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DOI: 10.1055/s-2003-39221
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Das therapeutische Arsenal - Pharmakotherapie allergischer Erkrankungen
Therapeutic Armoury - Pharmacotherapy of Allergic DiseasesAnschrift für die Verfasser
Prof. Dr. Axel Fischer
Klinische Forschergruppe Allergologie
Charité, Campus Virchow-Klinikum
Humboldt-Universität
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin
Publication History
Publication Date:
13 May 2003 (online)
- Zusammenfassung
- Summary
- Antihistaminika
- Sympathomimetika
- Anticholinergika
- Methylxanthine
- Leukotrienantagonisten
- Mastzellstabilisatoren
- Glukokortikoide
- Tacrolimus, Pimecrolimus
- Immunsuppressiva
- Ausblick
- Literatur
Zusammenfassung
Allergische Erkrankungen zählen vor allem in den westlichen Industrieländern zu den häufigsten chronischen Erkrankungen. Inzidenz und Prävalenz der Allergien sind in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen, sodass eine moderne und effektive Behandlung eine immer bedeutendere Rolle spielt. Neben der Allergenkarenz und der spezifischen Hyposensibilisierung ist auch die Pharmakotherapie eine wichtige Säule der Allergietherapie. Zu den eingesetzten Medikamenten gehören unter anderem Antihistaminika, Sympathomimetika, Anticholinergika, Methylxanthine, Leukotrienantagonisten, Dinatriumcromoglycat, Glukokortikoide, Tacrolimus und Cyclosporin A. Je nach Allergieform und -schweregrad lassen sich aus diesen Bausteinen individuell abgestimmte Therapiekonzepte erstellen.
#Summary
Allergic diseases are one of the most common chronic diseases, especially in Western industrialized countries. Incidence and prevalence have strongly increased during the last decades. Therefore, concepts for a modern and effective treatment play an important role. Next to allergen avoidance and specific immunotherapy, pharmacotherapy is a major part of treatment of allergies. Among others the used drugs include antihistamines, sympathomimetics, anticholinergics, methylxanthines, leukotriene antagonists, sodium cromoglycate, glucocorticoids, tacrolimus and ciclosporin A. Depending on the kind of allergy and its intensity there exist various therapy concepts based on these drugs.
Allergische Erkrankungen wie das allergische Asthma bronchiale, die atopische Dermatitis, die Rhinokonjunktivitis, die chronische Urtikaria, Nahrungsmittelallergien oder anaphylaktische Reaktionen, sind in der modernen Gesellschaft eine große medizinische und gesundheitspolitische Herausforderung. Überall - insbesondere aber in den westlichen Industrieländern wie in Deutschland - gibt es immer mehr Betroffene. In Deutschland gibt mittlerweile etwa jeder Dritte an, unter allergischen Beschwerden zu leiden oder gelitten zu haben.
In den verschiedenen Lebensabschnitten treten Allergien mit unterschiedlicher Häufigkeit auf. Im Kindes- und Jugendalter kommen Allergien sehr oft vor, mit zunehmendem Lebensalter werden sie immer seltener. Insgesamt leiden etwa 6 % der Bevölkerung in Deutschland unter allergischem Asthma bronchiale, Kinder und Jugendliche sind dagegen zu 15 % davon betroffen.
Die Behandlung von Allergien beruht auf verschiedenen Säulen. Die effektivste Option ist natürlich - sofern möglich - die Allergenkarenz. Zudem besteht die Möglichkeit der spezifischen Immuntherapie (SIT), welche durch die Hyposensibilisierung des Patienten gegen bestimmte Allergene besonders bei der saisonalen Rhinokonjunktivitis mit Erfolg eingesetzt wird. Ein drittes, sehr wichtiges Standbein ist die medikamentöse Behandlung allergischer Erkrankungen. Die diesbezügliche pharmakologische Forschung macht ständig Fortschritte, sodass neben den so genannten klassischen Pharmakagruppen eine Reihe neuer wirksamer Substanzen zur Verfügung stehen.
Dabei sind die pharmakotherapeutischen Angriffspunkte unterschiedlich: Verschiedene Immunsuppresiva (z.B. Glukokortikoide, Tacrolimus, Cyclosporin A) beispielsweise vermindern die Freisetzung von Zytokinen. Die Zytokinsekretion von Mediatoren aus Mastzellen oder anderen Entzündungszellen kann durch bestimmte membranstabilisierende Substanzen (Dinatriumcromoglycat, Nedocromil-Natrium) reduziert werden. Die Mediatoren selbst können ebenfalls inhibiert werden, zum Beispiel durch Antihistaminika oder Leukotrienantagonisten.
Die erste Ebene, an der die Symptome gelindert werden können, sind die Zielorgane. Beim Asthma bronchiale kommen Sympathomimetika sowie Anticholinergika und Methylxanthine zum Einsatz. Bei der Therapie der atopischen Dermatitis, der Rhinokonjunktivitis und der chronischen Urtikaria spielen dagegen Antihistaminika eine wichtige Rolle. Glukokortikoide eignen sich zur Behandlung aller Formen allergischer Erkrankungen. Sie können systemisch oder topisch angewandt werden und wirken unspezifisch antiinflammatorisch.
#Antihistaminika
Bei der antiallergischen Therapie mit Antihistaminika werden Histamin-H1-Rezeptorenblocker eingesetzt [3]. Sie hemmen mit unterschiedlicher Spezifität alle über H1-Rezeptoren vermittelten Histaminwirkungen. Dazu zählen unter anderem die histamininduzierte Konstriktion der Bronchialmuskulatur, die Dilatation kleiner Gefäße und Permeabilitätserhöhung der Kapillaren bei Schleimhautschwellung und Urtikaria sowie die Entstehung von Juckreiz und Niesen durch die Wirkung auf sensible Nervenendigungen.
Die Histamin-H1-Rezeptorenblocker wirken kompetitiv inhibierend indem sie an ihren Rezeptor binden, ohne ihn zu aktivieren. Lediglich in hohen Konzentrationen gibt es auch eine nichtkompetitive Hemmung. Dies verschiebt jedoch nicht nur die Dosiswirkungskurve von Histamin, sondern supprimiert gleichzeitig das Wirkungsmaximum.
Während bei einer allergischen Reaktion vom Soforttyp die Mastzellen Histamin in einer Konzentration von 10-5 bis 10-3 M freisetzen, beträgt die Konzentration der H1-Antagonisten nur 10-6 M - demnach sind deren Metaboliten pharmakokinetisch und -dynamisch von Bedeutung. Zusätzlich zur antagonistischen Wirkung am Rezeptor hemmt die Vorbehandlung mit H1-Antagonisten der zweiten Generation die Freisetzung von Mediatoren nach dem Allergenkontakt im Bereich der Nasenschleimhaut oder der Haut von Patienten mit vorbestehender Sensibilisierung.
Die H1-Antagonisten der ersten Generation (wie Clemastin, Hydroxyzin, Dimetinden und Promethazin) weisen noch eine ausgeprägte sedative Wirkung auf. Dies konnte bei Substanzen der zweiten Generation (wie Loratadin, Ketotifen, Terfenadin, Azelastin, Astemizol und Cetirizin) aufgrund ihrer hydrophilen Eigenschaften - sie können die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden - deutlich reduziert werden. Allerdings ist der antipruriginöse Effekt der Antihistaminika der neuen Generation leider auch schwächer, weshalb es gerade bei der atopischen Dermatitis Indikationen für die Behandlung mit den klasischen H1-Antagonisten geben kann. Zum Beispiel können die sedierenden Antihistaminika zur Nacht und die nichtsedierenden tagsüber eingenommen werden. H1-Rezeptorblocker der ersten Generation stimulieren außerdem auch muskarin-cholinerge, serotoninartige und α-adrenerge Rezeptoren, während Antihistaminika der zweiten Generation diese Eigenschaften nicht besitzen.
Einige Vertreter der Stoffklasse der Histamin-H1-Rezeptorenblocker der zweiten Generation zeichnen sich durch zusätzliche pharmakologische Wirkungen aus und bieten damit einen synergistischen Effekt bei der Therapie von Allergien. Dazu gehört die Hemmung der Prostaglandin-D2-Freisetzung von Mastzellen, die Hemmung der Migration von Eosinophilen zum Entzündungsherd sowie die Hemmung der Chemotaxis von Neutrophilen, Monozyten und T-Lymphozyten.
Histamin-H1-Rezeptorenblocker werden systemisch oder topisch eingesetzt - vor allem bei der Rhinokonjunktivitis [13] sowie urtikariellen oder juckenden Hauterscheinungen. Außerdem eignen sie sich zur Behandlung und Prophylaxe anaphylaktischer Reaktionen. Zu den unerwünschten Wirkungen gehören neben dem bereits genannten sedierenden Effekt bei den Antihistaminika der ersten Generation Mundtrockenheit und Obstipation. Alles in allem zählen die Antihistaminika zu den am häufigsten verordneten Medikamenten überhaupt.
#Sympathomimetika
Zur Therapie des Asthma bronchiale eignen sich β2-Sympathomimetika [10], um möglichst selektiv auf das Bronchialsystem einzuwirken. Unerwünschte, durch die β1-Rezeptoren am Herzen vermittelte Effekte wie Tachykardie oder Extrasystolie sind so zu minimieren. Die Bindung des Sympathomimetikums an seinen Rezeptor induziert die Aktivierung der Adenylatzyklase, wodurch ATP in cAMP umgewandelt wird. Letzteres wiederum führt über eine Verringerung der Kalziumkonzentration in den Zellen sowohl zu einer Relaxation der glatten Muskulatur des Bronchialtrakts als auch zu einer Hemmung der Mediatorfreisetzung aus den Mastzellen.
Auch β2-Sympathomimetika können systemisch oder topisch angewandt werden - die häufigste Applikationsform ist die über ein Dosieraerosol oder per Inhalation. Man unterscheidet kurz wirksame (z.B. Fenoterol, Salbutamol, Terbutalin und Reproterol) und lang wirksame (z.B. Formoterol und Salmeterol) Vertreter dieser Wirkstoffgruppe, sodass sowohl für den notfallmäßigen Einsatz bei einem Asthmaanfall als auch für die Dauertherapie verschiedene Substanzen zur Verfügung stehen. Im Rahmen einer Dauertherapie werden oftmals Kombinationspräparate - beispielsweise aus einem lang wirksamen β2-Sympathomimetikum mit einem inhalativen Glukokortikoid - gewählt [4]. Im anaphylaktischen Schock ist Adrenalin i.v. das Mittel der ersten Wahl.
Zu den unerwünschten Wirkungen der β2-Sympathomimetika gehören Unruhe und feinschlägiger Tremor. In der Schwangerschaft kann über die β2-Rezeptoren am Uterus gegebenenfalls eine Tokolyse bewirkt werden.
#Anticholinergika
Anticholinergika hemmen die Wirkung von Acetylcholin. Die bei der Asthmatherapie eingesetzten Atropinabkömmlinge Ipratropiumbromid und Oxitropiumbromid verhindern auf diese Weise eine durch die Stimulation muskarinartiger Acetylcholinrezeptoren vermittelte Bronchokonstriktion. Ipratropiumbromid und Oxitropiumbromid werden ausschließlich inhalativ angewandt. Im Vergleich zu den inhalativen β2-Sympathomimetika tritt die Wirkung verzögert ein und ist schwächer [10]. Unerwünschte Wirkungen sind Mundtrockenheit, bitterer Geschmack sowie eventuell Tachykardie und arterielle Hypertonie. Insgesamt ist diese Wirkstoffgruppe in der antiallergischen Pharmakotherapie eher von untergeordneter Bedeutung.
#Methylxanthine
Der exakte Wirkmechanismus der Methylxanthine Theophyllin und Aminophyllin ist nicht vollständig bekannt. Zwar inhibieren sie die Phosphodiesterase, wodurch der Abbau von cAMP verlangsamt wird, allerdings tritt dieser Effekt erst in viel höheren Konzentrationen auf, als es der klinischen Dosierung entspricht. Ein anderer vorstellbarer Wirkmechanismus wäre die Antagonisierung von endogenem Adenosin, welches an der Regulation der Mediatorfreisetzung aus der Mastzelle beteiligt ist [10] [14].
Methylxanthine haben einen bronchodilatatorischen Effekt. Sie aktivieren den Abtransport von Schleim durch die Flimmerhärchen, sie wirken zentral atemstimulierend und entzündungshemmend. Meist werden sie - wenn überhaupt - in Kombination mit anderen Antiasthmatika eingesetzt, weil eine Monotherapie nicht wirksam genug wäre. Außerdem gibt es eine Reihe unerwünschter Wirkungen, wie Nervosität und Schlaflosigkeit, Tachykardie und Extrasystolie, gastrointestinale Beschwerden oder Diuresesteigerung.
Ein weiterer Nachteil ist die große intra- und interindividuelle sowie altersabhängige Variabilität der Pharmakokinetik. Daher sind insbesondere im Kindesalter regelmäßige Kontrollen der Wirkstoffkonzentration im Blut nötig. Um einen möglichst konstanten Blutspiegel zu erreichen, wählt man bei einer chronischen Anwendung meist Retardpräparate, wobei entsprechend der physiologischen zirkadianen Rhythmik die Abenddosis höher sein sollte als die Morgendosis.
#Leukotrienantagonisten
Leukotriene sind Produkte des Arachidonsäuremetabolismus und werden in Mastzellen, Makrophagen, eosinophilen und basophilen Granulozyten synthetisiert. Sie haben eine sehr starke broncho-konstriktorische Wirkung (etwa 1000fach stärker als Histamin), führen zu einer erhöhten Kapillarpermeabilität und somit zur Ödembildung und bewirken eine vermehrte Schleimproduktion. Außerdem haben sie einen chemotaktischen Einfluss auf Entzündungszellen, vor allem auf eosinophile Granulozyten, und führen zu einer Sensitivierung von Nervenfasern. Ihre Beteiligung an der Pathogenese des Asthma bronchiale wird beispielsweise durch die erhöhten Leukotrienspiegel in der bronchoalveolären Lavage von Asthmapatienten deutlich.
Die Inhibition der 5-Lipoxigenase (Zileuton) oder auch die Blockade des Rezeptors kann den Einfluss der Leukotriene reduzieren. Zu den Rezeptorenblockern zählt neben Pranlukast, Tomlukast und Zafirlukast das Montelukast [8] [11] [15], welches eine hohe strukturelle Ähnlichkeit zum Leukotrien D4 hat und als selektiver Kompetitor wirkt. Seine antiinflammatorische und antikonstriktive Wirkung belegen verschiedene Experimente und Studien. Montelukast ist bislang der einzige in Deutschland zugelassene Vertreter der Leukotrienantagonisten. Zugelassen ist die Substanz für die Behandlung des chronischen Asthma bronchiale, im akuten Asthmaanfall hilft es nicht.
Meist wird Montelukast mit anderen Pharmaka wie topisch applizierten Glukokortikoiden kombiniert, um eine Reduktion der benötigten Dosis inhalativer Glukokortikoide zu erreichen. Gerade bei Kindern ab zwei Jahren ist, wie Studien zeigen, die recht einfache Anwendung (einmal täglich per os) und die dadurch günstige Therapietreue der Patienten ein großer Vorteil. Eine Indikation für den Einsatz der Montelukast-Monotherapie ist das belastungsinduzierte Asthma bronchiale, da in diesem Fall die asthmatische Spätreaktion fehlt. Laut klinischen Studien hat der Leukotrienantagonist hier - sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern - einen besseren protektiven Effekt als lang wirksame β2-Sympathomimetika.
Leider gibt es einen hohen Anteil von 25-50 % Patienten, die nicht auf die Therapie mit Montelukast ansprechen. Wahrscheinlich spielen hierbei Genpolymorphismen im Lipoxigenase-Pathway eine Rolle. Zu den unerwünschten Wirkungen gehören Infektionen der oberen Luftwege, gastrointestinale Beschwerden und Kopfschmerzen. Meist sind diese Nebenwirkungen nur leicht ausgeprägt, sodass ein Therapieabbruch nicht nötig ist.
#Mastzellstabilisatoren
Dinatriumcromoglycat (DNCG) hemmt den Kalziumeinstrom in die Zelle und bewirkt, dass weniger Allergiemediatoren durch die Zellmembran nach außen dringen und im Gewebe wirksam werden. Somit werden die Symptome einer IgE-vermittelten allergischen Reaktion reduziert [14]. Weil die Substanz oral schlecht resorbiert wird, erfolgt die Applikation topisch als mikronisiertes Pulver mittels Druckvernebler oder als Aerosol. Zudem eignet sich der Wirkstoff zur Behandlung der Rhinokonjunktivitis auch im Bereich der Nase und der Augen. Der maximale Effekt wird erst nach Tagen bis Wochen erreicht, weshalb Dinatriumcromoglycat als Langzeittherapeutikum eingesetzt wird.
Dinatriumcromoglycat spielt in der Pädiatrie eine wichtigere Rolle als in der Erwachsenenmedizin. Unerwünschte Wirkungen gibt es kaum.
Nedocromil-Natrium, ein Derivat der Pyranochinolindikarbonsäure, zeichnet sich, obwohl chemisch mit DNCG nicht verwandt, durch ein ganz ähnliches Wirkspektrum aus [14]. Zusätzlich reduziert es die Hyperreagibilität der Bronchien, da es auch auf die Nervenfasern wirkt. Nedocromil-Natrium wird ebenfalls topisch eingesetzt. Als unerwünschte Wirkung sei ein etwas bitterer Geschmack genannt.
#Glukokortikoide
Glukokortikoide haben in der Pharmakotherapie allergischer Erkrankungen einen wichtigen Stellenwert. Werden Zellen diesem Wirkstoff ausgesetzt, sezernieren sie Lipokortin - ein Glykoprotein, das die Phospholipase A2 inhibiert. Damit wird weniger Arachidonsäure freigesetzt und auch deren Abkömmlinge, wie die im Zyklooxygenaseweg entstehenden Prostaglandine oder die durch die Lipoxigenase gebildeten Leukotriene, liegen demnach nur in geringeren Konzentrationen vor. Herabgesetzt wird auch die Wirkung von Histamin und Kinin. Mehrere Zytokine, besonders Interleukin(IL)-1, IL-2 und Tumornekrosefaktor(TNF)-α, werden ebenfalls in reduziertem Maße freigesetzt. Die Monozyten kommen im peripheren Blut in erniedrigter Menge vor und haben eine verringerte Bakterizidie, Chemotaxis und Migrationsfähigkeit. All diese Effekte sind wenig spezifisch. Dennoch hat sich der Einsatz von Kortikosteroiden in der antiallergischen Therapie sehr bewährt.
In Abhängigkeit von der Halbwertszeit unterteilt man die Glukokortikoide in kurz wirksame (Kortison, Kortisol), mittel wirksame (Prednison, Prednisolon, Methylprednisolon) und lang wirksame Präparate (Dexamethason, Triamcinolon). Indikationen für eine intravenöse Applikation in hoher Dosierung sind anaphylaktische Reaktionen und der Status asthmaticus. Manchmal kann auch zur Vermeidung einer dramatischen Verschlechterung eines chronischen Krankheitsverlaufs eine systemische Kortisonstoßtherapie angebracht sein. Längerfristige Kortikosteroidanwendungen sollten, wenn irgend möglich, topisch erfolgen, um die systemischen Nebenwirkungen auf ein Minimum zu reduzieren. Hauptindikationen hierfür sind das Asthma bronchiale mit der inhalativen Gabe (Budesonid, Beclometason, Fluticason) und die atopische Dermatitis mit der Anwendung in Form von Externa [5]. Auch bei der perennialen Rhinitis kann eine lokale Glukokortikoidanwendung angebracht sein.
Die unerwünschten Wirkungen bei einer langfristigen systemischen Gabe von Kortikosteroiden (Infektanfälligkeit, Wundheilungsstörung, Cushing-Symptomatik, Wachstumsverzögerung, Osteoporose, Ulcus ventriculi, psychische Veränderungen usw.) können mithilfe einer topischen Applikation fast vollständig vermieden werden. Gerade bei Kindern ist dies wegen des Wachstums besonders wichtig.
So betragen beispielsweise die empfohlenen Dosierungen für inhalative Glukokortikoide im Kindesalter bei Budesonid bis zu 600 μg/d, bei Beclometason bis zu 500 μg/d und bei Fluticason bis 300 μg/d. In diesen geringen Mengen kommt es auch im Rahmen einer Langzeittherapie in der Regel zu keiner Nebennierenrindensuppression, die bronchiale Hyperreagibilität wird aber signifikant verringert. Nach dem Inhalieren sollte der Mund ausgespült werden, um lokale Nebenwirkungen wie eine Pilzinfektion oder Heiserkeit zu vermeiden.
Was die Indikation bei der atopischen Dermatitis betrifft, sollte man wegen möglicher lokaler Nebenwirkungen wie Hautatrophie, Pigmentverschiebungen oder der Entstehung von Teleangiektasien eine längere Anwendung im Gesicht unbedingt vermeiden.
#Tacrolimus, Pimecrolimus
Tacrolimus (FK-506) und Pimecrolimus (SDZ-ASM-981) gehören zur Wirkstoffgruppe der Makrolaktamderivate des Ascomycins [1] [12]. Sie haben eine hohe antiinflammatorische Aktivität, da sie unter anderem die Bildung von zytotoxischen T-Lymphozyten, von IL-2 und IL-3 sowie von INF-γ inhibieren. Tacrolimus wirkt dabei stärker als Pimecrolimus. Bisher wurde die Substanz zur Verhinderung von Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantation in Form einer systemischen Applikation eingesetzt.
Als Salbe eignen sich beide Wirkstoffe aber auch zur lokalen Behandlung der atopischen Dermatitis. Innerhalb von Minuten kann Tacrolimus in einer Salbengrundlage mit einer Konzentration von 0,03 % den Juckreiz lindern, die Hauterscheinungen bessern sich nach einigen Tagen. Als Vorteil der Substanzen gilt das Ausbleiben der von den Kortikosteroiden bekannten unerwünschten Wirkungen, wie Hautatrophie. In Deutschland werden Tacrolimus und Pimecrolimus ab dem dritten Lebensjahr in den Fällen, in denen eine länger als zwei Wochen andauernde topische Glukokortikoidthearapie keinen Erfolg gezeigt hat, eingesetzt.
Allerdings gibt es noch keine Langzeitstudien bezüglich möglicher systemischer Nebenwirkungen. Hier bietet Pimecrolimus den Vorteil der geringeren Permeation und damit geringeren Resorption. Da die Resorptionsquote interindividuell sehr schwankt, sollten die Medikamentenspiegel im Blut bestimmt werden. Der immunsuppressive Effekt kann aber lokale Infektionen begünstigen. Auch die Fotokanzerogenität der Substanzen ist zu beachten. Aus diesem Grund soll eine Stunde nach Auftragen der entsprechenden Salbe zusätzlich eine Lichtschutzsalbe mit einem Faktor von mindestens 25 angewandt werden. Leider besteht aus galenischen Gründen die Salbengrundlage bei Tacrolimus und Pimecrolimus aus Vaseline, deren Hydrophobie bei der Behandlung der atopischen Dermatitis nicht ideal ist.
#Immunsuppressiva
Cyclosporin A ist ein von Pilzen (z.B. Trichoderma polysporum und Tolypocladium inflatum) gebildetes zyklisches Polypeptid aus elf Aminosäuren [2]. Es inhibiert selektiv IL-2 in den CD-4-Helferzellen. Azathioprin dagegen ist ein Antimetabolit, und zwar ein Imidazolderivat von 6-Mercaptopurin [7]. Indem es die Proliferation von CD-2-, CD-4- und CD-56-Zellen und die Synthese von IL-2, TNF-α, INF-α sowie INF-γ inhibiert, hemmt Azathioprin die zelluläre Immunantwort. Zu den Antimetaboliten zählt auch Mycophenolatmofetil, ein reversibler Inhibitor der Inosinmonophosphatdehydrogenase und damit der Purinbiosynthese. Alle drei Substanzen werden als Immunsuppressiva bei allogenen Organtransplantationen sowie bestimmten Autoimmunerkrankungen eingesetzt.
Nur in extrem schweren Fällen können sie auch zur Therapie der atopischen Dermatitis genutzt werden - und zwar in Form einer systemischen Applikation. Es wird empfohlen, Cyclosporin A über maximal sechs Monate in der niedrigsten therapeutisch wirksamen Dosis zu geben, anschließend sollte die Substanz über drei Monate lang in reduzierter Dosierung gegeben werden. In besonderen Ausnahmefällen können auch Azathioprin oder Mycophenolatmofetil eingesetzt werden - allerdings fehlen hier noch kontrollierte klinische Studien, sodass für diese Indikation keine offizielle Zulassung besteht.
#Ausblick
Die Forschung im Bereich der Pharmakotherapie allergischer Erkrankungen geht ständig weiter. Ein innovativer Ansatz ist die Blockade von IgE, einem Schlüsselfaktor in der allergischen Reaktionskaskade. So bindet der rekombinante Anti-IgE-Antikörper Omalizumab an freies IgE und fängt dieses sozusagen ab, bevor es an eine Mastzelle binden kann [6] [9]. Beispielsweise für Patienten, bei denen die anderen therapeutischen Interventionen nicht zum gewünschten Erfolg führen, könnte dieser Therapieansatz als subkutane Injektion zur Pollenflugsaison indiziert sein. Mit einer Zulassung in Deutschland ist bald zu rechnen.
Wirkstoffgruppen |
Pharmaka [*] |
Antihistaminika |
Desloratadin (Aerius®) [3. Generation] Loratadin (Lisino®) [2. Generation] Cetirizin (Zyrtec®), Levocetirizin (Xusal®)[2. Generation] Ketotifen (Zaditen®) [2. Generation] Terfenadin (Teldane®) [2. Generation] Azelastin (Alergodil®) [2. Generation] Astemizol (Hismanal®) [2. Generation] Cetirizin (Zyrtec®) [2. Generation] Clemastin (Tavegil®) [1. Generation] Hydroxyzin (Atarax®) [1. Generation] Dimetinden (Fenistil®) [1. Generation] Promethazin (Atosil®) [1. Generation] |
Sympathomimetika |
Fenoterol (Berotec®) [kurz wirksam] Salbutamol (Sultanol®) [kurz wirksam] Terbutalin (Bricanyl®) [kurz wirksam] Reproterol (Bronchospasmin®) [kurz wirksam] Formoterol (Oxis®) [lang wirksam] Salmeterol (Serevent®) [lang wirksam] |
Anticholinergika |
Ipratropiumbromid (Atrovent®) Oxitropiumbromid (Ventilat®) |
Methylxanthine |
Theophyllin (Euphylong®) Aminophyllin (Aminophyllin®) |
Leukotrienantagonisten |
Montelukast (Singulair®) |
Mastzellstabilisatoren |
Dinatriumcromoglycat = DNCG (Cromolyn®) Nedocromil-Natrium (Tilade®) |
Glukokortikoide |
Kortison [kurz wirksam] Kortisol [kurz wirksam] Prednison [mittel wirksam] Prednisolon [mittel wirksam] Methylprednisolon [mittel wirksam] Dexamethason [lang wirksam] Triamcinolon [lang wirksam] Budesonid (Pulmicort®) [inhalativ] Beclometason (Bronchocort®) [inhalativ] Fluticason (Flutide®) [inhalativ] |
Tacrolimus, Pimecrolimus |
Tacrolimus = FK-506 (Protopic®) [extern] Pimecrolimus = SDZ-ASM-981 (Elidel®) [extern] |
Immunsuppressiva |
Cyclosporin A (Sandimmun optoral®) Azathioprin (Imurek®) Mycophenolatmofetil (Cellcept®) |
Kombinationspräparate |
Reproterol + DNCG (Aarane®, Alergospasmin®) Formoterol + Budesonid (Symbicort®) Salmeterol + Fluticason (Viani®) |
1 *angegeben ist jeweils nur ein Handelsname als Beispiel
Asthma-Schweregrad |
Therapie |
Schweregrad 1 |
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Schweregrad 2 |
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Schweregrad 3 |
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Schweregrad 4 |
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nach den Leitlinien der Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie und den Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga |
Literatur
- 1 Gupta AK, Adamiak A, Chow M. Eur J Acad Dermatol Venerol. 2002; 16 100-114
- 2 Harper JI, Berth-Jones J, Camp RD. et al. . Dermatology. 2001; 203 3-6
- 3 Howarth P. Clin Allergy Immunol. 2002; 17 179-220
- 4 Kuna P, Kuprys I. Int J Clin Pract. 2002; 56 797-803
- 5 Leung DY, Bieber T. Lancet. 2003; 361 151-160
- 6 Leung DY, Sampson HA, Yunginger JW. et al. . N Engl J Med. 2003; 348 986-993
- 7 Meggitt SJ, Reynolds NJ. Clin Exp Dermatol. 2001; 26 369-375
- 8 Münzel F, Mühlhäuser U, Eschenhagen T. Dtsch Med Wochenschr. 2002; 127 2337-2339
- 9 Owen CE. Pulm Pharmacol. 2002; 15 417-424
- 10 Paul K, Reinhardt D. In: Wahn U, Seger R, Wahn V (Hrsg). Pädiatrische Allergologie und Immunologie. München, Jena: Urban & Fischer. 1999; 238-249
- 11 Peters SP. J Allergy Clin Immunol. 2003; 111 62-70
- 12 Reitamo S, Remitz A, Kyllonen H. et al. . Am J Clin Dermatol. 2003; 3 381-388
- 13 Rosenwasser LJ. Am J Med. 2002; 113 17-24
- 14 Schopf RE. In: Schopf RE (Hrsg). Allergologie systematisch. Bremen, Lorch/Württemberg: UNI-MED Verlag. 1997; 332-339
- 15 Thomson NC, Shepherd M. Thorax. 2003; 58 190-192
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. Axel Fischer
Klinische Forschergruppe Allergologie
Charité, Campus Virchow-Klinikum
Humboldt-Universität
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin
Literatur
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