Zunächst ist entscheidend, dass dem Haftpflichtversicherer gegenüber unverzüglich
eine schriftliche Schadensanzeige erfolgt. Nach § 153 Versicherungsvertragsgesetz
(VVG) hat der Versicherungsnehmer innerhalb einer Woche die Tatsachen anzuzeigen,
die seine Verantwortlichkeit gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnten. Die
nicht rechtzeitige Schadensanzeige stellt eine Obliegenheitsverletzung aus dem Versicherungsvertrag
dar und kann schlimmstenfalls dazu führen, dass der Versicherer von seiner Leistungspflicht
frei bleibt. Die Obliegenheit zur Schadensmeldung besteht unabhängig davon, ob die
geltend gemachten Ansprüche aus Sicht des Arztes berechtigt sind oder nicht. Der Schadensmeldung
ist eine möglichst umfassende Darstellung des Behandlungsgeschehens sowie eine Stellungnahme
zu den erhobenen Vorwürfen beizufügen.
Der Arzt, dem ein Behandlungsfehler vorgeworfen wird, sollte sich unbedingt davor
hüten, vor der Schadensanzeige an den Versicherer dem Patienten oder dessen Bevollmächtigten
gegenüber seine Haftung anzuerkennen oder gar bezifferte Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldforderungen
zu befriedigen. Die Versicherung muss hierzu ihre Zustimmung erklären, anderenfalls
kann sie sich von ihrer Leistungspflicht befreien.
Außergerichtliche Lösung suchen
Außergerichtliche Lösung suchen
Eine Vielzahl von Haftpflichtprozessen wird nur deshalb geführt, weil beim ersten
Vorwurf eines Behandlungsfehlers die Fronten sogleich derart verhärten, dass nur noch
mit gerichtlicher Hilfe ein Interessenausgleich erfolgen kann. Die Ursachen hierfür
sind mannigfaltig, vor allem aber wohl darin zu sehen, dass der Gegenstand des Vorwurfs,
die Beeinträchtigung der Gesundheit, des Menschen höchstes Gut ist. Die Patienten
führen ihre Klage mit hoher Emotionalität. Der angegriffene Arzt dagegen blockt nicht
selten ab, da der Vorwurf seinem ärztlichen Selbstverständnis zuwiderläuft, das darin
besteht, die Gesundheit des einzelnen Menschen zu schützen und wieder herzustellen,
Leben zu erhalten, Leiden zu lindern.
Der erste Streit wird dann oftmals schon um das Begehren des Patienten geführt, Einsicht
in die ihn betreffenden vollständigen Behandlungsunterlagen zu erlangen. Hierüber
verbietet sich aber letztlich jeder Streit: Der Patient hat grundsätzlich einen Anspruch
auf Einsichtnahme bzw. Herausgabe seiner Krankenunterlagen (Kopien gegen Kostenersatz).
Mit Zustimmung des Patienten ist aber auch die Herausgabe an Dritte, wie z.B. einen
Rechtsanwalt, ohne Weiteres zulässig. Ein Arzt, der hier schon mauert, nährt den Verdacht,
es gebe etwas zu verbergen und riskiert die klageweise Geltendmachung des Einsichtnahme-
bzw. Herausgabeanspruchs. Dieser Prozess geht regelmäßig zu Lasten des Arztes aus.
Es empfiehlt sich unbedingt, auf Verlangen des Patienten, Einsicht in die ihn betreffenden
Unterlagen zu gewähren. Allerdings ist darauf zu achten, dass ihm solche Aufzeichnungen
aus den Behandlungsunterlagen zulässigerweise vorenthalten werden dürfen, die persönliche
subjektive Bewertungen des Arztes über dessen Person oder Krankheitsgeschehen enthalten,
wie z.B. „Patient ist Simulant/Querulant”.
Schlichtung vorschlagen
Schlichtung vorschlagen
Dem anspruchstellenden Patienten sollte nach Rücksprache mit der Haftpflichtversicherung
ein Schlichtungsverfahren vor den bei den Landesärztekammern angesiedelten Gutachter-
und Schlichtungsstellen vorgeschlagen werden. Dabei begutachten unabhängige Sachverständige
das Behandlungsgeschehen. Das Verfahren ist kostenfrei. Der von der Gutachter- und
Schlichtungsstelle erlassene Bescheid kann von den Beteiligten im Wege des Widerspruchs
angefochten werden mit dem Ziel, eine weitere Begutachtung durch die Gutachterkommission
bei der Landesärztekammer durchführen zu lassen. Der Schlichterspruch bindet die Beteiligten
nicht, so dass unabhängig davon stets auch der Klageweg zu den Zivilgerichten eröffnet
ist.
Klage als Ultima ratio
Klage als Ultima ratio
Lässt sich der Behandlungsfehlervorwurf trotz aller Bemühungen nicht außergerichtlich
klären, so wird der Patient möglicherweise Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld
erheben. Je nach Höhe des Streitwerts ist entweder das Amtsgericht (derzeit bis 10000
DM ) oder das Landgericht (ab 10001 DM) zuständig.
Die Prozessführung muss der Arzt grundsätzlich seiner Haftpflichtversicherung überlassen,
um deren Geld es letztendlich in dem Verfahren geht. So hat auch nur sie zu entscheiden,
ob sie den Anspruch anerkennt, dem Patienten einen Vergleich anbietet oder die Angelegenheit
ausficht. Regelmäßig beauftragen die Haftpflichtversicherer entsprechend versierte
Rechtsanwälte mit der Prozessvertretung. Sofern Klage beim Landgericht erhoben ist,
müssen sie einen Anwalt beauftragen, weil vor diesen Gerichten Anwaltszwang herrscht.
Manche Versicherungsgesellschaften arbeiten mit Vertrauensanwälten zusammen. Andere
stellen es ihren Versicherungsnehmern frei, von welchem Anwalt sie vertreten werden
möchten. Man sollte also nicht ohne Rücksprache mit der Versicherung einen Anwalt
seiner Wahl beauftragen, schließlich zahlt diese auch das Anwaltshonorar. Zieht der
Arzt neben dem von der Versicherung beauftragten einen weiteren Anwalt hinzu, so geht
dieser Luxus auf Kosten des Versicherungsnehmers.
Die Gerichtsverfahren ziehen sich in aller Regel über einen langen Zeitraum, manchmal
über Jahre, hin, wenn es nicht - was zu jedem Zeitpunkt möglich ist - zu einer Verständigung
zwischen den Parteien kommt. Die lange Verfahrensdauer beruht darauf, dass von Gerichts
wegen in aller Regel Beweis durch ein unabhängiges Sachverständigengutachten erhoben
wird. Die Suche nach einem Gutachter gestaltet sich zuweilen kompliziert. Sei es,
dass die Parteien Einwändungen gegen die Auswahl des Gutachters vorbringen, oder dass
alle geeignet erscheinenden Gutachter den Gutachtenauftrag zurückgeben bzw. mitteilen
lassen, dass aufgrund beruflicher Belastungen mit einer Gutachtenerstattung nicht
vor Ablauf eines halben Jahres gerechnet werden dürfe. Aber selbst dann, wenn endlich
das Gutachten vorliegt, kann auf Antrag oder von Amts wegen ein Ergänzungs- oder Obergutachten
eingeholt werden, was dann wiederum den Prozess enorm verzögert. Man darf sich keinen
Illusionen hingeben: Der Ausgang des Verfahrens hängt nicht von der argumentativen
Überzeugungskraft der Parteien oder dem richterlichen Dafürhalten ab, sondern allein
von dem, was der Gutachter sagt. Hieran wird sich das Gericht mangels eigener Sachkunde
orientieren.
Arzthaftpflichtprozesse sind außerordentlich unerfreulich. Sie verhelfen dem Arzt
oder Patienten manchmal erst nach Jahren zu seinem Recht, was von beiden Seiten als
unzumutbar angesehen wird. Deshalb sei empfohlen, sich nach Kräften um eine außergerichtliche
Beilegung der Streitigkeiten zu bemühen.