Der Klinikarzt 2003; 32(7): 225
DOI: 10.1055/s-2003-40955
Zum Thema

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Solide Tumoren

V. Heinemann, W. Hiddemann
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Gasteditor PD Dr. V. Heinemann

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Gasteditor Prof. Dr. W. Hiddemann

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. August 2003 (online)

Inhaltsübersicht

    Betrachtet man den medizinischen Fortschritt allein aus dem Blickwinkel der neuen Substanzen, die für die Behandlung solider Tumoren zur Verfügung stehen, dann wird klar, dass nennenswerte Fortschritte auf diesem Gebiet zu verzeichnen sind, die letztendlich auch in dieser Ausgabe des klinikarzt ihren Niederschlag finden. Unter den Chemotherapeutika sind insbesondere Irinotecan und Oxaliplatin zu nennen, die beim metastasierten kolorektalen Karzinom nahezu eine Verdoppelung der Überlebenszeiten von 10-13 auf über 20 Monate erreicht haben. Das oral verfügbare Capecitabin verspricht im Vergleich zu 5-Fluorouracil eine leichtere Handhabung bei besserer Verträglichkeit und mindestens gleicher Effektivität.

    Auf dem Gebiet des Pankreaskarzinoms hat Gemcitabin die Entwicklung einer effektiven und nebenwirkungsarmen Behandlung eingeleitet. Diese fand ihren Anfang im Nachweis der Chemotherapiesensitivität des metastasierten Pankreaskarzinoms und wird derzeit durch die Kombination von Gemcitabin mit einer simultanen Bestrahlung sehr erfolgreich auch bei lokal fortgeschrittenen Pankreastumoren fortgesetzt. Pemetrexed, ein neues Antifolat, hat sich nicht nur beim Pankreaskarzinom als effektiv erwiesen, es hat in Kombination mit Cisplatin beim Pleuramesotheliom eine neue Ebene einer wirkungsvollen Chemotherapie eröffnet.

    Auf dem Gebiet der endokrinen Therapie des metastasierten Mammakarzinoms, haben die Aromatasehemmer der dritten Generation zunächst in der Zweitlinientherapie ihre Überlegenheit gegenüber Megestrolacetat bewiesen, um dann in der endokrinen Erstlinientherapie eine mindestens gleiche - und in einigen Studien überlegene - Wirkung im Vergleich zu Tamoxifen zu zeigen. Das Spektrum der endokrinen Therapiemöglichkeiten wird Fulvestrant in Zukunft bereichern. Denn dieses reine Antiöstrogen wirkt auch noch nach einer Vorbehandlung mit Tamoxifen.

    Der therapeutische Einsatz monoklonaler Antikörper gegen Wachstumsfaktorrezeptoren wurde bei den soliden Tumoren durch Trastuzumab eingeleitet, das beim HER-2/neu überexprimierenden metastasierten Mammakarzinom neben einer Eigenwirksamkeit auch eine synergistische Interaktion mit konventionellen Chemotherapeutika eingeht. Beim kolorektalen Karzinom zeigen erste Studien, dass der EGF-Rezeptor-Antikörper Cetuximab einerseits als Monotherapie aktiv ist, andererseits aber auch bei mit Irinotecan vorbehandelten Patienten die Chemosensitivität gegenüber Irinotecan wiederherstellen kann.

    Die wohl weit reichendsten Entwicklungen der Substanzgeneration spielen sich auf der Ebene der Tyrosinkinaseinhibitoren ab. Die Schwierigkeit der Einordnung dieser Substanzen in die Tumortherapie zeigt sich nicht zuletzt am Beispiel von IressaTM. Dieser Tyrosinkinaseinhibitor erwies sich in der Zweitlinientherapie des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms zwar als effektiv, erbrachte aber in Kombination mit einer auf Gemcitabin oder Taxanen basierten Erstlinienchemotherapie keinen zusätzlichen Nutzen für das Überleben. Zu einer beeindruckenden Wirkung jedoch führte der Einsatz des Tyrosinkinaseinhibitors Imatinib beim gastrointestinalen Stromatumor: Bei dieser bisher als wenig chemotherapiesensibel geltenden Tumorentität konnten Remissionsraten bis 54 % induziert werden.

    Die jüngere Geschichte zeigt, dass die zielorientierten, biologisch aktiven Substanzen eine zum Teil beachtenswerte Eigenaktivität haben, aber durchaus auch mit nennenswerten Nebenwirkungen verbunden sind. Zusammen mit herkömmlichen Chemotherapeutika sind vielfach synergistische Effektivitätssteigerungen zu beobachten. Immer klarer wird es daher, dass diese Medikamente die herkömmliche Chemotherapie nicht ersetzen, sondern vielmehr im Zusammenspiel mit dieser eine neue Qualität der Behandlung ermöglichen.

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