Dtsch Med Wochenschr 2003; 128(14): 745
DOI: 10.1055/s-2003-38413
CME
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Harninkontinenz - Der konkrete Fall

Urinary incontinence - case reportC. Hader1 , A. Welz-Barth2 , T. Keller1
  • 1Zentrum für Innere Medizin, Kliniken St. Antonius, Wuppertal
  • 2Klinik für geriatrische Rehabilitation, Kliniken St. Antonius, Wuppertal
Weitere Informationen

Dr. med. Claus Hader

Zentrum für Innere Medizin, Kliniken St. Antonius

Hardtstraße 46

42107 Wuppertal

Telefon: 0202/299 4910

Fax: 0202/299 4015

eMail: claushader@hotmail.com

Publikationsverlauf

eingereicht: 19.1.2003

akzeptiert: 21.3.2003

Publikationsdatum:
03. April 2003 (online)

Inhaltsübersicht #

Anamnese

Ein 81-jähriger Patient wurde von seiner Frau mit 39,3° C Körpertemperatur zur stationären Aufnahme gebracht. In den letzten Tagen hatte er über Müdigkeit, Schwäche, Verschlechterung einer seit 20 Jahren bestehenden chronischen obstruktiven Atemwegserkrankung mit nächtlichen Atemnotattacken und deutlichem Mehrverbrauch von Dosieraerosolen geklagt. Nach Angaben seiner Frau bestanden Vigilanzstörungen mit Verwirrtheitsphasen. Ferner waren eine arterielle Hypertonie und eine Hyperlipidämie bekannt. Ein Nikotinabusus von 40 Zigaretten täglich bestand in den Jahren von 1960-1986.

Vor 8 Jahren hatte der Patient einen Schlaganfall mit einer diskret armbetonten Hemiparese rechts erlitten. Seit dem Ereignis lag eine Dranginkontinenz vor, auf dem Boden einer Detrusorhyperreflexie mit imperativem Harndrang und initial 8-10 Einnässepisoden am Tag und 4-5 in der Nacht. Nach urodynamischer Klärung war dieser Symptomenkomplex jedoch durch ein differenziertes, auch zu Hause durchgeführtes Kontinenztraining sowie den Einsatz eines Anticholinergikums gut kompensierbar. Vor 1œ Jahren konnte das Medikament abgesetzt werden. Der Patient erreichte tagsüber rechtzeitig die Toilette zur Miktion. Es kam zu keinem unwillkürlichem Harnabgang. Nachts benötigte er ein Vorlagensystem, mit maximal zwei Einnässepisoden. Sonographisch bestand eine Prostatahyperplasie.

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Untersuchungsbefunde

In der Aufnahme befand sich der Patient in einem reduziertem Allgemeinzustand mit Fieber von 39° C und Zeichen der Exsikkose. Er war wach und ansprechbar, situativ jedoch zum Teil unscharf orientiert. Der Kreislauf war stabil (Blutdruck 100/60 mmHg, Puls 102/min). Im EKG Sinusrhythmus mit Frequenzen um 100/min., auskultatorisch bds. basal spastische Atemgeräusche, jedoch kein Anhalt für Infiltrationen. Das Sputum war klar. Die initial durchgeführten Laboruntersuchungen zeigten eine Leukozytose von 15400/nl, das C-reaktive Protein lag bei 9,8 mg/dl. BGA: Ph 7,47, pCO2: 32 mmHg, pO2: 55 mmHg. Die einen Tag nach Aufnahme durchgeführte Sonographie zeigte bis auf eine Fettleber keine weiteren Auffälligkeiten der Oberbauchorgane, die Prostata war minimal vergrößert ohne auffällige Binnenstruktur, die Blase mit 320 ml gefüllt.

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Therapie

Unter Flüssigkeitszufuhr, fiebersenkenden Maßnahmen und Beibehaltung der sonstigen Medikation erholte sich der Patient schon nach wenigen Stunden. Bei der nur zögerlich vollzogenen Spontanmiktion entleerten sich ca. 150 ml eines trüben, übel riechenden Urins. Die daraufhin durchgeführte Einmalkatheterisierung, auch zur Gewinnung einer Urinkultur, ergab eine Restharnmenge von 300 ml. Der U-Status zeigte eine Leukozyturie und Bakteriurie bei einem pH von 10,8. Die Keimzahl der Urinkultur war signifikant erhöht. Es fand sich Pseudomonasstamm, der auf einige Antibiotika sensibel war. Der Patient erhielt eine Antibiotikatherapie und war am Folgetag fieberfrei. Eine Restharnkontrolle nach Miktion ergab Restharnmengen um 180 ml. Nach einem vom Pflegepersonal mit dem Patienten durchgeführten Miktionstraining unter der Maßgabe von „Doublevoiding” (zweimalige Entleerung der Blase nach einem festen Schema; Abstand z.B. 15-20 min) kam es nach 3 Tagen zu restharnfreien Entleerungen (sonographisch kontrolliert).

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Diagnose

Bei dem Patienten kam es infektbedingt am ehesten durch eine Begleiturethritis und die bekannte Prostatahyperplasie zu einer relativen Auslassobstruktion. Hinzu kam der vermehrte Einsatz von Bronchodilatatoren, die eine Relaxation des Detrusors förderten. Die Restharnproblematik hatte wiederum eine verzögerte Infektsanierung zur Folge. Unter den genannten Maßnahmen war diese „Dekompensation” jedoch zu beheben.

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Verlauf

Der Patient konnte nach einigen Tagen fieberfrei und ohne zerebrale Einschränkungen entlassen werden. Er konnte, wie auch schon im ambulanten Bereich, die Blase wieder restharnfrei entleeren. Die bis dato nachts betonte Dranginkontinenz konnte wie zuvor im ambulanten Bereich durch eine kleine Vorlage versorgt werden.

Dr. med. Claus Hader

Zentrum für Innere Medizin, Kliniken St. Antonius

Hardtstraße 46

42107 Wuppertal

Telefon: 0202/299 4910

Fax: 0202/299 4015

eMail: claushader@hotmail.com

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