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DOI: 10.1055/s-2003-45323
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Managementqualifikation für Ärzte - Fachabteilungen müssen die Finanz- und Ergebnisverantwortung übernehmen
Publication History
Publication Date:
24 June 2003 (online)
- Zusammenfassung
- Erst die Ziele, dann die Wege
- Managementanforderungen wachsen
- Krankenhausarzt benötigt Kenntnisse jenseits der Medizin
Zusammenfassung
Das Tempo der auf Krankenhäuser gerichteten politisch-rechtlichen Veränderungen hat sich in den vergangenen 5 Jahren beschleunigt. Krankenhäuser stehen derzeit unter dem massiven Druck, die von den bereits eingetretenen, aber auch noch zu erwartenden Strukturveränderungen ausgehenden Wirkungen aufzufangen und damit ihre Existenz mittelfristig zu sichern.
Längst ist nicht allen Beteiligten klar, dass eine Anpassung an diese Rahmenbedingungen nur gelingen kann, wenn Krankenhäuser Fähigkeiten entwickeln, sich permanent an die ebenfalls permanent auf sie einströmenden neuen Anforderungen einzustellen. Auf einzelne politisch-rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen jeweils isoliert und gesondert zu reagieren reicht mit Blick auf ein erfolgreiches Krankenhausmanagement schon lange nicht mehr aus. Spätestens die Einführung des G-DRG-basierten Entgeltsystems hat dies gezeigt. Hier ist deutlich geworden, dass nicht nur die Auswahl der DRG-Klassifikation (amerikanisch oder australisch) und die Sicherung der Kodierqualität die relevanten Fragestellungen bei der Konzeption eines Vergütungssystems sind. Vielmehr ist inzwischen erkannt worden, dass die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen und damit die intendierten Steuerungswirkungen (Mehr- und Mindererlösausgleiche, Mindestmengen, Einkaufsmodelle, Krankenhausplanung) letztlich über die Zukunft von Krankenhäusern entscheiden.
Während in der Vergangenheit die Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan verbunden mit dem Kontrahierungszwang der Krankenkassen das existenzsichernde Element darstellte, werden Krankenhäuser zukünftig - wie erwerbswirtschaftliche Unternehmen auch - immer wieder wechselnden strategischen Fragestellungen ausgesetzt sein. Um strategisch agieren zu können, werden Krankenhäuser ihren Managementfocus zukünftig zum einen auf Art, Menge und Qualität der angebotenen Leistungen, auf die Ressourcen Finanzen, Personal, Logistik und Technologien, auf die Veränderung der Organisationsstrukturen sowie eine neue Definition ihres Verhältnisses zur Gesellschaft (Umwelt) ausrichten müssen.
Zum anderen können Krankenhäuser unter diesen Bedingungen nur dann überleben, wenn sie intern eine organisatorische und führungsbezogene Stabilität aufweisen. Das heißt, dass der derzeit hohe (nicht wertschöpfende) Integrations-, Harmonisierungs- und Koordinationsaufwand im Krankenhausalltag zugunsten effektiver und effizienter patientenintegraler Behandlungs- und Geschäftsprozesse reduziert werden muss.
Die Krankenhauspraxis und vereinzelt auch die Wissenschaft bieten für diese Herausforderungen eine Vielzahl, zum Teil unkoordinierter Lösungen an. Diese beinhalten eine große Bandbreite von Managementinstrumenten, wie beispielsweise Balanced Scorecard, Qualitätsmanagement, Medizincontrolling oder Prozessmanagement, um nur einige zu nennen.
Krankenhäuser können nur dann überleben, wenn sie intern eine organisatorische und führungsbezogene Stabilität aufweisen.
#Erst die Ziele, dann die Wege
Übersehen wird hierbei in der Regel, dass zunächst ein „Musterwechsel” in der Steuerung von Krankenhäusern vorgenommen werden muss. Erst wenn die Richtung bekannt und auch konsentiert ist, kann und darf die Auswahl der Managementinstrumente erfolgen. Oder auch anders ausgedrückt: Erst die Ziele, dann die Wege...
Die „hohe Kunst des Managements” muss dann darin liegen, eine Kongruenz zwischen Veränderungsbedarf und Steuerungskonzept sowohl bei der Entwicklung als auch bei der Umsetzung herzustellen.
Mit Blick auf die derzeitige Managementsituation von Krankenhäusern sollte das Steuerungsverständnis darin liegen, die verlorengegangene Balance auf den unterschiedlichen Ebenen wiederherzustellen:
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Balance zwischen Flexibilität und Stabilität hinsichtlich der externen Rahmenbedingungen und der internen organisatorischen und führungsbezogenen Strukturen
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Balance zwischen medizinisch/pflegerischen und ökonomischen Zielsetzungen
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Balance zwischen Aufbau und Ablauforganisation
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Balance zwischen Standardisierung und Individualisierung der Leistungsprozesse
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Balance der Kommunikation und Interaktion von Ökonomie, Medizin und Pflege
Letztlich muss es gelingen, eine Balance zwischen zentraler Steuerung eines Krankenhauses und einer dezentralen Führung von Fachabteilungen/Zentren herzustellen. Daher werden folgende Entwicklungen das Krankenhausmanagement zukünftige prägen:
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Die Fachabteilungen/Zentren werden neben der Leistungs-, Qualitäts- und Organisationsverantwortung auch die Kosten- und Erlösverantwortung übernehmen müssen, um sich und das Krankenhaus am Markt etablieren zu können.
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Die Finanzverantwortung muss jeweils auf Fachabteilungsebene an Medizin und Pflege delegiert werden, um diese in die Lage zu versetzten, am Markt für stationäre Leistungen erfolgreiche Geschäftspolitik im Rahmen der strategischen Unternehmensziele zu betreiben.
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Die Prozessverantwortung sowohl für die Geschäftsprozesse der eigenen Leistungsstellen als auch für die Behandlungsprozesse der Patienten muss - begleitet vom Qualitätsmanagement - auf Fachabteilungs-/Zentrumsebene etabliert werden. Dies ist auch mit Blick auf mögliche Geschäftsfeldstrategien bezüglich der integrativen Vernetzung mit anderen Leistungserbringern im stationären und nicht-stationären Markt notwendig.
Eine integrative Versorgung von Patienten über Sektoren hinweg erfordert auch intern eine integrative Vernetzung von Fachdisziplinen.
An dieser Stelle muss ausdrücklich betont werden, dass ein Prozessmanagement nur dann erfolgreich sein kann, wenn eine Geschäftsfeldsegmentierung vorangestellt wurde - denn nur innerhalb und zwischen Geschäftsbereichen macht eine Optimierung von Prozessen Sinn. Dies bedeutet letztendlich, dass trotz oder gerade wegen der notwendigen patientenbezogenen Prozessgestaltung der Versorgung der Aufbauorganisation und hier insbesondere der Leitungsstruktur eine wesentliche Bedeutung zukommt. Wohl muss diese bereits an den angestrebten Prozessen orientiert sein. Nimmt man all diese Überlegungen zusammen, so können sie einen gangbaren Weg darstellen, die Kompetenz zur Selbststeuerung eines Krankenhauses im Hinblick auf den permanenten Veränderungsbedarf zu erhöhen.
#Managementanforderungen wachsen
Mit einer - wie oben beschriebenen - weitreichenden Dezentralisierung von Finanz- und Ergebnisverantwortung auf Fachabteilungsebene wachsen die Managementanforderungen an die Leistungserbringer aus Medizin und Pflege. Zunächst bedeutet dies, dass der Chefarzt einer Fachabteilung neben seiner fachlichen Qualifikation sowie der Erfüllung der trägerspezifischen Ziele im Sinne einer Unternehmensphilosophie die wirtschaftlichen Zusammenhänge seiner Fachabteilung und des Krankenhauses betreffend kennen und in sein ärztliches Handeln einbeziehen muss. Aber auch seine nachgeordneten Ärzte sind diesen veränderten Anforderungen entsprechend einzubinden. Damit erfährt die sach- und mitarbeiterbezogene Führungsaufgabe des Chefarztes eine deutliche Erweiterung - um die wirtschaftliche Dimension.
Mit Blick auf eine erfolgreiche Einleitung eines solchen „Musterwechsels” ist es unabdingbar, zum einen die neuen Kompetenzen und neuen Verantwortungen zu klären und zum anderen die damit verbundenen Qualifikationen der Führungskräfte und Mitarbeiter zu erreichen. Wesentlich ist ein inhaltlich schlüssiges Fort- und Weiterbildungskonzept, welches von den relevanten Managementanforderungen ausgehend erarbeitet werden muss. Gleichzeitig sollte über ein entsprechendes Managementtraining die erfolgreiche Anwendung von Managementinstrumenten für die neuen Aufgaben gesichert werden.
Mit einer Dezentralisierung von Finanz- und Ergebnisverantwortung werden die Managementanforderungen an die Leistungserbringer wachsen.
#Krankenhausarzt benötigt Kenntnisse jenseits der Medizin
Um den neuen Herausforderungen auf Fachabteilungs-/Zentrumsebene gerecht zu werden, ist es erforderlich, dass jeder Krankenhausarzt über Grundkenntnisse der Gesundheitspolitik, der Gesundheitsökonomie, der Krankenhausgesetzgebung und Krankenhausfinanzierung sowie der krankenhausbetrieblichen Zusammenhänge und des Krankenhausmanagements verfügt. Darüber hinaus sollten Kenntnisse über Entwicklungen auf dem Gesundheits- und Krankenhausmarkt kontinuierlich erworben und weiterentwickelt werden.
Der Erfolg von Krankenhäusern wird zukünftig davon abhängen, inwieweit es gelingt, die Selbststeuerungskompetenz auf Krankenhaus- und auf Fachabteilungs-/Zentrumsebene zu erhöhen und das Spannungsfeld zwischen Dezentralisation auf Fachabteilungs-/Zentrums- ebene und Zentralisation auf Krankenhausebene in der Balance zu halten.
Das bedeutet, dass ein wesentlicher Teil von Managementaufgaben nicht (mehr) zentral von der Krankenhausleitung wahrgenommen werden kann. Diese müssen auf die Fachabteilungen delegiert werden. Von der erfolgreichen Wahrnehmung der Managementaufgaben auf Fachabteilungs-/Zentrumsebene wird es letztlich abhängen, ob die erforderliche Anpassungsfähigkeit der Krankenhäuser nach außen und die dringend notwendige ausgewogene interne organisatorische und führungsbezogene Stabilität erreicht werden.
Die Beiträge hierzu müssen zu einem großen Teil von den Leistungserbringern in Medizin und Pflege vor Ort erbracht werden, da diese letztlich mit ihrem professionellen Handeln die Leistungen, deren Qualität sowie die entsprechenden Kosten und Erlöse bestimmen.
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