Suchttherapie 2004; 5(3): 109
DOI: 10.1055/s-2004-813569
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

S. Kuhn, I. Schäfer
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Dr. Silke Kuhn

Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Martinistr. 52

20246 Hamburg

Email: skuhn@uke.uni-hamburg.de

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Publication Date:
31 August 2004 (online)

Table of Contents

    Die Themenverknüpfung von süchtigem Verhalten und Trauma stellt immer noch für viele Kliniken und Praktiker ein schwer begehbares Terrain dar. Die Vorstellung eines komplexen Bedingungsgefüges für das Entstehen und die Aufrechterhaltung süchtigen Verhaltens ist sicher richtig, doch es scheint wichtig, die einzelnen Bestandteile und deren wechselseitigen Beziehungen innerhalb dieses Komplexes zu kennen, zu benennen und in mögliche Betreuungs- und Behandlungskonzepte mit einzubeziehen.

    Der hohe Prozentsatz an Patientinnen und Patienten, die über ein traumatisches Erlebnis in ihrer Vergangenheit berichten, begründet die Notwendigkeit, den Zusammenhang zwischen Sucht und Trauma genauer zu betrachten. Als Folge eines traumatischen Ereignisses können psychische und/oder psychosomatische Störungen entstehen. Ist dies unabdingbar oder gibt es Problemkonstellationen, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, z. B. eine Posttraumatische Belastungsstörung, eine affektive Störung oder Ängste zu entwickeln? Welche Funktion hat dabei der Substanzgebrauch? Ist er, wie oft postuliert wird, eine Möglichkeit der Selbstmedikation, die psychischen Auswirkungen dieser tiefgreifenden belastenden Erlebnisse zu mildern, und was geschieht, wenn die Substanz, seien es Alkohol, Medikamente oder illegale Drogen, nicht mehr eingenommen wird? Patientinnen und Patienten mit komorbiden Störungen gelten weithin als schwierige Patienten, da sie häufiger die Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen abbrechen und sich Behandlungsbedingungen gegenüber weniger compliant verhalten. Patienten mit einer Traumaanamnese brauchen eine erweiterte Suchttherapie. Doch in welcher Form soll eine Standardbehandlung modifiziert werden und welche Patienten werden davon profitieren?

    Im wissenschaftsorientierten Teil des vorliegenden Themenheftes fasst der Überblicksartikel von Silke Kuhn die Ergebnisse international relevanter Forschung zusammen. Der Artikel von Willie Langeland, Wim van den Brink und Nel Dreijer macht auf den Zusammenhang zwischen elterlichem Alkoholismus, dem Miterleben von elterlicher Gewalt und körperlichen Misshandlungen und der Entwicklung einer antisozialen Persönlichkeitsstörung bei männlichen Alkoholkranken aufmerksam. Claudia Kemmner, Michael Klein und Uwe Zemlin wenden sich in ihrem Artikel nicht nur dem Thema der Reviktimisierung Alkoholabhängiger, sondern auch der Gewaltausübung durch Suchtpatienten und der transgenerationalen Weitergabe von Gewalt zu. Die Ergebnisse einer bundesweiten Befragung in Einrichtungen der ambulanten Suchttherapie zum eingeschätzten Bedarf und dem tatsächlichen Bereithalten traumaspezifischer Angebote stellen Ingo Schäfer, Michael Schultz und Koautoren vor.

    Im praxisorientierten Teil dieses Heftes präsentieren drei Behandlungseinrichtungen ihr konzeptionelles Vorgehen. Gemeinsam ist ihnen die Integration von traumaspezifischen Elementen in bewährte suchttherapeutische Behandlungsformen. Anke Kirchhof-Knoch betont in ihrer Darstellung einer stationären Therapie vorwiegend alkohol- und medikamentenabhängiger Frauen die Bedeutung eines frauenspezifischen Ansatzes. Sybille Teunißen beschreibt differenziert die traumaspezifischen Zielsetzungen und die dafür angewandten Maßnahmen bei der Behandlung von Drogenabhängigen. In dem Beitrag von Heike Hinz liegt die Betonung auf einem einfühlsamen ressourcenaktivierenden Prozess unter ausdrücklicher Ablehnung einer schnellen explorativen und möglicherweise das Trauma aktualisierenden Vorgehensweise. In der Kausuistik von Heike Faller wird die Behandlung eines mehrfachabhängigen Patienten mit komorbider Borderline-Persönlichkeitsstörung sowie Posttraumatischer Belastungsstörung vorgestellt. Dabei wird deutlich, welche unterschiedlichen Behandlungselemente in eine erfolgreiche integrative Therapieform einfließen müssen.

    Dr. Silke Kuhn

    Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

    Martinistr. 52

    20246 Hamburg

    Email: skuhn@uke.uni-hamburg.de

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    Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

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