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DOI: 10.1055/s-2004-814241
Die intratumorale genomische Heterogenität bei Kopf-Hals-Karzinomen
Intratumoral Genomic Heterogeneity in Head and Neck CancerPublication History
Publication Date:
04 March 2004 (online)
Mit der Zunahme des Wissens um die molekulargenetischen Veränderungen in Kopf-Hals-Karzinomen in den letzten Jahren war die Hoffnung verbunden, in absehbarer Zeit zu einer klinischen Anwendung zu gelangen. Voraussetzung für die Zuverlässigkeit in der klinische Anwendung ist allerdings für die meisten Ansätze, dass das gesamte Tumorgeschehen, also der Primärtumor ebenso wie die Metastasen, homogen für einen bestimmten Marker sind. Gerade davon ist bei fortgeschrittenen Kopf-Hals-Karzinomen nicht zwingend auszugehen. Ziel dieser Arbeit war es, Kopf-Hals-Karzinome hinsichtlich ihrer intratumoralen genomischen Heterogenität zu analysieren. Zur Anwendung kamen dabei mehrere sich komplementierende Methoden: Die Mikrosatelliten-Analyse, die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierungs(FISH)-Analyse und die Vergleichende genomische Hybridisierung (CGH). In der Mikrosatelliten-Analyse mit 4 polymorphen Markern auf 3p14.2 (D3S1234), 9p21 (D9S171), 11q23.3 (D11S490) und TP53 (17p13.3) konnte im Vergleich von zwei Biopsien aus dem Primärtumor eine Diskordanz der Ergebnisse in 12 % gefunden werden, im Vergleich von Primärtumor mit Metastase allerdings bereits bei der Analyse dieser 4 Mikrosatelliten eine Diskordanz in 35 %. In der Dual-FISH-Analyse mit zentromeren Sonden gegen Chromosom 3, 7, 9, 11, 17 und 18 konnten die größten Differenzen zwischen den Primärtumoren und Metastasen für das Chromosom 3 gefunden werden (47 % Diskordanz). Neben der „intersample heterogeneity” bestand auch eine erhebliche „intrasample heterogeneity”. Das Ausmaß der Homogenität innerhalb einer Biopsie war in den Metastasen größer (30,4 %) als in der Primärtumoren (16,3 %). Insgesamt lag in den Metastasen signifikant häufiger eine Monosomie vor als in den Primärtumoren (p = 0,029) und in den Primärtumoren signifikant häufiger eine Trisomie (p = 0,01). In der CGH-Analyse war die intratumorale Heterogenität am stärksten ausgeprägt bei Tumoren der Mundhöhle und den korrespondierenden Metastasen (49,2 %) und am geringsten ausgeprägt bei Larynxkarzinomen (27,3 %). Fasst man die Ergebnisse aller drei Untersuchungen zusammen, so scheint die Einzelbiopsie aus dem Primärtumor nur einen limitierten Einblick in das gesamte Tumorgeschehen bei fortgeschrittenen Tumoren zu ermöglichen. In Einzelfällen war die intratumorale genomische Heterogenität so ausgeprägt, dass vom Vorliegen eines gemeinsamen klonalen Ursprungs von Primärtumor und Metastase nicht mehr ausgegangen werden kann und das synchrone Vorliegen eines Zweitkarzinoms im oberen Aerodigestivtrakt angenommen werden muss. Insgesamt scheint für die Beschreibung der Realität in fortgeschrittenen Kopf-Hals-Karzinomen ein verzweigtes Progressionsmodell, ähnlich einem Stammbaum, der Realität näher als ein lineares molekularbiologisches Progressionsmodell.
PD Dr. med. Karl Götte, Jahrgang 1969.
Priv.-Doz. Dr. med. Karl Götte
Universitäts-HNO-Klinik Mannheim
Theodor-Kutzer-Ufer · 68135 Mannheim
Email: karl.goette@hno.ma.uni-heidelberg.de