Pneumologie 2002; 56(10): 638-639
DOI: 10.1055/s-2002-34612
Nachruf
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Nachruf Professor Dr. med. Udo Smidt

31. 10. 1934 - 14. 6. 2002H.  Worth
Further Information

Publication History

Publication Date:
09 October 2002 (online)

Table of Contents

    Am 14. 6. 2002 verstarb Udo Smidt nach schwerer, unheilbarer Krankheit. Wir, seine Freunde und Kollegen, trauern um einen aufrechten, hilfsbereiten und toleranten Mitmenschen, der uns durch seine genialen wissenschaftlichen Ideen und deren konsequente Umsetzung bereichert hat. Seine Patienten hat er fürsorglich und individuell betreut.

    Udo Smidt wurde am 31.Oktober 1934 in Forst/Lausitz geboren. Bereits 1936 zogen seine Eltern nach Moers am Niederrhein, wo er die Volksschule und das Gymnasium besuchte. Nach dem Abitur studierte er in Freiburg, Innsbruck und Münster und legte am 22.Oktober 1960 das Medizinische Staatsexamen ab. Er promovierte noch im gleichen Jahr mit einer Arbeit über die Familienbeziehung verhaltensgestörter Kinder.

    Nach Ableistung der Medizinalassistentenzeit begann Udo Smidt 1964 seine internistische Facharztausbildung am Krankenhaus Bethanien in Moers, wurde 1968 Oberarzt und erlangt 1969 die Facharztanerkennung für Innere Medizin. Neben einer breiten internistischen Tätigkeit entfaltete er zusammen mit K. Muysers und G. Worth intensive, fruchtbare wissenschaftliche Aktivitäten. Hauptinhalte waren die Verbesserung der Lungenfunktionsdiagnostik (Bodyplethysmographie, Massenspektrometrie), Arbeiten zur Beurteilung von Staubeinwirkungen auf die menschliche Lunge sowie die Epidemiologie von chronischer Bronchitis und Lungenemphysem.

    In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen wurde er 1966 Koordinator des Schwerpunktprogramms „Chronische Bronchitis” der Deutschen Forschungsgemeinschaft und arbeitete seit 1967 als deutscher Fachvertreter in der Arbeitsgruppe der Hohen Kommision der Europäischen Gemeinschaft in Luxemburg für die Pathophysiologie der Atmung.

    Innerhalb der Europäischen Gesellschaft für Pathophysiologie und Klinik der Atmung war er 1969 an der Gründung der Arbeitsgruppen „Lungenfunktionsdiagnostik in der Epidemiologie”, „Atemmechanik” und „Alveolärer Gasaustausch” beteiligt und hat für diese Arbeitsgruppen zahlreiche Symposien durchgeführt. Seine große wissenschaftliche Reputation ermöglichte ihm mühelos die Habilitation als Externer im Jahre 1975 an der Universität in Bonn und die Professur im Jahre 1981.

    Ein weiterer wissenschaftlicher Schwerpunkt entwickelte sich auf dem Gebiet der medizinischen Statistik und des Computereinsatzes sowohl in der Lungenfunktion als auch für klinische Kommunikationssysteme, weshalb er 1973 Projektleiter des Forschungsvorhabens „Klinisches Kommunikationssystem für das Routinekrankenhaus” vom Bundesministerium für Forschung und Technologie wurde. Sein wissenschaftliches Wirken umfasst etwa 300 Publikationen. Mehr als 70 Doktoranden hat er zur Promotion geleitet und nicht zuletzt meine eigene Habilitation mit Rat und Rat unterstützt. Seine Lehrtätigkeit erstreckte sich nicht nur auf die Vorlesungen in der Arbeitsmedizin für Medizinstudenten der Bonner Universität, sondern auch auf die angehenden Schwestern und Pfleger im Moerser Krankenhaus.

    1984 gründete er zusammen mit G. Worth und W. Stahlmann das Institut für Arbeitsmedizin in Moers und nahm anschließend Abschied von der Medizin.

    In Pompeiana (Italien) widmete er sich dem Olivenanbau und setzte dort sein außerordentliches handwerkliches Geschick in vielfältige Projekte um, wobei ihm nicht nur das von K. Muysers erlernte Löten, sondern auch das Drechseln von Holz vertraute Beschäftigungen waren.

    Vom Juli 1990 bis zum Dezember 1991 führten ihn seine Hilfsbereitschaft und seine Dankesschuld an seinen Geburtsort Forst in den Osten Deutschlands. Im Fachkrankenhaus für Lungenkrankheiten und Thoraxchirurgie in Berlin-Buch gelang es ihm in enger, freundschaftlicher Zusammenarbeit mit den dort tätigen Mitarbeitern, zahlreiche Hürden auf dem Weg in die Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen und den Fortbestand des Hauses zu sichern.

    Anschließend verbrachte Udo Smidt weitere 6 „Rentnerjahre” in Italien, nicht ohne sich neben dem Olivenanbau einem gemeinsamen wissenschaftlichen Steckenpferd, der Formanalyse exspiratorischer Partialdruckkurven bei obstruktiven Lungenkrankheiten, zu widmen. So entwickelte er Simulationen für normale und deformierte CO2-Partialdruckkurven, insbesondere beim Lungenemphysem. Für diese Arbeiten erhielt er 1995 den Curt-Dehner-Preis.

    Im Oktober 1997 übernahm er die Leitung des Institutes für Arbeitsmedizin in Moers. Seine ärztliche und gutachterliche Tätigkeit war verbunden mit großem Vertrauen und hohem Ansehen bei Patienten, Versicherungsträgern und Sozialgerichten.

    Auch außerhalb der Medizin war Udo Smidt hochaktiv. Er liebte die Musik, war mehr als 50 Jahre Stütze des Moerser Kammerchores, den er fast 18 Jahre lang als Vorsitzender leitete. Er pflegte das Klavierspiel und hat sich auch auf einer eigenhändig zusammengebauten Orgel musikalisch entfalten können. Sein Interesse an Botanik, Zoologie und Erdgeschichte führte ihn in zahlreiche Länder und zu ungewöhnlichen Zielen.

    Udo Smidt hatte sicherlich einen großen Ehrgeiz, ihm wichtig erscheinende wissenschaftliche Fragestellungen zu lösen. Hierbei kamen ihm seine außerordentliche Originalität wie auch sein großes handwerkliches Geschick zur Hilfe. Persönliche Eitelkeit war ihm fremd. Humor und Selbstironie gehörten zu seinen hervorstechenden Eigenschaften.

    Wir, seine Freunde und Kollegen, können ihm nur für alles, was er uns gegeben hat, danken und hoffen, dass die Dankbarkeit den Schmerz der Trennung überwinden hilft.