Die Infrastruktur der Informationstechnologie (IT) der meisten Krankenhäuser ist heute
durch eine limitierte Zahl gekoppelter, heterogener Systeme (etwa drei bis zehn, in
Ausnahmefällen aber bis zu 30) gekennzeichnet. Diese und autarke Systeme, die physische
Werkzeugebene (z.B. Server, Speicher, PCs, Netz, Organisationsmittel) sowie die in
ihrer informationsverarbeitenden Rolle beteiligten menschlichen Handlungsträger bilden
den rechnerunterstützten Teil eines Krankenhausinformationssystems (KIS) [19].
Traditionelle Kernsysteme eines Krankenhausinformationssystems sind das Patientendatenmanagement
zur Verwaltung von Aufnahmen, Entlassungen und Verlegungen sowie kaufmännische Systeme
für Finanzbuchhaltung, Materialwirtschaft und Controlling. In der Regel übernimmt
das Patientendatenmanagement auch die wichtige zentrale Aufgabe der Vergabe von Patienten-
und Fallidentifikationen. Diese Funktion ist sehr wichtig, um die verschiedenen Informationen
aus den verschiedenen Anwendungssystemen und medizinischen Geräten zusammenführen
zu können.
Weit verbreitet und fest etabliert sind auch Abteilungssysteme wie das Laborinformationssystem
(LIS) und das Radiologieinformationssystem (RIS). Darüber hinaus dringt die Informationstechnologie
inzwischen weit in klinische Bereiche vor: So unterstützen diese Systeme zusammen
mit so genannten klinischen Arbeitsplatzsystemen (KAS) die Auftrags- und Befundkommunikation
für Stationen und Ambulanzen. Immer häufiger sind auch bild- und signalgebende Modalitäten
(z.B. Magnetresonanztomografie, Computertomografie, Ultraschall, Herzkatheter) in
die rechnerunterstützte klinische Informationsverarbeitung eingebunden.
In diesem Zusammenhang werden bereits häufig PAC-Systeme („picture archiving and communication
systems” = PACS) eingesetzt. Diese übernehmen Bilder von den bildgebenden Geräten
(Bildakquisition), sodass die Befundung der Bilder und Bildsequenzen (Bilddiagnostik)
und die Bilddemonstration für andere Abteilungen (Bildkonferenzen) durchgeführt, die
Bilder zusammen mit den radiologischen Befunden archiviert und später bei Bedarf bereitgestellt
werden können. Das System kann aber auch die Bildkommunikation innerhalb eines Krankenhauses
und mit externen Institutionen unterstützen. Wichtig ist, dass Bild und Befund bei
der Bilddemonstration und -kommunikation als eine Einheit betrachtet werden.
In der klinischen Informationsverarbeitung nimmt die Bedeutung der elektronischen
Patientenakte [6]
[7]
[14]
[16] ständig zu. In dieser werden die medizinischen Informationen einer Person in genau
einer Institution auf digitalen Datenträgern gespeichert. Dazu gehören unter anderem
Textdokumente, Bilder, Signale oder Filme zur Dokumentation der Anamnese sowie diagnostischer,
therapeutischer, pflegerischer und administrativer Maßnahmen. Die Dokumente der elektronischen
Patientenakten können in verschiedenen Anwendungssystemen aufbewahrt, zwischen Systemen
ausgetauscht, aber auch an ein zentrales digitales Patientenarchiv übergeben werden.
Ein solches Archiv ist jedoch nicht nur ein Aufbewahrungsort von elektronischen Patientenakten,
es muss auch eine ordnungsgemäße, revisionssichere und rechtlich anerkannte elektronische
Aufbewahrung der Daten über einen Zeitraum von 30 Jahren und mehr sicherstellen. Mit
der Novellierung des Signaturgesetzes und den Anpassungen im privaten und öffentlichen
Recht ist seit dem Jahr 2002 ein Lösungsansatz für die rechtliche Anerkennung der
elektronischen Langzeitarchivierung gegeben. Der §126a des Bürgerlichen Gesetzbuches
definiert elektronische Dokumente, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur
nach dem Signaturgesetz versehen sind, als elektronische Form. Für diese gilt nach
§192a Zivilprozessordnung der Anschein der Echtheit.
Ansätze zum Aufbau elektronischer Patientenakten sind:
-
die zeitnahe digitale Erfassung standardisierter, strukturierter Daten am Ort der
Entstehung und ihre direkte Ablage in einer elektronischen Patientenakte
-
die zeitnahe digitale Erstellung von freitextlichen Dokumenten und ihre direkte Ablage
in einer elektronischen Patientenakte
-
die automatische Übernahme von Dokumenten aus daten- und dokumentenerzeugenden Anwendungssystemen
und ihre Ablage in einer elektronischen Patientenakte
-
die automatische Übernahme von digital erstellten Objekten aus bild- und signalgebenden
Verfahren möglichst nach ihrer Entstehung und inhaltlichen Freigabe und ihre Ablage
in einer elektronischen Patientenakte
-
das Scannen und Indexieren von Papier- und Bildakten und Ablage in einer elektronischen
Patientenakte
-
Kombinationen der oben aufgeführten Ansätze.
Grundsatz eines digitalen Archivkonzeptes sollte es sein, dass alle Dokumente und
ihre beschreibenden Daten möglichst digital erzeugt und übernommen werden. Manuell
gescannt und indexiert werden sollte nur dann, wenn keine digitalen Quellen existieren.
Dies bedeutet auch, dass der Ausbau der rechnerunterstützten klinischen Dokumentation
vorrangig zu realisieren ist. Gegenwärtig findet man in den deutschen Krankenhäusern
in der Regel Papier- und Bildakten sowie zusätzlich partielle elektronische Patientenarchive
vor.
Grundsätzlich existieren zwei verschiedene Architekturansätze bei den elektronischen
Archivsystemen für Patientenakten:
-
autarke Dokumentenmanagement- und Archivierungssysteme
-
digitale Archive, deren Objektverwaltung in rechnerunterstützte Anwendungssysteme
wie klinische Arbeitsplatzsysteme integriert ist.
Bei den in Anwendungssystemen integrierten digitalen Archiven werden aus der Oberfläche
des Anwendungssystems bestimmte Dokumente, Bilder, Signale oder Filme ausgewählt,
aus dem digitalen Archiv geholt und mithilfe eines Viewers dargestellt. Praktische
Erfahrungen am Universitätsklinikum Heidelberg haben gezeigt, dass bei autarken Lösungen
für eine zufrieden stellende Datenkonsistenz ein hoher Aufwand erbracht werden muss.
Sie haben jedoch den Vorteil, dass sie unabhängig von der Gesamtlösung lauffähig sind.
Die Entwicklungen von elektronischen Dokumentenmanagement- und Archivsystemen für
Patientenakten (DMAS) und PAC-Systemen haben bereits vor etwa 30 Jahren unabhängig
voneinander begonnen. Nur wenige Produkte sind in den letzten Jahren als integrierte
Lösungen mit gemeinsamer Datenbank, Funktionalität und Oberfläche entwickelt worden.
Neben der integrierten Lösung kann eine Kopplung von DMAS und PACS über Schnittstellen
oder durch das Betrachten der Bilder über einen Web-Browser erfolgen. Im letzten Fall
sind Verweise auf die Bilder in der zentralen Patientendatenbank hinterlegt.
Datenintegration
Datenintegration
Das Kernproblem bei der Datenintegration besteht in der semantischen Heterogenität
der zu integrierenden Teilsysteme, die auf die Entwurfsautonomie verschiedener Hersteller
zurückzuführen ist [13]: Da gemeinsame konzeptionelle Grundlagen fehlen, sind die unterschiedlichen Systeme
oft nur schwer miteinander in Einklang zu bringen oder gar nicht kompatibel. Um diese
semantische Heterogenität zu reduzieren, hat sich im Krankenhausumfeld vor allem der
nachrichtenbasierte Standard HL7 etabliert [10].
„Health Level 7” basiert auf einem umfassenden Katalog von nachrichtenauslösenden
Ereignissen, so genannten „Events”, und den zugehörigen Nachrichtenformaten. Im Zuge
der Standardisierung dieser Nachrichten wird vor allem die Semantik der auszutauschenden
Daten festgelegt. Die Codierungsregeln sind verantwortlich für den syntaktischen Aufbau
einer Nachricht, spielen aber letztlich eine untergeordnete Rolle.
HL7 ist kein „Plug-and-Play”-Standard: Kaum ein Hersteller hat den kompletten Standard
implementiert, üblicherweise bieten sie nur häufig vorkommende Events und Nachrichtentypen
an. Eine Anwendungsintegration auf dieser Basis erfordert auch immer die Definition
einer Integrationsstrategie. Der Standard erlaubt jedoch eine gewisse Bandbreite,
indem beispielsweise benutzerdefinierte Felder und Segmente und unterschiedliche Propagierungsstrategien
möglich sind (z.B. Pull-Strategie: Anforderung relevanter Daten bei Bedarf; Push-Strategie:
sofortiges Senden an alle potenziellen Interessenten - mit datenschutzrechtlichen
Konsequenzen).
Neben der semantischen Heterogenität spielt bei der Datenintegration auch die Synchronisation
redundanter Datenbestände in autonomen Teilsystemen eine wesentliche Rolle: Daten
die mehrfach in verschiedenen Systemen gehalten werden, müssen auf den gleichen Änderungsstand
gebracht werden. Würden die Datenobjekte synchron aktualisiert, müssten alle Replikate
gemeinsam aktualisiert werden, sodass nie ein Replikat veraltet. Eine HL7-basierte
Integration beruht jedoch typischerweise auf einem asynchronen Nachrichtenaustausch.
Ein Datenobjekt wird demnach nur in einem Teilsystem geändert, erst dann wird die
Änderungsnachricht an die Replikate weitergeleitet. Ist ein System nicht erreichbar,
kann es vorkommen, dass es die Nachricht nicht oder erst verspätet erhält.
Die Mindestanforderung, dass keine Änderungen an redundanten Daten verloren gehen
(„Konvergenz”), kann aber hergestellt werden. Dazu müssen zusätzliche Maßnahmen gewährleisten,
dass ein Datenobjekt immer nur in einem System geändert werden kann. Es muss also
ein „führendes System” bestimmt sein. Eine geeignete Komponentenaufteilung, bei der
die Datenredundanz und die Notwendigkeit zur Synchronisation minimiert wird, macht
es möglich, auf das Risiko der Dateninkonsistenz Einfluss zu nehmen. Die Gewährleistung
der Datenkonsistenz spielt dementsprechend bei der strategischen Planung der Gesamtarchitektur
eine wichtige Rolle.
Funktionale Integration
Funktionale Integration
Redundanzen entstehen nicht zuletzt aufgrund einer mangelnden funktionalen Integration
der verschiedenen Teilsysteme. Typischerweise gibt es in autonom entwickelten Systemen
eine Reihe redundant implementierter Querschnittsfunktionen (z.B. Autorisierung, Patientenidentifikation).
Neben solchen elementaren Funktionen kommen aber auch komplette Anwendungsverfahren
(z.B. Patientenaufnahme) mehrfach vor. Hier bedarf es einer funktionalen Abstimmung
der verschiedenen Komponenten im Rahmen einer umfassenden Systemarchitektur.
Diese sollte einerseits die Anwendungsanforderungen abdecken (z.B. reguläre Patientenaufnahme
durch Verwaltungspersonal, Kurzaufnahme außerhalb der normalen Dienststunden direkt
in den Fachabteilungen, ambulante Aufnahme dezentral in den Polikliniken, Notaufnahme
mit eingeschränkten Möglichkeiten zur Patientendatenaufnahme und -identifikation)
und andererseits gleichzeitig den Anforderungen zur Erhaltung der Datenkonsistenz
Rechnung tragen (insbesondere Vermeidung von Mehrfachaufnahmen und falscher Zuordnungen).
Im Falle einer funktionalen Überlappung heterogener Systeme sind zentrale Komponenten
zur Erhaltung der Datenkonsistenz unerlässlich: So ist die Funktion des zentralen
„Master Patient Index” erforderlich, um eine systemweit eindeutige Patientenidentifikation
zu gewährleisten.
Präsentationsintegration
Präsentationsintegration
Zur Präsentationsintegration gehört, dass der klinische Benutzer den Eindruck erhält,
mit einer einzigen Anwendung zu arbeiten, auch wenn er tatsächlich mit vielen verschiedenen
Applikationen interagiert. Dazu zählt das „single sign on” sowie ein Kontextmanagement,
das Kontextwechsel in verschiedenen, gleichzeitig aktiven Anwendungen synchronisiert.
CCOW („clinical context object working group”) bezeichnet einen aufkommenden Standard,
der für die Kontextsynchronisation einschließlich „single sign on” für heterogene
Applikationen sorgen soll. „Single sign on” bedeutet dabei, dass sich ein Benutzer
nur noch einmal anmelden muss, auch wenn er verschiedene Komponenten verwendet.
Ein derartiger Standard muss naturgemäß Annahmen über die Rolle zentraler Systemkomponenten
machen (zentraler Kontextmanager) und damit Rahmenbedingungen für eine CCOW-konforme
Systemarchitektur abstecken. CCOW-konforme Applikationen müssen in der Lage sein,
in eine solche Architektur eingebettet zu werden und damit einen Teil der eigenen
Autonomie aufzugeben. Die meisten der heute erhältlichen autonomen Anwendungssysteme
weisen noch keine entsprechende Kompatibilität auf. Sie sind daher mit entsprechendem
Aufwand nachträglich an eine vorgegebene Architektur anzupassen.
Ablaufintegration
Ablaufintegration
Die Ablaufintegration betrifft die Koordinierung des Informationsflusses zwischen
verschiedenen Anwendungssystemen gemäß der Anforderungen, die aus den zu unterstützenden
Behandlungs- bzw. Geschäftsprozessen resultieren. Eine Trennung von Ablaufspezifikation
und Anwendung ist wünschenswert, um die Flexibilität und Anpassbarkeit zu erhöhen
[4]. So sind beispielsweise die bei der Arztbrieferstellung zu durchlaufenden Stationen
nicht immer gleich. Je nachdem, ob der Arztbrief direkt am Bildschirm erstellt, auf
Band bzw. digital diktiert oder per Spracherkennung generiert wird, ändert sich der
Ablauf.
Nur sehr rudimentär wird heute die Ablaufintegration - im Sinne einer flexiblen Steuerungsmöglichkeit
für Geschäftsprozesse - in heterogen verteilten Umgebungen mit autonomen Abteilungssystemen
unterstützt. Die Forderung nach einer Trennung von Ablauf- und Anwendungslogik lässt
sich kaum realisieren: Denn die abteilungsinterne Ablauflogik ist meist im Abteilungssystem
fest codiert, die abteilungsübergreifende Ablauflogik dagegen setzt zunächst einmal
die Datenintegration voraus. Immer häufiger wird eine Workflow-Technologie eingesetzt,
derzeit bleibt diese jedoch noch vorwiegend auf den Einsatz im Rahmen homogener integrierter
Systeme beschränkt [9].
Für den Informationsfluss von und zu Modalitäten hat sich vor allem DICOM („digital
imaging and communication in medicine”) als Standard für medizinische Bilddaten und
zugehörige Kontextdaten etabliert [2]. Neben dem Informationsmodell, das den DICOM-Kontextdaten zugrunde liegt, werden
im Rahmen des Standards auch Kommunikationsdienste spezifiziert. Dazu zählt die Übermittlung
von Arbeitslisten an Modalitäten („DICOM Worklist Management”), sodass die zur Bildindizierung
erforderlichen Kontextdaten nicht an der Modalität redundant eingegeben werden müssen.
Auch DICOM ist kein Plug-and-Play-Standard, weil es - genau wie HL7 - die funktionale
Überlappung der zu integrierenden Teilsysteme nicht vermeidet und nicht regelt, welche
Funktionalität von welchem System wahrzunehmen ist. Die Initiative „Integrating the
Healthcare Enterprise” (IHE) versucht, auf der Basis von HL7 und DICOM die Integration
verschiedener KIS-Komponenten zu verbessern [18]. Dabei werden vor allem Integrationsprofile und die daran beteiligten Akteure definiert.
Die Spezifikation von Akteuren (Rollen) im Zusammenhang mit Integrationsprofilen legt
genau fest, welche IHE-Transaktionen wann aufgerufen werden müssen. Eine Integration
auf der Basis von IHE erfordert dann die Aufteilung der erforderlichen Akteure auf
die realen Systeme.
Werkzeuge
Werkzeuge
Um die nachrichtenbasierte Integration auf der Basis von HL7 zu unterstützen, wird
üblicherweise ein Kommunikationsserver eingesetzt: eine spezialisierte MOM („message
oriented middleware”), die in erster Linie dazu dient, das Management der schnittstellenbasierten
Systeme zu erleichtern. Dazu gehören
-
Verwaltung und Kontrolle der Kommunikationsteilnehmer
-
Einrichtung und Test von Nachrichtenverbindungen („routing”)
-
Konvertierung von Nachrichten zur Angleichung verschiedenartiger Schnittstellen
-
Überwachung der Kommunikation („Monitoring”).
Grafische Benutzerschnittstellen erleichtern die dazu erforderlichen Spezifikationen.
Gemäß dieser nimmt der Kommunikationsserver zur Laufzeit Nachrichten entgegen, die
Nachrichten werden identifiziert, die Empfänger (gegebenenfalls auch mehrere) bestimmt,
und für jeden Empfänger wird die Nachricht in ein geeignetes Zielformat überführt
sowie zur Abholung bereitgestellt. Um eine Entkopplung von Sender und Empfänger zu
ermöglichen, werden Nachrichten vom Kommunikationsserver kurzzeitig (teilweise mehrere
Tage) zwischengespeichert. So kann der Empfänger eine Nachricht auch verspätet beim
Kommunikationsserver abholen, wenn er zum Zeitpunkt des Sendens gerade nicht erreichbar
war. Im Idealfall kann der Kommunikationsserver dazu beitragen, die Anzahl der erforderlichen
Schnittstellen zu reduzieren, da jedes Teilsystem im Prinzip nur noch mit dem Kommunikationsserver
und nicht mehr direkt mit allen potenziellen Kommunikationspartnern interagieren muss
[Abb. 1].
[Abbildung 2] zeigt ein Beispiel für die Nutzung eines Kommunikationsservers zur Rückübermittlung
von Labordaten aus einem autonomen Laborinformationssystem mit mehreren Mandanten
(Transfusionsmedizin und Zentrallabor) in ein zentrales Krankenhausinformationssystem.
Eine weitere spezialisierte Form einer MOM sind so genannte PACS-Broker, welche zur
DICOM-konformen Koordinierung des Informationsflusses eingesetzt werden. Der PACS-Broker
nimmt dabei Kontextdaten aus KIS und RIS entgegen (z.B. Patientenidentifikation, Untersuchungsnummer,
Untersuchungsgerät), generiert eine so genannte „DICOM Worklist”, die an die Modalität
übergeben wird, und liefert die zurückkommenden Bilddaten zusammen mit den Kontextdaten
an ein DICOM-PACS.
Zur Bildverteilung werden häufig Web-Server eingesetzt, die eine rasche Etablierung
eines ortsunabhängigen Datenzugriffs in einem Intranet ermöglichen. Repositories (physisch
zentral oder virtuell) dienen dazu, in heterogenen Umgebungen die Funktion des Master
Patient Index, eines Befund-Containers oder eines Terminologie-Servers wahrzunehmen.
Architekturkonzepte
Architekturkonzepte
Die in der Praxis etablierten Standards HL7 und DICOM orientieren sich an einer „Bottom-up”-Integrationsstrategie.
Daneben existiert jedoch eine Reihe weiterer Standardisierungsbestrebungen, die im
Sinne einer Rahmenarchitektur für Informationssysteme im Gesundheitswesen eher eine
„Top-Down”-Vorgehensweise propagieren, um so der semantischen Heterogenität und der
funktionalen Überlappung entgegenzuwirken. Beispiele sind HISA („healthcare information
systems architecture”) und die darauf aufbauenden bzw. nachfolgenden Standards [8]. Diese versuchen, auf einem vordefinierten zentralen Datenbankschema allgemeine
krankenhausspezifische Dienste zu spezifizieren.
Die Idee, die funktionale Überlappung durch standardisierte Dienste zu reduzieren,
liegt auch der CORBAmed-Initiative der OMG („object management group”) zugrunde (z.B.
„patient identification service”, „lexical query service”) [11]. Bislang konnten diese Ansätze in der Praxis die Produktkompatibilität noch nicht
verbessern. Vereinzelt werden die definierten Konzepte aber bereits genutzt, um daran
die Spezifikation einer Komponentenarchitektur für ein verteiltes Krankenhausinformationssystem
zu orientieren [5].
Evolutionsstrategien
Evolutionsstrategien
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Standards und Werkzeuge und unter Berücksichtigung
der am Markt verfügbaren Produkte ist für jedes Krankenhaus eine Unternehmensarchitektur
zu definieren und in diesem Zusammenhang auch ein Konzept zur Weiterentwicklung des
Systems (Systemevolution) zu erstellen. Die grobe Strategie wird üblicherweise in
einem Datenverarbeitungs-Rahmenkonzept festgeschrieben.
Aus technischer Sicht soll im Zuge einer Evolutionsstrategie eine Gesamtarchitektur
definiert werden. Diese legt einerseits eine Infrastruktur fest, die eine flexible
technische und funktionale Weiterentwicklung ermöglicht, und unterstützt andererseits
eine prozessorientierte Integration in das Gesamtsystem. Im Prinzip kann man zwei
grobe Richtungen unterscheiden: „Best-of-Breed”(BoB)- [3]
[5] und holistische Ansätze [12]. Letztere basieren üblicherweise auf dem Konzept eines einzigen Herstellers („enterprise
resource planning” (ERP)-Suite). Sie werden durch die integrierte Datenhaltung (meist
eine zentrale und hoch komplexe Datenbank), die dadurch mögliche Reduktion der Datenredundanz
und die Möglichkeit des direkten Datenzugriffs aus verschiedenen Anwendungsverfahren
motiviert. BoB-Ansätze sind dagegen vorwiegend durch die Schwächen der schwerfälligen
ERP-Produkte motiviert:
-
Keine ERP-Suite bietet für alle Anwendungsverfahren ein integriertes Anwendungsmodul,
das die jeweils beste Lösung für diesen Anwendungsbereich ist.
-
Die Einführung von ERP-Systemen ist häufig mit einer so genannten „Big-Bang”-Umstellung
und gleichzeitigen umfangreichen organisatorischen Änderungen verbunden, die im Zuge
der Anpassung an die der Software zugrunde liegenden Annahmen bezüglich der Geschäftsprozesse
notwendig werden. Dies ist mit einem hohen Projektrisiko verbunden, was in der Vergangenheit
nicht selten zu Projektfehlschlägen geführt hat [1]
[15].
-
Die Weiterentwicklung des Systems hängt in hohem Maße von einem Hersteller ab, was
eine bedarfsorientierte Systemevolution im konkreten Unternehmen erschwert. Änderungen
und Anpassungen an der Software sind häufig mit großem Aufwand und langen Entwickungszyklen
verbunden.
-
Die Bindung an einen einzigen Hersteller ist mit einem erhöhten Risiko verknüpft,
weil man sich auch von der wirtschaftlichen Entwicklung und langfristigen Existenz
dieses Unternehmens abhängig macht [3].
Der BoB-Ansatz versucht, das Risiko zu streuen und die Flexibilität zu erhöhen. Hier
werden - nach Bedarf - Anwendungskomponenten von verschiedenen Herstellern über Schnittstellen
in eine Gesamtarchitektur integriert. Unzureichende Integration und mangelnde Kompatibilität
dieser heterogenen Komponenten sind ein bedeutender Risikofaktor für Projektfehlschläge
[1]
[15]. Die für ERP-Systeme genannten Nachteile gelten darüber hinaus zumindest teilweise
auch für einzelne BoB-Komponenten, da diese für sich genommen auch nur beschränkte
Möglichkeiten zur bedarfsorientierten Prozessanpassung bieten. Zusätzlich wird die
komponentenübergreifende Prozessanpassung durch den hohen Integrationsaufwand begrenzt.
Unabhängig vom verwendeten Integrationswerkzeug erfordert die semantische Abstimmung
heterogener Systeme einen hohen manuellen Aufwand und ein tiefes Verständnis für die
Datensemantik in allen zu integrierenden Systemen. Die Erstellung und Wartung von
Schnittstellen ist dementsprechend (auch bei Verwendung von HL7 und DICOM) mit einem
erheblichen Personalaufwand verbunden.
Das „Intermountain Health Care” - eine Krankenhauskette um Salt Lake City (22 Häuser
mit 2500 Betten sowie mit 100000 stationären Patienten und drei Millionen ambulanten
Behandlungen im Jahr) - beschäftigt 19 Mitarbeiter ausschließlich für die Wartung
von 31 verschiedenen Schnittstellentypen [3]. Am Universitätsklinikum in Marburg (1200 Betten, 45000 stationäre Patienten und
250000 ambulante Behandlungen pro Jahr) wird dagegen ein homogener Ansatz praktiziert.
Dort ist derzeit eine halbe Stelle für die Wartung von zwei bis fünf Schnittstellen
vorgesehen. Dieser Ansatz soll die mangelnde Flexibilität herkömmlicher ERP-Lösungen
durch den Einsatz eines integrierten Generator-Werkzeugs ausgleichen [12].
Ausblick
Ausblick
Aufgrund der Initiativen des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung
(BMGS) und weiterer Institutionen (z.B. Aktionsforum Telematik im Gesundheitswesen
(ATG), Industrieverbände) zur Gesundheitskarte und -akte sind in den nächsten Jahren
vermehrte Aktivitäten bei der Vernetzung von medizinischen Versorgungsregionen zu
erwarten [17]. Die bisherigen umfangreichen Anforderungen der Integration nehmen bei einer Einführung
von Gesundheitskarten und -akten nochmals zu. Es gilt beispielsweise, Komponenten
von Krankenhausinformationssystemen, Arztpraxis- und Apothekensystemen über öffentliche
Netze miteinander zu verbinden.
Für die Kommunikation von Arztpraxen untereinander sowie zwischen Arztpraxen, Laboratorien,
Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern gibt es in Deutschland
heute die Familie der xDT-Kommunikationsstandards (ADT = Abrechnungsdatenträger, BDT
= Behandlungsdatenträger, GDT = Gerätedatenträger, LDT = Labordatenträger). Initiativen
wie die VCS (VDAP Communication Standard des Verbandes Deutscher Arztpraxis-Softwarehersteller
e.V.) oder die D2D (Doctor-To-Doctor, Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein) haben
erste Schnittstellenlösungen geschaffen, die einer Weiterentwicklung bedürfen. Ein
weiterer wichtiger Ansatz, Informationen sowohl hochstrukturiert als auch dokumentenorientiert
aufzubereiten, ist die so genannte „Clinical Document Architecture” (CDA) im Rahmen
der Entwicklung der HL7 Version 3.
Abb. 1
Abb. 2