Rauchen gilt heute als häufigste vermeidbare Todesursache, die jährlich in Deutschland
ca. 140 000 Tote fordert. Hierfür werden überwiegend Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems
und Krebserkrankungen verantwortlich gemacht. Die klinischen Wirkungen des Tabakkonsums
auf die Haut sind teilweise schon seit der Einführung der Tabakpflanze in Europa im
16. Jahrhundert bekannt. Das in der Pflanze enthaltene Alkaloid Nikotin, das nach
seinem Entdecker Jean de Nicot benannt wurde, wird als Haupt-Toxin des Zigarettenrauchs
angesehen, von dem mit jeder Zigarette ungefähr 2 - 3 mg inhaliert werden. Insgesamt
lassen sich jedoch in Zigarettenrauch-Extrakten etwa 5000 verschiedene Chemikalien
nachweisen, von denen 43 anhand der Kriterien der IARC (International Agency for Research
on Cancer) als karzinogen eingestuft werden. Aus diesem Grunde fiel es bislang schwer,
die Auswirkungen des Rauchens auf einen einzelnen Inhaltsstoff zurückzuführen.
Es gibt es jedoch experimentelle Hinweise, dass Nikotin kausal an der Entstehung von
bestimmten Auswirkungen des Rauchens auf die Haut beteiligt ist. Ein Meilenstein hierbei
war die Entdeckung des extraneuronalen Vorkommens von Azetylcholin und seiner nikotinischen
(nACh-R) und muskarinischen Rezeptoren. Wie inzwischen klar geworden ist, beinhaltet
das kutane extraneuronale System sowohl die Produktion, Lagerung und Ausschüttung
von Azetylcholin durch ortständige Zellen (Keratinozyten, Melanozyten, Fibroblasten,
Endothelzellen, Immunzellen), als auch die Synthese seiner Rezeptoren, die in einem
komplexen Muster in diesen Zellen vorkommen und so eine autokrine, parakrine und endokrine
Wirkung von Azetylcholin ermöglichen. Nikotin beeinflusst über die nACh-R z. B. Keratinozyten-Proliferation,
-Differenzierung und -Apoptose. Durch Stimulation der nACh-R auf Fibroblasten kommt
es zu einem verstärkten Matrixumbau, der sich klinisch in der bekannten Faltenbildung
manifestiert. Da nACh-R auch in Schweißdrüsen und Talgdrüsen vorkommen, ist eine stimulierende
Wirkung auf Schweiß und Talgsekretion wahrscheinlich, wenngleich die Datenlage hierzu
noch nicht zufriedenstellend ist. Bei konstanter Inhalationsmenge ist die Höhe der
Nikotinkonzentration im Blut individuell unterschiedlich und hängt von Faktoren wie
z. B. dem pH des Urins oder der Aktivität der mikrosomalen Leberenzyme ab.
Die Beeinflussung bestimmter Hautkrankheiten durch Nikotinabusus lässt sich durch
die Anwesenheit von „Nikotin-Rezeptoren” auf den betroffenen Zellen neu interpretieren:
Bei der palmoplantaren Pustulose, der Psoriasis, der Akne vulgaris, Akne inversa und
anderen entzündlichen Dermatosen finden sich nACh-R sowohl auf den Keratinozyten als
auch auf den Infiltratzellen (neutrophilen Granulozyten, Lymphozyten, Makrophagen).
Aber auch eine möglicherweise positive Beeinflussung des Pemphigus vulgaris (Verstärkung
der Zelladhäsion), des Pyoderma gangraenosum (Hemmung der Neutrophilen-Chemotaxis)
oder des oralen Lichen ruber durch Nikotin ist mittlerweile gesichert und ermöglicht
über die nACh-R den Zugang zu einer neuen Sichtweise dieser Erkrankungen. In der Haut
von Patienten mit Atopischer Dermatitis oder Psoriasis kann ein deutlich höherer ACh-Gehalt
festgestellt werden als bei gesunden Probanden. Es stellt sich die Frage ob Azetylcholin
bei Entzündungen unspezifisch verstärkt produziert wird oder - wie bei der Vitiligo
- vermindert abgebaut wird. Die genaue Rolle von Azetylcholin und seinen Rezeptoren
bietet für die Zukunft noch zahlreiche offene Fragen, Forschungsansätze und therapeutische
Alternativen.