Aktuelle Dermatologie 2002; 28(11): 406-409
DOI: 10.1055/s-2002-36134
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Einmalbehandlung des Kopflausbefalls (Pediculosis capitis) mit 0,5 % Permethrin

Effektivität einer 0,5 %igen alkoholischen PermethrinlösungOne Time Treatment of Head Lice (Pediculosis capitis) with 0,5 % PermethrinEfficacy of a 0,5 % Alcoholic Permethrin SolutionU.-F.  Haustein1 , Christine  Rogalski1 , U.  Paasch1
  • 1Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie der Universität Leipzig
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Prof. Dr. med. U.-F. Haustein

Klinik für Hautkrankheiten · Universität Leipzig

Liebigstraße 21 · 04103 Leipzig

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Publication Date:
13 December 2002 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Permethrin wird in der Behandlung des Kopflausbefalls weltweit eingesetzt. Dabei kommen verschiedene Formulierungen (Creme, Shampoo, Lösung) zum Einsatz, häufig mit einer Permethrin-Konzentration von 1 %. In zahlreichen Studien erwies sich diese als ausgezeichnet wirksam, so dass solche Präparate international als Mittel der Wahl angesehen werden. Überprüft werden sollte deshalb, ob eine alternative Formulierung mit 0,5 % Permethrin gleich wirksam ist. In der vorliegenden multizentrischen, offenen Studie wurden 67 Patienten mit der Diagnose Kopflausbefall (Pediculosis capitis) mit einer alkoholischen 0,5 %igen Permethrin-Lösung behandelt. 1 Tag nach der Behandlung waren 63 (94 %) frei von lebenden Läusen. Nach 8 Tagen waren 61 Patienten (91 %) lausfrei. 66 von 67 Patienten (99 %) beurteilten die Verträglichkeit als gut oder sehr gut. Die 0,5 %ige alkoholische Lösung erwies sich gegenüber der international üblichen 1 %igen Permethrin-Formulierung als gleichwertig.

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Abstract

Permethrin is used for the treatment of head-lice world-wide. Different formulations (creme, shampoo, solution) are used, in most cases with a 1 % concentration of permethrin. As many trials showed this concentration to be perfectly effective, these formulations are considered to be the international state of the art. What had to checked was, if a 0.5 % formulation of permethrine would be equally effective. In this multi-centred, open trial 67 patients with the diagnosis of pediculosis capitis were treated with a 0.5 % permethrine-solution. 1 day after treatment 63 (94 %) were free from living lice. After 8 days 61 (91 %) patients were free from lice. 66 of 67 (99 %) considered the compliance to be good resp. very good. The 0.5 % alcoholic solution has proved to be equally effective compared to the ordinary 1 % solution of permethrine.

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Einleitung

Kopflausbefall (Pediculosis capitis) stellt nach wie vor ein massives Problem dar, besonders im Kleinkind- und Schulalter. Statistische Daten lassen sogar einen Anstieg vermuten [1]. Zur Behandlung stehen hierzulande Lindan und verschiedene Pyrethroid-/Pyrethrum-Präparate zur Verfügung. Lindan, ein chlorierter Kohlenwasserstoff, wird aufgrund seiner potenziellen Neurotoxizität und der Umweltpersistenz [2] nicht mehr als Mittel der ersten Wahl angesehen. Natürliches Pyrethrum ist nur mäßig wirksam, weshalb es mit verschiedenen Hilfsstoffen kombiniert werden muss [2] [3] [4]. Kombinationspräparate sind aber aufgrund der Arzneimittelinteraktions-Risiken und höherem Allergisierungspotenzial [5] nach Möglichkeit zu vermeiden. Ebenso wie Lindan [4] besitzt Pyrethrum keine ausreichende ovizide Wirkung [2] [6] [7]. Eine Zweitbehandlung ist generell notwendig [8] [9] [10].

Unter den synthetischen Analoga des Pyrethrums, den Pyrethroiden, nimmt das Permethrin aufgrund seiner Eigenschaften eine Sonderstellung ein. Es verbindet hohe insektizide Wirkung mit minimaler Säugetiertoxizität (40-mal weniger toxisch als Lindan, etwa 6-mal weniger toxisch als Pyrethrin I und II, die Hauptbestandteile des Pyrethrum-Extraktes [5]). Permethrin ist licht- und sauerstoffstabil und ermöglicht eine Imprägnierung des Haares mit einer gewissen Langzeitwirkung. Eine einmalige Anwendung reicht deshalb aus.

Zahlreiche internationale Studien belegen Heilungsraten von über 90 % nach einmaliger Anwendung von Permethrin (Taplin et al.: 97 % [11], Di Napoli et al.: 96 % [3], Pyrethrum-Extrakt 62 %, Carson et al. [12]). Weitere Daten aus der internationalen Literatur geben vergleichbare Werte an [12] [13] [14]. Systematische Auswertungen aller Studien erbrachten einheitlich eine überlegene Wirkung für die untersuchten Permethrin-Präparate [9] [15].

International werden 1 %ige wässrige Formulierungen (Shampoo) von Permethrin verwendet. Bessere Effektivität als wässrige besitzen jedoch alkoholische Formulierungen, da der Wirkstoff nicht durch Wasser verdünnt, sondern durch Verdunsten des Lösungsmittels angereichert wird [16] [17]. Ziel der Studie war deshalb die Überprüfung der Wirksamkeit einer 0,5 %igen alkoholischen Permethrin-Formulierung.

Studienfrage: Ist die 0,5 %ige alkoholische Permethrin-Lösung der 1 %igen wässrigen Formulierung gleichwertig?

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Patienten und Methoden

Die offene Studie wurde koordiniert von der Universitäts-Hautklinik Leipzig und in 8 Arztpraxen sowie zwei Kliniken durchgeführt. Eingeschlossen wurden 67 Patienten mit der Diagnose Kopflausbefall (Pediculosis capitis). Das gewählte Studiendesign (multizentrisch, offen) ohne Vergleichsgruppe wurde wegen des eindeutigen Hauptzielkriteriums (Abwesenheit lebender Läuse) gewählt und mit den Behörden abgestimmt. Ausschlusskriterien waren Schwangerschaft, Stillzeit, Alter < 6 Jahre, interagierende Begleitmedikation sowie eine Überempfindlichkeit gegen Pyrethrine, Pyrethroide bzw. Duftstoffe der Permethrinlösung. Das primäre Prüfziel bestand in der Freiheit von lebenden Läusen. Es wurde eine 0,5 %ige alkoholische Permethrin-Lösung (InfectoPedicul Lösung) verwendet, die Permethrin in einem cis:trans-Verhältnis von 25 : 75 enthielt. Nach vorheriger Haarwäsche mit einem definierten Waschmittel wurde die Lösung in das leicht frottierte, noch feuchte Haar gleichmäßig und intensiv einmassiert und nach 30 min mit Leitungswasser ausgespült.

Eine spezifische Begleittherapie mit Wirkung auf die Ektoparasiten war während der Dauer der Studienteilnahme nicht erlaubt. Zulässig war jedoch eine Lokaltherapie der Sekundärinfektion bzw. eine systemische Antihistaminikagabe.

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Studienablauf

Nach Diagnosestellung einer Pediculosis capitis (Nachweis lebender Läuse und Nymphen bzw. entwicklungsfähiger Nissen) durch den entsprechenden Prüfarzt wurde festgestellt, ob die Einschlusskriterien erfüllt waren. Nach schriftlicher Einverständniserklärung (eines Erziehungsberechtigten bei Minderjährigen) wurde der Patient in die Studie eingeschlossen. Dann wurde die Studienmedikation ausgegeben und die Termine für die Kontrolluntersuchungen (Tag 1, 8 und 15 der Nachbeobachtungszeit) festgelegt. Dabei wurden:

  • die mit dem Lausbefall assoziierten Beschwerden dokumentiert;

  • die Wirksamkeit anhand des Parasitenbefundes durch den Arzt beurteilt;

  • eine Einschätzung der Compliance vorgenommen (nur am 1. und 8. Tag);

  • Gründe für eventuellen Abbruch der Teilnahme evaluiert;

  • auf eventuelle Therapieversager geprüft und bei Bedarf eine Zweitbehandlung durchgeführt (nur am 8. Tag).

An den Kontrollterminen 1 - 3 wurde die Wirksamkeit vom Arzt anhand der Häufigkeit lebender Läuse und des Vorhandenseins lebender Nymphen bzw. entwicklungsfähiger Nissen beurteilt. Bei Kontrolltermin 2 (8. Tag) hatte ein fortbestehender Befall eine Zweitbehandlung zur Folge.

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Ergebnisse

Von 67 in die Studie aufgenommen Patienten mit der Diagnose Pediculosis capitis wurden 59 mit prüfplankonformer Therapie ausgewertet. Von den 67 Patienten waren 50 (74,6 %) weiblich (Tab. [1]). Bei Aufnahme wiesen 64 Patienten lebende Läuse auf, 52 Nymphen und 62 entwicklungsfähige Nissen (Mehrfachnennungen möglich) (Tab. [2]) Die Ausschlussgründe wurden in Tab. [3] aufgeführt. Am Tag 1 nach der Behandlung waren 63 (94,0 %) frei von lebenden Läusen, am Tag 8 waren es 61 (91 %). Frei von Juckreiz waren am Tag 1 64 (95,5 %) der Patienten (Tab. [4]).

66 von 67 (99 %) behandelten Patienten beurteilten die Verträglichkeit der geprüften Permethrinlösung als gut oder sehr gut. Insgesamt wurden 8 unerwünschte Ereignisse bei 6 Patienten dokumentiert. Die Unverträglichkeiten äußerten sich in 4 (6 %) Fällen als vorübergehendes lokales Brennen unterschiedlicher Ausprägung, einmal als vorübergehender lokaler Juckreiz und bei einem Patienten nach der Zweitbehandlung in Form von vorübergehenden Kopfschmerzen, Übelkeit und einmaligem Erbrechen.

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Diskussion

Die in den Studien mit 1 %igem Permethrin gefundenen Vorgaben sind hoch: Heilungsraten nahe 100 % werden erreicht. Obgleich die Toxizität von Permethrin minimal ist, ist es aus grundsätzlichen Erwägungen dennoch wünschenswert, die für eine Behandlung notwendige Menge zu minimieren. Die vorliegende Studie zur Behandlung des Kopflausbefalls in einer deutschen Population konnte zeigen, dass die Wirksamkeit und Verträglichkeit einer 0,5 %igen Permethrinlösung der 1 %igen Permethrin-Haarwäsche äquivalent ist. Auch mit dieser Konzentration lässt sich nicht nur eine hohe sofortige Wirksamkeit mit 93 % Freiheit von lebenden Läusen erzielen, auch die ovizide Wirkung wird durch die 90 %ige Lausfreiheit am 8. Tag unterstrichen (Tab. [5]).

Nur sehr wenige, geringgradige Nebenwirkungen traten bei 6 Patienten auf. Die gute Verträglichkeit liegt im Bereich der bei früheren Untersuchungen erhobenen Raten.

Die jetzt gefundenen Ergebnisse bestätigen frühere Untersuchungen mit einer 0,5 % alkoholischen Permethrin-Lösung in unserer Hautklinik an 150 Patienten mit Pediculosis capitis. Diese hatten eine Heilung in 98 % der Fälle ergeben [1].

Beide Untersuchungen zeigen, dass die Beobachtungen, die mit 1 %igen Permethrin-Formulierungen gemacht wurden, auf 0,5 %ige Lösungen übertragen werden können.

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Fazit

Die in zahlreichen internationalen Studien gefundene exzellente Relation von Wirksamkeit und Sicherheit für Permethrin gilt auch für die hierzulande erhältliche 0,5 %ige Lösung. Die Wertung von Permethrin als Mittel der Wahl zur Bekämpfung des Kopflausbefalls kann auch für Deutschland übernommen werden.

Tab. 1 Geschlecht und Alter der Patienten
Alter (Jahre)männlich (%)weiblich (%)gesamt (%)
1 - 108 (11,9)31 (46,3)39 (58,2)
11 - 203 (4,5)10 (14,9)13 (19,4)
21 - 301 (1,5)0 (0,0)1 (1,5)
31 - 402 (3,0)6 (9,0)8 (11,9)
41 - 502 (3,0)1 (1,5)3 (4,5)
51 - 601 (1,5)1 (1,5)2 (3,0)
61 - 700 (0,0)1 (1,5)1 (1,5)
gesamt17 (25,4)50 (74,6)67 (100)
Tab. 2 Präsenz bzw. Häufigkeit lebender bzw. entwicklungsfähiger Kopflausstadien zum Zeitpunkt der Aufnahmeuntersuchung
EntwicklungsstadienMengeAnzahl Patienten (%)
Läusekeine
1 - 10
11 - 50
> 50
3 (4)
42 (63)
17 (25)
5 (8)
Nymphenja
nein
52 (78)
15 (22)
Nissenja
nein
62 (93)
5 (7)
Tab. 3 Gründe für Ausschluss von der Auswertung
AusschlussgrundAnzahl
schlechte Compliance3
unerlaubte Begleitmedikation2
keine Läuse bei Aufnahme vorhanden3
gesamt8
auswertbares Kollektiv59
Tab. 4 Häufigkeit lebender Läuse (Aufnahme und Tag 1) des Gesamtkollektivs
lebende LäuseAufnahme (%)Tag 1 (%)
keine3 (4)63 (94)
1 - 1042 (63)4 (6)
11 - 5017 (25)0
> 503 (5)0
Tab. 5 Therapieverlauf: Häufigkeit lebender Läuse bei Aufnahme, an Tag 1, Tag 8 und Tag 15 der protokollkonformen Therapieverläufe (n = 59)
lebende LäuseAufnahme (%)Tag 1 (%)Tag 8 (%)Tag 15 (%)
keine055 (93)53 (90)58 (98)
1 - 1040 (68)4 (7)4 (7)1 (2)
11 - 5016 (27)02 (3)0
> 503 (5)000
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Literatur

  • 1 Haustein U F. Pyrethrine und Pyrethroide (Permethrin) bei der Behandlung von Skabies und Pediculosis.  Hautarzt. 1991;  42 9-15
  • 2 Maier W. Kopfläuse (Pediculus capitis, Anoplura: Peduculidae) in Deutschland - ein Problem?.  Mitt Dtsch Ges Allg Angew Ent. 2000;  12 193-195
  • 3 Di Napoli J B, Austin R D, Englender S J, Gomez M P. et al . Eradication of head lice with a single treatment.  Am J Pub Hlth. 1988;  78 978-980
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Prof. Dr. med. U.-F. Haustein

Klinik für Hautkrankheiten · Universität Leipzig

Liebigstraße 21 · 04103 Leipzig