PPH 2002; 8(6): 299
DOI: 10.1055/s-2002-36147
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Für Gerd Krause zum Abschied von Psych. Pflege Heute

Hilde  Schädle-Deininger1
  • 1
Further Information

Publication History

Publication Date:
13 December 2002 (online)

Mit Gerd Krause, der sich zum Jahresende aus dem Kreis der Herausgeber von Psych. Pflege Heute verabschiedet, weil er im Hinblick auf sein Ausscheiden aus dem beruflichen Kontext seine Verpflichtungen nun rechtzeitig reduzieren will, verbinde ich philosophisches Denken, Träume und Menschlichkeit. Er hat von Beginn der Zeitschrift an aktiv mitgearbeitet und viele Gedanken in die gemeinsame Entwicklung eingebracht. Psych. Pflege Heute ist auch dank seines Einsatzes am Ende des achten Erscheinungsjahres angekommen. Ich möchte an dieser Stelle Gerd Krause sehr herzlich danken für die Anregungen, die geleistete Arbeit in der Etablierung von Psych. Pflege Heute, und ihm für seine Zukunft alles Gute wünschen, vor allem dass er sich sein Forschen nach dem Guten und Richtigen und seine Utopien bewahren kann.

Die nachfolgenden Fragmente sollen einige Gedanken aufgreifen, die sich in diesem Zusammenhang aufdrängen: Die beständige und immer wiederkehrende Suche nach dem richtigen Weg ist im alltäglichen Handeln in der Pflege von Nöten. Doch in der Realität, mit den derzeitigen Rahmenbedingungen und Zwängen sieht es gegenwärtig ganz anders aus, denn durch Pflegenotstand und permanente Kosteneinsparungen und damit verbundenen Diskussionen in der Pflege und Anforderungen an die Pflege bleibt kaum bis gar keine Zeit, um zu reflektieren, sich auszutauschen oder gar gemeinsam ein Meinungsbild über ein schwieriges Alltagsproblem herzustellen. Menschenbild(er), Haltungen und philosophische Grundlagen sind aber Fundament für unser pflegerisch ethisches Handeln. Ohne diesen Hintergrund bleibt Pflege Stückwerk oder ist oft sogar gefährlich. Aussagen unterschiedlicher philosophischer Richtungen machen dies deutlich. Beispielsweise hat eine frühe philosophische Richtung das Leben mit dem Auftritt auf einer Bühne verglichen, auf der jeder Mensch eine (gelebte) Rolle zu spielen hat. Nur bedingt kann ein (Schau-) Spieler seine Rolle(n) selbst wählen - in der Regel ist er durch seine Begabung, seine Fähigkeiten, seine Aus-, Fort- und Weiter-Bildung und sein Können auf bestimmte Positionen oder auch durch seinen Auftrag auf einen Bereich festgelegt. Weitere Aspekte philosophischen Denkens der Antike sind im pflegerischen Alltag von zentraler Bedeutung und mit der Person von Gerd Krause verbunden. Mit anderen reden lernen: Im sokratischen Dialog geht es nicht um das, worüber man spricht, sondern um den, der spricht. Sokrates hat nicht die Absicht etwas zu lehren, sondern wiederholt für jeden, der es hören will, dass das einzige, was er wisse, sei, dass er nichts wisse. Gerade deshalb wird Sokrates in der späteren Literatur als ein existierender und nicht als ein theoretischer Philosoph, der vergisst, was existieren heißt, interpretiert. Leben lernen: Der Philosoph (Liebhaber der Weisheit) lebt so in einem Zwischenzustand; er ist nicht weise, aber er ist auch nicht nicht-weise. Er wird deshalb ständig hin- und hergerissen zwischen seinem philosophischen und seinem nicht-philosophischen Leben, zwischen dem Bereich des Gewöhnlichen und Alltäglichen und dem Bereich des Bewusstseins und der Klarsichtigkeit. Die Frage nach dem Bewusstsein ist nicht die älteste Frage der Philosophie. Sie ist jedoch eine, an der sich die Geister, die Menschen unterscheiden, darin wie der einzelne Mensch sich selbst, die Welt und sich in der Welt sieht und wie dies sein Handeln beeinflusst und steuert. Gerd Krause hat sich in meiner Wahrnehmung immer vielseitig interessiert, engagiert und sich vor existenziellen Fragen nicht gedrückt. Philosophie ist für ihn eine Lebensform. Er hat diese Lebenshaltungen auch immer wieder überzeugend in unsere gemeinsame Arbeit eingebracht und damit auf der einen Seite die Theorie-Praxis-Verknüpfung eingefordert und auf der anderen Seite zukunftsorientierte Utopien und Träume auch mit phantasiert, dabei sich weitgehend nicht gängigen Trends in der Pflege unterworfen und doch die Notwendigkeiten und Sachzwänge im Auge behalten.

Ein Mensch darf nie aufhören zu träumen. Der Traum ist für die Seele, was die Nahrung für den Körper bedeutet. (Paolo Coelho). Er sagt in seinem Buch „Auf dem Jakobsweg”: Der gute Kampf ist der, den wir im Namen unserer Träume führen. Mit diesem guten Kampf meint auch er die beständige und immer wiederkehrende Suche nach dem richtigen Weg, so wie für ihn der Jakobsweg als Instrument dazu gedient hat, seinen richtigen Weg zu finden.

Gerd Krause hat sich den Jakobsweg nach Santiago de Compostela für die Zeit nach seiner Berentung vorgenommen. Sein Wunsch möge ihm in Erfüllung gehen!