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DOI: 10.1055/s-2003-44261
Soforttypallergien auf Metallverbindungen - Nickel
Immediate Type Allergies Due to Metal - Nickel
Dr. rer. nat. Vera van Kampen
BGFA
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Email: kampen@bgfa.de
Publication History
Publication Date:
17 November 2003 (online)
Zusammenfassung
Berufsbedingte Soforttypallergien auf Metallverbindungen sind vor allem für Nickel, Platin, Chrom und Kobalt beschrieben, treten jedoch insgesamt relativ selten auf. Die vorliegende Arbeit gibt einen Überblick über die Ergebnisse einer Literaturauswertung hinsichtlich der berufsbedingten atemwegssensibilisierenden Wirkung von Nickel, das in vielen Bereichen der modernen Industrie - vor allem in der Galvanikindustrie - Verwendung findet. Durch verschiedene Studien, überwiegend Kasuistiken, sind Fälle von spezifischer Überempfindlichkeit der Atemwege oder der Lunge durch Nickelverbindungen belegt. Insgesamt sprechen die Beobachtungen dafür, dass Nickel eine IgE-vermittelte Immunantwort mit entsprechender Symptomatik auslösen kann.
#Abstract
Occupational allergies of the immediate type due to metals, which are predominantly caused by nickel, platinum, chromium and cobalt, are rather rare. The present paper reviews the results of the evaluation of literature data concerning the occupational airway sensitization due to nickel, which is used in many different industrial fields - especially in the electroplating industry. Cases of specific airway sensizitation caused by nickel are verified by a number of studies, predominantly case histories. In conclusion, there is sufficient evidence that nickel may cause IgE-mediated hypersensitivity with typical symptoms.
#Einleitung
Nickel ist ein silberglänzendes Metall, das sich ähnlich wie Eisen polieren, schmieden, schweißen, zu Blech walzen und zu Draht ziehen lässt. Es wird in großen Mengen vor allem zur Galvanisierung sowie in Legierungen (Chrom-Nickel-Stahl), als Katalysator-Material und für die Herstellung von Glas und Emaille verwendet. Nickel ist zudem auch in Schweißrauchen enthalten, wenn die verwendeten Elektroden und/oder das Schweißgut nickelhaltig sind. Insbesondere beim Schweißen von rostfreiem Stahl aber auch in Galvanikbetrieben besteht die Möglichkeit einer gleichzeitigen Exposition gegenüber anderen Metallen (meistens Chrom). Die Resorption von Nickel und seinen Salzen im Atemtrakt ist abhängig von deren Löslichkeit, da schwer lösliche Nickelverbindungen länger in der Lunge verbleiben. Nickel in Form atembarer Stäube und Aerosole von Nickelmetall, Nickelsulfid und sulfidischen Erzen, Nickeloxid und Nickelcarbonat wie sie bei der Herstellung und Weiterverarbeitung auftreten können, sind für den Menschen kanzerogen.
Hinsichtlich der allergenen Wirkung von Nickel steht das Kontaktekzem im Vordergrund. Diese Allergie vom Spättyp (Typ-IV-Sensibilisierung) wurde bereits 1889 als Galvaniseur-Ekzem beschrieben [1]. Heutzutage ist Nickel in Europa das häufigste Kontaktallergen, wobei es überwiegend im außerberuflichen Bereich durch den Kontakt mit nickelhaltigen Materialien wie Modeschmuck, Münzen, Brillen und Uhrarmbändern zu einer Sensibilisierung kommt. Darüber hinaus liegen Einzelfallberichte vor, in denen nickelhaltige Implantate zu Ekzemen im Bereich des Implantats, zu Abstoßungsreaktionen und verzögerter Wundheilung geführt haben sollen [2].
Neben der Allergie vom verzögerten Typ kann Nickel in seltenen Fällen auch eine Soforttypallergie induzieren. Dabei wirkt Nickel als Hapten, das erst nach Bindung an ein Trägermolekül allergen wird. So konnte am Beispiel eines Arbeiters, dessen Nickelallergie durch Hauttest und bronchialen Provokationstest gesichert war, die Bindung von Nickelionen an die native Cu2+/Ni2+-Bindungsstelle von humanem Serumalbumin (HSA) nachgewiesen werden. Spezifische IgE-Antikörper gegen diese neu entstandene Antigendeterminante (Nickel-HSA) waren im Serum des Patienten nachweisbar, nicht aber in den Seren von 30 Kontrollpersonen [3] [4].
#Fallbeschreibungen
Die Mehrzahl Nickel-induzierter obstruktiver Atemwegserkrankungen wurde in Kasuistiken beschrieben. Einen zusammenfassenden Überblick über die Ergebnisse der Literaturauswertung hinsichtlich der berufsbedingten atemwegssensibilisierenden Wirkung von Nickel gibt Tab. [1].
Literatur | Unter- suchte (n) | Tätigkeit | Symptome A, H, R, K, Haut | Nachweismethoden | ||
Hauttest | Spez. IgE-Ak | Provokation | ||||
Kasuistiken | ||||||
McConnell u. Mitarb. 1973 [5] | 1 | Galvaniseur | A, H, Haut | Scratch mit NiSO4 (1 mg/ml): +++/++++ | n. d. | NiSO4 (10 mg/ml): Spätreaktion mit 35 % FEV1-Abfall (Maximum nach 5 h) |
Block u. Yeung 1982 [6] | 1 | Metallschleifer | A, H, Haut | epikutan mit Staub: negativ Prick mit NiSO4 · 6 H2O (10 mg/ml): 4 × 3 mm-Quaddel | n. d. | Sofortreaktion mit - Staub: 28 % FEV1-Abfall - NiSO4 · 6 H2O (100 mg/ml) über 4 min: 23 % FEV1↓ über 30 s: 28 % FEV1↓ |
Malo u. Mitarb. 1982 [7] | 1 | Galvaniseur | A, H, Haut | Prick mit NiSO4 (10 mg/ml): 4-mm-Quaddel | NiSO4-HSA: RAST pos. | NiSO4 (10 mg/ml) über 60 Sek.: Sofortreaktion mit 34 % FEV1-Abfall |
Novey u. Mitarb. 1983 [8] | 1 | Galvaniseur | A, H | Prick mit NiSO4 · 6 H2O (10 mg/ml): negativ | NiSO4-HSA: RAST pos. | Arbeitsplatzbezogene Exposition: NiSO4 · 6 H2O (100 mg/ml): duale Reaktion - nach 15 min: 17 % FEV1↓ - nach 4 h: 24 % FEV1 ↓; |
Malo u. Mitarb. 1985 [9] | 1 | Galvaniseur | A, H | Prick mit NiSO4 (10 mg/ml): negativ | NiSO4-HSA, NiSO4-Harz: RAST negativ | NiSO4 (10 mg/ml): Spätreaktion nach 3 - 6 h mit 27 % bzw. 44 % FEV1-Abfall (weitere asthmatische Reaktion nach 14 h) |
Estlander u. Mitarb. 1993 [10] | 1 | Metallschleifer | A, R, H, Haut | epikutan mit 2,5 % NiSO4: pos. Scratch mit NiSO4 (10 mg/ml): positiv (mit Pseudopodien) | NiSO4-HSA: RAST, RAST-Inhibition pos. | NiSO4 (1 ml; 10 mg/ml): Spätreaktion nach 6 h mit 22 % PEF-Abfall |
Fallserien | N/n | N/n | N/n | N/n | ||
Davies u. Mitarb. 1986 [11] | 3/53 laut Fragebogen | Katalysatorproduktion | A | n. d. | n. d. | Provokationstest: n. d. (schlechtere expositionsassozierte Spirometrie) |
Shirakawa u. Mitarb. 1990 [12] | 8 | Hartmetallproduktion | A | epikutan mit 2 % NiSO4: 7/8 positiv Intrakutantest mit 1 - 2 % NiSO4: 5/8 positiv | NiSO4-HSA: RAST 4/8 positiv | 1 % NiSO4: 5/8 positiv (FEV1-Abfall ≥ 20 %) 4 × Sofort-, 3 × Spätreaktion |
Shirakawa u. Mitarb. 1992 [13] | 21 | Hartmetallproduktion | A | epikutan mit 2 % NiSO4: 3/21 positiv Intrakutantest mit 1 - 2 % NiSO4 : 7/8 positiv | NiSO4-HSA, NiSO4-Harz: RAST 6/21 pos. | 1 - 2 % NiSO4: 7/8 positiv |
Bright u. Mitarb. 1997 [14] | 7 | Galvaniseure | A | Prick mit NiCl2 (10 mg/ml): 4/7 postiv 2 × 2-mm-Quaddel 2 × 4-mm-Quaddel | n. d. | NiCl2(0,1 - 10 mg/ml): 3/7 positiv 1 × Sofortreak.: 14 % FEV1↓ 2 × Spätreak.: 26 % bzw. 29 % FEV1 ↓ |
Abkürzungen: N/n absolute Zahl der pos. Reaktionen bezogen auf die Zahl der Untersuchten. Arbeitsplatz-bezogene Symptome: A Atemwegsbeschwerden, R Rhinitis, K Konjunktivitis, H Husten, Haut urtikarielle Hautbeschwerden. Bei der Provokation handelt es sich um bronchiale Provokationen. |
McConnell u. Mitarb. [5] beschreiben den Fall eines 24jährigen Galvaniseurs. Eine Woche nach dem Kontakt mit entsprechenden Metallteilen entwickelte der Mann eine Dermatitis und nach zwei Wochen litt er unter Husten und Atemwegsbeschwerden. Die Symptome traten direkt nach Arbeitsbeginn auf und persistierten noch mehrere Stunden nach Arbeitsende. Der Scratchtest mit Nickelsulfat-Lösung (1 mg NiSO4/ml) führte zu einer deutlich positiven Reaktion (+++/++++). Die 15minütige Exposition gegenüber vernebelter Nickelsulfat-Lösung (10 mg NiSO4/ml) führte 5 Stunden nach Provokationsende zum signifikanten Abfall der Einsekundenkapazität (FEV1) um 35 %. Eine Kontrollperson reagierte weder im Scratch- noch im Provokationstest mit Nickelsulfat.
Ein 60-jähriger Metallschleifer wurde wegen Atemwegsbeschwerden und Husten untersucht. Er zeigte im Epikutantest mit am Arbeitsplatz gesammeltem Staub ein negatives Ergebnis, obwohl er seit 8 Jahren unter immer wiederkehrender Dermatitis an Händen und Fingern litt. Der Pricktest mit Nickelsulfat-Lösung (10 mg NiSO4 · 6 H2O/ml) führte zu einer positiven Reaktion (4 × 3 mm-Quaddel), verlief bei der Kontrollperson jedoch negativ. Eine Sofortreaktion mit signifikantem FEV1-Abfall von 28 % war sowohl nach einem Expositionstest mit nickelhaltigem Staub vom Arbeitsplatz als auch nach zwei zeitlich getrennten bronchialen Provokationstests mit Nickelsulfat-Lösung (NiSO4 · 6 H2O 100 mg/ml über 4 Minuten bzw. 30 Sekunden; FEV1-Abfall 23 % bzw. 28 %) zu beobachten [6].
Bei einem 28-jährigen Arbeiter eines Galvanikbetriebes entwickelte sich nach einjähriger Tätigkeit ein urtikarieller Hautausschlag an Händen und Beinen. Nach weiteren 2 Jahren kamen Husten und Atemwegsbeschwerden hinzu. Der Pricktest mit Nickelsulfat-Lösung (10 mg NiSO4/ml) verlief positiv (4-mm-Quaddel); bei 8 nicht-exponierten Kontrollpersonen negativ. Der inhalative Provokationstest mit Nickelsulfat-Lösung (10 mg NiSO4/ml über 60 Sekunden mittels Wright-Vernebler) rief eine bronchiale Obstruktion vom Soforttyp hervor (FEV1-Abfall um 34 %), während eine asthmatische, jedoch gegenüber Nickel nicht exponierte Kontrollperson nicht reagierte. Im Radio-Allergo-Sorbent-Test (RAST) wurde bei dem Patienten, der ein Gesamt-IgE von 430 IU aufwies, für Nickelsulfat-HSA-IgE ein Wert von 457 cpm gemessen. Dieser war im Vergleich zu 11 Kontrollpersonen erhöht (6 Kontrollen mit hohem Gesamt-IgE (MW = 698 IU): 200 - 389 cpm; 5 Kontrollen mit niedrigem Gesamt-IgE (MW = 11 IU): 233 - 249 cpm) [7].
Ein gegenüber Chrom und Nickel exponierter 32jähriger Galvaniseur entwickelte bereits eine Woche nach Aufnahme seiner Tätigkeit Husten und Atemwegsbeschwerden. Der Pricktest mit Nickelsulfat-Lösung (10 mg NiSO4 · 6 H2O/ml) verlief ebenso wie der mit Chromsulfat negativ. Im Rahmen des arbeitsplatzbezogenen Expositionstests musste der Patient ein Zinkgitter mit Nickelsulfat- bzw. Chromsulfat-haltiger Lösung streichen. Entsprechende Dämpfe wurden hergestellt, indem die Lösungen mittels eines Bunsenbrenners erwärmt wurden. Zur Kontrolle wurden gleich aussehende bzw. riechende Lösungen ohne Nickel- bzw. Chromsulfat verwendet. Im Provokationstest kam es sowohl mit der Nickelsulfat- als auch der Chromsulfat-haltigen Lösung nach etwa 15 Minuten zu einer Sofortreaktion mit einem FEV1-Abfall um 17 bzw. 24 %. Im Falle von Nickelsulfat folgte nach 4 Stunden ein erneuter FEV1-Abfall um 24 %. Mittels RAST konnten im Serum des Patienten (Gesamt-IgE: 90 IU) im Vergleich zum Durchschnittswert von 10 Kontrollpersonen (nicht-exponierte bronchopulmonal Erkrankte) für Nickel-HSA- sowie für Chrom-HSA-spezifische IgE-Antikörper 4 - 5fach höhere Werte nachgewiesen werden [8].
Ein 28-jähriger Galvaniseur klagte einige Monate nach Tätigkeitsbeginn über Husten und Atemwegsbeschwerden. Der Pricktest mit Nickelsulfat-Lösung (10 mg NiSO4/ml) verlief negativ. Im bronchialen Provokationstest mit Nickelsulfat-Lösung (10 mg NiSO4/ml über 3-mal 10 Minuten mittels Wright-Vernebler) kam es jedoch nach drei Stunden zu einem signifikanten FEV1-Abfall um 27 %, der in der 6. Stunde nach Provokationsende sogar bei 42 % lag und die Gabe von Salbutamol erforderte. Nach 14 Stunden folgte eine weitere sehr starke asthmatische Reaktion (FEV1-Abfall um 77 %). Nickel-spezifische IgE-Antikörper konnten auch unter Verwendung verschiedener Nickel-Konjugate (Ni-HSA, Ni-Harz) nicht nachgewiesen werden [9].
Eine 27-jährige Frau, die seit ihrem 14. Lebensjahr an einer Kontaktallergie gegen Nickel litt, entwickelte 2 Monate nach Aufnahme ihrer Tätigkeit als Metallschleiferin Husten, Rhinitis, Atemwegsbeschwerden sowie eine Kontakturtikaria an beiden Armen. Der Scratch-Test mit Nickelsulfat-Lösung (10 mg NiSO4/ml) verlief deutlich positiv (Pseudopodien), mit Chrom- und Kobalt-Lösung jedoch negativ. Im bronchialen Provokationstest mit Nickelsulfat-Lösung (1 ml einer 10 mg NiSO4/ml-Lösung mittels DeVilbiss 40-Vernebler) zeigte sich nach 6 Stunden eine Spätreaktion in Form eines deutlichen PEF (Peak Expiratory Flow)-Abfalls um 22 %. Die Messung Nickel-HSA-spezifischer IgE-Antikörper mittels RAST ergab einen Wert von 1,1 kU/l, der im Vergleich zu den Werten von 50 Nickel-exponierten Kontrollpersonen (alle < 0,35 kU/l) erhöht war. Die Spezifität dieser Messung konnte mittels RAST-Inhibitionstest bestätigt werden. Ein Epikutantest mit 2,5 % Nickelsulfat in Vaseline belegte die zusätzliche Typ-IV-Sensibilisierung des Patienten gegen Nickel [10].
Drei Fälle von asthmatischen Beschwerden nach Nickelexposition ergaben sich bei Befragung und Lungenfunktionsprüfung von 53 Angestellten einer Katalysator-Produktion. In keinem der drei Fälle wurden Hautsymptome beobachtet. Weiterführende Untersuchungen wurden nicht durchgeführt, jedoch sprachen die klinischen Beobachtungen nach Meinung der Autoren für ein durch Nickel induziertes Berufsasthma [11].
Bei 5 von 8 Metallarbeitern mit durch Kobalt bedingtem Hartmetallasthma verlief der Intrakutantest und bei zweien zusätzlich der Epikutantest mit 1 - 2 %iger Nickelsulfatlösung positiv. In sieben Fällen kam es nach bronchialer Provokation (DeVilbiss 646-Vernebler) mit 1 %iger Nickelsulfatlösung zu einem FEV1-Abfall ≥ 20 %; viermal handelte es sich um eine Sofort-, dreimal um eine Spätreaktion. Bei 4 Patienten wurden mittels RAST spezifische IgE-Antikörper gegen Nickel-HSA nachgewiesen (RAST-Index > 2,0). Die Werte der IgE-Bestimmung mit Seren von 60 nicht-exponierten asthmatischen bzw. 25 exponierten, symptomlosen Personen lagen dagegen zwischen 0,78 und 1,58. Der RAST-Index korrelierte bei den 8 Patienten gut (r = 0,81; p < 0,01) mit dem Quaddeldurchmesser im Pricktest mit 1 %iger Nickelsulfatlösung [12].
In einer späteren Arbeit berichteten Shirakawa u. Mitarb. [13] über Untersuchungen an 21 Arbeitern mit Hartmetallasthma. 7 reagierten positiv im Intrakutan- und 3 im Epikutantest auf 1 - 2 %ige Nickelsulfatlösung. Im bronchialen Provokationstest mit 1 - 2 %iger Nickelsulfatlösung reagierten 7 Personen, die ebenfalls im Provokationstest mit Kobaltchlorid positiv reagiert hatten. Spezifische IgE-Antikörper gegen Nickel-HSA (RAST-Index > 2,0) bzw. Nickel-Harz (RAST-Index > 2,0) konnten bei 6 Patienten nachgewiesen werden, deren Seren auch Antikörper gegen Kobalt-HSA enthielten. Kein Nachweis Nickel-spezifischer IgE-Antikörper dagegen gelang in den Seren der übrigen 15 Hartmetall-Asthmatiker (RAST-Index < 1,52) sowie in den Seren von 60 nicht-exponierten asthmatischen bzw. 21 exponierten, symptomlosen Personen (RAST-Index < 1,58). Wie bereits in der früheren Arbeit [12] korrelierte der RAST-Index der Patienten gut mit dem Quaddeldurchmesser im Pricktest mit 1 %iger Nickelsulfatlösung (r = 0,83; p < 0,01) [13].
Es wurden 7 Arbeiter eines Galvanikbetriebes untersucht, die nach längerer Exposition (8 Monate bis 11 Jahre) gegenüber Chrom und Nickel asthmatische Beschwerden entwickelten. In vier Fällen ergab der Pricktest mit Nickelchlorid-Lösung (10 mg NiCl2/ml) eine Quaddelgröße von mindestens 2 mm, was als positiv galt (2-mal 2-mm-Quaddel, 2-mal 4-mm-Quaddel). Im bronchialen Provokationstest mit Nickelchlorid (0,1 - 10 mg/ml mittels Wright-Vernebler) kam es zweimal zu einer Spätreaktion mit einem FEV1-Abfall um 26 bzw. 29 % und in einem Fall zu einer grenzwertigen Sofortreaktion (FEV1-Abfall 14 %). Luftmessungen am Arbeitsplatz ergaben durchschnittliche Nickelkonzentrationen im Bereich von 3 - 27 µg/m3 [14].
Anders als die Mehrzahl der Fälle, bei der eine inhalative Exposition gegenüber Nickelverbindungen ursächlich für die Entstehung einer Typ I-Sensibilisierung war, beschreiben Fisher u. Mitarb. [15] den Fall einer 33jährigen Frau, die nach einem medizinischen Eingriff Atemwegsbeschwerden und urtikarielle Hautsymptome entwickelte. Diese Symptome konnten aufgrund von Hauttestergebnissen auf die innere Belastung mit nickelhaltigen OP-Metallklammern (Hemoclips) zurückgeführt werden. Nach Entfernung der Klammern und bei Meidung von Nickelkontakt war die Patientin symptomfrei.
#Schlussfolgerung
Zusammenfassend belegen gut dokumentierte Kasuistiken und Fallserien die atemwegssensibilisierenden Eigenschaften von Nickel, wobei insgesamt die Zahl der Betroffenen gering ist. Eine hohe inhalative Exposition gegenüber Nickelverbindungen scheint insbesondere in der Galvanikindustrie zu bestehen bzw. in früheren Jahren bestanden zu haben. Ob und wenn welche Rolle eine Typ-I-Sensibilisierung gegen Nickel unter Schweißern spielt, kann schlecht abgeschätzt werden, da aufgrund der komplexen Exposition beim Schweißen (insbesondere MMA-Schweißen von Edelstahl) die dabei auftretenden Symptome nicht ohne weiteres einer einzelnen Substanz zugeschrieben werden können [16].
Bei der Diagnostik kommen sowohl der Pricktest, die Bestimmung Nickel-HSA-spezifischer IgE-Antikörper als auch der bronchiale Provokationstest zum Einsatz. In den ausgewerteten Studien verliefen die Pricktestuntersuchungen mit nickelhaltigen Lösungen (i. d. R. NiSO4 10 mg/ml) bei gegenüber Nickel exponierten Personen mit Atemwegsbeschwerden zum Teil stark positiv. In den meisten Studien wurden nicht-exponierte Kontrollpersonen mit den gleichen Lösungen getestet, wobei sich negative Befunde ergaben. Bronchiale Provokationstests mit i. d. R. Nickelsulfat waren positiv im Sinne von Sofort-, dualen- und isolierten Spätreaktionen. Ebenfalls konnten in verschiedenen Studien spezifische IgE-Antikörper gegen Nickel-HSA bzw. Nickel-Harz mittels RAST nachgewiesen werden. Aussagen über die Sensitivität und Spezifität dieser Methode können anhand der vorliegenden Daten jedoch nicht gemacht werden. Hinweise darauf, dass Nickel ähnlich wie Platin unspezifisch an IgE-Antikörper bindet, existieren nicht. Der Nachweis Nickel-spezifischer IgE-Antikörper war in den beschriebenen Fällen von der Gesamt-IgE-Konzentration unabhängig. Eine Assoziation positiver Pricktests mit dem inhalativen Reaktionstyp bzw. mit dem IgE-Antikörper-Nachweis war nicht herstellbar. In einigen Studien wurden Kosensibilisierungen mit Chrom oder Kobalt beschrieben.
Insgesamt sprechen die Beobachtungen dafür, dass Nickel eine IgE-vermittelte Immunantwort mit entsprechender Symptomatik auslösen kann. Von der Senatskommission der DFG (MAK-Kommission) sind Nickel und seine Verbindungen als haut- und atemwegssensibilisierend mit „Sah” gekennzeichnet. Auf EU-Ebene erfolgte die Kennzeichnung mit R 42/43 (Sensibilisierung durch Einatmen und Hautkontakt möglich).
#Literatur
- 1 Blaschko A. Die Berufsdermatosen der Arbeiter. Ein Beitrag zur Arbeitshygiene. I. Das Galvaniseur-Ekzem. DMW. 1889; 15 925-927
- 2 Diepgen T L, Drexler H. Nickel und seine arbeitsmedizinische Bedeutung als Allergen. Arbeitsmed Sozialmed. Umweltmed. 2000; 35 (4) 136-145
- 3 Dolovich J, Evans S L, Nieboer E. Occupational asthma from nickel sensitivity: I. Human serum albumin in the antigenic determinant. Br J Ind Med. 1984; 41 (1) 51-55
- 4 Nieboer E, Evans S L, Dolovich J. Occupational asthma from nickel sensitivity: II. Factors influencing the interaction of Ni2+, HSA, and serum antibodies with nickel related specificity. Br J Ind Med. 1984; 41 (1) 56-63
- 5 McConnell L H, Fink J N, Schlueter D P. et al . Asthma caused by nickel sensitivity. Ann Intern Med. 1973; 78 (6) 888-890
- 6 Block G T, Yeung M. Asthma induced by nickel. JAMA. 1982; 247 (11) 1600-1602
- 7 Malo J L, Cartier A, Doepner M. et al . Occupational asthma caused by nickel sulfate. J Allergy Clin Immunol. 1982; 69 55-59
- 8 Novey H S, Habib M, Wells I D. Asthma and IgE antibodies induced by chromium and nickel salts. J Allergy Clin Immunol. 1983; 72 (4) 407-412
- 9 Malo J L, Cartier A, Gagnon G. et al . Isolated late asthmatic reaction due to nickel sulphate without antibodies to nickel. Clin Allergy. 1985; 15 (2) 95-99
- 10 Estlander T, Kanerva L, Tupasela O. et al . Immediate and delayed allergy to nickel with contact urticaria, rhinitis, asthma and contact dermatitis. Clin Exp Allergy. 1993; 23 (4) 306-310
- 11 Davies J E. Occupational asthma caused by nickel salts. J Soc Occup Med. 1986; 36 (1) 29-31
- 12 Shirakawa T, Kusaka Y, Fujimura N. et al . Hard metal asthma: cross immunological and respiratory reactivity between cobalt and nickel?. Thorax. 1990; 45 (4) 267-271
- 13 Shirakawa T, Kusaka Y, Morimoto K. Specific IgE antibodies to nickel in workers with known reactivity to cobalt. Clin Exp Allergy. 1992; 22 (2) 213-218
- 14 Bright P, Burge P S, O'Hickey S P. et al . Occupational asthma due to chrome and nickel electroplating. Thorax. 1997; 52 (1) 28-32
- 15 Fisher J R, Rosenblum G A, Thomson B D. Asthma induced by nickel (letter). JAMA. 1982; 248 (9) 1065-1066
- 16 Keskinen H, Kalliomaki P L, Alanko K. Occupational asthma due to stainless steel welding fumes. Clin Allergy. 1980; 10 (2) 151-159
Dr. rer. nat. Vera van Kampen
BGFA
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Email: kampen@bgfa.de
Literatur
- 1 Blaschko A. Die Berufsdermatosen der Arbeiter. Ein Beitrag zur Arbeitshygiene. I. Das Galvaniseur-Ekzem. DMW. 1889; 15 925-927
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Dr. rer. nat. Vera van Kampen
BGFA
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