Zentralbl Gynakol 2003; 125(3/4): 97-101
DOI: 10.1055/s-2003-41865
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Mammakarzinom - Operative Therapie und Lebensqualität

Cancer of the breast - Surgery and quality of lifeH. Schröer1 , P. Biel1 , P. Schmidt-Rhode1
  • 1Frauenklinik Barmbek-Finkenau · Zentrum für Frauenheilkunde, Geburtsmedizin und Senologie · Perinatalzentrum, Brustzentrum Hamburg
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Publication Date:
04 September 2003 (online)

Lebensqualität stellt ein multidimensionales Konzept dar, das die subjektive Bewertung körperlichen, seelischen und sozialen Erlebens als Kernpunkt des Prozesses begreift (Konsensuskonferenz Heidelberg 1990). Lebensqualität ist im Wesentlichen durch 3 Dimensionen bestimmt:

die somatische Dimension, die psychische Dimension und die soziale Dimension.

Übertragen auf die Mammakarzinomerkrankung wird die somatische Dimension durch das so genannte Impairment und die Disability charakterisiert (Tab. [1]). Das so genannte Handicap beschreibt die psychische Dimension (Punkte A und C, Tab. [1]) sowie den sozialen Bereich (Punkte B und D, Tab. [1]).

Tab. 1 Auswirkungen des Mammakarzinoms auf die Lebensqualität (nach der WHO-Klassifikation) über Behinderung(mod. nach Schüle 1980) Schaden (impairment) - Amputation - Radikaloperation (mit Entfernung des großen und kleinen Brust- muskels) - Teiloperation (mit Entfernung des kleinen Brust- muskels) - Brustoperation (mit Erhaltung der Brustmuskeln) - brusterhaltend (nur Entfernung des Tumors oder des tumortragenden Segments bzw. Quadranten) - Aufbauplastik - ca. 10 % - Lymphödem - ca. 10-30 % Funktionelle Einschränkungen (disability) - Bewegungseinschränkungen im Arm/Schulter-Bereich- Haltungsabweichung - Einschränkung im Tragen von Lasten - ADL - Ankleiden, Kämmen - Haushalt - Freizeit Soziale Auswirkungen (handicap) A Persönlicher Bereich - Schlafstörungen - Selbstwert - Depressionen - Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit - Angst - sexuelle Identität - Störungen des Körpergewichts B Beruflicher Bereich - Berufswechsel/Versetzung - Berentung C Familiärer Bereich - Qualität der Partnerbeziehung - sexuelle Probleme - Scham und Schuldgefühle D Sozialer Bereich - Abwehr von Freundschaften - Vermeidungshaltung - Kommunikationsstörungen - Abnahme von sozialen und Freizeitaktivitäten - Isolation

Philosophisch betrachtet ist die Auseinandersetzung mit dem eigenen „Ich ” von zentraler Bedeutung für die Erlangung bzw. Realisierung von Lebensqualität. Diese wird in dem Gedicht „Die Brücke” aus Sicht der Autorenschaft treffend zum Ausdruck gebracht:

Von Ewigkeit zu Ewigkeit
Fü hrt eine Brücke.
Doch ist sie schmal
Wie eines Messers Scheide.
Sie führt von dem was war,
zu dem was wird,
und auf der Brücke
gibt es kein Begegnen -
es sei denn, mit sich selbst.
Wer seitwärts blickt
Verliert sich.

Wer stehen bleibt
Stürzt ab.
Die Brücke baut
Im Gehen sich.
Die Brücke ist
Das eigene Ich

Die operative Therapie des Mammakarzinoms hat sich in den letzten 30 Jahren erheblich gewandelt. Durch die Integration der brusterhaltenden Therapie und der rekonstruktiv ästhetischen Techniken in die chirurgische Brustbehandlung hat sich im Grunde eine völlig neue komplexe brustchirurgische Operationslehre etabliert.

Im Bereich der ablativen Techniken existiert heute neben der radikal modifizierten Mastektomie nach Pattey die Skin-sparing-Mastektomie mit unterschiedlichen Volumina des Hauterhaltes und unterschiedlichen innerhalb der ehemaligen Brustgrenzen geführten Schnittlinien sowie seit neuerem die wieder eingeführte Diskussion der subkutanen Mastektomie (Erhalt der Brustwarze).

Im Bereich der brusterhaltenden Behandlungen werden über einfache Schnitt-Techniken bogenförmige Schnitte im Rahmen der Hautspaltlinien über dem Tumor, bei zentralem Sitz periareolär komplexe ästhetische Umschneidungsfiguren, wie zentrale ovale Mastopexiefiguren, schmetterlingsförmige querovale Mastopexiefiguren, Reduktionsfiguren, zur Erweiterung der BET-Indikation angeboten.

Abb. 1 a Einfache BET.
Abb. [1 b], c, d und e Querovale schmetterlingsförmige BET.
Abb. [1 f] Entfernung der Brustwarze bei BET (zentraler Tumorsitz).
Abb. [1 g] und [h] Reduktionsplastik bei zentralem Tumorsitz.
Abb. [1 i] Ovale zentrale Mastopexiefigur.

Abb. 1 b

Abb. 1 c

Abb. 1 d

Abb. 1 e

Abb. 1 f

Abb. 1 gund [h]

Abb. 1 h

Abb. 1 i

Von entscheidender Bedeutung bei der brusterhaltenden Therapie ist nach Operation und Bestrahlung das äußere kosmetische Resultat. Dieses ist jedoch nicht der einzige Endpunkt der Beurteilung einer guten brusterhaltenden Therapie. Vielmehr, in der Literatur wenig fokussiert, stellt auch das Problem der so genannten „inneren Kosmetik”, nämlich die gute posttherapeutische Kontrollierbarkeit der Brust in der Nachsorge, einen ernst zu nehmenden Qualitätsfaktor dar. Die Operations- und Bestrahlungstechnik muss ein Resultat bieten, das eine gute Diagnostizierbarkeit der Brust mit einfachen Methoden wie der Mammographie und der Sonographie sowie der Tastuntersuchung zulässt. Gegebenenfalls soll das Tumorbett mit Titanclips markiert werden, um bei komplizierteren ästhetischen Operationstechniken, bei denen Parenchymverschiebungen unterschiedlichster Ausdehnung und Art auftreten können, das ehemalige Tumorbett zu kennzeichnen (Abb. [1 e]). Eine weitere Ergänzung der brusterhaltenden Therapie stellen neuere so genannte „ onkoplastische” Operationsmethoden dar, in denen bei partiellem Brusterhalt gesundes Hautweichteilgewebe, z. B. vom Bauch (TRAM) oder vom Rücken (Latissimus), eingeschwenkt wird in den durch die Operation entstandenen Defekt bei Tumorentfernung (Abb. [2 e]). Hier wird gesundes Gewebe fremder Regionen im Rahmen der adjuvanten Strahlentherapie postoperativ dann einer Bestrahlung wie die übrige Brust zugeführt. Indikationen zu solchen Techniken sowie prospektive oder retrospektive Studien, was die harten onkologischen Daten, die Kosmetik sowie die Lebensqualität betrifft, liegen aktuell nicht vor.

Darüber hinaus werden nach ablativen Techniken eine Vielfalt von Rekonstruktionsverfahren sowohl primär in unmittelbarem Zusammenhang mit der Mastektomie als auch sekundär nach entsprechendem Zeitintervall angeboten. Neben reinen heterologen Techniken mit Expander und Prothese werden kombinierte Techniken mit Hautweichteilersatz wie Oberbauchverschiebeplastiken, thorakoepigastrischer Lappen, aber auch Latissimus-dorsi-Lappen oder TRAM-Lappen angeboten neben reinen autologen Techniken mittels Latissimus- und TRAM-Lappen.

Bezüglich der Rekonstruktionstechniken muss darauf hingewiesen werden, dass die Patientinnen umfassend über diese operative Behandlung sowohl in der Durchführung bezüglich der Anzahl der Operationen wie auch fokussiert auf das endgültige kosmetische Endergebnis beraten werden müssen. Der eigentliche Rekonstrukionsweg ist vor dem Hintergrund definiert, mit der einfachsten Methode das mö glichst beste Ergebnis zu erzielen. In der Regel sind hierzu mindestens zwei, häufig aber drei oder vier operative Schritte im zeitlichen Intervall notwendig, was Bestandteil der Aufklärung und Erörterung mit den Patientinnen sein muss. Die Zielvorstellung des Therapeuten muss nicht zwangsläufig identisch mit der der Patientin sein. Häufig sind aus therapeutischer Sicht insuffiziente Rekonstruktionsergebnisse für die Patientin völlig ausreichend, da ein entsprechendes Dekolleté unter dem BH und der weiteren Bekleidung hergestellt ist und eine Formoptimierung sowie Nippel-/Areola-Rekonstruktion nicht gefragt ist (Abb. [2 a] und [2 b]).

Abb. 2 a-h

Abb. 2 b

Abb. 2 c

Abb. 2 d

Abb. 2 e

Abb. 2 f

Abb. 2 g

Abb. 2 h

Wichtig erscheint auch, dass der Patientin im Rahmen der Besprechung klar gemacht wird, dass durch Laienpresse hervorgerufene Erwartungshaltungen nicht immer den Realitäten entsprechen müssen. Hier werden häufig die Operationstechniken entproblematisiert, so dass der Eindruck einer leichten Durchführbarkeit und Rekonvaleszenz nach Operation erweckt wird (Abb. [2 c]).

Beim myokutanen Schwenklappen kommt es nicht nur zu Defekten im Bereich der Thoraxwand, sondern auch im Bereich der Spenderregion, beispielsweise am Rücken oder im Bereich des Unterbauches. Hier entstehen neben einer gewissen muskulären Schwäche weitere Narben.

Bei der Durchführung einer kombinierten heterologen/autologen Latissimus-Rekonstruktion muss vor dem Hintergrund einer Skinsparing-Mastektomie ein Latissimus-Schwenklappen zur optimalen Formgebung und zur Verstärkung des Hautweichteilpolsters eingeschwenkt und zunächst primär mittels eines Expanders hinterlegt werden, um eine endgültige Formgebung zu erreichen. In einem Sekundäreingriff muss dann der Expander gegen die Prothese ausgetauscht werden, ggf. im Zusammenhang mit einer Nippel-/Areola-Rekonstruktion (Abb. [2 g]).

Eine rein autologe Latissimus-Rekonstruktion ist nur bei kleiner bzw. mittelgroßer Brust in Abhängigkeit der Relation des am Rü cken zur Verfügung stehenden Hautweichteilgewebes möglich (Abb. [2 h]). Hier ergibt sich eine individuelle Entscheidungsnotwendigkeit.

Das natürlichste Ergebnis, auch für die weitere körperliche Entwicklung und zukünftig sich darstellende körperliche Veränderung, bietet der Transversus-rectus-abdominis-cutaneus-Lappen (TRAM-Lappen). Hier sind je nach Volumen der Bauchhaut auch größere Brustvolumina rekonstruierbar. Formverändernde Operationen der gesunden kontralateralen Brust zur Symmetrieoptimierung sind häufig nicht notwendig (Abb. [2 f]).

Hier ist darauf hinzuweisen, dass bei mammographischer Kontrolle das Fettgewebe eines TRAM-Lappens durchaus Brustgewebe authentisch imitieren kann, so dass den nachsorgenden Röntgenologen diese Information übermittelt werden muss, da sie sonst die entsprechenden Bilder nicht einordnen können (Abb. [2 d]).

Was also die somatische Komponente der brusterhaltenden Therapie im Verhältnis zur abladierten Technik betrifft, ist die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität nicht unbedingt als geringer einzuschätzen, sondern bei autologen Rekonstruktionstechniken eher noch von größerem Umfang. Was nicht berücksichtigt ist, ist hier die Lymphonodektomie der Axilla, die bei beiden operativen Alternativen nach wie vor durchgeführt wird und ggf. in näherer oder weiterer Zukunft durch die zusätzliche Möglichkeit der Sentinel- Notebiopsie (siehe Kapitel in diesem Buch) ergänzt wird.

Die Studienlandschaft zur Beurteilung der Lebensqualität für Mammakarzinom-Patientinnen fokussiert auf die angewandte Operationstechnik, ist weiterhin im Fluss und sehr uneinheitlich. Eine der wesentlichen Diskussionspunkte sind die Erfassungsinstrumente der Lebensqualität, die gerade auch in neuerer Zeit durch die Marburger Arbeitsgruppe um Prof. Lorenz eine Entwicklung erfahren hat. Darüber hinaus ist die Randomisierung bei prospektivem Ansatz ein erhebliches Problem, beispielsweise zwischen brusterhaltender und abladierender Therapie, da diese Patientinnen keine Präferenz für irgendeine Therapie haben dürfen. Durch die vielfältige Vorinformation der Patientschaft bestehen aber bereits häufig klare Vorstellungen und Wünsche der Patientinnen, die nur eine operative Alternative zulassen. Dadurch existiert im Bereich der Lebensqualitätsforschung ein weites Repertoire der unterschiedlichsten Studienarten, die beispielsweise eine Meta-Analyse äußerst schwierig machen. Dennoch liegen einige Meta-Analysen vor, die eine halbwegs interpretierbare Übersicht bieten. Die Studien unterscheiden sich zum Teil durch erhebliche Intervalle zwischen OP-Zeitpunkt und Auswertung, so genannte Short- und Long-term-Studien. Man weiß heute, dass das Intervall wesentlich die Beurteilung beeinflusst und zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Darüber hinaus überblickt man einen Zeitraum von 30 Jahren, in denen Lebensqualitätsstudien durchgeführt wurden, wobei ständig eine Weiterentwicklung der Instrumente vorgenommen wurde, was teilweise die Homogenität der Beurteilbarkeit einschränkt. Aus diesem Grunde muss man deutlich darauf hinweisen, dass ein abschließendes Bild zu der im Thema formulierten Fragestellung sicherlich aktuell nicht möglich ist und viele Fragen offen bleiben müssen. Insbesondere zum Gebiet der rekonstruktiven Techniken liegen keinerlei Lebensqualitä tsdaten in der Forschung vor. Eine hinreichend hinterlegte Aussage kann nur zur Frage Vergleich Brusterhaltung - radikale Mastektomie erbracht werden.

Ein wesentlicher Punkt unter dem Gesichtspunkt der Lebensqualität der operativen Therapie des Mammakarzinoms kommt dem Zeitpunkt der Therapieentscheidung zu. Hier zeigt sich doch überraschend, dass bei 77 % der Patientinnen eine deutliche Dominanz der Entscheidung des betreuenden Arztes/Ärztin erwartet wird (Sutherland, J R Soc. Med.). Das bedeutet, der Beratung des Arztes/Ärztin kommt eine entscheidende Bedeutung zu, was induziert, dass man sich für diesen Prozess hinreichend Zeit lassen muss. Wie aus zahlreichen Begutachtungsverfahren immer wieder klar wird, scheint dieser Punkt nicht hinreichend von den Therapeuten fokussiert zu werden, zumal bei komplexen Dienststrukturen häufig Aufklärungsgespräche auf untere hierarchische Ebenen delegiert werden. Hierzu existiert eine einschlägige Rechtsprechung.

Unabhängig von den forensischen Komponenten ist die psychologische im engen Patientin-Arzt-Verhältnis von entscheidender Bedeutung. Der Arzt kann nur erwarten, als Partner und Betreuungsinstanz akzeptiert zu werden, wenn er in der Lage ist, ein entsprechendes Vertrauensverhältnis aufzubauen. Dieses kann aber nur über eine intensive Kontaktaufnahme mit dem Patienten passieren. Des Weiteren ist die Therapieentscheidung deutlich abhängig von Faktoren wie Alter, Bildung, präoperativer Aufklärung und den Lebensumständen. Wenn auch zunehmend ältere Patientinnen eine brusterhaltende Therapie wünschen, so ergibt sich aus den vorliegenden Statistiken doch eine deutlich stärkere Tendenz zur Brusterhaltung in jüngeren Jahrgängen. Dies läuft zum Teil den onkologischen Gesetzgebungen entgegen und muss somit individueller Bewertung anheim gestellt werden.

Das Problem der Bildung bei der Therapieentscheidung ist häufig ambivalent, da einerseits differenzierte Patientinnen eher zu brusterhaltenden und rekonstruktiven Maßnahmen neigen, andererseits aber auch sich klarer onkologischen Gegenbenheiten beugen, wo hingegen in sozial schwächeren Schichten häufig entgegen onkologischen Kriterien Brusterhaltung aus Sekundärmotiven heraus gewünscht ist.

Die Aufklärung sollte die onkologischen Kriterien wie Prognose, Rezidivhäufigkeit umfassen, zum anderen genauestens die therapeutischen Prozeduren wie OP in Kombination mit Strahlentherapie, Chemotherapie oder endokriner Therapie, die Reihenfolge der Behandlungen sowie die Gesamtzeitdauer dieser Behandlungen betreffen. Darüber hinaus muss genau ü ber ästhetische kosmetische Gesichtspunkte beraten werden. Sinnvoll erweist sich hier, im Rahmen der Beratung Zeichnungen anzufertigen und Bilder von Patientinnen, die operiert wurden, zu demonstrieren. Dies ermöglicht den Patientinnen die bessere Erfassung der angewandten Operationstechnik, und aus forensischer Sicht erleichtert es dem Arzt in dem mö glicherweise später anstehenden Begutachtungsverfahren eine bessere Argumentation aus therapeutischer Sicht.

Der Faktor Zeit zur Entscheidungsfindung für die Patientin ergibt sich in den meisten Fällen nicht aus der Tumorbiologie, sondern aus der Psychologie in der Auseinandersetzung mit der Diagnose und dem Intervall zur anstehenden Therapie. Hier wird sich die rein objektive Darstellung der onkologischen Situation nicht immer völlig entemotionalisieren lassen und unter Umständen durch die psychologische Situation der Patientin die entsprechende Operations- und Therapieplanung auch im zeitlichen Ablauf beeinflusst werden. Auch diesen Dingen ist hinreichend Rechnung zu tragen.

Bezüglich der Entscheidung brusterhaltende Therapie oder modifiziert radikale Mastektomie sind häufig nicht nur kosmetische Gesichtspunkte entscheidend bzw. onkologische Kriterien aus Sicht der Patientin, sondern ganz pragmatische Gründe wie familiäre Situation, die Lebensumstände, die kurze Behandlungsdauer der Mastektomie. Im Gegensatz zur brusterhaltenden Therapie mit Bestrahlung sowie die Angst vor einer späteren Mastektomie im Falle eines Rezidives lassen häufig Patientinnen die modifiziert radikale Mastektomie als operative Alternative wählen. Das psychosoziale Outcome nach BET im Verhältnis zur modifiziert radikalen Mastektomie ist nach den Meta-Analysen, die vorliegen, deutlich besser, sowohl was krankheitsbedingte Ängste und Betroffenheit mit Rezidiv und Todesangst betrifft als auch die Problematik des Body-Image: nicht so starke Verletzung der körperlichen Integrität, keine externe Prothetik mit den unangenehmen Begleiterscheinungen (Dekolleté usw.).

Die zur Verfügung stehende Literatur weist eindeutig aus, dass die brusterhaltende Therapie bezüglich dieser genannten Faktoren, Body-Image, Therapiezufriedenheit, Sexualität und Rezidivangst, der modifiziert radikalen Mastektomie überlegen ist. Soweit aus der Literatur ersichtlich, nimmt die Rekonstruktion der weiblichen Brust über die bekannten Verfahren eine mittlere Stellung zwischen den beiden ein. Die gesamte psychosoziale Rehabilitation, was die psychologische Verfassung, Partnerschaft, Sexualität, körperliche Leistungsfähigkeit betrifft, nehmen nach der vorliegenden Literatur zu mit Abstand vom Zeitpunkt der Therapie, bestehend aus Operation, Bestrahlung und adjuvanter Chemotherapie.

Fasst man die zur Verfügung stehende Literatur zusammen, so muss man die Schlussfolgerung ziehen, dass die brusterhaltende Therapie bezüglich aller Belange der Mastektomie und auch der Rekonstruktion überlegen ist und insofern eigentlich die therapeutisch operative Zielvorstellung der Wahl darstellen sollte. Insofern ist auch erfreulich, dass in den letzten Jahren die Möglichkeiten der Brusterhaltung deutlich zugenommen haben. Nicht zuletzt ist deshalb auch die Fokussierung auf die neoadjuvante Therapie mit einer weiteren möglichen Erhöhung der Brusterhaltungsrate sicherlich ein sinnvoller Ansatz, wobei hier die genauen onkologischen Kriterien noch definiert werden müssen.

Ganz entscheidend ist offensichtlich, dass über das, was bis heute geleistet wird, die Beratungen über die entsprechenden Therapie- und Operationsverfahren deutlich mehr Raum einnehmen als dies augenblicklich geschieht. Hier müssen sämtliche individuellen Faktoren sowohl somatischer wie psychischer Probleme der Lebensumstände Berücksichtigung finden, um für jede Patientin ein individuelles Vorgehen entwerfen zu können.

Nur auf diesem Wege werden wir in der Lage sein, nicht nur onkologischen, sondern auch ästhetischen Gesichtpunkten gerecht zu werden und damit ein hohes Maß an Lebensqualität auch nach der Erkrankung erreichen zu können.

Literatur beim Verfasser.

Dr. Heinrich Schröer

Frauenklinik Barmbek-Finkenau

Rübenkamp 148

22291 Hamburg