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DOI: 10.1055/s-2004-818448
Inhalative antimikrobielle Therapie bei Bronchiektasen
Inhalative Antimicrobial Treatment of Bronchiectasis
Prof. Dr. med. T. Schaberg
Lungenklinik Unterstedt
Verdener Straße 200
27342 Rotenburg (Wümme)
Email: Schaberg@diako-online.de
Publication History
Publication Date:
16 July 2004 (online)
Bei Erkrankungen, die mit einem strukturellen Umbau des Lungengewebes und der Atemwege einher gehen, kommt es im Rahmen des Remodelings der Atemwege zu Veränderungen der bronchialen Mukosa. Durch inhalative Noxen, vor allem das Rauchen oder chronisch-entzündliche Prozesse, wird der mukoziliare Clearance-Apparat in seiner Struktur und Funktionalität wesentlich beeinträchtigt. Durch die Zerstörung von Zilienzellen und die Ausbildung eines metaplastischen Epithels erhalten Mikroorganismen die Möglichkeit, die bronchiale Mukosa zu kolonisieren. Klinische Relevanz hat dieser Vorgang bei der zystischen Fibrose, der Bronchiektasenkrankheit und fortgeschrittener chronisch-obstruktiver Lungenkrankheit. Bei allen drei Erkrankungen kommt es zu zyklisch wiederkehrenden akuten Exazerbationen, bei denen sich ausgehend von der Besiedlung der Atemwege mit Mikroorganismen durch Proliferation und entsprechende hiergegen gerichtete Mukosainflammation akut entzündliche Krankheitsbilder entwickeln [1]. Obwohl eine Fülle antimikrobiell wirksamer Substanzen für die systemische Therapie zur Verfügung steht, erscheint es angebracht, darüber nachzudenken, ob die bakterielle Kolonisation der Atemwege bei diesen chronischen Krankheitsbildern durch eine topische antmikrobielle wirksame Therapie reduziert oder beseitigt werden kann [2]. Aus diesem Grunde wird bereits seit mehr als 20 Jahren versucht, durch die Inhalation von antimikrobiell wirksamen Substanzen eine lokal hoch wirksame Therapie zur Verfügung zu stellen, ohne den Organismus systemisch mit Antibiotika zu belasten.
In den vergangenen Jahren ist es bei CF-Patienten gelungen zu zeigen, dass die Inhalation von Aminoglykosiden in der Lage ist, die bakterielle Keimlast vorwiegend mit Pseudomonas-aeruginosa-Spezies zu reduzieren [3]. Allerdings wurden hierbei auch Keimwechsel zu Non-Fermentern beobachtet.
Eine bisher unbeantwortete Frage ist, ob auch Patienten mit Bronchiektasenkrankheit oder weit fortgeschrittener chronisch-obstruktiver Atemwegserkrankung von einer solchen therapeutischen Strategie profitieren können.
Die in diesem Heft der Pneumologie veröffentlichte Übersichtsarbeit zur antimikrobiellen Aerosol-Therapie bei Bronchiektasen vom M. Kohlhaeufel u. Mitarb. [4] nimmt sich dieses Problems an. Hierbei konzentriert sie sich zunächst auf die Besiedlung der bronchialen Mukosa mit Pseudomonas-aeruginosa-Spezies bei Patienten mit Bronchiektasenkrankheit. Obwohl es als sicher gelten kann, dass die Kolonisation mit Pseudomonas-aeruginosa-Spezies die Krankheitsprogression bei Patienten mit Bronchiektasen beschleunigt, liegen bisher relativ wenig Daten über die Effektivität inhalativer Antibiotikagaben bei diesem Krankheitsbild vor. Zwar zeigen einige kleinere Untersuchungen einen gewissen Effekt im Hinblick auf die Keimlast, allerdings ist es bisher nicht gelungen, anhand harter Endpunkte einen Benefit für die Patienten zu demonstrieren. So ist an der größten bisher veröffentlichten klinischen Studie [5] lediglich ein Follow up über 4 Wochen durchgeführt worden. Außerdem ist diese Studie lediglich mit der Fragestellung angetreten, ob sich die Bakterienzahl im Sputum von Patienten mit Bronchiektasenkrankheit durch eine inhalative Antibiotika-Therapie reduzieren lässt. Harte Endpunkte, wie die Entwicklung der Lungenfunktion, eine mögliche Reduktion der Exazerbationsfrequenz oder einen Überlebensvorteil sind nicht untersucht worden.
Problematisch erscheint darüber hinaus die Anwendung des für die Behandlung der Pseudomonas-Kolonisation bei CF-Patienten entwickelten konservierungsmittelfreien Tobramycin-Derivats unter dem Aspekt einer Kosten-/Nutzenanalyse.
Die mit einer Tobramycin-Inhalation verbundenen Kosten einer Dauer-Therapie können auf ca. € 1.000,- pro Monat veranschlagt werden. Bei einem so teuren Therapieregime erscheint es zwingend geboten, durch harte Daten zu belegen, dass eine qualitative Änderung der Krankheitsprognose durch ein solche Therapieverfahren möglich ist.
Der 2. Teil der Übersichtsarbeit beschäftigt sich mit vorhandenen und in naher Zukunft zur Verfügung stehenden Inhalationssystemen. Hier scheint der technologische Fortschritt in der Lage, Applikationssysteme zur Verfügung zu stellen, die mit wesentlich geringeren Substanzmengen gleiche oder bessere Depositionsgrößen innerhalb des Bronchialsystems erreichen. Dies ist nicht nur für die Gabe von Antibiotika von großem Interesse. Wenn die jetzt entwickelten Verfahren in der Praxis tatsächlich halten, was erste Daten versprechen, so stehen in der Pneumologie hiermit Applikationssysteme zur Verfügung, mit denen mit hoher Effizienz topisch-wirksame Pharmaka am Wirkungsort deponiert werden können. Mit diesen technologischen Möglichkeiten verbreitert sich vermutlich auch die Palette der einsetzbaren Substanzen, so dass wir in Zukunft weitere Daten über die Effektivität solcher Behandlungsstrategien erwarten können.
Zum jetzigen Zeitpunkt muss jedoch noch einmal eindeutig betont werden, dass die inhalative Gabe von Aminoglykosiden bei der Bronchiektasenkrankheit kein etabliertes Therapieverfahren ist und möglichst nur im Rahmen kontrollierter klinischer Prüfungen erfolgen sollte.
#Literatur
- 1 Ho P L, Chan K N, IP M S. et al . The effect of Pseudomonas aeruginosa infection on clinical parameters in steady-state bronchiectasis. Chest. 1998; 114 1594-1598
- 2 Standridge J B, Aliff C L. Aerosolized amikacin in the treatment of Pseudomonas pneumonia in the nursing home setting. South Med J. 2001; 94 244-246
- 3 Ramsey B, Pepe M S, Quan J M. et al . Intermittent administration of inhaled tobramycin in patients with cystic fibrosis. N Engl J Med. 1999; 340 23-30
- 4 Kohlhäufl M, Scheuch G, Häußinger K. Antimikrobielle Aerosoltherapie bei Bronchiektasen. Pneumologie. 2004; 58 499-504
- 5 Barker A F, Couch L, Fiel S B. et al . Gofried. Tobramycin solution for inhalation reduces sputum pseudomonas aeruginosa density in bronchiectasis. Am J Respir Crit Care Med. 2000; 162 481-485
Prof. Dr. med. T. Schaberg
Lungenklinik Unterstedt
Verdener Straße 200
27342 Rotenburg (Wümme)
Email: Schaberg@diako-online.de
Literatur
- 1 Ho P L, Chan K N, IP M S. et al . The effect of Pseudomonas aeruginosa infection on clinical parameters in steady-state bronchiectasis. Chest. 1998; 114 1594-1598
- 2 Standridge J B, Aliff C L. Aerosolized amikacin in the treatment of Pseudomonas pneumonia in the nursing home setting. South Med J. 2001; 94 244-246
- 3 Ramsey B, Pepe M S, Quan J M. et al . Intermittent administration of inhaled tobramycin in patients with cystic fibrosis. N Engl J Med. 1999; 340 23-30
- 4 Kohlhäufl M, Scheuch G, Häußinger K. Antimikrobielle Aerosoltherapie bei Bronchiektasen. Pneumologie. 2004; 58 499-504
- 5 Barker A F, Couch L, Fiel S B. et al . Gofried. Tobramycin solution for inhalation reduces sputum pseudomonas aeruginosa density in bronchiectasis. Am J Respir Crit Care Med. 2000; 162 481-485
Prof. Dr. med. T. Schaberg
Lungenklinik Unterstedt
Verdener Straße 200
27342 Rotenburg (Wümme)
Email: Schaberg@diako-online.de