Einleitung
Einleitung
Die Sarkoidose ist eine Systemerkrankung, bei der nicht verkäsende Epitheloidzellgranulome jedes Organ befallen können. In den Frühstadien ist meist keine oder nur eine subklinische funktionelle Störung der betroffenen Organe vorhanden, ein ausgedehnter Befall führt jedoch bis zum Organversagen. Dem Herzbefall kommt dabei eine wesentliche prognostische Bedeutung zu. Da ein früher Therapiebeginn mit einer exzellenten Prognose einherzugehen scheint, ist die Diagnose der kardialen Sarkoidose vor Auftreten irreversibler Organschäden essenziell. Die Frühdiagnose ist jedoch auch heute noch „an imperfect science, a hesitant art” (OP Sharma, Chest 2003). Wir möchten daher den aktuellen Stand in Diagnostik und Therapie der Herzsarkoidose darstellen.
Epidemiologie
Epidemiologie
Die Erstbeschreibung einer kardialen Sarkoidose erfolgte durch Bernstein u. Mitarb. 1929 [1]. Vier Jahre später wies auch Schaumann in zwei Autopsieberichten auf die Möglichkeit eines Herzbefalles hin [2]. Gentzen berichtete 1937 in seiner Veröffentlichung über Riesenzellgranulome bei zwei Fällen von Endokardfibrose über den ersten Todesfall, der einer Herzsarkoidose zugeschrieben wurde [3]. Auch in den weiteren Publikationen bis in die 80er-Jahre finden sich vielfach nur Kasuistiken, die teils zusammengefasst wurden.
Eine klinisch auffällige kardiale Beteiligung wurde anfänglich nur in einem geringen Anteil der Patienten (1 - 7 %) mit nachgewiesener Sarkoidose gefunden [4]
[5]
[6]
[7]
[10]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]. Bei diesen Patienten dürfte vor Einführung der Echokardiographie zusätzlich die Abgrenzung zum sekundären Cor pulmonale nur ungenau gewesen sein. Bei Anwendung moderner bildgebender Verfahren wie Echokardiographie, Szintigraphie, Magnetresonanztomographie etc. liegt der Anteil in der Regel höher, wird aber beeinflusst z. B. durch Selektion des Kollektivs oder die Besonderheiten der betreffenden medizinischen Versorgungsstrukturen [9]
[11]
[24]
[25]
[26]
[27]
[28]. Die höchsten Raten an Myokardbeteiligung mit 19,5 bis zu 78 % fanden Studien mit postmortaler histologischer Aufbereitung des Herzens [5]
[6]
[22]
[29]
[30]
[31]
[32]
[33]
[34]
[35] (Abb. [1] u. [2]).
1978 werteten Silverman u. Mitarb. 84 konsekutive Obduktionen von Patienten, die zwischen 1899 und 1977 am John-Hopkins-Hospital an einer Sarkoidose gestorben waren, aus. Sie fanden in 27 % der Fälle eine Herzbeteiligung [30]. Ähnliche Zahlen berichteten Longscope und Freiman [32] und Sharma [5], die bei 92 bzw. 123 obduzierten Patienten in 20 bzw. 19,5 % histologisch eine Herzsarkoidose feststellten.
Scheinbar bestehen Unterschiede in der Krankheitsausprägung zwischen Patienten in Europa und Amerika im Vergleich zu Japan. Dort wurde aufgrund pathologischer Untersuchungen von einer Herzbeteiligung in 50 - 78 % der Fälle berichtet [31]
[34]
[38]
[39].
Diese wurde in Japan bislang zudem als führende Todesursache bei Sarkoidose angesehen. Während in den USA 13 - 50 % der Todesfälle auf eine kardiale Ursache zurückgeführt wurden, gelten in den japanischen Veröffentlichungen 77 - 85 % als herzbedingt [31]
[33]
[35]
[40].
In einer retrospektiven Studie aus Haifa/Israel verstarben dagegen zwischen 1980 und 1996 nur 2 von 120 Patienten mit Sarkoidose an einer kardialen Ursache [20].
Ebenfalls in einer retrospektiven Analyse des Krankengutes in Bad Berka fanden Kirsten u. Mitarb. eine Herzbeteiligung bei Patienten mit Lungensarkoidose in 15,1 %, eine prospektive Studie zur In-vivo-Diagnostik erbrachte einen Anteil von 10,6 %. Insgesamt zeigten 187 von 1236 Patienten mit Lungensarkoidose eine kardiale Beteiligung. Dabei wurden differenzialdiagnostisch infrage kommende Herzerkrankungen mittels Koronarangiographie und Herzbiopsie ausgeschlossen [9]
[11].
Bei einer Befragung von 651 erkrankten Mitgliedern der Deutschen Sarkoidose-Vereinigung durch Kirsten 1992 gaben nur 8 % eine Herzbeteiligung an. Bei 47 % der Patienten wurde eine extra-pulmonale Organbeteiligung vermutet, in 30 % auch histologisch gesichert. Die Latenz zwischen Erstsymptom bzw. auffälligen Befunden bis zur Diagnosestellung betrug bis zu 7 Jahren, in der Nachsorge sei z. B. nur bei 51 % ein Ruhe-EKG aufgezeichnet worden. Kirsten folgerte daraus, dass der systemische Charakter der Erkrankung in der Diagnostik wie Therapie häufig unterschätzt wird [10].
Die Beteiligung des Herzens verläuft häufig subklinisch, so dass insbesondere bei Patienten mit plötzlichem Herztod die kardiale Veränderung oft erst postmortem diagnostiziert wird [7]
[12]
[22]
[29]
[30]
[31]
[33]
[36]
[37]. Eine kardiale Sarkoidose scheint bei jungen Patienten häufiger zu sein und kann auch Heranwachsende betreffen [19]
[34]
[35]
[36].
In unserem Patientengut zeigen oft Patienten mit den schwergradigsten Herzveränderungen einen nur geringen pulmonalen und mediastinalen Befall. Hier erfolgte die Diagnose der Herzkomplikation meist durch den Kardiologen. Nur durch gezielte Untersuchungen wie BAL oder Mediastinoskopie bei geringen Veränderungen in der Computertomografie des Thorax konnte bei einzelnen Patienten auch eine pulmonale oder thorakale Erkrankung nachgewiesen werden. Andererseits besteht bei unseren Patienten mit ausgeprägtem pulmonalen Befall zwar in der Regel ein sekundäres Cor pulmonale, jedoch selten eine mit nicht invasiven Methoden nachgewiesene Myokardbeteiligung.
Auch Kirsten wies 1994 darauf hin, dass der Verlauf von Lungen- und Herzsarkoidose nicht parallel verlaufen muss. So zeigten die Nachuntersuchungen in Bad Berka, dass in einem Drittel der Fälle die Herzsarkoidose erst dann klinisch auffällig wurde, nachdem die Lungensarkoidose sich radiologisch normalisiert hatte [21]. Daher sollte auch bei jungen Patienten mit unklaren Herzrhythmusstörungen oder Myokardveränderungen differenzialdiagnostisch an eine Sarkoidose gedacht werden.
Klinik
Klinik
Bei nur mikroskopischem Nachweis einer Herzsarkoidose bleiben viele Patienten asymptomatisch. Bei stärkerem Befall können alle kardialen Strukturen befallen sein. Am häufigsten sind jedoch Veränderungen des Reizleitungssystems und des Myokards. Herzklappenfehler beruhen vornehmlich auf einer Beteiligung des betreffenden Papillarmuskels oder einer veränderten Ventrikelarchitektur. Ein direkter Befall der Herzklappen ist sehr selten.
Bei umschriebenen Veränderungen kommt es im akuten Stadium oft zu lokalen Hypertrophien oder begrenzten Bewegungsstörungen des Myokards, die im weiteren Verlauf durch Narbenbildung und Remodelling zu einer Erweiterung des Ventrikels bis hin zu Aneurysmen ( in 8 - 10 %) führen können. Ein diffuser Befall bedingt meist eine globale Hypokinesie bis hin zum kardialen Pumpversagen. Veränderungen des Reizleitungssystems und des Septums sind in der Regel mit bradykarden Herzrhythmusstörungen (AV-Block) oder Ausbildung eines Schenkelblockes verbunden. Auch bei klinischer Ausheilung verbleibt durch Narben ein arrhythmogenes Substrat, das z. B. über Mikro-Reentry-Tachyarrhythmien fördern kann. Im Bereich des Perikards sind Fibrosierungen und Perikardergüsse beschrieben. Entsprechend der Muskelmasse finden sich die Granulome am häufigsten im Septum und der freien Wand des linken Ventrikels und selten im Vorhofmyokard. Supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen sind eher indirekte Folge einer ventrikulären Veränderung als Zeichen einer Infiltration der Vorhofwand [5]
[6]
[13]
[14]
[22]
[23]
[29]
[30]
[31]
[41]
[42]
[43]
[44]
[45]
[46]
[48]
[53]
[54]
[55]
[87].
Diagnostik
Diagnostik
EKG
Numao u. Mitarb. beobachteten bei 963 japanischen Patienten mit Sarkoidose in 22 % Auffälligkeiten im Ruhe-EKG, fanden diese jedoch auch bei 17 % der Vergleichsgruppe gesunder Probanden mit gleicher Alters- und Geschlechtsverteilung [47]. Bei 300 Patienten mit Herzsarkoidose in England wurden in 45 % ventrikuläre Herzrhythmusstörungen, in 38 % Schenkelblockierungen, 28 % supraventrikuläre Arrhythmien und 16 % ein plötzlicher Herztod beschrieben [6].
Die Prävalenz von EKG-Veränderungen scheint mit der Schwere der Herzbeteiligung zu korrelieren. Silverman u. Mitarb. verglichen 1978 klinische Befunde mit den Veränderungen in der Obduktion [30]. Dabei zeigten nur 15 % der Patienten ohne Herzbeteiligung Veränderungen im Ruhe-EKG, jedoch 42 % der Patienten mit nur mikroskopisch nachweisbarer Beteiligung und 75 % der Patienten mit bereits makroskopisch sichtbarem Herzbefall.
Ein Vergleich schwedischer und japanischer Patienten durch Larsen u. Mitarb. 2001 ließ keine Unterschiede in der Häufigkeit und Art der EKG-Veränderungen erkennen [51].
Verstärkte oder abgeleitete EKG-Darstellungen wie Spätpotenziale oder Herzfrequenzvariabilität spielen weder in Diagnostik noch Prognoseabschätzung eine Rolle.
Belastungs-EKG und Spiroergometrie scheinen etwas sensitiver zu sein, spielen aber mehr in der Differenzialdiagnostik z. B. zur Ischämie oder bez. einer kardiovaskulären vs. pulmonalen Leistungslimitierung eine Rolle [5]
[49]
[50]
[51]
[52].
Dem Langzeit-EKG kommt sowohl in der Diagnostik als auch der Risikoabschätzung bei nachgewiesener Herzsarkoidose eine größere Rolle zu. Suzuki u. Mitarb. fanden in einer prospektiven Studie mit 38 Sarkoidosepatienten in 67 % mehr als 100 ventrikuläre Extrasystolen pro Tag, falls eine Herzsarkoidose vorlag, jedoch nur in 8 % der Fälle ohne Herzbeteiligung. Eine Vergleichsgruppe zeigte nur bei 5 % von 58 gesunden Probanden mehr als 100 VES/Tag 849].
Echokardiographie
Die Echokardiographie ist eine sehr hilfreiche Methode, die sowohl morphologische als auch funktionelle Veränderungen des Herzens mit hoher Auflösung und fehlender Belastung für den Patienten aufzuzeigen vermag. Bei geringen Kosten und hoher Verfügbarkeit ist sie zudem vorzüglich zur Verlaufsbeobachtung geeignet. Die Sensitivität lässt sich noch durch die Stress-Echokardiografie steigern.
Die Echokardiographie ist bei 14 - 41 % aller Sarkoidosepatienten pathologisch, teils bei normalem Ruhe-EKG [24]
[26]
[27]
[53]
[54]
[55]
[56]
[57]
[58]
[59]
[69]. Viele Studien wurden jedoch in den 80er-Jahren durchgeführt, als die Ultraschalltechnik noch eine deutlich schlechtere Auflösung ermöglichte als die heutigen Geräte. Aus unserer Sicht kommt der Echokardiographie heute eine wesentliche Rolle in Diagnostik und Verlaufsbeobachtung zu.
1998 verglich Yazaki [101] 15 Patienten mit Herzsarkoidose und 30 Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie (DCM). Von den Patienten mit nachgewiesener Herzsarkoidose zeigten 73 % eine umschrieben verdickte oder verdünnte Wand des linken Ventrikels, in der Regel das Septum betreffend und dann immer mit einer AV-Blockierung einhergehend. Von den Patienten mit DCM besaßen nur 17 % umschriebene Wanderweiterungen, jedoch keine umschriebenen Hypertrophien. Auch weitere Erkrankungen wie primäre Vitien, Cor pulmonale, hypertrophe Kardiomyopathien oder Amyloidose sind wegen typischer oder pathognomonischer Merkmale echokardiographisch mit großer Sicherheit differenzierbar. Diastolische Funktionsstörungen werden für ca. 50 % aller Patienten mit nachgewiesener Herzsarkoidose in den Studien zur Echokardiographie und übereinstimmend zur Magnetresonanztomografie berichtet [71]
[139].
Nuklearmedizinische Untersuchungen
Am besten untersucht ist die Myokardszintigraphie mit 201Thallium. Dieses Radionuklid wird von den Herzmuskelzellen aufgenommen. Dabei reichern Bereiche mit Narben, Nekrosen und teils Entzündungen weniger Thallium an und erscheinen als „cold spots”. Die in Ruhe aufgezeichneten Defekte sind bei sarkoidalen Veränderungen in den Spätaufnahmen und unter Belastung rückläufig oder reversibel. Dieses Phänomen wird „reverse distribution” genannt und erlaubt eine Abgrenzung zu ischämischen Veränderungen bei koronarer Herzkrankheit, die die häufigste und wichtigste Differenzialdiagnose bei umschriebenen Myokardveränderungen darstellt.
Da nur ein geringer Anteil der Sarkoidosepatienten eine relevante kardiale Beteiligung aufweist, ein pathologischer Befund bei asymptomatischen Patienten offenbar mit günstiger Prognose einhergeht und die Bedeutung dieser Konstellation für den weiteren Krankheitsverlauf und Therapie nicht gesichert ist, kommt dieser Untersuchung nicht die Stellung einer Routinemethode zu. Der Nachteil der Technik liegt in der hohen Strahlenbelastung. Dies schränkt die Anwendung der Methode in der Verlaufskontrolle ein. Dennoch ist bislang für keine andere Untersuchungstechnik eine bessere Sensitivität gesichert worden [5]
[24]
[25]
[28]
[61]
[62]
[63]
[64]
[65]
[70].
Der Anteil pathologischer Befunde bei der Thalliumszintigraphie schwankt dabei zwischen 13 und 75 %, je nach Größe und Zusammensetzung des untersuchten Patientenkollektiv.
Die 67Gallium-Szintigraphie weist nach Studienlage eine geringere Sensitivität als die 201TI-Szintigraphie auf [68]
[73]
[74]
[75]
[76]
[77]
[78]
[80]
[82]
[84]. Patienten mit positivem Befund in der 67Ga-Szintigraphie zeigen fast immer auch Auffälligkeiten in der 201TI-Szintigrafie. Eine Kombination beider Verfahren zur Verbesserung der Diagnostik und Prognoseabschätzung wurde diskutiert, ist letztlich jedoch nicht gesichert. Auch eine Darstellung kardialer Veränderungen bei Herzsarkoidose mittels Technetium99-pyrophosphate wurde berichtet, es liegen jedoch keine vergleichenden Studien vor [54]
[81]. Untersuchungen mit 99m-Tc-sesta-methoxy-isobutyl-isonotrile (sestamibi) SPECT scan könnte der Darstellung mit Thallium überlegen sein, jedoch ist auch dies aufgrund der wenigen Studien letztlich nicht gesichert [61]
[83].
Magnetresonanztomographie (MRT)
Die MRT wird zunehmend in der Diagnostik der Herzsarkoidose eingesetzt. Es liegen neben einzelnen Fallberichten seit 1988 bislang nur wenige größere Studien vor. Shimada fand bei kontrast-verstärktem MRT mittels Gadolinium-DTPA bei 8 von 16 Patienten mit Herzsarkoidose umschriebene Kontrastverstärkungen wie bei interstitieller Ödembildung, Entzündung oder Vernarbung [70]. Bei hoher struktureller Auflösung sind morphologische und funktionelle Veränderungen gut darstellbar, aufgrund unterschiedlicher Verteilungsmuster ischämische Läsionen meist abgrenzbar (Abb. [3]
[4]
[5]). Bei primär positivem Befund eignet sich die Methode daher sehr gut zur Verlaufsbeobachtung [72]
[85]
[86]. Unsere Erfahrungen zeigen relativ typische und deutliche Ergebnisse bei akuter, nicht vorbehandelter Herzsarkoidose. Andererseits fanden wir bei mehreren Patienten mit histologisch gesicherter Herzsarkoidose und mehrjährigem Verlauf unter einer Steroidtherapie zwar Veränderungen der Herzstruktur wie reduzierte systolische Funktion oder umschriebene Wandveränderungen, jedoch keine pathologischen oder lokalen Auffälligkeiten im Myokard selbst.
Unsere bisher nicht publizierten Daten aus der Ruhrlandklinik entsprechen den Ergebnissen von Skold u. Mitarb. mit hoher Rate unspezifischer Veränderungen in Echokardiografie und MRT, aber einer nur geringen Rate relativ spezifischer Befunde [71]. Zahlreiche Studien zu diesem Themenbereich sind in den nächsten Jahren zu erwarten. Durch weitere technische Entwicklungen mit Verbesserung der Auflösung könnte diese Methode auch wegen der geringen Belastung für den Patienten zunehmend an Bedeutung gewinnen und z. B. die nuklearmedizinischen Tests ablösen. Schrittmacherträgern bleibt die Untersuchung jedoch vorenthalten [70]
[71]
[79]
[85]
[86]
[87]
[88]
[89]
[90]
[91]
[92]
[93]
[94].
Positronenemissionstomographie (PET)
Bislang liegen nur Kasuistiken und eine kleine Studie mit 16 Patienten vor [95]
[96]. Ob die PET für diese Indikationsstellung Bedeutung erlangen wird, ist bislang nicht abzuschätzen.
Invasive Untersuchungen
Die Koronarangiographie wird heute bei der Mehrzahl der Patienten mit Herzsarkoidose durchgeführt und dient dem Ausschluss einer Erkrankung der Koronararterien bei umschriebenen Veränderungen des Herzens oder im EKG.
Myokardbiopsien werden fast ausschließlich aus dem rechten Ventrikel entnommen, die meisten sarkoidalen Läsionen sind jedoch im Myokardbereich des linken Ventrikels verteilt. Je geringer und umschriebener die granulomatösen Infiltrate sind, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, eben diesen Bezirk mit der Biopsie auch zu treffen. Kommt es durch eine vorangegangene Behandlung zu einem Abheilen der Granulome und Ausbildung narbiger Veränderungen, so sind die histologischen Bilder trotz repräsentativer Probe ebenfalls nur begrenzt aussagekräftig. Die Erfolgsrate ist daher nur bei diffusem schweren Befall akzeptabel und liegt im Allgemeinen < 25 % [38]
[39]
[47]
[60]
[98]
[99]
[100]. Da zudem noch erhöhte Risiken und Belastungen für den Patienten bestehen, kann diese Methode nicht generell empfohlen werden.
Klinische Diagnosekriterien
Wir haben die 1993 vom „Japanese Ministry of Health and Welfare” aufgestellten Kriterien zur Diagnose der Herzsarkoidose als sehr hilfreich und zuverlässig empfunden (siehe Tab. [1]). Hier wird zwischen histologisch gesicherter und klinischer Diagnosestellung unterschieden. Für die klinisch geleitete Diagnose wird die histologische Sicherung einer Sarkoidose extrakardial verlangt. Zusätzlich müssen neben definierten EKG-Veränderungen wie z. B. Schenkelblock, AV-Block oder komplexen ventrikulären Herzrhythmusstörungen auch strukturelle oder funktionelle Veränderungen des Myokards vorliegen. Ausgeschlossen sind jedoch Patienten, bei denen sich die Veränderungen bereits durch andere Ursachen wie Myokardinfarkt oder Cor pulmonale erklären.
Tab. 1 Guidelines for Diagnosing Cardiac Sarkoidosis, Japanese Ministry of Health and Welfare,1993 [70].
1. Histologische Diagnostik Nachweis eines nicht verkäsenden epitheloidzelligen Granuloms im Myokard
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2. Klinische Diagnosestellung Nach histologischem Nachweis einer extrakardialen Sarkoidose kann eine Herzsarkoidose angenommen werden, wenn ein Kriterium der Gruppe a und mindestens ein weiteres Kriterium der Gruppe b - e vorliegt.
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a. Kompletter RSB, Linkslagetyp, AV-Block, ventrikuläre Tachykardie, VES > Lown 2, abnormes Q, ST-Strecken- oder T-Wellenveränderungen
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b. Abnorme Wandbewegungen, umschriebene Herzwandverdünnungen, Dilatation des linken Ventrikels
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c. Defekte in der Myokardszintigraphie
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d. Abnormer intrakardialer Druck, low cardiac output, verminderte Ejektionsfraktion
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e. Interstitielle Fibrose oder mehr als mäßige Zellinfiltration in der Myokardbiopsie bei nicht spezifischem Befund.
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Beteiligung anderer Organsysteme
Beteiligung anderer Organsysteme
Die wenigen publizierten Daten wie auch eigene Erfahrungen zeigen, dass fast immer eine Beteiligung der Lunge und/oder des Mediastinums vorliegt [9]
[10]
[11]
[13]
[29]
[42]. Yazaki [42] beschreibt bei 95 Patienten mit Herzsarkoidose in 41 % eine zusätzliche Augen- und in 16 % eine Hautbeteiligung. Fleming fand bei 20 obduzierten Patienten in 35 % eine zusätzliche Leber- und Milzinfiltration [13].
Kirsten fand bei 187 Patienten mit Herzsarkoidose einen Befall von Hilus-Lymphknoten in 94 %, der Lunge in 77 %, der Leber und Milz in 57 bzw. 50 % und weiterer Organsysteme in 37 % der Fälle [9]
[11]. Eine Assoziation der Herzsarkoidose mit Lungenfunktionsparametern, der Form oder des Schweregrades der Lungensarkoidose oder dem ACE-Spiegel sind nicht beschrieben.
Behandlung und Verlauf
Behandlung und Verlauf
Die primäre Behandlung der Herzsarkoidose entspricht dem für Sarkoidose generell üblichen Vorgehen, d. h. sie besteht vornehmlich in der Gabe von Kortikosteroiden [5]
[6]
[7]
[14]
[70]
[97]
[98]
[102]
[103]
[104]
[115]. Auch hier liegen zahlreiche Kasuistiken und kleinere retrospektive Auswertungen vor, jedoch kaum prospektiv randomisierte Studien.
Während einzelne Berichte von z. T. sehr gutem kurzfristigen Ansprechen auf Kortison berichten, ist die Datenlage zu langfristigem Verlauf, prognostischen Faktoren, Dauer und Höhe der Steroidtherapie sehr gering. Auch die Medikation bei kardialer Dysfunktion oder Herzrhythmusstörungen erfolgt nach empirischen oder theoretischen Überlegungen in Anlehnung an andere Kardiomyopathien, deren Therapie in großen Studien validiert wurde.
Während die Indikation zur Implantation eines antibradykarden Schrittmachersystems einfach zu stellen ist, herrscht bei der Indikation zu antitachykarden Schrittmachersystemen (AICD) Unsicherheit bez. des richtigen Zeitpunktes. Offen ist die Frage, ob sie nur zur Sekundärprävention nach Tachyarrhythmie bedingter Synkope/Reanimation eingesetzt werden sollten oder bereits zur Primärprävention bei als gefährdet betrachteten Patienten. Für letzteres Vorgehen würde die erwartete hohe Sterberate an plötzlichem Herztod sprechen. Auch der Einfluss der Therapie auf das Risiko des plötzlichen Herztodes ist ungewiss, da nach Umwandlung des entzündlichen Infiltrates in eine Narbe ein proarrhythmisches Substrat bestehen bleibt [102]
[127]
[128]
[129]
[130]
[131]
[132].
Eine sehr hilfreiche Studie, die sicher wesentlich zur Abschätzung dieser Fragen beigetragen hat, ist die Arbeit der „Central Japan Heart Study Group” [42]. Sie werteten retrospektiv die Daten von 95 Patienten aus, bei denen zwischen 1984 und 1996 eine Herzsarkoidose diagnostiziert worden war. Nach einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 68 Monaten verstarben 29 Patienten ( = 73 %) an einem zunehmenden kardialen Pumpversagen und 11 Patienten ( = 27 %) an plötzlichem Herztod. Die multivariante Analyse identifizierte den funktionellen NYHA-Status (hazard ratio 7,72 pro NYHA-Klasse, p = 0,0008), den enddiastolischen Durchmesser des linken Ventrikels (hazard ratio 2,6 pro 10 mm Zunahme, p = 0,02) und anhaltende ventrikuläre Tachykardien (hazard ratio 7,2, p = 0,03) als unabhängige Prädiktoren der Mortalität. Andererseits fanden sie eine exzellente Prognose bei den Patienten, bei denen nach früher Diagnose eine Therapie mit Steroiden erfolgte.
Die 5-Jahres-Überlebensrate betrug 75 % für alle Steroid-behandelten Patienten. Lag die Ejektionsfraktion (EF) des linken Ventrikels vor Therapiebeginn > 50 %, so bestand eine nahezu normale Lebenserwartung mit einer 10-Jahres-Überlebensrate von 89 %. Von den Patienten mit bereits reduzierter kardialer Funktion und einer EF < 50 % lebten dagegen nur noch 59 % nach 5 Jahren und 27 % nach 10 Jahren. Die Untersucher fanden keinen Unterschied zwischen den Patienten mit einer Steroiddosis kleiner versus größer 30 mg Prednison/die. Für eine Gruppe von 20 Patienten mit durch Obduktion gesicherter Erkrankung und nicht erfolgter Kortisonbehandlung wurde retrospektiv eine 5-Jahres-Überlebensrate von nur 10 % ermittelt.
Obwohl große prospektive Studien fehlen, kann man von der Wirksamkeit einer Steroidbehandlung ausgehen. Dennoch bleiben die Fragen zur Dosis und einem möglichen Therapieende ungeklärt. Wir haben bereits mehrfach nach weiterer Dosisreduktion unter 10 mg Prednisolon trotz zuvor stabilem Verlauf eine erneute Verschlechterung gesehen, sodass wir bis zum Vorliegen weiterer Daten von einer vermutlich dauerhaft erforderlichen Behandlung ausgehen. Die Mindestdauer einer Kortisontherapie bei Herzsarkoidose betrug nach den Erfahrungen unserer Kliniken und dem Sarkoidosezentrum der früheren DDR in Bad Berka 2 Jahre.
Als zusätzliche Medikation liegen Einzelberichte für Methotrexat, Azathioprin, Hydrochlorothiazid, Cyclophosphamid, Cyclosporin A, Thalidomid, Pentoxifyllin, Infliximab (Anti-Tumor-Nekrose-Faktor) und Chloroquin vor. Außer einem kortisonsparendem Effekt der immunsuppressiven Medikamente konnte jedoch bislang keine Wirksamkeit dieser Medikamente bez. der Herzsarkoidose gesichert werden [103]
[105]
[106]
[107]
[108]
[109]
[110]
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[112]
[113]
[114]
[115]
[116]
[117]
[118]
[119]
[120]
[121]
[122]
[123]
[124]
[125]
[126].
Bezüglich einer medikamentösen antiarrhythmischen Therapie liegen ebenfalls keine gesicherten Daten vor. Entsprechend der Datenlage für andere Kardiomyopathien wird bevorzugt Amiodaron eingesetzt. Auch die Aussagekraft elektrophysiologischer Untersuchungen scheint begrenzt [127]
[128]
[129]
[130]
[131]
[132].
Kleinere Studien bewiesen einen Überlebensvorteil bei Implantation eines AICD. So berichten Winters u. Mitarb. 1997 [60] von 7 Patienten mit Herzsarkoidose und dokumentierter anhaltender ventrikulärer Tachykardie. Trotz anti-arrhythmischer und steroidaler Therapie verstarben 2 Patienten an plötzlichem Herztod und weitere 4 Patienten zeigten Rezidive ventrikulärer Tachykardien. Nach Implantation eines AICD bei 4 Patienten wurde bei allen mindestens eine adäquate Schockabgabe dokumentiert.
Insgesamt scheint nach Ansicht mehrerer Autoren bereits die prophylaktische Implantation eines AICD bei besonders befährdeten Patienten gerechtfertigt zu sein [60]
[90]
[128]
[132]
[133].
Bei den selten vorkommenden Perikardergüssen können Perikardpunktionen, Perikardfensterungen oder bei massiven Ergüssen Perikardektomien erforderlich sein [23]
[43]
[53]
[54]
[55].
Zuletzt sollte bei den oft relativ jungen Patienten rechtzeitig die Möglichkeit einer Herztransplantation erörtert werden [7]
[101]
[136]. Ein Rezidiv der Sarkoidose im Herztransplantat ist möglich, über ein Ansprechen auf eine Erhöhung der Steroiddosis wurde berichtet [134]
[135]
[138]. Die Mortalität der Patienten mit Lungensarkoidose auf der Warteliste zur Transplantation entspricht den Patienten mit Lungenfibrose, wobei insbesondere die Rechtsherzbelastung zunehmende Probleme bereitet [137]. Bezüglich des Zeitpunktes zur Listung bei führender kardialer Sarkoidose liegen keine validen Daten vor, hier ist der vorangegangene Verlauf entscheidend. Insbesondere bei nicht vorbehandelten Patienten sollte aber immer ein Therapieversuch vorangehen, da einige Patienten unter Kortison erhebliche funktionelle Verbesserungen zeigen und so möglicherweise die Transplantation vermieden werden kann [29]
[41]
[42]
[101].
Abb. 1 Makroskopische Ansicht des linken Ventrikels eines an kardialer Sarkoidose verstorbenen Patienten.
Abb. 2 a u. b Histologischer Befund mit intramyokardialen Sarkoidosegranulomen (HE-Färbung), a) bei schwacher, b) bei stärkerer Vergrößerung.
Abb. 3 Cardio-MRT-Bild eines Patienten mit gesicherter Herzsarkoidose. Weiß dargestellte Konstrastmittelanreicherung (Gadolinum) der akut befallenen Myokardanteile im Bereich der Papillarmuskelansätze in linken Ventrikel. Dunkel gefärbt zeigen sich die nicht betroffenen Myokardanteile und die in der Schnittebene liegenden Herzkranzgefäße (Zwei-Kammerblick des linken Ventrikel in langer Achse, 1,5 Tesla, T1-Gewichtung, fast spin echo, Kontrastmittel Gadolinum, Inversion recovery sequence). 1. normal kontrastiertes Myokard (dunkel); 2. blutgefülltes Lumen des linken Ventrikels (grau); 3. kontrastmittelangereicherte Myokardanteile im Bereich der Papillarmuskeln des linken Ventrikels (hell); 4. Koronargefäße.
Abb. 4 Typische Verdickung und Kontrastierung des basalen Septums im Vierkammerblick des Cardio-MRT eines Patienten, bei dem ein AV-Block 2.-3. Grades die Diagnostik einleitete. 1. linker Ventrikel; 2. rechter Ventrikel; 3. verdicktes basales Septum mit inhomogener Kontrastmittelanreicherung.
Abb. 5 Diffuser Befall des Herzens mit histologisch gesicherter Herzsarkoidose. Im MRT sind die herdförmigen Kontrastunterschiede und umschriebenen Verdickungen des Myokards gut erkennbar ( gleiche Sicht, jedoch veränderte T1/T2-Gewichtung wie Abb. 2, so dass sich das gesunde Myokard hell darstellt).
Danksagung
Wir danken den Kollegen der kardiologischen und radiologischen Abteilung des Elisabeth-Krankenhauses Essen ( Prof. Dr. G. Sabin, PD Dr. J. Barkhausen, Dr. O. Bruder, Dr. W. Schüler, Dr. Jochims ) für die freundliche Durchführung und Überlassung der MRT-Bilder.
Doz. Dr. V. Haenselt, Bad Berka, danken wir für die Überlassung der mikro- und makroskopischen Bilder der Herzsarkoidose.