Pneumologie 2003; 57(2): 91-97
DOI: 10.1055/s-2003-37153
Übersicht
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Bedeutung von Zytokinen und Wachstumsfaktoren bei fibrosierenden Lungenerkrankungen

The Role of Cytokines and Growth Factors in Fibroproliferative Lung DiseaseM.  Kolb1 , M.  Schmidt1
  • 1Medizinische Klinik der Julius-Maximilian-Universität Würzburg, Schwerpunkt Pneumologie (Direktor: Prof. Dr. G. Ertl)
DanksagungDie wissenschaftliche Arbeit des Erstautors wird gefördert durch die Stiftung Deutsche Krebshilfe, Deutsche Forschungsgemeinschaft, Canadian Institute of Health Research und die Parker B. Francis Foundation.
Further Information

Dr. med. M. Kolb

Medizinische Universitätsklinik · Schwerpunkt Pneumologie

Josef-Schneider-Str. 11

97080 Würzburg

Email: kolb_m@klinik.uni-wuerzburg.de

Publication History

Eingereicht: 31. Juli 2002

Nach Überarbeitung angenommen: 4. November 2002

Publication Date:
11 February 2003 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Ein neues pathogenetisches Konzept zur Fibrogenese hat die Hypothese aufgestellt, dass es sich bei der Fibrose um „pathologische Wundheilung” oder gestörtes „Remodeling” handelt und Entzündungsvorgänge sekundär sind. Zytokine sind bei diesem Prozess maßgeblich involviert und ein attraktives Ziel für pharmakologische Interventionen. TGFβ hat als profibrotischer Wachstumsfaktor eine Schlüsselstellung und kann auf verschiedenen Wegen inaktiviert oder in seiner Wirkung abgeschwächt werden. Diese Übersichtsarbeit erläutert die Grundlagen der pathobiologischen Abläufe und stellt ihre potenzielle klinische Bedeutung dar.

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Abstract

A new hypothesis of the pathogenesis of fibroproliferative lung disease suggests that fibrosis is caused by abnormal and excessive wound healing and pathologic tissue remodelling. Inflammation is possibly an epiphenomenon. Cytokines are critical players in the pathologic process and attractive targets for pharmacological intervention. TGFβ is a key profibrotic growth factor, a variety of approaches are known to modify and inhibit its activity. This article reviews the basic pathological concepts of pulmonary fibrogenesis and outlines its potential clinical benefit.

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Einleitung

Fibrosierende Lungenerkrankungen sind Krankheiten, die sich im Alveolarraum und Interstitium abspielen und bei denen es durch überschießende Narbenbildung zu einer progredienten Destruktion von Gewebe mit irreversiblem Funktionsverlust kommt. Es gibt eine Reihe von bekannten Auslösern für die Erkrankung, mit einem weiten Spektrum von Mikroorganismen und inhalativen Noxen (z. B. Asbest, Silikate) über Medikamente (z. B. Bleomycin, Amiodaron) bis zu ionisierenden Strahlen und Autoimmunerkrankungen (z. B. Sklerodermie, chronische Polyarthritis oder Dermatomyositis) [1] [2]. In etwa 30 - 40 % der Fälle ist die Ätiologie der progressiven Fibrosierung jedoch unklar, man spricht dann von idiopathischer interstitieller Pneumonie. Es gibt unterschiedliche Subgruppen: UIP (Usual Interstitial Pneumonia), NSIP (Non-specific Interstitial Pneumonia), DIP (Desquamative Interstitial Pneumonia) und AIP (Acute Interstitial Pneumonia). Nach internationalem Konsensus sollte der Begriff idiopathischer Lungenfibrose (IPF) nur mit dem Typ UIP gleichgesetzt werden [3] [4].

Die Angaben zur Inzidenz der IPF sind uneinheitlich, sie dürfte jedoch im Bereich von 10 - 30/100 000 liegen. Meist sind Patienten mittleren Alters betroffen (zwischen 40. und 70. Lebensjahr). Die Krankheit verursacht relativ rasch eine restriktive Ventilationsstörung mit Diffusionsstörung, und führt schließlich über respiratorische Insuffizienz oder komplizierende pulmonale Infektionen zum Tod. Die mittlere Überlebensrate nach Diagnosestellung ist zwei bis drei Jahre [2]. Die therapeutischen Optionen sind bescheiden. Dies könnte kaum besser zum Ausdruck gebracht werden als durch die Tatsache, dass Kortikosteroide kombiniert mit Azathioprin oder Cyclophosphamid als momentaner „Goldstandard” der Therapie lediglich Ansprechraten zwischen 15 - 30 % aufweisen [4].

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Pathogenese der Lungenfibrose

Früher dachte man, dass eine chronische Entzündung im Alveolar- und interstitiellen Raum das Gewebe zerstört und durch wiederholte Reparation exzessive Narbenbildung und Fibrose verursacht [5]. Im Gegensatz dazu heilen akute Alveolitiden, wie z. B. im Rahmen des ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome), meist ohne größere Defekte aus, sofern die kritische Krankheitsphase überlebt wird [6]. Die neuen pathogenetischen Konzepte zur Fibrogenese beschreiben die Fibrose als „pathologische Wundheilung” oder gestörtes „Remodeling”: wiederholte Entzündungen im mikroskopischen Bereich, gestörte Kommunikation zwischen Entzündungs- und strukturellen Zellen der Lunge und fokale Fibroblastenproliferation resultieren in überschießender Deposition und reduziertem Abbau von extrazellulärer Matrix (EZM) [5] [7] [8]. Ein wesentlicher pathogenetischer Faktor sind Dysregulationen auf der Ebene der Zytokine, da über diese Botenstoffe ein Großteil der interzellulären Kommunikation abläuft [9] [10]. Bei IPF wird sogar diskutiert, dass die entzündliche Komponente lediglich die Krankheit triggert oder gar ein sekundäres Phänomen ist, und das pathologische Verhalten von Epithelzellen und Fibroblasten im Mittelpunkt des Problems steht [5] [7] [siehe Abb. [1]].

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Abb. 1 Konzept der Pathogenese idiopathischer interstitieller Lungenfibrosen [2].

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Zytokine als Vermittler zwischen Immunantwort und Wundheilung

Immunantwort und interzelluläre Kommunikation werden überwiegend durch Zytokine vermittelt (siehe auch Tab. [1]). Es gibt proinflammatorische Zytokine, welche die Entzündungsreaktion fördern und zur verstärkten Einwanderung von Granulo- und Lymphozyten in das Wundgebiet führen, so z. B. TNFα, IL-1, IL-6, IL-8, MCP-1 und MIP-1 [11]. Und es gibt antiinflammatorische Zytokine wie PDGF, FGFs, TGFα und TGFβ1 - 3, mit denen der akute Prozess eingedämmt und die Gewebsregeneration eingeleitet und gesteuert werden [12] [13] [14]. Eine vereinfachende Trennung in diese zwei Gruppen hilft dem Verständnis der komplexen Regulationsvorgänge, entspricht aber nicht der Realität. Ein ausgewogenes Zusammenspiel „destruktiver” und „konstruktiver” Zytokine ist zur Erhaltung der Organintegrität nötig [15].

Tab. 1 Übersicht über Zytokine und Wachstumsfaktoren, denen in der Pathogenese fibrosierender Lungenerkrankungen eine gewisse Rolle zugeordnet wird. TGFβ und PDGF sind Faktoren mit besonderer Bedeutung und Zielmoleküle neuer pharmakologischer Wirkstoffe (siehe Text)
IL-1β, -6, -8 Interleukine
MCP-1 Macrophage Chemotactic Protein
MIP Macrophage Inflammatory Protein
TNFα Tumor Necrosis Factor
TGF-β/-α Transforming Growth Factor
PDGF Platelet Derived Growth Factor
CTGF Connective Tissue Growth Factor
FGF-1 und -2 Fibroblast Growth Factor
KGF Keratinocyte Growth Factor
GM-CSF Granulocyte Macrophage Colony Stimulating Factor
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Proinflammatorische Zytokine

Mit wenigen Worten beschrieben dient der biologische Zweck akuter Entzündung der möglichst raschen Elimination schädlicher Einflüsse auf den Organismus. Proinflammatorische Zytokine steigern die Aktivität ortsständiger Entzündungszellen und wirken chemotaktisch auf Zellen aus der Zirkulation [15]. Vorübergehend fördern sie ein matrix-abbauendes Milieu, damit die Migration der Zellen im Gewebe erleichtert wird. IL-1, IL-6, IL-8 und TNFα gehören zu den „klassischen” proinflammatorischen Zytokinen und sind bei vielen akuten Entzündungsreaktionen in der Lunge präsent. Bei chronischen Immun- und fibroproliferativen Erkrankungen der Lunge scheinen zumindest IL-1 und TNFα eine Rolle zu spielen und werden mit der Fibrogenese assoziiert [16].

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Interleukin-1

IL-1 liegt in zwei Isoformen mit gleichem Wirkprofil vor: IL-1α ist membrangebunden und IL-1β findet sich in der Zirkulation [17]. In der Lunge sind fast alle Zellen zur Synthese von IL-1β befähigt, der Hauptbildungsort sind aktivierte Makrophagen. IL-1 ist ein vielseitiges proinflammatorisches Zytokin, das synergistisch zu TNFα wirkt [18]. IL-1 kann profibrotisch sein und Fibroblasten zur Synthese von Glycosaminoglykanen und Fibronectin, und auch zur Bildung weiterer Zytokine, u. a. PDGF und TGFβ, stimulieren [6] [15] [19]. IL-1 kann aber auch ein degradierendes Umfeld erzeugen durch Induktion von Kollagenasen, Prostaglandin und Plasminogen-Aktivator [17]. In Tierversuchen wurde gezeigt, dass nach Anwendung von Bleomycin, Silikat und ionisierenden Strahlen IL-1 in den frühen Phasen nach Initiierung des Alveolarschadens hochreguliert ist [6] [20] [21] [22] [23]. Wenn man in die Rattenlunge einmalig rekombinantes IL-1 injiziert, sieht man eine akute neutrophile Entzündung mit Alveolar- und Kapillarschäden ähnlich wie beim ARDS [24] [25]. Nach zweiwöchiger Überexpression von IL-1β durch transienten Gentransfer in die Lunge entwickelt sich nach Abklingen der akuten Entzündung eine progressive Fibrosereaktion, am ehesten vermittelt durch TGFβ [26].

Beim Menschen wurden erhöhte Werte von IL-1 in der bronchoalveolären Lavage-Flüssigkeit (BALF) und in Alveolarmakrophagen von Patienten mit ARDS, aber nicht IPF gefunden [6]. Es wurde auch in IPF Gewebe in myofibroblastenreichen Arealen nachgewiesen [22] [27]. Genetische Studien lassen vermuten, dass IL-1 Rezeptor-Antagonist Polymorphismen häufiger bei IPF-Patienten zu finden sind, ein möglicher Hinweis auf die Bedeutung eines gestörten Gleichgewichtes zwischen IL-1 und seinen Regulatoren [27].

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TNFα

TNFα wird in der Lunge nach Stimulation rasch von Alveolarmakrophagen und Typ-II-Pneumozyten freigesetzt [9]. TNFα fördert die Migration und Adhäsion von Granulozyten und Monozyten, die Freisetzung von Sauerstoffradikalen und zytolytischen Faktoren, löst eine Zytokin-Kaskade aus und reguliert Apoptose [28]. Weiterhin aktiviert TNFα mesenchymale Zellen und beeinflusst den Kollagenstoffwechsel, sowohl in pro- als auch antifibrotischer Weise [9] [29]. Zahlreiche Tierstudien haben gezeigt, dass TNFα bei akuter und chronischer Gewebsschädigung nach Einwirkung von Bleomycin, Asbest, Silikat und ionisierenden Strahlen beteiligt ist [9]. TNFα-Rezeptor-knockout-Mäuse entwickeln nach Bleomycin-, Asbest- oder Silikatinjektion eine mildere Lungenfibrose als Wildtypen [30]. Wenn man in der Lunge TNFα durch Gentransfer überexprimiert, kommt es zu einer schweren akuten Entzündungsreaktion, gefolgt von verhältnismäßig milden Parenchymvernarbungen [31]. Die profibrotischen Effekte von TNFα werden durch TGFβ und PDGF vermittelt [9].

TNFα wird in BAL-Makrophagen von Patienten mit IPF und Asbestose verstärkt exprimiert [9]. In BAL-Zellen von Patienten mit IPF, Bronchiolitis obliterans mit organisierter Pneumonie (BOOP) und Sarkoidose kann TNFα hochreguliert [32] oder normal sein [9].

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Profibrotische Zytokine

Für die Integrität eines biologischen Systems ist es wichtig, dass Intensität, örtliche Ausdehnung und Dauer einer entzündlichen Reaktion auf das nötige Maß beschränkt sind. Durch antiinflammatorische und profibrotische Zytokine versucht das Immunsystem, die Entzündung einzudämmen und Schäden zu reparieren. Wenn das misslingt, können ausgedehnte Gewebsdefekte entstehen. Sind die Mechanismen überaktiv, kann es zu „exzessiver Wundheilung” kommen mit der Konsequenz irreversibler Gewebsfibrose [7] [8]. Zahlreiche Wachstumsfaktoren sind in dem Prozess beteiligt, besonders wichtig sind TGFβ, PDGF und FGFs.

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Transforming Growth Factor

Drei TGFβ-Isoformen werden in menschlichen Zellen gefunden, es ist ein pluripotentes Zytokin mit breitem Wirkspektrum. Die Isoform TGFβ1 kommt am häufigsten vor und beeinflusst den Metabolismus extrazellulärer Matrix (EZM) und Stromazell-Aktivität [33]. Die immunomodulatorischen Aktivitäten von TGFβ sind lebensnotwendig und limitieren u. a. akut-entzündliche Prozesse [34]. Die meisten Zellen können TGFβ bilden, in der Lunge sind es v. a. Alveolarmakrophagen, Epithelzellen und Fibroblasten. Das Molekül wird in inaktiver Form sezerniert und durch oxidative, proteolytische oder integrinvermittelte Abspaltung des „latency associated peptide” (LAP) aktiviert [9] [34] [35]. TGFβ stimuliert die Synthese von EZM, insbesondere Kollagen und Fibronectin, und vermindert den Matrixabbau durch Änderung des Gleichgewichtes von Kollagenasen (Matrix Metalloproteinasen - MMP) und Kollagenase-Inhibitoren (tissue inhibitor of metalloproteinase - TIMP) [33]. Es ist antiproliferativ für Epithelzellen, ein wichtiger Aspekt bei pathologischem Gewebs-Remodeling [36], und fördert die Transformation von Fibroblasten zu Myofibroblasten [12]. TGFβ kann weiterhin profibrotische Faktoren wie FGF, PDGF und CTGF induzieren [37]. Die Expression von TGFβ wird durch TNFα, IL-1, GM-CSF, PDGF und TGFβ gesteigert. TGFβ gilt als ein Schlüssel-Zytokin fibrosierender Erkrankungen. Zahlreiche experimentelle Modelle und immunhistologische Untersuchungen an humanem Gewebe haben das bei Lungen-, Leber- und Nierenfibrose gezeigt [33] [38].

TGFβ ist in allen Modellen der Lungenfibrose nachweisbar und an der Progression der Gewebsreaktion beteiligt [9] [39]. Wenn man TGFβ1 durch Gentransfer in Rattenlungen überexprimiert, kommt es nach einer Woche zur Entwicklung einer progressiven Lungenfibrose und zwar ohne wesentliche Entzündung [40]. Die Progression der Lungenfibrose nach Transfer des IL-1β oder TNFα-Gens wiederum ist abhängig von der Induktion von endogenem TGFβ (Tab. [2]). Es gibt umfangreiche Hinweise, dass TGFβ bei fibroproliferativen Lungenerkrankungen des Menschen beteiligt ist [9]. TGFβ wird in Gewebe, BAL-Zellen und -Flüssigkeit von Patienten mit Silikose, Asbestose, UIP, progressiver Sarkoidose, Sklerodermie und Strahlenfibrose gefunden [9] [41].

Tab. 2 Effekt der Überexpression von Zytokinen auf die Lunge (durch transienten Gen-Transfer). Die proinflammatorischen Zytokine können keine (IL-8), leichte (TNFα) und schwere (IL-1β) fibrotische Veränderungen induzieren. Die Ausprägung scheint von der Anwesenheit und Konzentration von TGFβ in der Lunge abzuhängen. (αSMA ist eine immunhistochemische Methode und weist auf das Vorhandensein von Myofibroblasten hin)
ZytokinEntzündungTGFβ (BALF)αSMAFibrose
IL-8 akut ++++nicht messbar--
TNFα akut +++150 pg/ml++
IL-1β akut +++
alveoläre Destruktion
400 pg/ml+++++++
TGFβ1 (+)> 50 ng/ml++++++++
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PDGF

PDGF ist ein Glykoprotein-Dimer und wird in der Lunge von Alveolarmakrophagen, Epithel-, Endothelzellen und Fibroblasten gebildet [42]. Die Signaltransduktion erfolgt durch Tyrosinkinasen, ein wichtiges pharmakologisches Zielmolekül [43]. PDGF ist chemotaktisch für Fibroblasten, neutrophile Granulozyten und Makrophagen/Monozyten und kann die Fibronectin- und Prokollagen-Synthese steigern. PDGF induziert die Expression von TGFβ, aber genauso wird die Expression von PDGF und PDGF-Rezeptoren von TGFβ, IL-1β, TNFα und bFGF induziert [9]. In Tierversuchen mit Asbest wurde gezeigt, dass in Bronchialaufzweigungen mit fibroproliferativen Läsionen PDGF und PDGF-Rezeptoren hochreguliert sind [44]. Alveolarmakrophagen und Fibroblasten exprimieren nach Stimulation mit Asbestfasern PDGF. PDGF-knockout-Mäuse sterben am Lungenemphysem, das sich wegen fehlender Myofibroblasten und pathologischer Alveolenreifung ausbildet [45].

Es gibt eine Reihe von Hinweisen, dass PDGF bei fibrosierenden Lungenerkrankungen des Menschen eine Rolle spielt. Bei IPF, Sklerodermie assoziierter Lungenfibrose und BOOP nach Lungentransplantation wurde beschrieben, dass PDGF-mRNA bzw. -Protein in Alveolarmakrophagen und Fibroblasten im Vergleich zu Gesunden gesteigert sein kann [9].

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FGF

Zu den FGFs werden neun heparinbindende Peptide gezählt, von denen azidischer und basischer FGF (jetzt FGF-1 und -2) sowie KGF (jetzt FGF-7) für das Remodeling wichtig sind. FGF-1 und -2 fördern die Bildung von Granulationsgewebe, Fibroblasten-Proliferation und Kollagensynthese [37]. Sie haben Einfluss auf Angiogenese und Epithelzellregeneration, beides bedeutende Schritte bei der Wundheilung [46]. Im Tiermodell wird FGF-1 und -2 nach Injektion von Bleomycin oder Paraquat in die Lunge hochreguliert [47] [48]. FGF-2 ist in BALF und Serum von Patienten mit IPF und Sklerodermie erhöht [49]. KGF ist ein Wachstumsfaktor für Typ-II-Pneumozyten [50]. Möglicherweise spielt KGF eine protektive Rolle im Prozess der Wundheilung. Bei Patienten mit ARDS wurde gezeigt, dass die Konzentration von KGF in der BALF ein Marker für die Schwere der Erkrankung sein kann und eventuell mit der Prognose korreliert [50].

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Potenzielle Bedeutung für die Klinik

Die Erforschung der Pathophysiologie der Lungenfibrosen hat nicht nur grundlagenwissenschaftliche Bedeutung, sondern auch potenzielle klinische Relevanz. Zytokine und Wachstumsfaktoren sind in der Regel gut quantifizierbare Moleküle, die in Blut und anderen Körperflüssigkeiten wie z. B. BALF nachgewiesen werden können und eventuell als diagnostische Marker verwendet werden können. Die gezielte pharmakologische Inhibition von Zytokinen wird bereits bei einer Reihe von immunologischen Erkrankungen praktiziert.

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Zytokine als diagnostisches Mittel

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass in menschlichem Lungengewebe eine Vielzahl von Zytokinen und Wachstumsfaktoren nachgewiesen werden kann, was ihre pathophysiologische Bedeutung unterstreicht. Molekularbiologische Gewebsuntersuchungen sind derzeit meist nur bei speziellen Fragestellungen für die klinische Arbeit entscheidend. Damit ein biochemisches Produkt als diagnostischer Marker breite klinische Relevanz erlangen kann, sollte man in der Lage sein, dieses Produkt zu quantifizieren und mit Normalwerten zu vergleichen. So wurde z. B. TGFβ im Plasma von Frauen mit Mammakarzinom gemessen, die im Rahmen einer Knochenmarkstransplantation einer Hochdosis-Chemotherapie und Radiatio unterzogen wurden. Die gemessenen Spiegel korrelierten mit dem Auftreten interstitieller Pneumonitiden [51], so dass die Bestimmung von TGFβ eventuell prädiktiven Wert für diese Komplikation erlangen könnte. Wir haben in eigenen Untersuchungen zeigen können, dass bei UIP im Vergleich zu DIP/NSIP, Sarkoidose und Kontrollpatienten erhöhte BAL-Konzentrationen von TGFβ vorhanden sind [52]. Diese Untersuchungen müssen aber noch bestätigt und validiert werden, von einem Einsatz in der Routine ist man noch weit entfernt.

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Inhibition der proinflammatorischen Faktoren TNFα und IL-1

Man hat zeigen können, dass die Bleomycin- und Silikat-Fibrose durch lösliche TNFα-Rezeptoren und IL-1-Rezeptor-Antagonist günstig beeinflusst werden kann [53] [54]. Pentoxifyllin soll seine antifibrotische Wirkung teilweise über TNFα Inhibition entfalten [55]. Eine klinische Studie hat bei chronischer Sarkoidose einen positiven Effekt auf den Verlauf der Erkrankung gezeigt, wobei nicht unterschieden werden kann, ob dies durch Modulation des Immunsystems oder der Fibrogenese bedingt ist [56]. Auch für die neue antifibrotische Substanz Pirfenidon bestehen experimentelle Hinweis auf eine Wechselwirkung mit TNFα [57]. Monoklonale TNFα-Antikörper und lösliche Rezeptoren sind zur Therapie der Rheumatoiden Arthritis und chronisch entzündlicher Darmerkrankungen zugelassen und haben sich bewährt, ebenso werden hier IL-1 Antagonisten eingesetzt [58]. Studien zur Wirksamkeit bei interstitiellen Lungenerkrankungen wurden mit diesen Medikamenten noch nicht durchgeführt. Es bestehen somit einige Möglichkeiten, TNFα und IL-1 in vivo zu hemmen, und es gibt experimentelle Daten, die einen klinischen Einsatz unterstützen. Man darf aber nicht vergessen, dass die prokollagenolytische Aktivität von TNFα und IL-1 in einem fortgeschritteneren Stadium der Lungenfibrose eventuell einen protektiven Charakter haben und die Zytokin-Blockade einen gegenteiligen Effekt haben könnte wie erhofft. Außerdem kann die Antagonisierung von TNFα und IL-1 zu Immunschwäche mit schwerwiegenden pulmonalen und systemischen Infektionen führen [9].

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Inhibition der profibrotischen Faktoren TGFβ und PDGF

Die zentrale Stellung von TGFβ in der Pathogenese fibrosierender Lungenerkrankungen hat zur Entwicklung von Wirkstoffen mit Anti-TGFβ-Effekt geführt. Einige Wirkstoffe blockieren TGFβ direkt (z. B. Antikörper oder lösliche Rezeptoren) oder binden ihn im Gewebe und verhindern so den Kontakt mit dem Rezeptor (z. B. Decorin) [38] [59] [60] [61] [62]. Andere Substanzen scheinen in noch unbekannter Weise mit der Expression, Synthese und/oder Freisetzung von TGFβ zu interferieren. Dazu gehören z. B. ACE-Hemmer, Interferon-γ, Niacin, Taurin oder Pirfenidon [63] [64] [65] [66]. Ein Teil des reno- und kardioprotektiven Effektes von ACE-Hemmern bei chronischer Herz- und Niereninsuffizienz liegt an ihrer antifibrotischen Wirkung [67]. Es ist wahrscheinlich, dass diese teilweise über TGFβ vermittelt werden [68]. Angiotensin-II ist ein potentes Mitogen für Fibroblasten in vitro [68]. In Modellen der strahleninduzierten Nieren- und Lungenfibrose reduzierten sowohl die ACE-Hemmer Captopril und Enalapril als auch Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten die Fibrosereaktion [63].

Auch die Inhibition von PDGF zur Therapie der Lungenfibrose wird in experimentellen Studien untersucht. Durch Gentransfer eines PDGF-Rezeptors, dem die intrazelluläre Tyrosinkinase fehlt, konnte die bleomycininduzierte Lungenfibrose verhindert werden [69].

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Erste klinische Daten zu Interferon-γ 1b, Pirfenidon und Relaxin

Interferon-γ1b, Pirfenidon und Relaxin sind neuere antifibrotische Substanzen, zu denen erste klinische Studien vorliegen [2].

Interferon-γ hemmt die Proliferation von Lungenfibroblasten und ihre Proteinbiosynthese [70]. Im Bleomycin-Modell reduziert Interferon-γ die Expression von TGFβ, Prokollagen-I und -III [71]. Weiterhin ist denkbar, dass Interferon-γ sich durch Hemmung einer Th2-gerichteten Immunantwort positiv auf die Fibrogenese auswirkt [2]. In einer randomisierten Studie wurden insgesamt 18 Patienten mit progressiver IPF eingeschleust und Prednisolon plus Interferon-γ1b s. c. gegen Prednisolon alleine untersucht [66]. Nach einem Jahr hatten sich die Lungenfunktionen und Sauerstoffpartialdrücke der Interferon-Patienten signifikant gebessert, die der Prednisolon-Gruppe hingegen leicht verschlechtert. Die vor Behandlung deutlich induzierte Genexpression von TGFβ und CTGF im Lungengewebe sank im Verlauf der Interferon-, aber nicht der Prednisolon-Therapie. Diese viel versprechenden Ergebnisse wurden einer Reanalyse durch ein Expertengremium unter Leitung von G. Raghu unterzogen und sind auf der Homepage der American Thoracic Society veröffentlicht (www.thoracic.org). Erste vorläufige Resultate einer multizentrischen, prospektiven Studie mit etwa 300 IPF-Patienten wurden auf dem Kongress der European Respiratory Society 2002 in Stockholm und auf dem International Colloquium on Lung Fibrosis in Glion, Schweiz, in Vorträgen vorgestellt. Nach 48 Wochen Behandlungszeit mit Interferon-γ1b ergaben sich keine Unterschiede zu Plazebo bezüglich der primären Studien-Endpunkte (Spirometrische Parameter und pO2). Ein nicht signifikanter Trend zu einem leichten Überlebensvorteil der Interferon-γ1b-Gruppe nach diesem Zeitraum scheint durch Patienten in früheren Krankheitsstadien (FVC predicted > 60 %) bedingt zu sein, die möglicherweise am meisten von dieser Therapie profitieren könnten (T. King und G. Raghu, persönliche Mitteilung). Ob und wenn ja, für welche Patienten dieses Medikament sinnvollerweise (auch unter dem Gesichtspunkt der Kosten-Nutzen Relation) eingesetzt werden kann, bleibt abzuwarten und ist in weiteren kontrollierten Studien zu prüfen.

Pirfenidon ist eine antifibrotische Substanz, die In-vitro-Proliferation, Kollagensynthese und Matrixsekretion von Fibroblasten hemmt [2]. Das therapeutische Potenzial von Pirfenidon wurde im Bleomycin-Modell gezeigt, in dem es die Genexpression von TGFβ und Prokollagen reduzierte [57]. In einer Phase-II-Studie an Patienten mit fortgeschrittener IPF wurde Pirfenidon gut vertragen, die Lungenfunktionsparameter erschienen stabilisiert [72]. Randomisierte Studien sind in Planung.

Relaxin ist ein Stoff, der normalerweise vom Corpus luteum gebildet wird und die Symphyse und Zervix im Rahmen der Geburtsvorbereitung weich macht [67]. Relaxin hemmt die TGFβ-induzierte Kollagensynthese in vitro, wirkt in vivo antifibrotisch und beeinflusst das Protease-Antiprotease-Gleichgewicht zugunsten des Matrixabbaus [2] [67] [73]. Bei Sklerodermie-Patienten führte eine Therapie mit rekombinantem humanem Relaxin über 6 Monate zu einer Verbesserung der Hautveränderungen und der Lungenfunktion [74].

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Zusammenfassung und Ausblick

Der Therapieschwerpunkt chronisch-entzündlicher Krankheiten der Lunge lag in den vergangenen Jahrzehnten auf dem Einsatz immunsuppressiver Medikamente. Dieser Therapieansatz kann erfolgreich sein, wie z. B. bei Sarkoidose oder exogen-allergischer Alveolitis. Er kann aber auch versagen, wie man im Fall der IPF sieht. Die Forschung der letzten Jahre zeigte, dass chronische Erkrankungen nicht reine Entzündungsvorgänge sind, sondern chronische bzw. rezidivierende Entzündung kombiniert mit pathologischer Wundheilung. Zytokine sind in der Pathogenese maßgeblich involviert und ein attraktives Ziel für pharmakologische Interventionen. TGFβ hat als profibrotischer Wachstumsfaktor eine Schlüsselstellung und kann auf verschiedenen Wegen inaktiviert oder in seiner Wirkung abgeschwächt werden. Dazu sind sowohl „klassische” Medikamente wie ACE-Hemmer oder Pirfenidon in der Lage als auch Immuntherapeutika wie Interferone. Eine Reihe multizentrischer prospektiver Studien wird derzeit durchgeführt. Es ist berechtigte Hoffnung erlaubt, dass sich das klinische Management fibrosierender Lungenerkrankungen in den kommenden Jahren bessern wird.

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Dr. med. M. Kolb

Medizinische Universitätsklinik · Schwerpunkt Pneumologie

Josef-Schneider-Str. 11

97080 Würzburg

Email: kolb_m@klinik.uni-wuerzburg.de

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Dr. med. M. Kolb

Medizinische Universitätsklinik · Schwerpunkt Pneumologie

Josef-Schneider-Str. 11

97080 Würzburg

Email: kolb_m@klinik.uni-wuerzburg.de

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Abb. 1 Konzept der Pathogenese idiopathischer interstitieller Lungenfibrosen [2].