgangstests wurden innerhalb der beiden Kollektive mit Hilfe des Wilcoxon-Tests für verbundene Stichproben verglichen. Als Signifikanzgrenze wurde eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p < 0,05 angenommen.

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Ergebnisse

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Lungenfunktion

Bezüglich der Peak-Flow-Werte weist die Trendlinie der Behandlungsgruppe sowohl morgens (s. Abb. [1]) wie auch abends (s. Abb. [2]) einen tendenziellen, jedoch nicht signifikanten Anstieg (morgens: 15 l/Min; abends: 20 l/Min) auf. Demgegenüber bleibt die Trendlinie der Behandlungsgruppe für die Untersuchungsdauer fast unverändert.

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Abb. 1 Die morgendlichen Peak-Flow Mittelwerte der Behandlungsgruppe und der Kontrollgruppe.

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Abb. 2 Die abendlichen Peak-Flow Mittelwerte der Behandlungsgruppe und der Kontrollgruppe.

Der Vergleich der FEV1-Werte zu den vier Visiten zeigt zwischen der Behandlungs- und Kontrollgruppe keinen signifikanten Unterschied. Die Behandlungsgruppe zeigt einen Anstieg der FEV1 von 56,5 % auf 62 %. Demgegenüber verbesserte sich die Kontrollgruppe von 60,5 % auf 63,5 %. Die Strömungswiderstände wiesen keine tendenziellen Veränderungen auf.

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Fahrradergometrie

Die maximale Leistungsfähigkeit in der Fahrradergometrie von Eingangs- und Ausgangstest weist in der Behandlungsgruppe (s. Abb. [3]) einen hochsignifikanten (** = p < 0,001) Anstieg von 21,9 W (18,7 %) auf. Demgegenüber steht eine nicht signifikante Steigerung von 2,9 W (4 %) der Kontrollgruppe (s. Abb. [3]).

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Abb. 3 Leistung (Watt) in der Fahrradergometrie von Behandlungs- und Kontrollgruppe im Eingangs- und Ausgangstest.

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Gesundheitsbezogene Lebensqualität (HRQL)

Beim Vergleich der Werte der Behandlungsgruppe konnte nach einer ersten Verschlechterung eine signifikante (* = p < 0,05) Verbesserung von Visite 1 zu Visite 4 (s. Abb. [4]) gefunden werden. Bei der Kontrollgruppe wurde eine Verschlechterung gegenüber den Ausgangswerten beobachtet, wobei die Differenzen nicht signifikant waren.

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Abb. 4 Veränderung der Punkteskala des SGRQ zu den Visiten 1, 2 und 4. Dabei entspricht eine Erhöhung der HRQL einer Reduzierung der Punktzahl, eine Verschlechterung dementsprechend einer Erhöhung der Punktzahl.

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Diskussion

Die Ergebnisse der Peak-Flow- und der FEV1-Messung zeigen einen tendenziellen Anstieg der Peak-Flow-Werte in der Behandlungsgruppe. Dies war in der Kontrollgruppe nicht zu beobachten. Diesbezüglich wäre es interessant, die Auswirkungen einer solchen Intervention auf die Lungenfunktion langfristig zu beobachten.

Eine Erklärung hierfür muss spekulativ bleiben. Ein solches Krafttraining kompensiert die auf krankheitsbedingte Dekonditionierungsprozesse zurückzuführenden Degenerationen des aktiven und passiven Halte- und Stützapparates in einem Maße, wie es kein Ausdauertraining gewährleisten kann. Es wäre möglich, dass der damit verbundene Ausgleich von muskulären Dysbalancen, die eine Einengung des Thorax verursachen, für diesen Effekt verantwortlich ist. Darüber hinaus kommt es zu einer Kräftigung der Atemhilfsmuskulatur [10]. Positiv auswirken könnte sich auch eine Abschwellung der Bronchialschleimhaut durch einen Rückgang entzündlicher Prozesse durch die iniziierten hormonellen Veränderungen verantwortlich sein. Ähnliche Ergebnisse konnten durch ein Ausdauertraining bislang nur bei Asthmatikern [11], jedoch nicht bei COPD-Patienten produziert werden.

Die fahrradergometrischen Daten zeigen eine hochsignifikante Verbesserung der Behandlungsgruppe (21,9 Watt = 18,7 %) gegenüber der Kontrollgruppe, die sicherlich teilweise aus einer verbesserten Bewegungskoordination (Auf- und Abwärmen auf dem Fahrradergometer) resultiert [12]. Jedoch lassen sich solche Verbesserungen rein koordinativ nicht erklären, da es sich hierbei um einen einfachen Bewegungsablauf handelt. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass durch die Zunahme an Muskelmasse und Muskelkraft auch größere Energiespeicher und Veränderungen im enzymatischen System die gestiegene Ausdauerleistungsfähigkeit verursachen. Diese Beobachtung stimmt mit den Befunden an gesunden älteren Menschen überein, die zeigten, dass im Gegensatz zu Jüngeren durch intensives Krafttraining bei Älteren vor allem bedingt durch das geringe Ausgangsniveau auch die oxidative Stoffwechselkapazität positiv zu beeinflussen ist [13]. In diesem Zusammenhang stellten Maltais et al. fest, dass COPD-Patienten im Vergleich zu Gesunden einen geringeren Anteil an oxidativen Enzymen im Muskelgewebe aufweisen [14]. Frontera et al. konnten bei älteren gesunden Männern durch ein 12-wöchiges intensives Krafttraining folgende Veränderung nachweisen: 28 % Muskelzuwachs, 15 % Zunahme an Kapillaren/Muskelfaser, 38 %ige Steigerung der Zitratsynthetase-Aktivität [15]. Die gleichzeitig bestimmten Laktatwerte in unserer Studie bestätigen diese Aussagen, da sich in der Behandlungsgruppe auch eine veränderte Laktatkinetik (Rechtsverschiebung) feststellen ließ. Dies bedeutet eine Steigerung der Ausdauerleistungsfähigkeit durch eine verbesserte aerobe Energiebereitstellung. Unsere Befunde sprechen dafür, dass das Herz-Kreislauf-System nicht limitierend war, sondern vielmehr die atrophierte Muskulatur.

COPD-Patienten können also auf der Grundlage einer verbesserten Kraftleistungsfähigkeit auch ihre Ausdauerleistungsfähigkeit positiv entwickeln. Dadurch wird die allgemeine Leistungsfähigkeit der Patienten mehr gefördert als durch ein reines Ausdauertraining. So konnten Leuppi et al. durch ein Ausdauertraining bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer COPD nach viermonatiger Intervention lediglich einen Anstieg der maximalen Leistung im Fahrradergometertest von 13,2 Watt nachweisen [16].

Die krafttrainingsinduzierte Leistungssteigerung hat sich letztendlich auch in einem größeren Wohlbefinden ausgedrückt. Dies stimmt mit der durch den SGRQ evaluierten gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQL) überein, obwohl in den ersten 4 Wochen eine kurzfristige Verschlechterung in der Behandlungsgruppe beobachtet wurde. Die Ursache könnte darin liegen, dass die Trainingsintervention anfangs noch als neuer Stressor empfunden wurde. Demgegenüber steht jedoch der signifikante Anstieg der HRQL in der Behandlungsgruppe von Visite 1 zu Visite 4, wobei die Kontrollgruppe tendenziell eine Verschlechterung zeigte. Für die positive Veränderung in der Behandlungsgruppe können mehrere Faktoren verantwortlich sein. Zum einen ist dies in der gesteigerten körperlichen Leistungsfähigkeit begründet, zum anderen aber auch in einer verbesserten Körperwahrnehmung und nicht zuletzt in den sozialen Kontakten, die in den Trainingsgruppen im Therapieverlauf vermehrt wieder aufgenommen und kultiviert wurden. Die Summe der Effekte ermöglicht somit eine bessere Bewältigung der Alltagsanforderungen und begünstigt die soziale Reintegration der COPD-Kranken.

Die einleitende Fragestellung, ob ein hypertrophierendes Maximalkrafttraining einen Einfluss auf die Lungenfunktionsparameter, die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die Ausdauerleistungsfähigkeit von COPD-Patienten hat, kann somit positiv beantwortet werden. Dabei zeigen die Lungenfunktionsparameter nur tendenzielle Anstiege im Gegensatz zu den anderen Parametern, die signifikante bis hochsignifikante Verbesserungen aufweisen.

Das angewandte Trainingsprogramm zeigt dabei eine Vielzahl von Vorteilen im Vergleich zur momentanen Therapiepraxis. Ein Krafttraining hat vor allem ein breiteres Wirkungsspektrum als ein Ausdauertraining bezüglich des Anforderungsprofil an eine COPD-spezifische Trainingstherapie. Hierbei ist die krankheitsbedingte Muskelatrophie in den Vordergrund zu stellen, die durch spezifische Krafttrainingsreize eher kompensiert werden als durch ein Ausdauertraining. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls der defizitäre Proteinmetabolismus ein COPD-spezifisches Problem, dass eher durch die anabolen Effekte eines hypertrophierenden Krafttrainings kompensiert wird. Darüber hinaus provoziert ein solches Krafttraining einen stärkeren Anstieg der Testosteronplasmakonzentration als jede Ausdauerbelastung [9], was wiederum für das Testosterondefizit vieler COPD-Patienten von Bedeutung ist. Auch gleicht ein Krafttraining die muskulären Dysbalancen viel spezifischer aus. Ein weiteres Argument für ein hypertrophierendes Maximalkrafttraining ist die bessere Verträglichkeit, wodurch ohne weiteres auch schwergradig COPD-Kranken ein intensives zweistündiges Training ausüben können, was zu einer stärkeren Homöostasestörung führt und wiederum entsprechende strukturaufbauende Prozesse initiiert, wodurch u. a. die krankheitsbedingte Spirale von fortschreitender Dekonditionierung und der daraus resultierende progrediente Verlauf der COPD durchbrochen werden kann. Ein Ausdauertraining muss erfahrungsgemäß bei diesem Klientel wesentlich früher aufgrund der Dyspnoe und der muskulären Ermüdung abgebrochen werden.

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Literatur

  • 1 Wilms K. COPD - ein vernachlässigtes Krankheitsbild. Fortschritte der Medizin 1997 Supplement 179
  • 2 Würtemberger G, Bastian K. Funktionelle Effekte unterschiedlicher Trainingsformen bei Patienten mit COPD.  Pneumologie. 2001;  55 553-562
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  • 8 Wright P R. Abschlussbericht - Auswirkungen eines hypertrophierenden Maximalkrafttrainings auf die konditionelle Leistungsfähigkeit und die Lungenfunktionsparameter von COPD Patienten. Bochum 2001
  • 9 Viru A. Hormonelle Veränderungen in der Taper-Phase unmittelbar vor einem Wettkampf.  Leistungssport. 2000;  7 4-8
  • 10 Buskies W, Boeck-Behrens W U. Gesundheitsorientiertes Fitnesstraining. Lüneburg 2001
  • 11 Emtner M, Herala M, Stahlenheim C. High-Intensity Physical Training in Adults with Asthma.  Chest. 1996;  109 323-330
  • 12 Heck H. Unveröffentlichte Studie. Bochum: Fakultät für Sportwissenschaft, Lehrstuhl für Sportmedizin 1998
  • 13 Zimmermann K. Gesundheitsorientiertes Muskelkrafttraining: Theorie - Empirie - Praxisorientierung. Schorndorf 2000
  • 14 Maltais F, Simrad C, Jobin J. et al . Oxidative Capacitiy of the skeletal Muscle and lactic Acid Kinetics during Exercise in normal Subjects and in Patients with COPD.  Am J Respir Crit Care Med. 1996;  153 288-293
  • 15 Frontera W R, Meredith C N, O'Reilly K P. et al . Strength Training and Determinants of VO2max in older Men.  J Appl Physiol. 1990;  68 329-333
  • 16 Leuppi J D, Zenhäusern R, Schwarz F. et al . Bedeutung der Trainingsintensität für die Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit bei Patienten mit chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen.  Dtsch med Wschr. 1998;  123 174-178

P. R. Wright

Schützenstr. 20

58452 Witten

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Literatur

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P. R. Wright

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Abb. 1 Die morgendlichen Peak-Flow Mittelwerte der Behandlungsgruppe und der Kontrollgruppe.

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Abb. 2 Die abendlichen Peak-Flow Mittelwerte der Behandlungsgruppe und der Kontrollgruppe.

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Abb. 3 Leistung (Watt) in der Fahrradergometrie von Behandlungs- und Kontrollgruppe im Eingangs- und Ausgangstest.

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Abb. 4 Veränderung der Punkteskala des SGRQ zu den Visiten 1, 2 und 4. Dabei entspricht eine Erhöhung der HRQL einer Reduzierung der Punktzahl, eine Verschlechterung dementsprechend einer Erhöhung der Punktzahl.