Aktuelle Dermatologie 2003; 29(11): 487-492
DOI: 10.1055/s-2004-814168
Kongressbericht
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Dresdner Dermatologische Demonstration 2003

zugleich Tagung der Sächsischen Dermatologischen GesellschaftDermatologic Demonstration Dresden 2003Meeting of the Saxonian Society of DermatologyE.  Köstler1 , G.  Hansel1 , U.  Wollina1
  • 1Hautklinik am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt, Städtisches Klinikum, Dresden
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Priv.-Doz. Dr. E. Köstler

Hautklinik am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt, Städtisches Klinikum ·

Friedrichstraße 41 · 01067 Dresden

Email: Koestler-E@khdf.de

Publication History

Publication Date:
02 January 2004 (online)

Table of Contents

Vorsitz: Prof. Dr. U. Wollina

Berichterstatter: Priv.-Doz. Dr. E. Köstler, Dipl.-Med. G. Hansel, Prof. Dr. U. Wollina

Histopathologie: Frau Dr. J. Schönlebe

Klinische Photodokumentation: Frau R. Herz

Gastvorträge: Frau Priv.-Doz. Dr. B. Tebbe (Berlin), Prof. Dr. W. H. Burgdorf (Tutzingen)

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Natural-Killer-Zell-Lymphom der Haut in Kombination mit einer chronisch lymphatischen B-Zell-Leukämie vom Postkeimzentrumstyp

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A. Koch, I. Rietzschel

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Anamnese

Im Juli 2002 trat bei dem 88-jährigen Mann erstmals ein pflaumengroßer rötlich-livider Tumor im Bereich der linken Flanke auf. Subjektiv bestanden keine Beschwerden. Die ambulant durchgeführte diagnostische Exzision ergab den Verdacht auf das Vorliegen eines Non-Hodgkin-Lymphoms. Im August 2002 entwickelten sich zusätzlich multiple, kleinere, knotige, nicht juckende Infiltrate am gesamten Integument.

Des Weiteren klagte der Patient seit geraumer Zeit über eine verstärkte Müdigkeit und Abgeschlagenheit bei sonst gutem Wohlbefinden. Im Knochenmark fiel nach erfolgter Biopsie ein lymphozytäres Infiltrat auf.

Molekularbiologisch ließ sich eine eigenständige B-CLL nachweisen. Weitere Auffälligkeiten ließen sich nicht finden.

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Hautbefund

Am gesamten Integument zeigen sich disseminierte kirsch- bis pflaumengroße knotige, rötlich-livide Infiltrate, wobei eine Stammbetonung auffällig ist (Abb. [1]). Die Infiltrate sind relativ derb und weisen keine Ulzerationen auf. Lymphknotenschwellungen lassen sich nicht nachweisen.

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Abb. 1 NK-Zell-Lymphom der Haut mit multiplen braunen Papeln.

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Histologie

In den Knötchen der Haut findet sich ein dichtes Infiltrat lymphoider Zellen, welches die gesamte Dermis durchsetzt. Es finden sich zahlreiche CD56- und CD4-positive lymphoide Zellen und eine partielle Expression zytotoxischer Moleküle - vereinbar mit einem NK-Zell-Lymphom. Die Umlagerungsanalyse des T-Zellrezeptor-Gammaketten-Gens mittels PCR mit verschiedenen Primer-Kombinationen zeigt ein weitgehend polyklonales T-Zell-Muster.

Im peripheren Blut und Knochenmark ist eine klonale B-Zellpopulation ohne Vorhandensein klonaler T-Zellmuster nachweisbar. Molekularbiologisch Nachweis einer chronisch-lymphatischen B-Zell-Leukämie (B-CLL) vom Postkeimzentrums-Typ.

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Therapie

Nach ungenügendem Ansprechen der externen Steroid- sowie Creme-PUVA-Therapie erfolgte der Behandlungsversuch mit Bexaroten (Tagretin®) in einer täglichen Dosierung von 300 mg/kg KG per os. Darunter kam es zur Abflachung der Infiltrate mit merklicher Rückbildung an den Extremitäten bei insgesamt guter Verträglichkeit.

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Kommentar

Natürliche Killer-Zellen (NK-Zellen) stellen 10 - 15 % der Gesamtpopulation der Lymphozyten dar und besitzen die Fähigkeit, Ziel-Zellen, wie z. B. Tumorzellen, ohne vorausgegangenen Kontakt mittels zytotoxischer Proteine zu zerstören. Weil charakteristische T- und B-Zell-Antigene fehlen, wurden sie früher oft als „Null-Zellen” bezeichnet.

NK-Zellen zeichnen sich durch die Expression von CD56, CD57 und CD16 aus. Ob ein NK-Zell-Lymphom oder ein NK-artiges T-Zell-Lymphom vorliegt, kann nur durch den Nachweis eines klonalen Rearrangements des T-Zell-Rezeptors mittels PCR gesichert werden [1, 2, 4]. In unserem Fall spricht das Fehlen dieser Klonalität für das Vorhandensein eines NK-Zell-Lymphoms.

NK-Zell-Lymphome sind in unseren Breiten im Gegensatz zum asiatischen Raum sehr selten anzutreffen. Sie weisen eine eher schlechte Prognose auf und sind schwer therapierbar [4]. Da es gerade bei NK-Zell-Lymphomen auch zu einer NK-Zell-Leukämie kommen kann, ist es ungewöhnlich, dass zusätzlich eine eigenständige Erkrankung in Form einer B-CLL nachgewiesen werden konnte.

Bexaroten ist ein selektiver Retinoid-X-Rezeptor (RXR)-Antagonist. RXR kontrolliert die Genexpression als liganden-aktivierender Transkriptionsfaktor. Über diesen Weg kommt es zur Beeinflussung von Zellwachstum, Apoptose und Differenzierung [3]. Bexaroten ist zur Behandlung kutaner T-Zell-Lymphome zugelassen. Aufgrund der hier beim NK-Zell-Lymphom exemplarisch gemachten Erfahrungen scheint Bexaroten auch eine interessante Möglichkeit der nebenwirkungsarmen Behandlung dieser Lymphome zu sein. Wir konnten bis dato eine partielle Remission des NK-Zell-Lymphoms beim Patienten beobachten. Bei Therapie mit Bexaroten sind als häufigste Nebenwirkungen eine Hypertriglyceridämie sowie eine Hypothyreose zu erwarten, die ein entsprechendes Monitoring verlangen [3].

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Literatur

  1. El Shabrawi-Caelen L, Cerroni L, Sterry W, Audring H, Kerl H. Das Spektrum der zytotoxischen Lymphome der Haut. Hautarzt 2000; 51: 390 - 395

  2. Foss HD, Coupland SE, Stein H. Klinisch-pathologische Formen peripherer T- und NK-Zell-Lymphome. Pathologe 2000; 21: 137 - 146

  3. Lowe MN, Plosker GL. Bexarotene. Am J Clin Dermatol 2000; 1: 245 - 250

  4. Santucci M, Pimpinelli N, Massi D et al. Cytotoxic/natural killer cell cutaneous lymphomas. Cancer 2003; 97: 610 - 627

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Akrale Hyperkeratosen und Ulzerationen bei peripherer Polyneuropathie und Verdacht auf Neuroborreliose

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C. Krönert, K. Dittrich

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Anamnese

Im Herbst 2002 traten bei dem 15-jährigen Patienten erstmals plantar beidseits im Bereich der druckbelasteten Areale Keratosen auf. Da sich innerhalb dieser zusätzlich Druckulzerationen entwickelten, stellte sich der Patient beim Dermatologen vor. Hereditäre Palmoplantarkeratosen seien nicht bekannt. Zudem gab der Patient seit längerer Zeit bestehende Parästhesien („Einschlafen der Zehen”) sowie ein herabgesetztes Schmerzempfinden an. Unter den Verdachtsdiagnosen Neuropathie plantare Hyperkeratosen wurde uns der Patient zur weiteren Diagnostik zugewiesen. Auf Nachfrage konnte ein im Juli 2001 stattgehabter Zeckenstich, in dessen Folge sich ein Erythema chronicum migrans am Unterschenkel entwickelte, eruiert werden. Gelenkbeschwerden, Merk- oder Konzentrationsstörungen traten zu keiner Zeit auf. Intermittierend auftretende Kopfschmerzen beklagt der Patient schon seit der Kindheit. In der Eigenanamnese finden sich keine weiteren vorbestehenden Erkrankungen.

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Hautbefund

An der 1. und 4. Zehe links finden sich ausgeprägte hyperkeratotische Plaques mit zentraler Ulzeration (Abb. [2]); auch die restlichen Zehen weisen plantar ausgeprägte, von Rhagaden begleitete Keratosen auf; beide Fußsohlen sind insgesamt sehr trocken; kein Anhalt für Acrodermatitis chronica atrophicans.

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Abb. 2 Akrale Hyperkeratose mit Rhagaden und Zehenulkus bei peripherer Neuropathie infolge Neuroborreliose.

Orientierende Prüfung der Sensibilität: Im Bereich der Zehen sind die vier Qualitäten Berührung, Temperatur, Schmerz und Vibration seitengleich deutlich abgeschwächt. Stimmgabeltest: beide Großzehengrundgelenke 3/8; abgeschwächter Achillessehnenreflex; Hirnnerven o. B.; keine Paresen; Motorik unauffällig.

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Labor

Borrelien-Antikörper im Serum IgG 136, IgM 22 (Normbereich: 0,0 - 20,0 für IgG und IgM). Borrelien-Antikörper im Liquor IgG 8 und IgM 1 (Normbereich 0,0 - 1,5 für IgG und IgM). Intrathekale Immunglobulinsynthese mit oligoklonalen Banden, im Liquor Pleozytose. FSME-Antikörper negativ.

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Echokardiographie, Lungenfunktion, Röntgen LWS und Fuß, MRT LWS, Sonographie Abdomen, augenärztliches und orthopädisches Konsil

Im Wesentlichen unauffällige Befunde.

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Neurologisches Konsil

Ausgeprägte distal symmetrische sensible und motorische demyelinisierende Polyneuropathie (PN) mit Zeichen der chronischen neurogenen muskulären Veränderung im ENG und EMG. Die hinsichtlich der unklaren Ätiologie erfolgten Untersuchungen konnten die in erster Linie infrage kommenden Differenzialdiagnosen: diabetische PN, alkoholische PN, Guillain-Barré-Syndrom, Neuropathie bei benigner Paraproteinämie, PN bei pAVK, PN im Rahmen einer Vaskulitis und Kollagenose sowie eine FSME-Erkrankung ausschließen. Ein Anhalt für eine hereditäre PN ergab sich aus der Familienanamnese ebenfalls nicht. Da sich jedoch in Kenntnis des Zeckenstichs, der klinischen Symptomatik, vom ENG/EMG und Labor ein eindeutiger Zusammenhang erkennen lässt, stellten wir die Verdachtsdiagnose einer peripheren Polyneuropathie bei Neuroborreliose.

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Therapie

Antibiotische Therapie mit 2 g Rocephin i. v. über drei Wochen. Zusätzlich wurden die Keratosen mechanisch abgetragen, die Ulzera lokal behandelt, darunter Befundbesserung.

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Kommentar

Die Borreliose ist eine weltweit verbreitete, durch die von Zecken übertragenen Spirochäten der Gattung Borrelia ausgelöste Infektionserkrankung. Bisher sind die vier Genospezies B. burgdorferi sensu stricto, B. garinii, B. afzelii und B. japonica bekannt, wobei B. afzelii häufiger bei Hautmanifestationen und B. garinii bei neurologischer Symptomatik nachgewiesen werden kann [1]. Nach Steere [6] lassen sich drei klinische Stadien unterscheiden: Im Stadium I entwickelt sich nach drei Tagen bis drei Wochen im Bereich des Zeckenstichs ein Erythema chronicum migrans. Das Stadium II ist gekennzeichnet durch das ein bis vier Monate später auftretende Garin-Bujadoux-Bannwarth-Syndrom (Meningitis, Radikuloneuritis, Hirnnervenparesen). Etwa nach einem halben Jahr (Stadium III) können neben rotbräunlich verfärbten atrophischen Hautarealen neurologische Symptome i. S. einer Enzephalomyelitis (selten), Polyneuropathie oder einer zerebralen Vaskulitis auftreten. Eine PN als Folge einer Borrelieninfektion findet sich bei Europäern meist in Assoziation mit einer Acrodermatitis chronica atrophicans, somit sind isolierte PN eher selten. Im Vordergrund stehen distal betonte, symmetrische Parästhesien und eine Beeinträchtigung der verschiedenen sensiblen Qualitäten. Paresen werden seltener diagnostiziert. Klinische Studien zeigen, dass Patienten im Alter von 0 - 15 Jahren und 16 - 40 Jahren kaum Spätmanifestationen sowie Radikuloneuritis und PN aufwiesen [5]. Liegt eine eindeutige klinische Symptomatik vor, kann die Verdachtsdiagnose Neuroborreliose zuverlässig durch eine Liquoranalyse bestätigt werden. Neben einer lymphozytären Pleozytose und einer deutlichen Schrankenstörung findet sich im Akutstadium eine ausgeprägte intrathekale IgM- und bei der chronischen Verlaufsform eine IgG- oder IgA-Synthese. Nur in seltenen Fällen ist eine Detektion von Borrelien-DNA mittels Polymerase-Ketten-Reaktion erforderlich [2,3].

Einen hohen Stellenwert für die Therapieerfolge haben die ausreichend hohe Dosierung der Cephalosporine und die entsprechend lange Behandlungsdauer (drei Wochen). Unter der Antibiose bessern sich die Schmerzen und Paresen beim Bannwarth-Syndrom relativ rasch. Im Gegensatz dazu zeigen die Beschwerden im Rahmen der PN erst nach Wochen oder Monaten eine Tendenz zur Besserung, können jedoch auch als Residuen persistieren. Eine Kontrolle der neurologischen Symptomatik und des Liquorbefundes sind in geeigneten Abständen indiziert [2,4,7].

Für die Praxis ist zu empfehlen, dass bei unklaren Schwielenbildungen an eine periphere Neuropathie gedacht werden sollte [8].

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Literatur

  1. Barskova VG, Fedorov ES, Ananieva LP. The course of Lyme disease in different age groups. Wien Klin Wochenschr 1999; 111: 978 - 980

  2. Kaiser R. Neuroborreliosis. J Neurol 1998; 245: 247 - 255

  3. Kaiser R, Rauer S. Analysis of the intrathecal immune response in neuroborreliosis to a sonicate antigen and three recombinants of Borrelia burgdorferi sensu stricto. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 1998; 17: 159 - 166

  4. Kindstrand E, Nilsson BY, Hovmark A, Pirskanen R, Asbrink E. Peripheral neuropathy in acrodermatitis chronica atrophicans - effect of treatment. Acta Neurol Scand 2002; 106: 253 - 257

  5. Kindstrand E, Nilsson BY, Hovmark A, Nennesmo I, Pirskanen R, Solders G, Asbrink E. Polyneuropathy in late Lyme borreliosis - a clinical, neurophysiological and morphological description. Acta Neurol Scand 2000; 101: 47 - 52

  6. Steere AC. Lyme disease. New Engl J Med 1989; 321: 586 - 596

  7. Vrethem M, Hellblom L, Widlund M, Ahl M, Danielsson O, Ernerudh J, Forsberg P. Chronic symptoms are common in patients with neuroborreliosis - a questionaire follow- up study. Acta Neurol Scand 2002; 106: 205 - 208

  8. Wollina U, Mohr F, Schier F. Unilateral hyperhidrosis, callosities and nail dystrophy in a boy with tethered spinal cord syndrome. Pediatr Dermatol 1998; 15: 486 - 487

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Eosinophile Zellulitis (Wells-Syndrom) bei chronisch-obstruktiver Emphysembronchitis

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E. Köstler, T. Feigenspan, J. Schönlebe

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Anamnese

51-jähriger Mann mit Strumektomie 1995, seither latente behandlungsbedürftige Hypothyreose. Seit ca. zehn Jahren chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit Prednisolon-Langzeittherapie. Vor ca. 30 Jahren sei eine allergische Hautreaktion nach Sulfonamid-Einnahme aufgetreten.

Seit 8/2002 an den Schultern beginnende „rote Flecken”, die zentral abblassend, sich mit erhabenem Randwall ausdehnen, zeitweise heftigen Juckreiz verursachen, sich teilweise spontan, zum Teil atrophisch zurückbilden. Zusätzlich bestehen zeitweiliges Augentränen und eine eingeschränkte Nasenatmung.

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Hautbefund

Entzündlich elevierte, urtikarielle, handtellergroße, teils sklerodermiforme Erytheme im Bereich des Rumpfes und der oberen Extremitäten (Abb. [3]). Nebenbefundlich disseminierte Papulo-Pusteln im Sinne einer Steroidakne.

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Abb. 3 Wells-Syndrom.

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Labor

Blutbild: 16 % eosinophile Granulozyten; übrige Laborparameter einschließlich serologisch-immunologischer Befunde unauffällig.

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Histologie

in allen Dermisetagen lokalisierte, unterschiedlich große Herde degenerierender Kollagenfasern, die histiozytär demarkiert werden, zahlreiche mehrkernige Riesenzellen, Infiltrat aus Lymphozyten, histiozytären Zellen sowie neutrophilen und eosinophilen Granulozyten, zeitweilig in den mehrfach durchgeführten Biopsien typische Flammenfiguren.

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Therapie

Beginn mit 100 mg Prednisolon/d und Creme-PUVA-Behandlung. Unter der hohen Kortisondosis Verblassen der Hautveränderungen, um nach Reduktion bereits bei 40 mg/d erneut aufzuflammen. Seit November 2002 keine vollständige Rückbildung trotz weitergeführter Kortisongabe (20 - 40 mg/d) und Antihistaminika-Einnahme.

Zunächst war wegen der angegebenen Sulfonamidallergie auf Dapson verzichtet worden. Die Pricktestung zeigte jedoch keine positive Reaktion. Seit März 2003 zusätzliche Dapsongaben (150 mg/d) mit deutlichem Abblassen der Hautveränderungen.

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Kommentar

Das Wells-Syndrom oder die eosinophilen Zellulitis zählt zum Spektrum der eosinophilen Dermatosen [2]. Die Ätiologie ist unbekannt. Charakteristisch ist die Klinik in Kombination mit dermalem Ödem, Eosinophilen-Infiltration, Flammenfiguren und schließlich dem Auftreten phagozytierender Histiozyten [3]. Die Abheilung erfolgt narbenlos.

Die Annahme, dass das Wells-Syndrom eine Hypersensibilitätsreaktion auf verschiedene Stimuli (Tumoren, Parasiten, Autoimmunerkrankungen) darstellt, lässt sich, wie bei unserem Fall, nicht immer belegen [1]. Ob die chronische Bronchitis eine solche Trigger-Funktion ausüben könnte, muss im vorliegenden Falle spekulativ bleiben. Eine Assoziation zu anderen Organmanifestationen (eosinophile Pneumonie u. a.) ist möglich, wenn die Patienten Eosinophile mit Expression der α-Kette des Interleukin-2-Rezeptors CD25 aufweisen. Diese Zellen neigen eher zur Degranulation, die Gewebeschäden verursachen kann [5].

Wie bei den übrigen kutanen Hypereosinophilie-Syndromen (hypereosinophile Dermatitis, eosinophile Pustulose, angiolymphoide Hyperplasie mit Eosinophilie) gilt als bevorzugte Therapieform die Gabe von Glukokortikosteroiden, kombiniert mit Dapson [2]. Kasuistische Mitteilungen finden sich zu H1- und H2-Blockern, Interferonen und zur Creme-PUVA-Therapie [1,4].

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Literatur

  1. Aberer W, Konrad K, Wolff K. Wells’ syndrome is a dinstinctive disease entity and not a histologic diagnosis. J Am Acad Dermatol 1988; 18 : 105 - 114

  2. Köstler E, Goßrau G, Küster P, Bergner V, Seebacher C. Sterile eosinophile Pustulose (Ofuji). Hautarzt 1995; 46 : 643 - 646

  3. Moossavi M, Mehregan DR. Well’s syndrome: a clinical and histopathologic review of seven cases. Int J Dermatol 2003; 42 : 62 - 67

  4. Plotz SG, Abeck D, Behrendt H, Simon HU, Ring J. Eosinophile Zellulitis (Wells-Syndrom). Hautarzt 2000; 51 : 182 - 186

  5. Simon HU, Plotz S, Simon D, Seitzer U, Braathen LR, Menz G, Straumann A, Dummer R, Levi-Schaffer F. Interleukin-2 primes eosinophil degranulation in hypereosinophilia and Well’s syndrome. Eur J Immunol 2003; 33 : 834 - 839

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Eruptive Syringome

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H. Konrad, U. Schadeberg

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Anamnese

49-jähriger Patient. Erste Hautveränderungen traten 1971 im Bereich beider Unterarme in Form einzelner rötlich-bräunlicher Papeln auf. Im Frühjahr des Jahres 2002 Zunahme der Hautveränderungen nach jahrelangem Stillstand.

Erstmalige Hautarztkonsultation im Jahre 1976. Die histologische Diagnose lautete Syringome. Erneute Vorstellung beim Hautarzt 2002.

Die Hautveränderungen verursachten subjektiv keine Beschwerden. Therapieversuche durch den Heilpraktiker brachten nicht den gewünschten Erfolg.

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Hautbefund

Am Stamm ventral multiple rötliche und bräunliche derbe Papeln bis 3 mm Größe (Abb. [4]). Einzelne Papeln auch inguinal und auf dem Rücken.

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Abb. 4 Eruptive Syringome.

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Histologie

Im oberen Korium zahlreiche rundliche bis kommaförmige zystische Hohlräume, die von einer zweireihigen Epithelwand umgeben sind. Daneben solide Zellstränge (Abb. [5]).

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Abb. 5 Histologie eruptiver Syringome.

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Therapie

Zur Entfernung der Syringome wurde eine Ablation mittels Erbium:YAG-Laser durchgeführt. Die verwendete Fluence lagen bei 500 mJ, die Pulsfrequenz bei 10 Hz. Der weitere Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Die behandelten Stellen heilten unter Hinterlassung diskret hypopigmentierter Maculae ab.

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Kommentar

Syringome sind benigne Tumoren der Schweißdrüsen [1,3], die eine Differenzierung in Analogie zum dermalen Gangepithel ekkriner Drüsen zeigen [4]. Sie kommen besonders häufig an den Unterlidern vor. Bei manchen Patienten können Syringome auch generalisiert in großer Zahl in Erscheinung treten. Prädilektionsstellen sind dabei Lider, Hals- und Brustbereich sowie Bauch. Die Therapie der kosmetisch störenden und gelegentlich auch juckenden Syringome ist mitunter problematisch. Die Ablation mit dem Erbium:YAG-Laser ist für die Patienten nur wenig schmerzhaft und führt zu kosmetisch guten Ergebnissen. Im Gesichtsbereich hat sich auch die chirurgische Entfernung mit einer Mikroschere bewährt. Die elektrokaustische Therapie führt meist zu Vernarbungen, die Dermabrasion ist meist zu oberflächlich und gibt häufig zu Rezidiven Anlass [1,2].

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Literatur

  1. Soler-Carrillo J, Estracht, Mascaró JM. Eruptive syringoma: 27 new cases and review of the literature. J Eur Acad Dermatol Venereol 2001; 15: 242 - 246

  2. Metze D, Wigbels B, Hildebrand A. Familiäre Syringome. Hautarzt 2001; 52: 1045 - 1048

  3. Guitart J, Rosenbaum MM, Requena L. Eruptive syringoma - a misnomer for a reactive eccrine gland proliferation? J Cutan Pathol 2003; 30: 202 - 205

  4. Wollina U, Schaarschmidt H, Rülke D. Sweat gland tumors of skin. Immunohistology with common antibodies in the paraffin section. Int J Oncol 1992; 1: 395 - 402

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Pseudo-Kaposi-Sarkom bei Stewart-Bluefarb-Syndrom

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I.-S. Schulze

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Anamnese

34-jähriger Patient. 1985 traten am rechten Unterschenkel einzelne Flecken auf, die sich langsam linear ausbreiteten und sich bis 2001 in Form und Farbe veränderten und das Hautniveau überschritten.

2002 erfolgte die erste Konsultation beim Hautarzt wegen der symptomlosen Hautveränderungen.

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Hautbefund

Am rechten Unterschenkel medial linsengroße, zum Teil konfluierende, grau-braun-livide Plaques, die sich teilweise im Hautniveau befinden, sich teilweise knopf- oder blasenförmig erheben (Abb. [6]).

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Abb. 6 Pseudo-Kaposi-Sarkom bei Stewart-Bluefarb-Syndrom.

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Histologie

Diskrete lamelläre Hyperorthokeratose bei regelrecht erhaltenem Stratum granulosum. Keine hydropischen Basalzelldegenerationen. Kein Nachweis von zytoiden Körpern.

Unmittelbar subepidermal erkennt man ein recht breites Band proliferierter Kapillaren (wie bei einer Stauungsdermatitis) sowie dazwischen und zur Tiefe hin in wechselndem Maße ektatische Venolen. Es findet sich in der oberflächlichen Dermis ein nur schütteres Rundzellinfiltrat. Unmittelbar subepidermal sieht man an mehreren Stellen diskrete frischere Erythrozytenextravasate. In allen Dermisetagen sind reichlich Hämosiderinablagerungen bzw. Sideromakrophagen nachweisbar.

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Therapieversuch

Kryokontakttherapie in mehreren Sitzungen mit deutlicher Rückbildung der Hautveränderungen.

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Kommentar

Das Pseudo-Kaposi-Sarkom ist ein Sammelbegriff für ätiologisch unterschiedliche Krankeitsbilder:

  • Akroangiodermatitis (Mali-Kuiper) der älteren Patienten mit chronisch-venöser Insuffizienz oder bei Beinamputierten [4],

  • Pseudo-Kaposi bei Adipositas oder Prader-Labhardt-Willi-Syndrom [2],

  • Pseudo-Kaposi bei schlaffer Extremitätenparese [2],

  • Pseudo-Kaposi im Rahmen des Stewart-Bluefarb-Syndroms [5].

Das Stewart-Bluefarb-Syndrom betrifft vor allem jüngere Männer mit unilateralen Akroangiodermatitiden distal arteriovenöser Shunts [5]. Ähnliche Bilder sind auch bei Klippel-Trenaunay-Syndrom und Hämodialyse-Shunts bekannt.

Das Pseudo-Kaposi-Sarkom kann dem echten Kaposi-Sarkom (Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum) wegen der manchmal schmutzig-fleckigen Siderose klinisch täuschend ähnlich sehen.

Histologisch findet man jedoch ein zwar ektatisch-verzweigtes, aber zumeist noch annähernd regelrechtes Gefäßnetz. Die intravasalen Proliferate und schlitzförmigen leeren Gefäße des echten Kaposi-Sarkoms fehlen zumeist [1]. Dennoch kann auch die histologische Differenzialdiagnose schwierig sein. Zusätzlich weist das echte Kaposi-Sarkom eine Expression von CD34 an den Endothelien und den Spindelzellen auf, was beim Pseudo-Kaposi-Sarkom fehlt [3].

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Literatur

  1. Castelli E, Wollina U. Mediterranean and immunodeficiency associated Kaposi’s sarcoma - does micromorphology reflect clinical patterns? A clinicopathologic study with phenotypic characterization of tumor cells. Oncol Rep 1997; 4: 289 - 295

  2. Donhauser G, Eckert F, Landthaler M, Braun-Falco O. Pseudo-Kaposi-Sarkom bei Prader-Labhart-Willi-Syndrom. Hautarzt 1990; 42: 467 - 470

  3. Kanitakis J, Narvaez D, Claudy A. Expression of the CD34 antigen distinguishes Kaposi’s sarcoma from pseudo-Kaposi’s sarcoma (acroangiodermatitis). Br J Dermatol 1996; 134: 44 - 46

  4. Krengel S, Goerdt S, Krüger K, Schnitzler P, Geiss M, Tebbe B, Blume-Peytavi U, Orfanos CE. Kaposiforme, HHV-8-negative Akroangiodermatitis bei chronisch-venöser Insuffizienz. Hautarzt 1999; 50: 208 - 213

  5. Larralde M, Gonzalez V, Marietti R, Nussembaum D, Peirano M, Schroh R. Pseudo-Kaposi sarcoma with arteriovenous malformation. Pediatr Dermatol 2001; 18: 325 - 327

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Abb. 1 NK-Zell-Lymphom der Haut mit multiplen braunen Papeln.

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Abb. 2 Akrale Hyperkeratose mit Rhagaden und Zehenulkus bei peripherer Neuropathie infolge Neuroborreliose.

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Abb. 3 Wells-Syndrom.

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Abb. 4 Eruptive Syringome.

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Abb. 5 Histologie eruptiver Syringome.

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Abb. 6 Pseudo-Kaposi-Sarkom bei Stewart-Bluefarb-Syndrom.