Anorexie und Kachexie bei Tumorpatienten als häufigstes
paraneoplastisches Syndrom [1]
[2], gewinnen bei Onkologen wieder zunehmend
an Interesse [3]
[4].
Die Pathogenese ist nach wie vor unklar.
Gewichtsverlust vor Beginn einer Chemotherapie korreliert mit dem
Performance-Status (Leistungs-Index) des Tumorpatienten und ist
mit einem herabgesetzten medianen Überleben verbunden [5]. Komponenten der Tumorkachexie
sind neben dem Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Muskelatrophie,
Imbalancen und Störungen im Eiweiß-, Fett und
Kohlenhydrat-Metabolismus sowie eine Anämie [6]
[7].
Krebskachexie ist weit komplexer als ein chronischer Hungerzustand.
Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass im Hungerzustand
vorzugsweise Fett verbrannt wird und Skelettmuskulatur erhalten
bleibt, während bei Tumorpatienten Fett und Muskulatur
gleichmäßig abgebaut werden. Studien haben gezeigt [8-13]
, dass ein veränderter
Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Fettstoffwechsel schon vor der
eigentlichen Manifestation der Kachexie vorhanden ist und sich progredient
parallel zum Tumorwachstum verhält. Eine negative Stickstoffbilanz ist
dabei ein verlässlicher Parameter für das Ausmaß des
Nahrungsmangels. Eine Normalperson verliert beispielsweise täglich etwa
25 g Eiweiß, ein Krebspatient ohne Therapie etwa
50 g und unter Therapie sogar bis zu 80 g Eiweiß [14]
.
Tumorbedingte Nahrungsmangelzustände entstehen durch
eine unter dem erforderlichen Tagesmindestbedarf liegende Nahrungszufuhr,
durch Resorptionsstörungen des Dünndarms sowie
durch einen erhöhten Katabolismus. Pathophysiologisch werden
für die Entstehung der Tumorkachexie vor allem inflammatorische
Zytokine wie Tumor-Nekrose-Faktor, Interleukin 1 α und ß,
Interleukin 6, Interferon γ und ein Differenzierungsfaktor
D verantwortlich gemacht [15], wobei
der genaue Mechanismus und das Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren
unbekannt ist.
Appetitlosigkeit ist ein häufiges Symptom einer Tumorerkrankung, die
durch die zytostatische Therapie noch verstärkt wird. Der
Anorexie liegen sehr komplexe Prozesse zu Grunde [16]. Fälschlicherweise
sieht man häufig die Anorexie als den wesentlichen Grund für
den Gewichtsverlust an. Dies konnte in Studien aber nicht nachgewiesen
werden [17]. Teilweise ist die Inappetenz
offenbar durch eine Aminosäuren-Imbalance bedingt, deren
Ausgleich aber nicht ohne Weiteres möglich ist, teils werden
auch vom Tumor selbst Anorexine produziert [18].
Wesentliche Momente für die Auslösung einer Anorexie
bei Krebspatienten und den initialen Gewichtsverlust von 2,5 - 5 kg
sind psychischer Genese durch die Eröffnung der Diagnose,
die Durchführung diagnostischer Maßnahmen und
die Ungewissheit über den Ausgang der Erkrankung [19]. Glukokortikoide sind zwar wirksame
Appetitstimulanzien, aber Protein-katabol. Das Gestagen Megestrol
ist ebenfalls appetitstimmulierend und Fett-anabol, erhöht
aber nicht die Muskelmasse [20].
Für Wachstumshormone existieren keine kontrollierten Studien
bei Tumorpatienten. Studien mit Medikamenten und Substanzen, die
eine antizytokine Wirkung entfalten, sind auf den Weg gebracht,
um vor allem die Wirksamkeit von Thalidomid und der mehrfach ungesättigten ω-3-Fettsäure
in diesem Zusammenhang zu bestätigen [21].
Enterale oder parenterale Ernährung?
Es wird häufig argumentiert, dass die enterale Nahrungszufuhr, speziell
bei Tumorpatienten physiologischer als eine parenterale Ernährung
sei. Dieses Statement wurde jedoch nie klar definiert. Eine große
Metaanalyse [22] bei nicht-tumortragenden
Patienten kommt zu dem Schluss, dass eine enterale Ernährung weder
aus physiologischer noch metabolischer Sicht oder hinsichtlich Funktion
und Struktur des Gastrointestinaltraktes einen Vorteil gegenüber
der parenteralen Ernährung bringt. Es waren lediglich die
Therapiekosten geringer und die Häufigkeit einer Sepsis
bei Patienten mit akuten Abdominaltraumen reduziert. Ergebnisse
mit einer „forcierten” enteralen Ernährung
bei Tumorpatienten sind entäuschend gewesen [23].
Untersuchungen bei Patienten mit chronischem Eiweißmangelzustand
als auch bei experimentell induziertem Eiweißmangel bei sonst
ausreichender Kalorienzufuhr [24] ergaben
eine ausgedehnte Atrophie der resorbierenden Dünndarmschleimhaut
und schwere funktionelle Resorptionsstörungen [25]. Analoge anatomische und funktionelle
Veränderungen wurden bei Patienten mit verschiedenen Neoplasien
beschrieben [26]. Diese bei Tumorpatienten
bestehenden Resorptionstörungen, die sich mit zunehmendem
Eiweißmangel verstärken, werden durch eine zytostatische,
aber auch Strahlentherapie weiter erhöht [27]. In einer randomisierten Sutdie bei
knochenmarktransplantierten Patienten wurde gezeigt [28], dass eine Atrophie des Darmepithels
durch die Zugabe von Glutamin zur prophylaktischen parenteralen
Standard-Ernährung verhindert werden konnte. Diese Beobachtung
wurde in einer Meta-analyse bestätigt [29]. Eine enterale Ernährung
ist zwar wegen der Erhaltung/Wiederherstellung der Integrität
der Darmschleimhaut durchaus wünschenswert, jedoch unter
bestimmten Bedingungen, wie stenosierenden Tumoren des Gastrointestinaltraktes
bzw. bei vorliegender Übelkeit, Erbrechen, Geschmacksveränderung,
Völlegefühl oder frühzeitigem Sättigungsgefühl
der Patienten nicht immer praktikabel. Die Erfahrung aus der Praxis
lehrt weiterhin, dass eine enterale Zusatzernährung aus
Gründen der Compliance der Patienten häufig nur über
kurze Zeiträume zu realisieren ist. In Übereinstimmung
damit zeigt eine Metaanalyse aus dem Bereich der enteralen Zusatzernährung
bei Morbus Crohn oft relativ hohe Abbruchraten, die u. a.
durch das Auftreten von Diarrhoen oder Appetitlosigkeit zu erklären
sind [30]. Zudem ist die enterale
Ernährung mit einer höheren Inzidenz einer inadäquaten
Nährungsaufnahme assoziiert [31].
So ist umgekehrt die parenterale Ernährung in dieser Situation
als Ergänzung zu der häufig nicht ausreichenden
normalen Ernährung bzw. einer enteralen Zusatzernährung
geeignet, den Bedarf an Kalorien und Nährstoffen sicherzustellen.
Zumindest im fortgeschrittenen Stadium der Tumorerkrankung, scheint
die parenterale Ernährung der enteralen überlegen,
da ein positiver Effekt sowohl am Körpergewicht wie der
Stickstoffbilanz sehr viel rascher eintritt [17].
|
kurzsgefasst: Vor- und Nachteile
einer enteralen oder
parenteralen Ernährung müssen sorgfältig
gegeneinander abgewogen werden. Im fortgeschrittenen Stadium der
Tumorerkrankung ist der parenteralen Ernährung der Vorzug
zu geben.
|
Prinzip der parenteralen Ernährung
Im katabolen Zustand ist die prozentuale Abnahme der Körperzellmasse
größer (36 %) als die Abnahme
des Körpergewichtes (15 %) [50], d. h. der Verlust
an Körpermasse bei alleiniger Messung des Körpergewichtes
wird unterschätzt [20].
Als klinisch bedeutsamster Parameter zur Beurteilung des Ernährungszustandes
eines Patienten gilt immer noch das Verhältnis zwischen Körpergewicht
und Körpergröße und die Veränderung
dieses Verhältnisses im Verlauf der letzten Wochen und
Monate. In allen klinischen Studien, speziell bei Tumorpatienten,
wird nach wie vor [35]
[51] eine Mangelernährung
als ein Verlust von mehr als 10 % des „optimalen” Gewichtes
definiert bei einem gleichzeitigen Serumalbuminspiegel unter 435 µmol/l
(30 g/l). Diese Berechnungsmethoden für
den Ernährungszustand sollten in Zukunft zu Gunsten des „Body
Mass Index” (BMI = Körpergewicht
in kg dividiert durch das Quadrat der Körpergröße)
verlassen werden [52]. Über
die genannten Beurteilungsparameter hinaus gilt auch die Bioimpedanzanalyse
als valides Verfahren zur Beurteilung des Ernährungsstatus [53]
. Diese Methode erlaubt die nicht-invasive
Bestimmung der unterschiedlichen Körperkompartimente. Sie
ist jedoch mit höheren Investitionskosten verbunden und
deshalb in Praxen nicht anzutreffen. Da Tumorerkrankungen häufig
von einer Tumorkachexie begleitet sind [5],
ist eine Verlaufsbeobachtung des Ernährungszustandes besonders
wichtig.
Der früher verwendete Ausdruck „intravenous
hyperalimentation” war missverständlich, da die
Therapie eine adäquate Ernährung und keine Überernährung
zum Ziel hat. Er wurde durch den Begriff „total parenteral
nutrition” ersetzt. Die wesentlichen Energieträger
einer parenteralen Ernährung sind Kohlenhydrate und Fette.
Während die älteren Studien früher ausschließlich hochprozentige
Kohlenhydrate als Energieträger verwendet und Fette nur
bei länger dauernder parenteraler Ernährung zur Vermeidung
eines Fettsäuremangels 1mal pro Woche statt Kohlenhydrate
verabreichten [54], besteht der Anteil
an Kohlenhydraten als Energieträger heutzutage aus ca.
60 - 70 % und der an Fetten
aus ca. 30 - 40 % [35]
[55] [56]
. In einer anderen Studie [57], allerdings an einer kleinen
Fallzahl bei nicht-onkologischen Intensivpatienten, wurde sogar
eine ausgeglichene Stickstoffbilanz bei einer Nicht-Protein-Energiezufuhr
von 75 % Fett und 25 %Glucose
sichergestellt. Kohlenhydrate bzw. Fette sollten zusammen mit Aminosäuren
(Eiweiß) in der Menge zugeführt werden, wie sie
zur Vermeidung oder zum Ausgleich einer negativen Stickstoffbilanz
und Aufrechterhaltung einer anabolen Stoffwechsellage erforderlich
ist. Eine optimale Nahrungszufuhr, die sich an der Stickstoffbilanz
orientiert, erfordert eine Kalorienzufuhr von 130 - 150 % des
Basalstoffwechsels enteral ernährter und von 175 % parenteral
ernährter Patienten [58].
Ist der Kalorienbedarf gedeckt, so hängt eine Gewichtszunahme
im Wesentlichen von der Eiweißzufuhr ab. Um eine volle
Ausnutzung des zugeführten Eiweißes zu gewährleisten,
ist es sinnvoll, die Energiequelle für diesen anabolen
Prozess, den Zucker, bzw. die Fette gleichzeitig im Nebenschluss
parenteral zuzuführen. Eine Gewichtszunahme tritt am zuverlässigsten
dann ein, wenn die Eiweißzufuhr 1,5 - 2,0 g/kg
pro Tag beträgt (Stickstoff × 6,25 = Eiweiß).
Ein optimales Verhältnis von Stickstoff zu Kalorie beträgt
1 g N: 150 - 200 kcal
(628 - 837 kJ), also etwa 2000 - 2500 kcal/d,
entsprechend 8374 - 10 467 kJ [5].
Am Beginn der Behandlung kachektischer Patienten steht die Rehydrierung,
die behutsam über etwa eine Woche durchgeführt
werden sollte. Das Blutvolumen, der onkotische Druck und die Serum-Eiweiß-Spiegel
können dadurch normalisiert werden. Unabhängig
davon tritt eine positive Stickstoffbilanz frühestens nach
Ablauf einer Woche auf. In dieser Zeit sieht man klinisch durch
die Verbesserung des onkotischen Druckes und Abnahme von Gewebsflüssigkeit
einen weiteren geringen Gewichtsverlust, dann eine Gewichtsstabilisierung
und schließlich eine wöchentliche Gewichtszunahme
von etwa 2 kg.
Insofern findet bei den drastisch rückläufigen
Liegezeiten der Patienten (z.Zt. 6 - 7
Tage) im Krankenhaus die in früheren Jahren bei den meisten
Chemotherapien routinemäßig durchgeführte
totale parenterale Ernährung in der Klinik kaum noch Anwendung.
Maßgeblich haben bei dieser Entwicklung auch die Versorgung
der Tumorpatienten in Tageskliniken dazu beigetragen. Umgekehrt
führt die Langzeit-Betreuung der Patienten zu Hause zu
einer neuen Indikation der „home parenteral nutrition” (HPN) [59]
. Der Wert einer HPN ist seit
langem bekannt [18], und es wurde
in randomisierter Weise gezeigt [60],
dass mit dieser Maßnahme bei Tumorpatienten im Endstadium
ohne spezifische Chemo- oder Strahlentherapie eine signifikante
Lebensverlängerung auftrat. Diese Beobachtung wurde kürzlich
in einer doppel-blind, randomisierten Studie bestätigt [61].
|
kurzgefasst: Die parenterale
Ernährung hat eine adäquate Ernährung
und keine Überernährung zum Ziel. Früher wurden
ausschließlich hochprozentige Kohlenhydrate als Energieträger
verwendet, heute besteht der Anteil an Kohlenhydraten 60-70% und
der an Fetten zu 30-40%.
|
Glucose
Physiologischerweise kommt es ohne Zufuhr von Kohlenhydraten
zum Abbau von Körpereiweiß, aus dessen glucoplastischen Aminosäuren
dann wieder Glucose gebildet wird. Dies ist ein sehr unökonomischer
Vorgang, da aus 100 g Aminosäuren nur 57 g
Zucker entstehen.
Der Bedarf glucoseabhängiger Gewebe an Zucker ist unter
normalen Bedingungen sehr unterschiedlich, ebenso dessen Metabolisierung.
Der Tagesbedarf des Zentralnervensystems liegt bei etwa 150 g
Glucose, die vollständig zu Kohlendioxid und Wasser verbrannt
wird. Erythrozyten, Granulozyten und das Knochenmark, Gewebe, welche
durch die zytostatische Therapie mitgeschädigt werden,
verbrauchen normalerweise etwa 25 - 30 g
Glucose, die anaerob bis zum Lactat abgebaut und dann im Cori-Zyklus
durch Leber und Niere wieder zu Glucose resynthetisiert wird. Zudem
benötigen Phagozyten für ihre Energiegewinnung
ausschließlich Glucose als Substrat [62].
Bei Tumorpatienten liegt offenbar ein gestörter Glucose-Metabolismus
vor: Es ist sowohl die Lactat-Produktion erhöht [63-65] als auch die Menge
an Lactat, die wieder zu Glucose synthetisiert wird [63]
[64] [66]
. Diese erhöhte Aktivität
des Cori-Zyklus, also die erhöhte Resynthese von Glucose
aus Lactat in der Leber, wird als ein wesentlicher Mechanismus für
den erhöhten Energieverbrauch bei Tumorpatienten angesehen [67]
[68]
.
Das Überwiegen der Lactatbildung verglichen mit der Oxidation
von Glucose erhöht die Gluconeogenese [69]. Der abnorm hohe Anteil am Recycling
von Glucose wird nicht nur bei kachektischen [65] [70]
, sondern auch bei gut genährten
Tumorpatienten gefunden [71]. So
gesehen wäre die exogene, parenterale Zufuhr von Glucose
eher ein unökonomischer Vorgang [17],
nichtsdestotrotz ist sie aber auch unter Verwendung hochprozentiger
Glucose in praxi sehr effektiv, selbst bei weit fortgeschrittenen
Malignomen hinsichtlich der Stickstoffbilanz und der Zunahme des
Körpergewichtes [72].
Die Verwendung von Glucose im Infusionsplan hat gegenüber Fructose
und in noch höherem Maße gegenüber Polyolen
den Vorteil, dass sie von sämtlichen Geweben umgesetzt
werden kann. Fructose sollte wegen der nicht seltenen Fructose-Intoleranz
keine Verwendung mehr finden. Um metabolische Komplikationen zu
vermeiden, hat es sich bei der Gabe hochprozentiger Glucose im Rahmen
der totalen parenteralen Ernährung (50 %,
1 l) als zweckmäßig erwiesen, die Infusionsdauer
auf mindestens 12, besser 24 Stunden festzulegen. Bei ausschließlicher Verwendung
von hypertoner Glucose (Glucose System) als Ernergieträger
verabfolgt man bei kachektischen Tumorpatienten im Rahmen der sog.
Hyperalimentation, die vor allem in den USA, Frankreich und England
angewendet wird, 0,5 g Glucose/kg pro Stunde über
den Infusomat. Dies ergibt bei einem 70 kg schweren Patienten
840 g Kohlenhydrat in 24 Stunden [73],
was ungefähr dem vierfachen basalen Kohlenhydratbedarf
entspricht. Da bei Stoffwechselgesunden bei Zufuhrraten von 1,5 g/kg
pro Stunde eine deutliche Glucosurie auftritt, sollten Zufuhrgrößen
von 1 g/kg pro Stunde nicht überschritten
werden [74]. Bei Diabetikern können
auch schon niedrigere Dosen zu Hyperglykämien führen
und somit die zusätzliche Gabe von Insulin notwendig machen.
In Abhängigkeit von einer eventuell auftretenden Glykosurie
sind Blutzuckerwerte bis 13,9 mmol/l (2,5 ng/dl)
ohne Insulingaben tolerabel. In diesem Zusammenhang soll darauf
hingewiesen werden, dass bei Tumorpatienten nicht selten eine Insulin-Resistenz
beobachtet wird [65]
[69]
[75],
die schon frühzeitig im Verlauf der Erkrankung auftreten
kann [76]. Bei Einsatz von „halb” Glucose
und „halb” Fettemulsion (Fettsäure System)
sollte eine maximale Infusionsgeschwindigkeit von 0,25 g
Glucose/kg pro Stunde eingehalten und maximal 5 - 6 g/kg
und Tag bzw. ca. 400 g Glucose infundiert werden.
Gefahren einer parenteral verabfolgten, hochprozentigen Zuckerlösung
sind die Hyperglykämie mit Glucosurie und osmotischer Diurese
bis hin zum hyperglykämischen, nicht-ketotischen Koma,
Hypokaliämie durch die Einschleusung der Glucose in die
Zelle und Abfall des anorganischen Serum-Phosphors [77]. Letzteres führt zu
einer Verminderung des intraerythrozytären Gehaltes an
ATP und 2,3-Diphosphoglycerat, was eine Verschiebung der O2 -Dissoziationskurve
und somit eine erschwerte O2 -Abgabe an die Gewebe zur
Folge hat. Ein niedriges anorganisches Serum-Phosphor bedingt aber
auch einen Abfall von ATP in den Granulozyten mit einer starken
Abnahme chemotaktischer und phagozytärer Eigenschaften [78]. Hierin scheint eine Erklärung
für die schwere Beeinflussbarkeit von Sepsisfällen
bei Patienten unter hochkalorischer, parenteraler Ernährung
zu liegen.
Fettsäuren
Früher wurden im Rahmen der totalen parenteralen Ernährung bei
Tumorpatienten als Energiequelle fast ausschließlich hochprozentige
Kohlehydrate verwendet [54]; Lipid-Infusionen
waren nur angezeigt, wenn es darum ging, einen Mangel an essentiellen
Fettsäuren und den damit verbundenen klinischen Symptomen
bei länger dauernder parenteraler Ernährung zu
vermeiden [79], oder wenn die Kalorienzufuhr
durch Glucose allein nicht gedeckt werden konnte. Dieses Vorgehen
wurde auch damit begründet, dass Fettsäuren per
se die Stickstoffbilanz nicht verbessern könnten.
Später wurde dann bei postoperativen Patienten prospektiv
und in randomisierter Weise gezeigt [80],
dass 30 % der isokalorischen Kohlehydrat-Kalorien
problemlos durch Fette ersetzt werden können und dabei
keine signifikanten Unterschiede im Eiweißstoffwechsel
auftraten: ob nun die totale parenterale Ernährung aus
25 % Glucose und 4,25 % Aminosäuren
oder aus 15 % Glucose, Fettsäuren und
5 % Aminosäuren bestanden, die Stickstoffbilanz, das
Gewicht und der Albumin-Spiegel im Serum besserten sich in beiden
Gruppen gleichermaßen. Ein weiterer Vorteil dabei war,
dass die zuvor erwähnten metabolischen Komplikationen bei
ausschließlicher Verwendung von Glucose nicht mehr auftraten.
Auch unter Verwendung einer länger dauernden totalen parenteralen
Ernährung von polytraumatisierten und/oder septischen
Patienten wurde beobachtet [81],
dass sowohl bei ausschließlicher Verwendung von hypertonen
Glucose-Infusionen (Glucose System) als auch bei Verwendung von „halb” Glucose und „halb” Fettemulsion
(Fettsäure System) die Stickstoffbilanz positiv wurde und
in beiden Gruppen nicht unterschiedlich war. Ein zusätzlicher
Nutzen bei reduzierter Zufuhr von Glucose und gleichzeitig erhöhtem
Fettanteil zur Deckung des Energiebedarfs besteht in einer Verkürzung
der erforderlichen Infusionsdauer, da die Glucose quantitativ den
größten Anteil aller Nährsubstrate ausmacht
und dadurch die Mindestinfusionsdauer bestimmt wird. Dies ist vor
allem für die heimparenterale Ernährung von Bedeutung.
Die ideale Energiequelle für den Aminosäure-/Eiweißstoffwechsel
im Rahmen der totalen parenteralen Ernährung (Glucose vs
Fettsäure System) bei kritisch kranken Patienten bleibt
jedoch kontrovers [82].
Die Dosierung der parenteral verabreichten Triglyceride bei Verwendung
des Fettsäure-Systems sollte im Bereich von 1 - 1,5 g/kg
und Tag liegen. Als maximale Infusionsgeschwindigkeit ist eine Dosis
von 0,15 g/kg und Stunde wünschenswert,
wobei zur Sicherstellung der besseren Verträglichkeit mit
halber Rate eingeschlichen werden kann. Schließlich ist
bei der Bemessung der Fettdosis auch der Triglycerid-Spiegel im
Serum zu berücksichtigen, der 400 mg/dl
nicht überschreiten sollte.
Bei Tumorpatienten sollte der veränderte Lipidstoffwechsel
im Rahmen der parenteralen Ernährung berücksichtigt
werden. Statt einer erhöhten Lipolyse scheint eher eine
reduzierte Lipogenese bei Tumorpatienten typisch zu sein [83]. Vor Einsetzen einer Tumorkachexie
ist die Lipolyse nicht verändert [69] [84]
. Beim Vorliegen einer Unterernährung
ist sie hingegen deutlich erhöht und übersteigt
die Rate der Fettmobilisation. Es wurde berichtet [85], dass die exogene Zufuhr von
Glucose die Fettsäure-Oxidation bei Tumorpatienten weniger
als bei Gesunden unterdrückt. Während der parenteralen
Ernährung unter Einschluss von Fettemulsionen ist bei gewichtsstabilen
Tumorpatienten die Oxidation von Fettsäuren normal [84].
Wichtig bei der Wahl einer Fettemulsion ist ihr Gehalt an mittel-
und langkettigen Fettsäuren: Zahlreiche Studien bei postoperativen
Patienten [86-89], allerdings
mit kleinen Fallzahlen, haben gezeigt, dass eine 20 % Fettemulsion
mit 50 % mittelkettigen und 50 % langkettigen
Fettsäuren eine deutlich bessere Stickstoffbilanz zeigten
als Fettlösungen mit ausschließlich langkettigen
Fettsäuren. Ensprechend erfolgte eine Gewichtszunahme schneller.
Daraus wurde geschlossen, dass mittelkettige Fettsäuren
rasch hydrolisiert, zu Fettsäuren und Ketonkörpern oxidiert
und dann verwertet werden können. Die Ketogenese und somit
auch die Ketone im Plasma waren deutlich erhöht, die Respiration
wurde nicht beeinflusst. Wegen der bei mittelkettigen Triglyceriden
auftretenden Ketonämie und Ketonurie sowie Acetatämie
sollten Lipidinfusionen bei latenten oder manifesten Acidosen gänzlich
unterbleiben. Vorsicht ist ebenso bei einer Sepsis geboten, da Fette
mit der Mikrozirkulation und der Aktivität der Mitochondrien
interferieren und somit die Schockbereitschaft erhöhen
können [90]. ω-3-Fettsäuren
hingegen führen zu einer Verbesserung der Mikrozirkulation
und Normalisierung des pulmonalvaskulären Widerstandes
in der Schocklunge, zu einer Erhaltung der Splanchnikus-Durchblutung
bei Sepsis und zu einer Abschwächung des Schadens nach
Ischämie und Reperfusion [91].
Einige Autoren [92]
[93] beobachteten bei Tumorpatienten
eine deutliche Abschwächung der Tumorkachexie durch Anreicherung
von ω-3-Fettsäuren in der parenteralen Ernährung.
Es wurde weiterhin beschrieben [94],
dass der Gehalt an ω-3-Fettsäuren im Fettgewebe
bei lokal fortgeschrittenem Mammakarzinom ein unabhängiger
Prognosefaktor ist und mit dem Ansprechen auf die Chemotherapie
korreliert. Durch die Verbesserung der Mikrozirkulation in soliden
Tumoren wird zudem die Radiosensitivität signifikant verbessert [95]
.
Aminosäuren
Ziel einer optimalen Infusionstherapie mit Aminosäuren
ist vor allem der Ausgleich der negativen Stickstoffbilanz, also
die Überführung aus einem katabolen in einen anabolen
Zustand, und zusätzlich der Ausgleich eventuell vorhandener
Imbalanzen im Aminosäuremuster.
Das physiologische Substrat für die parenterale Eiweißernährung
sind ausschließlich adäquat zusammengesetzte Lösungen aus
freien L-Aminosäuren. Sie müssen die acht klassischen
essentiellen Aminosäuren, die drei „neuen” (Arginin,
Histidin und Prolin) sowie mindestens drei nicht-essentielle Aminosäuren unter
Berücksichtigung von L-Glutaminsäure und L-Alanin
enthalten. Glutamin, eine nicht-essentielle Aminosäure
wird im katabol kranken Patienten essentiell. Sie verhindert eine
Atrophie des Dünndarmepithels und verbessert die immunologische
Abwehrsituation durch einen positiven Effekt auf die Regeneration von
neutrophilen Granulozyten [28]. Klinisch
wurde in einer Metaanalyse der Cochrane Collaboration gezeigt [29], dass Patienten nach KMT dann
eine geringere Inzidenz positiver Blutkulturen, eine kürzere
Krankenhausliegedauer und durch eine Verbesserung der digestiven
und resorptiven Gegebenheiten seltener ein gastrointestinales Versagen
zeigten, wenn Glutamin der parenteralen Ernährung zugesetzt
wurde. Im Allgemeinen wird durch parenterale Zufuhr derartiger Aminosäurelösungen
die tägliche Proteinzufuhr von etwa 1 g/kg
gewährleistet. Enthalten sie jedoch zu geringe Mengen an
Methionin, so kommt es zu signifikant erniedrigten intra- und extrazellulären
Methionin-Konzentrationen und trotz allem ungünstiger Stickstoffbilanz [96]
.
Tab. 1 Rechenbeispiel
für die Erstellung einer individuellen Rezeptur zur totalen
parenteralen Ernährung (TPN).
Beispiel:
50-jähriger
Mann, 170cm, 70kg, Flüssigkeitsbedarf=35ml/kg×d=2450ml/d, Kalorienbedarf
ca. 2500kcal/d
|
1. Aminosäuren:
|
Bedarf:
|
1,5 g/kg×d
|
Berechnung:
|
1,5g/kg/d×70
kg=105 g/d=100 g/d (z.B.
Aminosäuren 10% E 1000 ml)
|
AS-kcal:
|
4,2kcal/g×100g/d=420kcal/d
|
2. Verteilung auf Kohlenhydrate und
Fett
|
KH-kcal: Fett
kcal=60:40
|
KH-kcal=0,6
x 1894kcal/d=1136kcal/d
|
Fett-kcal=0,4
x 1894kcal/d=758kcal/d
|
3. Kohlenhydrate:
|
Bedarf:
|
1136kcal/d
(:3,75kcal/g)=303g/d ˜ 300 g/d
(z.B. Glukose 40% 750 ml)
|
Limit:
|
< 5 g/kg/d
(hier: 4,3 g/kg/d)
|
4. Fette:
|
Bedarf:
|
758kcal/d (9,5kcal/g)=79,7 g/d ˜
80 g/d (z.B. Fettemulsion 20% 400 ml)
|
Limit:
|
< 2 g/kg/d
(hier: 1,14 g/kg/d)
|
5. Flüssigkeit:
|
Bedarf:
|
35ml/kg/d x
70 kg=2450ml/d
|
Substrate
|
Aminosäuren 10% 1000ml,
Glukose 40% 750ml, Fettemulsion 20% 400ml
|
Summe
|
2150ml
|
Zusätzlicher Bedarf: NaCI 0,9%
|
300 ml*
|
*Der
zusätzliche Flüssigkeitsbedarf (vorzugsweise NaCI
0,9 % aus Kompatibilitätsgründen)
verringert sich durch die Zusatzstoffe, durch die etwa 200 ml
Flüssigkeit zugeführt werden
|
Entsprechend dem erhöhten Eiweißumsatz von
Tumoren und den dadurch bedingten hohen täglichen Eiweißverlusten [17]
ist der Bedarf an Aminosäuren,
die täglich gleichzeitig mit einem Energielieferant zugeführt
werden müssen, hoch.
Metabolische Komplikationen durch parenteral verabfolgte Aminosäuren
sind selten. Werden große Mengen von Aminosäuren-Hydrochloriden
zugeführt, kann es zu einer hyperchlorämischen
metabolischen Acidose kommen, die mit Kalium- oder Natriumacetat
behoben werden kann. Enthalten die Aminosäurelösungen
unzureichende Mengen von Arginin oder verhältnismäßig
zuviel Glycin, können besonders bei Patienten mit Leberstörungen,
Hyperammonämien hervorgerufen werden [97].
Verschiedene Zusätze
Besonders bei Verwendung von elektrolytfreien Aminosäuren-, Kohlenhydraten
und Lipidlösungen sollte an eine ausreichende Substitution
mit Elektrolyten, Vitaminen und Spurenelementen gedacht werden.
Vorausgesetzt, dass kein Mangelzustand vorliegt, benötigt
der ausschließlich parenteral ernährte Patient pro
kg Körpergewicht und Tag mindestens 1 - 2
mmol Natrium, 0,7 - 0,9 mmol Kalium,
0,1 mmol Calcium, 0,2 mmol Phosphor, 0,5 mg Ascorbinsäure,
0,02 mg Thiamin, 0,2 mg Nicotinamid, 0,03 mg
Pyridoxin. Die Vitamine werden am besten in Form eines Multivitaminpräparates
einmal täglich einer Glucose-Infusion beigefügt.
Eisen (0,3 µmol/kg) und Folsäure (3 µg/kg)
sollten einmal wöchentlich, Vitamin B12 sollte
alle 14 Tage substituiert werden.
Die Tab. [1-4] geben
Empfehlungen für die parenterale Ernährung.
Tab 2 Empfehlungen
für die tägliche Elektrolytzufuhr.
Natrium
|
1-2 mmol/kg×d
|
Kalium
|
0,5-1,0 mmol/kg×d
|
Calcium
|
0,1-0,3 mmol/kg×d
|
Magnesium
|
0,1-0,2 mmol/kg×d
|
Phosphat
|
0,2-0,5 mmol/kg×d
|
Tab. 3 Vitaminpräparate
für die parenterale Ernährung.
Vitamin
|
FrekaVit® wasserl.
Fresenius Kabi
|
Soluvit® N
Baxter
|
Cernevit®
Baxter
|
Multibionta ® N
Merck
|
Zufuhr-
empfehlungen pro Tag *
|
B1 (mg)
|
3
|
2,5
|
3,51
|
10
|
3 - 4
|
B2 (mg)
|
3,6
|
3,6
|
4,14
|
7,3
|
3 - 5
|
B6 (mg)
|
4
|
4
|
4,53
|
12,35
|
4 - 6
|
Nicotinamid (mg)
|
40
|
40
|
46
|
40
|
40 - 50
|
Pantothensäure (mg)
|
15
|
15
|
16,15
|
25
|
10 - 20
|
Ascorbinsäure (mg)
|
100
|
100
|
125
|
100
|
100 - 300
|
Biotin (mg)
|
60
|
60
|
69
|
--
|
60 - 120
|
Folsäure (mg)
|
400
|
400
|
414
|
-
|
160 - 400
|
B12 (mg)
|
5
|
5
|
6
|
-
|
1 mg in 3 Monaten
|
|
FrekaVit® fettl.
Fresenius Kabi
|
Vitalipid® Adult
Baxter
|
|
|
|
A
(Retinolpalmitat) (mg)
|
1,941
|
1,941
|
2,06
|
1,65
|
1,8
|
D (mg)
|
5
|
5
|
5,5
|
-
|
5
|
E
(∝-Tocopherol-Äquivalent)
(mg)
|
10
|
9,1
|
10,2
|
5
|
20 - 40
|
K (mg)
|
0,15
|
0,15
|
-
|
-
|
0,1 - 0,15
|
* nach
der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Ernährung
Infusionstherapie 17: 60 - 61, 1 991
|
Tab. 4 Empfehlungen
für die tägliche Zufuhr von Spurenelementen bei
TPN.
Spurenelemente
(µmol)
|
Tracitrans® plus
Fresenius Kabi
|
Tracutil®
Braun
|
Addel® N
Baxter
|
Inzolen® HK
Köhler
Pharma
|
Zufuhrempfehlungen pro Tag *
|
Zink
|
100
|
50
|
100
|
48
|
21 - 75
|
Kupfer
|
20
|
12
|
20
|
28
|
7 - 23
|
Eisen
|
20
|
35
|
20
|
-
|
10 - 75
|
Mangan
|
5
|
10
|
5
|
8
|
3 - 14
|
Molybdän
|
0,2
|
0,1
|
0,2
|
-
|
0,2
|
Chrom
|
0,2
|
0,2
|
0,2
|
-
|
0,2 - 0,3
|
Selen
|
0,4
|
0,3
|
0,4
|
-
|
0,25 - 0,8
|
Jod
|
1,0
|
1,0
|
1,0
|
-
|
0,8 - 1,2
|
Fluorid
|
50
|
30
|
50
|
-
|
49
|
Vermeidung von Komplikationen bei der parenteralen Ernährung
Zwei Hauptkomplikationen müssen bei der parenteralen
Ernährung berücksichtigt werden: Katheterinfektion
mit und ohne Sepsis und metabolische Komplikationen. Auf letztere
wurde bei der Besprechung der einzelnen Substanzen bereits eingegangen.
Ergänzend sollte dazu die Kreislaufbelastung durch ein Überangebot
von Flüssigkeit bei herz- und niereninsuffizienten Patienten
erwähnt werden. Der zuverlässigste Weg, metabolische
Komplikationen aller Art zu vermeiden, ist die Aufrechterhaltung
einer permanenten Zufuhr der Infusionslösungen über 12,
besser 24 Stunden. Bei der heimparenteralen Ernährung ist aus
Gründen der Praktibilität eine 12-stündige
Infusionsdauer vorzuziehen. Die gefürchtetste Komplikation
ist die Kathetersepsis. Die Kontamination von Lösungen
steigt mit dem Quadrat der Zahl der Zusätze und (oder)
der Liegedauer der Katheter. Einschränkend muss jedoch
gesagt werden, dass dies großen Schwankungen unterliegt
und ganz vom Können und der Disziplin des Krankenpersonals
bei den notwendigen, absolut aseptisch durchzuführenden
Manipulationen am zentralen Zugang abhängt. Damit gewinnt
die Einhaltung unter hygienischen Gesichtspunkten geprüfter
und standardisierter Vorgehensweisen in Form von sog. Pflegestandards
eine zentrale Bedeutung bei der parenteralen Ernährung.
Dies ist insbesondere im Rahmen der heimparenteralen Ernährung
eine wichtige Voraussetzung. Zudem zeigen zwei große Untersuchungen [48]
[98]
,
dass selbst bei langdauernder totaler parenteraler Ernährung
im Rahmen der häuslichen Betreuung von Tumorpatienten die
Komplikationsrate durch Katheterinfektionen über einen
Zeitraum von 12 Jahren signifikant gesenkt werden konnte und auch
andere, etwa metabolische Komplikationen, die einen stationären
Aufenthalt der Patienten nötig machten, gering waren. Die
zuvor erwähnten Vorteile dieser unterstützenden
Maßnahme überwiegen unserer Meinung nach bei weitem.
Einschränkend soll jedoch erwähnt werden, dass
die American Association of Gastroenterology (AGA) aufgrund ihrer
Metaanalyse keine generelle Empfehlung für eine routinemäßige
Anwendung einer parenteralen Ernährung unter Chemo- oder
Radiotherapie abgibt, da die Komplikationsrate, speziell infektiöser
Art in allen dort analysierten Studien zu hoch ist [32]
[36].
Sie hebt aber abschließend deutlich hervor [32], dass die analysierten randomisierten
Studien nicht von hoher Qualität waren und in sämtlichen
Studien, die in die Metaanalyse eingingen, kachektische Tumorpatienten
ausgeschlossen waren [36]. Daher
würden die dort getroffenen Aussagen und Empfehlungen möglicherweise
die Vorteile der parenteralen Ernährung unterschätzen.
|
kurzgefasst: Die beiden Hauptkomplikationen
bei der
parenteralen Ernährung sind die Katheterinfektionen mit
und ohne Sepsis sowie metabolische Komplikationen. Bei der Verwendung
des Glucosesystems ist dies
die Glucosurie und Hyperglykämie, bei Verwendung des Fettsäuresystems
die Ketonämie und Ketonurie sowie die Acetatämie.
|
Autorenerklärung: Der Autor
erklärt, dass er keine finanziellen Verbindungen zu einer
Firma hat, deren Produkt in dem Artikel eine wichtige Rolle spielt
(oder zu einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt).
Literatur im Internet unter www.thieme-connect.de
(98 Zitate, 1977-2002)