Gesundheitswesen 2003; 65(7): 423-424
DOI: 10.1055/s-2003-40804
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Wer falsch druckt, den bestraft der Leser

Faulty Printing Will be Punished by the ReaderF. Beske1
  • 1Fritz Beske Institut für Gesundheits-System-Forschung Kiel
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Prof. Dr. med. Fritz Beske

Fritz Beske Institut für Gesundheits-System-Forschung Kiel

Weimarer Straße 8

24106 Kiel

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Juli 2003 (online)

Inhaltsübersicht #

Vorbemerkung

Bedürfnisse und Stimmungen in der Bevölkerung rechtzeitig zu erfassen: Dies ist der Hintergrund für die Aussage von Michail Gorbatschow: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.” Das sich drucktechnisch verändernde Angebot an Printmedien, von der Tageszeitung bis zum Buch, erlaubt eine Abwandlung dieses Ausspruchs: „Wer falsch druckt, den bestraft der Leser.”

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Worum geht es?

Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Zahl älterer Menschen kontinuierlich steigt. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Frau liegt in Deutschland bei rund 80 Jahren, die des Mannes bei rund 74 Jahren - mit kontinuierlich steigender Tendenz. Zahlenmäßig gut besetzte Altersgruppen wachsen in ein höheres Lebensalter hinein. So steigt die Zahl der Einwohner, die 65 Jahre und älter sind, von 13,1 Millionen im Jahr 1999 auf 19,9 Millionen im Jahr 2030.

Mit zunehmendem Alter lässt die Sehkraft nach. Das verminderte Sehvermögen kann zum Teil durch eine Operation (z. B. grauer Star) oder durch eine Brille verbessert werden, doch es gibt Grenzen. So führt die ebenfalls mit dem Alter zunehmende Makuladegeneration zu einem zentralen Sehschärfenverlust, der nur in wenigen Fällen durch eine Operation und nur bedingt, wenn überhaupt, durch eine Brille korrigiert werden kann. Damit gewinnen für diesen Leserkreis zwei Faktoren an Bedeutung: die Lichtstärke beim Lesen und das Schriftbild, letztlich auch das Vergrößerungsglas, die Lupe. Die Lichtstärke zu verbessern liegt in der Hand des Lesers. Das Schriftbild kann nur von dem Anbieter von Printmedien verbessert werden.

Es ist eine alltägliche Beobachtung, dass erst gar nicht der Versuch gemacht wird, bestimmte Druckerzeugnisse zu lesen oder dass das Lesematerial nach kurzer Zeit aus der Hand gelegt wird, weil das Lesen zu anstrengend und damit zu ermüdend ist. Dies kann nicht im Interesse desjenigen liegen, der geschrieben hat, damit sein Druckerzeugnis gelesen wird. Es liegt schon gar nicht im Interesse des Lesers, der damit von bestimmten Druckerzeugnissen ausgeschlossen wird.

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Drei goldene Regeln

Zu kleine Schrift. Der Rationalisierungsdruck führt dazu, dass der Versuch unternommen wird, möglichst viel Text auf einer Seite unterzubringen. Das Ergebnis ist eine Verkleinerung der Buchstaben. Es ist zum Teil nicht nachvollziehbar, was damit dem Leser zugemutet wird. Die erste Regel also lautet:

  • ausreichend große Schrift

Zu wenig Kontrast. Es ist verständlich, das Schriftbild durch eine andere Farbe als schwarz verbessern zu wollen, zum Beispiel durch einen Grauton. Auch wird, um eine Textpassage herausheben zu wollen, der Untergrund getönt, wobei ebenfalls grau eine beliebte Farbe ist. Beides macht es schwierig, den Text mühelos lesen zu können, wobei es durchaus Unterlegungen gibt, die den Text deutlicher machen, z. B. schwarze Schrift auf gelbem Untergrund. Damit lautet die zweite Regel:

  • ausreichend großer Kontrast zwischen Buchstaben und Hintergrund

Text auf einem bildhaften Untergrund. Häufig wird der Text in einen bildhaften mehrfarbigen Untergrund eingestellt, insbesondere in Zeitschriften. Die Lesbarkeit des Textes wird dadurch noch mehr beeinträchtigt als bei einem zu geringen Kontrast zwischen Text und Untergrund. Die dritte Regel lautet daher:

  • Trennung von bildhaftem Untergrund und in diesen Untergrund eingestelltem Text

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Diskurs Fernsehen

Alle drei Regeln gelten analog auch für das Fernsehen. Der ältere Mensch, der wohl in der Regel häufiger fernsieht als der Durchschnittsbürger, hat in erster Linie den Wunsch nach einer ausreichend großen Schrift. Er hat aber darüber hinaus den Wunsch, dass der Text ausreichend lange stehen bleibt, da anderenfalls der Text weder gelesen noch aufgenommen werden kann.

Das Problem von Sendezeiten ist beim Fernsehen vergleichbar dem Problem bei Printmedien, möglichst viel auf einer Seite unterzubringen. Aber auch hier gilt: Wenn Information vermittelt werden soll, müssen die Rahmenbedingungen stimmen.

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Schlussbemerkung

Die Medien wollen Information vermitteln, der Benutzer von Medien will Information erhalten. Beides ist für ältere Menschen und damit für eine zunehmend größere Zahl von Mediennutzern nur dann möglich, wenn von den Medien die biologische Besonderheit „nachlassende Sehkraft mit zunehmendem Alter” berücksichtigt wird. Der ältere Mensch wird es den Medien durch eine stärkere und vor allen Dingen auch verarbeitete Aufnahme von Informationen danken.

Prof. Dr. med. Fritz Beske

Fritz Beske Institut für Gesundheits-System-Forschung Kiel

Weimarer Straße 8

24106 Kiel

Prof. Dr. med. Fritz Beske

Fritz Beske Institut für Gesundheits-System-Forschung Kiel

Weimarer Straße 8

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