Einleitung und Fragestellung
Das obstruktive Schlafapnoesyndrom ist u. a. durch nächtliche Arousals und Schlaffragmentierung im Rahmen respiratorischer Ereignisse gekennzeichnet. Die aufgrund dessen tagsüber auftretende Müdigkeit beinhaltet auch eine Minderung der Daueraufmerksamkeit und der Vigilanz, insbesondere bei monotonen Tätigkeiten im Arbeitsleben [1]
[2]
[3]
[24]
[25]
[29]
[30]
[32]
[33]
[41].
Diese Beeinträchtigung führt wiederum zu einer geminderten Leistungsfähigkeit und beeinflusst außerdem die Fähigkeit der Betroffenen, Kraftfahrzeuge zu führen sowie die Erwerbstätigkeit, speziell bei Berufen mit erhöhtem Gefahrenpotenzial [10]
[11]
[12]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]
[22]
[31]
[34].
Eine Feststellung des Wachheitsgrades ist anhand von Selbsteinschätzungen mittels Fragebogen (Epworth Sleepiness Scale ESS [27]
[28], Stanford Sleepiness Scale SSS [26]) oder durch standardisierte Testverfahren (Multiple Sleep Latency Test MSLT, Maintainance of Wakefulness MWT [43]
[44]) möglich.
Da neuropsychologische Defizite bei Schlafapnoesyndromen häufig auftreten, wurden verschiedene Testverfahren zur Beschreibung des Schlafapnoesyndroms als auch Verlaufsbeobachtung unter nCPAP-Therapie eingesetzt. Da nachgewiesen werden konnte, dass sowohl die Unfallrate als auch Beinaheunfälle bei OSAS erhöht sind und unter nCPAP-Therapie reduziert werden können [31], bietet es sich an, Fahrsimulationsprogramme zu verwenden.
Unter der Annahme, dass die Fehlerrate bei Fahrsimulationen mittels Computer mit der realen Unfallhäufigkeit korrelieren, wurden verschiedene Fahrsimulationstests unterschiedlicher Komplexität eingesetzt. Diese erfassen einerseits die Daueraufmerksamkeit global und spiegeln andererseits auch essenzielle Aspekte (tracking; visual search) der komplexen Leistung des Autofahrens bzw. der Fahrtüchtigkeit wider [5]
[6]
[7]
[8]
[13]
[14]
[24]
[39]
[40]. So wiesen u. a. Moskowitz und Robinson einen Zusammenhang zwischen Aufmerksamkeit, Alkohol am Steuer und Fahrsimulatortestung (tracking; visual search) im Labor nach [35]
[36].
Die entscheidenden Komponenten sind hierbei das Steuern (tracking) sowie das Absuchen der Umgebung nach relevanten Reizen (visual search). Auf dieser Grundlage entwickelten George u. Mitarb. ihr Fahrsimulationsprogramm, das auf dem Test von Moscowitz u. Mitarb. zur geteilten Aufmerksamkeit beruht [19]
[20]
[21]
[23].
Auf dieser theoretischen Konzeption basiert auch der neu entwickelte Fahrsimulator (Carsim).
Das heute häufig verwendete Modell zur Aufmerksamkeit stammt von Posner und Petersen (1990; [38]). Sie verbanden die Konstrukte der Kapazitätsbegrenzung, der Verarbeitungskontrolle und der Aufmerksamkeitsselektivität miteinander und unterscheiden zwischen einem Orientierungs-, einem Selektivitäts- und einem Vigilanzsystem [37]
[38].
Im Zusammenhang mit unserer Studie ist besonders das Vigilanzsystem von Interesse. Laut Posner und Rafal (1987; [37]) sowie Posners und Petersens (1990; [38]) Theorie dient es besonders der Fokussierung der Aufmerksamkeit und ist speziell in monotonen und längerwährenden Situationen von Bedeutung [37]
[38].
Die Konzeption des Fahrsimulators Carda basiert auf der theoretischen Grundlage des Vigilanzkonzeptes von Rützel und Brickenkamp [4]
[42]. Bei diesem Daueraufmerksamkeitstest sind die Bedingungen eines eintönigen Reizhintergrundes sowohl zeitlich und örtlich nicht voraussagbarer Ereignisse integriert ([24]
[39]
[40]; Abb. [1]). Auch der neu entwickelte Fahrsimulator Carsim basiert auf diesem Prinzip, neben den Reaktionszeiten bei Auftauchen von Verbotsschildern werden zusätzlich die Spurabweichungen erfasst ([5]
[6]
[7]
[8]; Abb. [2]). Während Carda jedoch aufgrund der Testkonstruktion als reiner Daueraufmerksamkeitstest mit Erfassung fehlender Reaktionen entwickelt wurde, stellt Carsim eine interaktive Fahrsimulation dar (siehe Tab. [1]).
Abb. 1 Fahrsimulator Carda nach Gerdesmeyer u. Mitarb. 1997, Randerath u. Mitarb. 1997, 1998. Bei dem Vigilanztest Carda wird das Bild einer Straße mit Randbegrenzung und Mittelstreifen vor einem schwarzen Hintergrund projiziert. Auf diesem leuchten kurzzeitig zeitlich und örtlich zufällig Hindernisse in Rechteckform auf, wobei pro 10-Minuten-Abschnitt immer 100 Ereignisse präsentiert werden. Der Patient muss innerhalb einer Sekunde anhand der Leertaste auf sie reagieren.
Abb. 2 Fahrsimulator Carsim nach Büttner u. Mitarb. 1999, 2000. Bei Carsim wird das Bild einer Straße mit Randbegrenzung und Mittelstreifen dargestellt. Der Patient bzw. Proband hat nun z. B. die Aufgabe, mithilfe eines Lenkrades auf seiner Fahrbahn die Idealspur zu halten (tracking) und anhand zweier Knöpfe, die sich an der Lenkradkonsole befinden, auf die auftauchenden Hindernisse (Verkehrszeichen) zu reagieren (visual search).
Tab. 1 Konzeption und Eigenschaften der beiden Simulationsprogramme
| Carda | Carsim |
Monotonie
| (+) | +++ |
Kontinuität
| - | ++ |
Interaktivität
| - | +++ |
Bedienbarkeit
| +++ | ++ |
+ = positiv; - = negativ |
Es ergaben sich deshalb die folgenden Fragestellungen:
-
Wie hoch ist der prozentuale Anteil der Patienten mit pathologischen Fahrsimulator-Testergebnissen?
-
Bestehen Zusammenhänge zwischen der mit der ESS erfassten Schläfrigkeit der Patienten und den Ergebnissen der beiden Fahrsimulatoren?
Methodik
Messgeräte
Erfassung der Daueraufmerksamkeit:Carda
Allgemeines: Carda ist ein computergestützter Reaktionstest zur Erfassung der Vigilanz, der mittels eines menügesteuerten Turbo-Pascal-Programms auf einem handelsüblichen PC betriebenen werden kann.
Durchführung: Bei Carda wird das Bild einer Straße mit Randbegrenzung und Mittelstreifen vor einem schwarzen Hintergrund projiziert. Auf diesem leuchten Hindernisse in Rechteckform auf, die jeweils 20 ms sichtbar sind. Dies erfolgt zeitlich und örtlich zufällig, wobei pro 10-Minuten-Abschnitt immer 100 Ereignisse präsentiert werden. Der Patient muss innerhalb einer Sekunde anhand der Leertaste auf sie reagieren.
Die Testzeit beträgt 30 min, eine Übungsphase ist aufgrund der einfachen Testdurchführung nicht erforderlich. In der klinischen Routine erfolgt keine Überwachung des Patienten.
Auswertung: Die Berechnung der Fehler erfolgt in Relation zu den dargebotenen Ereignissen, die der unbegründeten Reaktionen in absoluten Zahlen ([24]
[39]
[40]; Abb. [1]). Unterbliebene Reaktionen werden als Fehler registriert, verspätete als unbegründete Reaktionen. Ausgewertet werden nur unterbliebene Reaktionen.
Objektivität: Testvorgabe, Registrierung und Auswertung aller Messwerte erfolgten automatisch. Die Objektivität ist somit per se gegeben, da sowohl eine Beeinflussung der Versuchspersonen untereinander als auch ein Versuchsleitereinfluss aufgrund der Testkonzeption ausgeschlossen sind.
Reliabilität: Reliabilitätsprüfungen sind nicht bekannt.
Validität: Validitätsuntersuchungen existieren nicht. Jedoch gewährleistet Carda eine hohe Augenscheinvalidität. So sind seine Ergebnisse eindeutig interpretierbar, plausible Alternativerklärungen aufgrund nicht kontrollierter Störvariablen (Kontrolle der Störvariablen) existieren nicht (= interne Validität). Die Ergebnisse sind über die Besonderheit der Untersuchungssituation sowie die untersuchten Personen hinaus generalisierbar, da keine extreme Unnatürlichkeit in der Untersuchungssituation vorliegt und die Stichprobe zusätzlich repräsentativ ist (= externe Validität).
Standardisierung: Carda ist so konzipiert, dass Probanden und Patienten unter denselben Untersuchungsbedingungen getestet werden, wobei die Erfassung der Vigilanz das einzige variable Merkmal darstellt.
Normierung: Die mittlere Fehlerrate lag bei 5,75 % ± 11,3 (Normalkollektiv: n = 63). Es konnte keinerlei Einfluss von Alter, Geschlecht und BMI gefunden werden [40].
Ökonomie: Aufgrund des geringen Zeitaufwandes, der computergestützten Durchführung und der automatischen Testauswertung ist Carda ein ökonomischer Reaktionstest.
Beurteilung: Bei Carda handelt es sich um ein ökonomisches Testverfahren zur Erfassung der Vigilanz. Wünschenswert wären Angaben zur Reliabilität und zur Konstruktvalidität.
Carsim
Allgemeines: Bei Carsim handelt es sich ein um menügesteuertes Turbo-Pascal-Programm zur Erfassung der Daueraufmerksamkeit, das auf einem handelsüblichen PC betriebenen werden kann.
Durchführung: Bei Carsim wird das Bild einer Straße mit Randbegrenzung und Mittelstreifen polychrom simuliert. An der rechten Straßenseite können Hindernisse in Form von Durchfahrtsverbotsschildern präsentiert werden, die jeweils nur kurz sichtbar sind (z. B. für 200 ms). Ihr Erscheinen erfolgt zeitlich zufällig, wobei in einem 5-Minuten-Abschnitt eine fixe Anzahl von Ereignissen eingestellt werden kann. Der Patient hat nun die Aufgabe, mithilfe eines Lenkrades auf seiner Fahrbahn die Idealspur zu halten (tracking) und anhand zweier Knöpfe (beide gleiche Funktion), die sich an der Lenkradkonsole befinden, auf die auftauchenden Hindernisse zu reagieren (visual search).
Die Testzeit beträgt 30 min mit einer zuvor 5-minütigen Übungsphase. Bei den klinischen Untersuchungen erfolgt eine Kamera-überwachung des Patienten.
Auswertung: Abhängig von den Lenkradbewegungen wird die Position des Fahrzeugs auf der Straße jeweils neu berechnet und online visualisiert. Das Programm registriert die Abweichungszeit von der Ideallinie (Toleranz) und von der Spur (Spurabweichungszeit) sowie die richtigen, die fehlenden, die unbegründeten Reaktionen und die Reaktionszeit ([5]
[6]
[7]
[8]; Abb. [2]).
Unter Toleranz- bzw. Spurüberschreitung versteht man die Anzahl der Tracking-Fehler, die absolut gesehen, die im Test vorgegebene Toleranz bzw. Spurbreite überschreiten. Durch Umrechnung der Anzahl der Pixel erhält man die Zeit in Sekunden, die außerhalb des Toleranzbereiches bzw. außerhalb der Fahrbahn gefahren wurde.
Objektivität: Testvorgabe, Registrierung und Auswertung aller Messwerte erfolgen automatisch. Die Objektivität ist somit per se gegeben, da sowohl eine Beeinflussung der Versuchspersonen untereinander als auch ein Einfluss des Versuchsleiters aufgrund der Testkonzeption ausgeschlossen sind.
Reliabilität: Die Überprüfung der Reliabilität mithilfe des Cronbach-α betrug für die tracking-Komponente r = 0,9785, für das Visual Search r = 0,9666 und für die Reaktionszeit r = 0,8943, die der Retest-Reliabilität (nach 3 Tagen) für die Tracking-Komponente rtt = 0,9855, für das Visual Search rtt = 0,9447 und für die Reaktionszeit rtt = 0,9211.
Validität: Außerdem gewährleistet carsim eine hohe Validität. So sind seine Ergebnisse eindeutig interpretierbar, plausible Alternativerklärungen aufgrund nicht kontrollierter Störvariablen (Kontrolle der Störvariablen) existieren nicht (= interne Validität). Die Ergebnisse sind über die Besonderheit der Untersuchungssituation sowie die untersuchten Personen hinaus generalisierbar, da keine extreme Unnatürlichkeit in der Untersuchungssituation vorliegt und die Stichprobe zusätzlich repräsentativ ist (= externe Validität). Die Konstruktvalidität des Tests liegt bei R = 0,125; p = 0,026.
Standardisierung: Carsim ist so konzepiert, dass Probanden und Patienten unter denselben Untersuchungsbedingungen (Tab. [2]) getestet werden, wobei die Erfassung der Vigilanz das einzige variable Merkmal darstellt.
Tab. 2 Standardeinstellung von Carsim
Testparameter | Standardeinstellung |
Testlänge
| 30 min (6 Sektionen à 5 min) |
Übungsphase
| 5 min |
Geschwindigkeit
| 100 km/h |
Anzahl der Kurven
| 1 je Sektion |
Anzahl der Hindernisse
| 3 je Sektion |
Sichtbarkeit der Hindernisse
| 200 ms |
Normierung: Der mittlere Fehler der Spurabweichungszeit lag in der Eichstichprobe bei 2,3 ± 4,5 s, der Grenzwert der Spurabweichungen der Gesunden in einem 95 %-Konfidenzintervall bei < 13,2 s.
98 % der Gesunden erreichten Werte zwischen 0 bis 150 Abweichungen von der Spur.
Der mittlere Fehler der Toleranzabweichungszeit lag bei den Gesunden bei 96,0 ± 177,0 s, der Grenzwert der Toleranzabweichungen der Eichstichprobe in einem 95 %-Konfidenzintervall bei < 450,4 s.
99 % der Gesunden erreichten Werte zwischen 0 bis < 10 000 Abweichungen von der Toleranz [5]
[8].
Ökonomie: Carsim ist aufgrund des geringen Zeitaufwandes, der computergestützten Durchführung und der automatischen Testauswertung ein sehr ökonomischer Daueraufmerksamkeitstest dar.
Beurteilung: Bei Carsim handelt es sich um ein ökonomisches Testverfahren zur Erfassung der Daueraufmerksamkeit. Wünschenswert wären Untersuchungen zur Vergleichbarkeit mit anderen Daueraufmerksamkeitstests.
Erfassung der subjektien Schlafqualität: Epworth Sleepiness Scale (ESS)
Die Epworth Sleepiness Scale erhebt anhand einer Selbstbeurteilung die Wahrscheinlichkeit des Einnickens in bestimmten Situationen während des Tages. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit beträgt ein bis zwei Minuten.
Die ESS umfasst acht Fragen bzw. Items zur Tagesmüdigkeit (bspw. im Sitzen, beim Fernsehen oder beim Autofahren). Item- und Faktoranalysen ergaben bei der ESS eine sehr gute Interne Konsistenz (Cronbach-α = ,88) und eine hohe Retest-Reliabilität nach fünf Monaten bei Normalpersonen (rtt = ,822; n = 87; p < 0,001) [27]
[28].
Fragebogen
Mit einem speziellen Fragebogen können Alter, Geschlecht, Schulbildung, der Beruf, die subjektiven Beeinträchtigungen bezüglich Sehfähigkeit und Motorik (u. a. Störungen der Bewegungskoordination z. B. Zittern, Schwäche oder Lähmungserscheinungen der oberen Extremitäten) sowie die Dauer der Fahrpraxis erfasst werden.
Die subjektiven schlafbezogenen Angaben beschreiben eventuelle Erkrankungssymptome sowie deren eingeschätzte Relevanz (z. B. bezüglich körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit, Tagesmüdigkeit und Unfallhäufigkeit) [5]
[8].
Auswertet wurden in der Untersuchung nur die demografischen Angaben.
Studiendesign
Bei den Patienten wurde zunächst eine komplette Polysomnographie nach den Kriterien der DGSM zur Diagnosestellung und/oder -sicherung durchgeführt, außerdem eine orientierende psychiatrische/neurologische Untersuchung.
Die Messung der Fahrsimulatortestungen erfolgte jeweils nachmittags und fand in einem unbeleuchteten, abgedunkelten und schallisolierten Raum statt. Die Testinstruktion war standardisiert und wurde immer durch denselben Versuchsleiter gegeben.
Die Studienteilnehmer absolvierten randomisiert cross-over im Abstand von einem Tag sowohl den Vigilanztest Carda als auch den Fahrsimulator Carsim über eine Zeitdauer von 30 Minuten (vor Therapieeinleitung).
Ausgewertet wurden nur
Einschlusskriterien
Die Teilnahme an der Studie war freiwillig; bei allen Patienten musste eine Einwilligungserklärung (informed consent) vorliegen.
Die Diagnose obstruktives Schlafapnoesyndrom musste nach ICD-9 vorliegen und durch eine Polysomnographie nachgewiesen/bewiesen sein. Der AHI (Apnoe-Hypopnoe-Index) musste einen Wert größer als 10/h aufweisen.
Die Studienteilnehmer durften 4 - 6 Stunden vor der Untersuchung weder Alkohol, Nikotin noch koffeinhaltige Getränke zu sich genommen haben. Sie sollten nicht unter einem Hunger- oder Durstgefühl leiden. Außerdem durften sie keine aufmerksamkeitsbeeinträchtigenden Medikamente eingenommen haben.
Ausschlusskriterien
Die Studienteilnehmer sollten nicht älter als 70 Jahre alt sein. Sie durften nicht unter einem nicht OSAS-bedingtem Schnarchen leiden, keine andersartigen Atemwegserkrankungen sowie keine psychiatrischen/neurologischen Erkrankungen aufweisen. Die Probanden sollten außerdem unter keinerlei anderen bekannten Schlafstörungen und/oder -problemen leiden.
Statistik
Zur Berechnung der Ergebnisse wurde das Programm Statistical Package for Social Sciences (SPSS) verwendet. Die Ergebnisse wurden deskriptiv durch den Mittelwert ± Standardabweichung (SD) beschrieben. Die zu testenden Variablen wurden mit dem t-Test für abhängige Variablen verglichen.
Der Vergleich der beiden Fahrsimulatoren bez. pathologischer Fälle wurde mit dem nichtparametrischen Test McNemar durchgeführt.
Eine Signifikanz wurde bei einem p < 0,05 angenommen.
Patientengut
Nachdem Patienten mit Störungen der Sehfähigkeit und der Bewegungskoordination z. B. Zittern, Schwäche oder Lähmungserscheinungen der oberen Extremitäten von der Untersuchung ausgeschlossen waren, absolvierten 137 konsekutive OSAS-Patienten Carsim und Carda, 29 Frauen und 108 Männer. Von diesen wurden weitere 32 Patienten (12 Männer und 20 Frauen) ausgeschlossen, da sie den Testablauf nicht ordnungsgemäß absolvierten. Ausschlüsse wurden bei Patienten vorgenommen, die eins der beiden Testverfahren nicht ordnungsgemäß ausführten oder die Testung abbrachen (Angst-, Panikattacken wegen Dunkelheit oder geschlossener Tür; körperliches Unwohlsein) bzw. die Probleme bei der Durchführung des Tracking-Tests hatten.
Der Altersmittelwert der restlichen Studienteilnehmer (n = 105) lag bei 53,9 ± 11,8 Jahren. Der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) betrug 32,5 ± 21,3/h, die tiefste Sauerstoffsättigung lag bei 82,6 ± 7,6 %.
Ergebnisse
Epworth-Score und Unfallhäufigkeit
58 Patienten (55,2 %) wiesen einen Epworth-Score von ≥ 9 (Normalbereich < 9) auf.
76 Personen (72,4 % der OSAS-Patienten) gaben an, keinen Unfall in den letzten fünf Jahren gehabt zu haben, 27 (25,7 %) gaben weniger als fünf Unfälle (21 Personen einen Unfall, 4 zwei Unfälle, 2 drei), 2 (1,9 %) mehr als fünf Unfälle im selben Zeitraum an.
Carda vs Carsim
Unter Carda lag die Fehlerrate bei 10/105 Patienten (9,5 %) außerhalb des Normbereiches. Bei Carsim war die Spurabweichungszeit bei 49/105 Patienten (46,7 %) außerhalb des Normbereiches (Abb. [3]). Die Häufigkeit der Abweichungen von der Norm war unter Carsim signifikant höher (p < 0,001).
Abb. 3 Spurabweichung Carsim (aV) und Vigilanztest Carda (uV). Scatter-Diagramm des Vergleichs der Fehlerrate von Carda und der Spurabweichungszeit in der Untersuchung mit dem interaktiven Fahrsimulator Carsim aller 105 Patienten. Eingezeichnet sind die Grenzen des Normalbereichs für Carda < 13,3 % Fehler und Carsim < 11,3 s Spurabweichungszeit.
Durch die zusätzliche Testung mit Carda erhöhte sich die Zahl der pathologischen Fälle von 46,7 % auf 51,4 %.
Eine signifikante Korrelation zwischen den Fehlerraten der Fahrsimulatoren und dem Epworth-Score konnte nicht gefunden werden.
Der Korrelationskoeffizient (n = 105) der Beziehung zwischen der Tracking-Variablen (Spurabweichungszeit) des Fahrsimulators Carsim und dem Epworth-Score (ESS) lag bei r = - 0,011 (p = 0,896; ns.), der korrelative Zusammenhang (n = 105) zwischen der Fehlerrate (%) von Carda und dem Epworth-Score (ESS) bei r = 0,111 (p = 0,209; ns.).
Diskussion
Der Fahrsimulator Carda, ähnlich wie der von Findley entwickelte Test, entspricht nicht den Anforderungen, die an einen echten Tracking-Test gestellt werden. Es handelt sich vielmehr um einen Reaktionstest, der die Aufmerksamkeit und die Vigilanz beschreibt.
Krieger u. Mitarb. konnten bereits mittels Fragebogen nachweisen, dass die Unfallrate bei OSAS-Patienten häufig durch Schläfrigkeit ausgelöst wurde und dass sowohl die Unfallrate als auch Beinahunfälle unter nCPAP-Therapie reduziert werden konnten [31]. Ein Test zur Abschätzung des Unfallrisikos wäre deshalb hilfreich.
Findley fand eine Korrelation zwischen der Anzahl der Unfälle und der Fehlerrate beim Fahrsimulatortest Steer Clear anhand von Daten der Unfallbehörde Virginias/USA. Weiterhin wies er einen gewissen Zusammenhang zwischen Unfallhäufigkeit und Schlafapnoesyndrom sowie eine Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung nach [13]
[16]
[17]
[18]. Tests dieser Art sollten unserer Ansicht nach nur mit aller Vorsicht bei der Frage der Fahrtüchtigkeit verwandt werden, da sie nur wenige Aspekte erfassen.
Aufgrund der einfachen Konstruktion bieten Steer Clear und Carda aber auch einige Vorteile, da der technische Aufwand relativ gering ist und selbst eingeschränkte Patienten die Aufgabe gut verstehen. Allerdings kann mit den Tests nur bei deutlich erhöhter Fehlerquote das Ansprechen auf CPAP überprüft und der Verlauf kontrolliert werden.
Der Schweregrad der Schläfrigkeit, beurteilt durch die ESS, korrelierte nicht mit den Ergebnissen der Fahrsimulatoren. Schläfrigkeit beschreibt den Grad der Wachheit und wird durch zentralnervöse Aktivierung beeinflusst [44]. Durch die Testsituation wird bei mäßiger Einschränkung (ESS < 13) die Schläfrigkeit häufig kompensiert - bei unseren Patienten lag der ESS-Score im Mittel bei 11,0 -, so dass die Fehlerzahl bzw. die Spurüberschreitung keine relevante Abhängigkeit zeigten. Allerdings wurde bei ausprägter Schläfrigkeit von OSAS-Patienten mit einem ESS-Score > 13 mit Carda eine höhere Fehlerzahl erreicht [40].
Unter der Testung mit Carsim lag die Anzahl der Patienten, die eine sichere pathologische Abweichung aufwiesen deutlich höher.
Die komplexere Aufgabe der interaktiven Fahrsimulation erfasst Patienten mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit bezüglich geteilter Aufmerksamkeit und interaktivem Handeln. Dies konnte an Personen, deren Fahrleistung nach Alkoholgabe mit einem Fahrsimulator überprüft wurde, nachgewiesen werden. Bei OSAS war die Leistung ähnlich eingeschränkt wie bei einem Promille-Gehalt von 95 ± 25 mg/dl Alkohol im Blut [19].
Untersuchungen, die Laborergebnisse von Tracking-Tests mit der tatsächlichen Unfallhäufigkeit korrelieren, fehlen noch. Es wäre deshalb wünschenswert, objektive Daten der Straßenverkehrsbehörden zu erhalten, um evtl. Risikopatienten mit diesem sensitiven Instrument besser charakterisieren zu können. Ein Tracking-Fahrsimulator besitzt zwar einen höheren Realitätscharakter, da er die Aufgabe, d. h. die Fahrsituation besser als ein Reaktionstest abbildet [23]. Dennoch ist auch hier Skepsis an seiner Aussagekraft angebracht, da Fahrtüchtigkeit von sehr vielen Faktoren (z. B. von verantwortungsvollem Handeln) abhängt, die mit Simulationstests allein nicht erfasst werden können.
Ein Fahrsimulatortest sollte daher immer nur als eine von mehreren Komponenten bei der komplexen Beurteilung der Fahrtüchtigkeit verwandt werden.
Der von uns konzipierte interaktive Fahrsimulatortest kann außerdem für weitere Fragestellungen eingesetzt werden: Bei Patienten mit OSAS lassen sich durch unterschiedliche Therapiemodalitäten mehrere Teilkomponenten der Aufmerksamkeit (u. a. selektive und geteilte Aufmerksamkeit, Daueraufmerksamkeit, Verarbeitungsgeschwindigkeit) verbessern [6]
[9]. Ein interaktiver Fahrsimulator, der mehrere dieser Veränderungen reflektiert, sollte ein geeigneteres Instrument darstellen, da Tracking-Aufgaben im Vergleich zu Reaktionstests (Carda) mehr Komponenten der eingeschränkten Leistungsfähigkeit abbilden.
Wir konnten in dieser Untersuchung nachweisen, dass ein interaktiver Fahrsimulator (z. B. Carsim) die Störung von Patienten mit OSAS sensitiver beschreibt. Er wird von uns daher gezielt in klinischen Studien für die Beurteilung von Therapieeffekten zur Aufmerksamkeitssteigerung (z. B. unter CPAP oder Theophyllin; [6]
[9]) eingesetzt. Aufgrund der einfachen Handhabung wird aber auch Carda in der klinischen Routine weiterhin eine geeignete Methode bleiben, um neuropsychologische Störungen zu erfassen und Therapieeffekte nachzuweisen.