Einleitung
Einleitung
Patienten mit Ulcus cruris oder Dekubitalulkus machen einen nicht unerheblichen Anteil am dermatologischen Patientenkollektiv in Klinik und Praxis aus. Die Prävalenz von Ulcera cruris venosa allein beträgt in den westlichen Ländern 0,2-3 % [3]
[11]. Zumeist bedürfen diese Patienten einer Langzeittherapie bis es zur vollständigen Abheilung kommt. Innerhalb eines Jahres kommt es zwar in 70 % der Fälle zur Abheilung, allerdings beträgt die Rezidivrate ein Jahr später bereits ca. 30 % [7].
Chronische Wunden sind gute Nährböden für Bakterien. Meist liegt im Ulkus eine Mischflora vor, bestehend aus Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeruginosa, Proteus mirabilis etc. [1]
[2]. Eine moderne Wundbehandlung sollte daher möglichst breitbasig antibakteriell wirksam sein. Weitere Forderungen an einen Wundverband sind hohe Adaptationsfähigkeit an die in der Wunde herrschenden Heilungsphasen, gute Verträglichkeit, Reduktion von Schmerz und Juckreiz, Eignung zur Selbstbehandlung durch den Patienten sowie ein gutes Preis-Wirksamkeits-Verhältnis [5]
[10]
[12].
Zwischen 1996 und 2000 wurden von Johnson & Johnson 5 Anwendungsbeobachtungen mit Actisorb® in Deutschland durchgeführt. Ziel war es, die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Wundauflage Actisorb® in der Behandlung chronischer Wunden wie Druckulzera, venöser Ulzera oder diabetischer Ulzera zu bewerten. Alle Anwendungsbeobachtungen folgten einem ähnlichen Therapieprotokoll bei einem Beobachtungszeitraum zwischen 6 bis 12 Wochen.
Patientenkollektiv und Methode
Patientenkollektiv und Methode
Die Anwendungsbeobachtungen wurden von praktischen Ärzten, Dermatologen und Chirurgen betreut und dokumentiert, wobei der Einschluss von mindestens 3 Patienten erwünscht war. Aufnahmekriterium war ein Mindestalter der chronischen Wunde von 4 Wochen und die Behandlung mit Actisorb® als Basistherapie. Es bestanden keine Kriterien bzgl. Patientenalter, -geschlecht und Ursache der Wunde. Die individuelle Behandlungsdauer richtete sich nach der Schwere der Symptome und dem Heilungsverlauf. Die Daten wurden anhand eines standardisierten Dokumentationsbogens erfasst und im Wesentlichen nach statistisch-deskriptiven Maßnahmen ausgewertet. Zahlreiche Detailfragen waren in der großen Anwendungsbeobachtung nicht zu analysieren.
Vor Therapiebeginn wurden Alter, Geschlecht und Begleiterkrankungen des Patienten, Alter der Wunde, Vorbehandlung und Dauer der Vorbehandlung, wundheilungsverzögernde Faktoren, Lokalisation und Größe der Wunde dokumentiert.
Hauptzielgrößen während des Beobachtungszeitraumes waren die Erfassung der Wundexsudation, des Wundgeruches, der Nekrose- und Fibrinbeläge, der Granulation und Epithelisierung. Die Beurteilung erfolgte nach einer 4-Punkte-Skala (keine - wenig - ausgedehnt - gesamtes Areal). Die Wundtiefe wurde nach den Parametern „oberflächlich” oder „tief” eingeteilt und das Vorhandensein von Wundtaschen dokumentiert.
Die Beurteilung der Wundauflage Actisorb® erfolgte nach folgenden Kriterien: Infektbehandlung, Wundheilungstendenz, Anzahl der Verbandswechsel, Verträglichkeit auf der Wunde, Handling mit der Wundauflage und Patientencompliance. Zuvor angewandte Wundauflagen wurden nach den gleichen Kriterien beurteilt. Schließlich sollte von den betreuenden Ärzten entschieden werden, ob die Wundauflage Actisorb® mit in das Standardprogramm der alltäglichen Wundbehandlung aufgenommen werden sollte.
Metronomia GmbH analysierte und wertete die Ergebnisse der 5 Anwendungsbeobachtungen unter Verwendung der Statistiksoftware SAS (Version 6.12) aus. Hierbei wurden Anzahl der Daten, Mittelwert, Standardabweichung, Median, Minimum, Maximum und das 95 % Konfidenzintervall ermittelt.
Der Wundradius wurde mittels der Formel Wurzel aus Länge × Breite/π geschätzt. Die Wundverhältnisse wurden als „verbessert”, „verschlechtert” oder „unverändert” klassifiziert.
Ergebnisse
Ergebnisse
Insgesamt wurden 12 444 Patienten dokumentiert, darunter 7508 Frauen (60,3 %) und 4840 Männer (38,9 %). Bei 96 Patienten (0,8 %) lagen keine Angaben zum Geschlecht vor. Das Durchschnittsalter betrug 67,5 ± 14,4 (Standardabweichung) Jahre.
7798 Wunden (62 %) waren Beinulzera, 2435 (20 %) Druckulzera, 1493 (12 %) diabetische Ulzera und 718 Wunden (6 %) waren andere Wunden (Abb.1). Letztere sind hauptsächlich in posttraumatisch (40,9 %), postoperativ (25,1 %) und postinfektiös (4,7 %) einzuteilen. 67 % der Beinulzera waren venösen, 3 % arteriellen, 30 % gemischt venös-arteriellen Ursprungs (Abb. [2]).
Abb. 1 Ulzera
Abb. 2 Beinulzera
Das Durchschnittsalter der Patienten mit Druckulzera lag mit 74,4 Jahren deutlich über dem der Patienten anderer Wunden (53,8 Jahre).
Bei 74 % aller erfassten Patienten wurden Begleiterkrankungen notiert. 42 % der Patienten litten an Durchblutungsstörungen, 32 % an Diabetes mellitus, 8 % an Unterernährung und 4,5 % an Malignomen.
Das mediane Wundalter betrug 3 Monate. Der durchschnittliche Wundradius lag bei Patienten mit Druck- und venösen Ulzera zwischen 2,2 und 2,6 cm, bei Patienten mit diabetischen Ulzera im Mittel bei 2,0 cm. Je nach Wundtyp zeigten sich in der Bestimmung der Wundtiefe deutliche Unterschiede. Während venöse Ulzera meist oberflächlich waren, waren bei allen anderen Ulzera teils tiefe Wunden und Wundtaschen dokumentiert worden. Ausgedehnte Nekrosen sowie Fibrinbeläge konnten in 33 % bis 49 % der Ulzera beobachtet werden, dagegen nur eine geringe Granulations- und Epithelisierungstendenz. Zeichen der Wundinfektion präsentierten sich in über 60 % der Wunden, v. a. bei diabetischen, posttraumatischen und postoperativen Wunden. Lokale und/oder systemische Antibiotika wurden bei diabetischen Wunden in 38 %, bei posttraumatischen bzw. postoperativen Wunden in 13 % angewendet.
Über 84,1 % der Patienten wurden vor Studieneinschluss mit Wundsalben, Mull- und Vlieskompressen sowie antimikrobieller Gaze versorgt. Nur bei 15,6 % der Patienten erfolgte der Wundverband nach dem Prinzip der feuchten, modernen Wundbehandlung (Hydrokolloidverband) (Abb. [3]). Der Hauptgrund für die Anwendung von Actisorb® war die mangelnde Wirksamkeit des zuvor angewandten Therapiekonzeptes.
Abb. 3 Wundversorgung vor Studieneinschluss.
Unter der Actisorb®-Behandlung betrug der Wundheilungserfolg nach 6 Wochen 35,5 %, nach 12 Wochen 49,3 %. Überdurchschnittlich gute Heilungstendenz zeigte sich bei den posttraumatischen und -chirurgischen Wunden mit 63 %. Insgesamt war während der gesamten Anwendungsbeobachtung in nahezu allen Wunden ein verbesserter Zustand zu beobachten. Nur in 0,7 % bis 1,7 % der Wunden kam es zu einer Verschlechterung.
Das kosmetische Wundergebnis wurde in über 96 % mit „sehr gut” oder „gut” beurteilt. 87 % der Ärzte bewerteten Actisorb® im Vergleich zu den zuvor angewandten Wundtherapeutika als „besser”. Die Wirksamkeit von Actisorb® wurde mit „sehr gut oder „gut” beschrieben.
Während der Behandlung mit Actisorb® wurden in 2,9 % der Fälle nicht erwünschte Nebenwirkungen dokumentiert. 103 Patienten (0,83 %) gaben Schmerzen, 71 Patienten (0,57 %) Brennen, 30 Patienten (0,24 %) allgemeine Intoleranz und 15 Patienten (0,12 %) Rötung an. Insgesamt war jedoch die Toleranz gegenüber Actisorb® im Vergleich zu den zuvor angewandten Wundauflagen wesentlich besser. 40 % der Patienten beurteilten mit „viel besser”, 31 % mit „besser”.
666 Patienten (5,4 %) brachen die Therapie mit Actisorb® ab. Hauptgrund war neben der fehlenden Verbesserung der Wundheilungsverhältnisse (0,86 %) eine Intoleranz (0,42 %) der Wundauflage Actisorb®.
Diskussion
Diskussion
Auch wenn die Daten der durchgeführten Anwendungsbeobachtung nicht der Qualität einer Phase-II-oder-III-Studie entsprechen und sich die Ergebnisse auf die individuelle Beurteilung ausgewählter Prüfärzte stützen, so wird dieser Nachteil doch durch den Einschluss der hohen Patientenzahlen weitgehend ausgeglichen.
Während der Einsatz zahlreicher Wundauflagen auf bestimmte Phasen der Wundheilung beschränkt bleibt, scheint mit Actisorb® eine phasenübergreifende Wundbehandlung zur Verfügung zu stehen [6]
[13]
[14].
Actisorb® besteht aus einem 95-98 %igen Aktivkohlegewirk, das aus gewebter Zellulose gewonnen wird. Die feinen Löcher an der Oberfläche der Aktivkohle bewirken eine hohe Absorptionskapazität für Bakterien, Sekret, Zelldetritus sowie der für üblen Wundgeruch verantwortlichen Diamine, Putrescine und Kadaverine. Durch eine zusätzliche Silberimprägnierung kann die antimikrobielle Wirkung der Aktivkohle gesteigert werden. Hierzu muss die Konzentration der Silberionen zwischen 0,0001 und 1,0 ppm betragen. Die an das Aktivkohlegewirk gebundenen Silberionen formen Komplexe mit zahlreichen Komponenten der Bakterienzelle, bestehend aus Schwefel, Sauerstoff und Stickstoff. Da diese Atome in vielen Zellbestandteilen wie Proteinen, Enzymen und DNA/RNA enthalten sind, setzt die antimikrobielle Wirkung vielerorts gleichzeitig an. Das Produkt ist von einem Polyamid-Vlies umhüllt, um eine Verfärbung der Wunde durch direkten Kontakt mit dem Aktivkohle-Silber-Gewirk zu vermeiden [4]
[8]
[9].
Die statistische Auswertung der Ergebnisse konnte eine signifikante Beeinflussung der Ulkusheilung durch den Aktivkohleverband belegen. Es wurde gezeigt, dass mit Actisorb® auch therapeutisch schwer zu beeinflussende Ulzera effizient behandelt werden können. Ein großer Anteil der beurteilten chronischen Wunden wiesen Zeichen der Wundinfektion auf, produzierten große Mengen an Wundexsudat und zeigten Fibrinbeläge und Nekrosen. 90 % der chronischen Wunden besserten sich unter alleiniger Therapie mit Actisorb® deutlich, in 40 % heilten diese vollständig ab. Auf eine Begleittherapie mit Antibiotika konnte in den meisten Fällen verzichtet werden.
Die Verträglichkeit von Actisorb® wurde mit „sehr gut” beurteilt. Ein großer Anteil der Anwender nahm Actisorb® aufgrund der positiven Akzeptanz bei den Patienten und der dabei guten phasenübergreifenden Wirksamkeit auf die Wundheilung in das in der Praxis zur Verfügung stehende Sortiment an Wundauflagen mit auf.
Zusammenfassend steht mit Actisorb® eine wirksame Wundauflage zur Verfügung, die in jeder Phase der Wundheilung (Wundreinigung, Granulation und Epithelisierung) effizient eingesetzt werden kann. Die gute Wirksamkeit ist überwiegend auf 4 Effekte zurückzuführen: kontinuierliche Minderung des Wundexsudates, Absorption von Keimen, bakterizide Wirkung der Silberimprägnierung und Protektion von Granulation und Epithelisierung [14].