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DOI: 10.1055/s-2004-818503
Bronchologische Therapie eines endobronchialen Hamartochondroms
Bronchoscopic Resection of an Endobronchial Hamartochondroma Auszugweise vorgetragen auf dem 45. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, Frankfurt, 10. - 13. März 2004.
Dr. med. Sven-Christian Birkholz
Krankenhaus Großhansdorf · Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie
Wöhrendamm 80
22927 Großhansdorf
Email: s.birkholz@pulmoresearch.de
Publication History
Eingang: 10. April 2004
Nach Revision angenommen: 7. Mai 2004
Publication Date:
16 July 2004 (online)
Zusammenfassung
Das endobronchiale Hamartochondrom ist ein extrem seltener, benigner Tumor. Wir berichten über einen 52-jährigen Patienten mit einer zentralen Raumforderung und Unterlappenatelektase der linken Lunge. Es handelte sich um ein Konglomerat kurz gestielter chondromatöser Hamartome, die nach Koagulation mit Nd-YAG-Laser endoskopisch reseziert werden konnten. Es traten keine Komplikationen auf. Bei der endoskopischen Kontrolle waren keine Tumorreste mehr erkennbar. Die bronchologische Entfernung gestielter endobronchialer Hamartochondrome ist sicher anwendbar und effektiv.
#Abstract
The endobronchial hamartochondroma is a very rare, slowly growing benign tumor. We report a case of hamartochondroma conglomerate located in the left main bronchus. The resection via rigid endoscopy with ND-YAG laser and forceps was successful, and no complications occured. The rigid endoscopy with laser-application in such case is a safe and effective procedure in endobronchial hamartochondroma.
#Einleitung
Benigne endobronchiale Tumoren stellen eine Rarität in der Bronchologie dar. Das Hamartochondrom ist der häufigste benigne Tumor der Lunge. Seine Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung wird in einer Sektionsstudie von 7972 Fällen mit 0,25 % angegeben [1]. Ein endobronchiales Wachstum wurde in kleineren Serien mit 10 - 20 % der klinisch erfassten Fälle beschrieben [2] [3], wobei aus der angelsächsischen Literatur eine Anzahl von ca. 120 Fällen bis zum Jahr 2004 bekannt sind; eine japanische Kasuistik [4] erwähnt zusätzlich 113 in Japan publizierte Fälle. Tomashefski [5] fand über 40 Jahre insgesamt 147 Hamartochondrome, nur 17 davon mit endobronchialem Wachstum. Die meisten der endobronchialen Neubildungen (früher häufig mit „Chondromen” gleichgesetzt) waren hier asymptomatisch.
Endobronchiale Hamartochondrome können kurz gestielt, selten breitbasig aufsitzend oder intramural wachsen. Sie enthalten überwiegend unterschiedliche Anteile von Knorpel-, Fett- und Bindegewebe. Regelmäßig finden sich zusätzlich Verkalkungen, selten eingeschlossene Epithelinseln [6].
Aus dem Wachstumsmuster ergeben sich die unterschiedlichen therapeutischen Optionen. Die reine endobronchiale Abtragung in starrer Technik, eventuell mit Unterstützung des Lasers, erscheint bei rein polypoiden Neubildungen erfolgversprechend. Bei zusätzlichen breitflächigen Anteilen kann eine parenchymsparende operative Sanierung erfolgen; bei irreversiblen poststenotischen Destruktionen ist eine weitergehende Resektion sinnvoll.
#Kasuistik
#Anamnese
Im Mai 2003 stellte sich ein 52-jähriger Patient zur stationären Abklärung einer zentralen Raumforderung der linken Lunge vor. Diese war im Rahmen einer Berentungsuntersuchung aufgefallen. Ein Lungenemphysem bei fortgesetztem Fumatorium mit ca. 50 Zigaretten täglich seit dem 15. Lebensjahr hatte bereits zu einer MdE von 70 % geführt. Es bestand eine kontinuierliche Gewichtsabnahme von ca. 5 kg über Jahre; der Patient trank nach eigenen Angaben 0,5 - 1 Liter Korn täglich. Relevante Nebenerkrankungen bestanden nicht. Der Vater soll an einem Bronchialkarzinom verstorben sein. Die Berufsanamnese war nicht wegweisend.
#Körperliche Untersuchung
Wir sahen einen kachektischen Patienten (175 cm, 56 kg) mit sichtlicher Ruhedyspnoe. Es bestand produktiver Husten mit nächtlich und morgendlich vermehrt weißlich-zähem Auswurf. Die körperliche Untersuchung ergab eine deutlich beanspruchte Atemhilfsmuskulatur, hypersonoren Klopfschall und leises Vesikuläratmen, beides im linken Unterfeld fraglich vermindert, weiterhin eine feste, verrundete Leber ca. 3 Querfinger unter dem Rippenbogen.
#Befundkonstellation
#Lungenfunktion, Laborbefunde
Die Blutgasanalyse ergab eine schwergradige respiratorische Partialinsuffizienz (pO2 48, pCO2 43 Torr, SaO2 84 %. Eine schwergradige kombinierte Ventilationsstörung (FEV1 0,9 l, VC 2,5 l, ITGV 6,8 l, Reff 5,7 cm H20*s/l) sowie eine entzündliche Konstellation im Labor (Leukozyten 15,8/nl, CRP 49 mg/l) gaben Anlass zu weiterer Diagnostik.
#Röntgendiagnostik
Im Thoraxröntgen sah man neben Zeichen des Lungenemphysems eine Volumenminderung des linken Hemithorax mit konsektiver Mediastinalverlagerung nach links (Abb. [1]). Die Computertomografie deckte eine weichteildichte Raumforderung des linken Haupt- und Unterlappenbronchus ohne Kontrastmittelenhancement auf. Begleitend bestand eine linksseitige Unterlappenatelektase (Abb. [2]). Suspekte Lymphome wurden nicht beschrieben. Die Abdomensonographie ergab einen Normalbefund.
#Bronchoskopie
Es wurde eine flexible Bronchoskopie durchgeführt. Nach Entfernung weißlicher Sekretmassen stellte sich zunächst ein Verschluss des linken Hauptbronchus durch derbes, verschiebliches, von spiegelnder Serosa überzogenes Fremdgewebe dar; eine Hypervaskularisation war nicht sichtbar (Abb. [3]). Hinter diesem Knoten fanden sich weitere polypoide Tumoren, und nach Absaugen von reichlich Sekret war ein tumorfreies peripheres Bronchialsystem zu erahnen. Die Zangenbiopsie wies zunächst in Richtung eines benignen Fibrolipoms.
In starrer Technik gelang nach oberflächlicher Koagulation mit Nd-YAG-Laser (1640 Joule, 30 - 40 Watt) die Extraktion eines Konglomerates aus weißen, derben und glatten Tumorknoten (Abb. [4]). Das zentrale Bronchialsystem stellte sich hiernach frei einsehbar dar. Eine relevante Blutung entstand nicht. Der linke Unterlappen erschien noch entzündlich verschwollen.
Die Kontrollbronchoskopie nach wenigen Tagen zeigte an den Resektionsstellen keine Tumorreste, insbesondere keinen Anhalt auf verbliebene breitbasige oder intramurale Anteile.
Im Unterlappen war jedoch ein Resttumor verblieben, welcher in starrer Endoskopie mit der Zange extrahiert werden konnte. Auch hier fand keine wesentliche Blutung statt.
Das gesamte Bronchialsystem war nun frei einsehbar.
#Verlauf
Im weiteren stationären Verlauf besserten sich die Blutgase zögerlich (direkt nach Resektion: pO2 53 Torr, pCO2 42 Torr, SaO2 88 %). Der Patient wurde schließlich mit einer peripheren O2-Sättigung von 94 % entlassen. Das Thoraxröntgen zeigte eine Rückverlagerung des Mediastinums in die Mittellinie (Abb. [5]). Die Nikotinkarenz gelang nicht (COHb 5,6 %). Nach Entlassung verweigert der Patient jegliche Kontrolluntersuchungen, ist aber wieder als Gebäudereiniger berufstätig.
#Diskussion
Die Therapie des endobronchial wachsenden Hamartochondromes ist wegen der Seltenheit der Befunde nicht systematisch untersucht worden.
In dieser Zeitschrift ist durch Teschner u. Mitarb. der Fall eines reinen Chondromes des Zwischenbronchus diskutiert worden [7]. Bei der 75-jährigen Patientin erfolgte aufgrund irreversibler poststenotischer Destruktionen eine untere Bilobektomie.
Die Kombination beider Techniken findet sich bei Ishibashi u. Mitarb. [8]. Hier erfolgte nach bronchoplastischer Resektion des Haupttumors eine endobronchiale Abtragung des polypoiden Restbefundes. Der Patient blieb über eine Spanne von 3 Jahren rezidivfrei und wurde nicht weiter untersucht.
Eine retrospektive Analyse von Cosío u. Mitarb. beschreibt bei einer Gesamtzahl von ca. 31 000 Bronchoskopien aus den Jahren 1974 - 1997 insgesamt 43 Fälle von endobronchialem Hamartochondrom [9]. Hiervon waren 15 Tumoren in Trachea oder Hauptbronchien lokalisiert, die Übrigen lagen peripher. Es wurden 24 Patienten behandelt, davon 17 mittels starrer Endoskopie mit oder ohne Lasereinsatz. Das Follow-up war bis zu 72 (Median: 16,2) Monate lang, und es wurden nur 4 Rezidive in der Endoskopiegruppe gesehen, von denen 3 erneut bronchologisch behandelt wurden. Komplikationen der endobronchialen Resektion wurden hier nicht berichtet.
In unserem Fall erschien wegen des gestielt-polypösen Wachstums eine alleinige bronchologische Therapie gerechtfertigt. Aufgrund der schwergradigen Partialinsuffizienz wäre ein operativer Eingriff nicht ohne Risiko gewesen.
Die endobronchiale Resektion von polypoid wachsenden Hamartochondromen erscheint somit als effizient und berichtenswert. Aufgrund der mitgeteilten Rezidivrate sollten jedoch endoskopische Kontrollen über mehrere Jahre erfolgen; der Versuch einer erneuten bronchologischen Therapie erscheint bei rein endobronchialen Rezidiven gerechtfertigt.
#Literatur
- 1 McDonald J R, Harrington S W, Clagett O T. Hamartoma (often called chondroma) of the lung. J Thorac Surg. 1945; 14 128-143
- 2 Hodges F V. Hamartoma of the lung. Dis Chest. 158; 33 43-51
- 3 Bateson E M. Relationship between intrapulmonary and endobronchial cartilage-containing tumors (so-called hamartomata). Thorax. 1965; 20 447-461
- 4 Tajima H, Hayashi Y, Maehara T. et al . Endobronchial hamartoma treated by an Nd-YAG Laser: Report of a case. Jpn J Surg. 1998; 28 1078-1080
- 5 Tomashefski J F. Benign endobronchial mesenchymal tumors. Their relationship to parenchymal pulmonary hamartomas. Am J Surg Pathol. 1982; 6 531-540
- 6 Dail D H, Hammar S P. ed .Pulmonary Pathology, 2nd edition. New York, Heidelberg: Springer-Verlag 1995: 1368-1374
- 7 Teschner M, Gerbatsch K P, Lülling H. Endobronchiale Chondrome - Bronchoskopische Resektion oder thoraxchirurgische Intervention?. Pneumologie. 1998; 52 249-253
- 8 Ishibashi H, Akamatsu H, Masataka K. et al . Resection of endobronchial hamartoma by bronchoplasty and transbronchial endoscopic surgery. Ann Thorac Surg. 2003; 75 1300-1302
- 9 Cosío B G, Villena V, Echave-Sustaeta J. et al . Endobronchial hamartoma. Chest. 2002; 122 202-205
Dr. med. Sven-Christian Birkholz
Krankenhaus Großhansdorf · Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie
Wöhrendamm 80
22927 Großhansdorf
Email: s.birkholz@pulmoresearch.de
Literatur
- 1 McDonald J R, Harrington S W, Clagett O T. Hamartoma (often called chondroma) of the lung. J Thorac Surg. 1945; 14 128-143
- 2 Hodges F V. Hamartoma of the lung. Dis Chest. 158; 33 43-51
- 3 Bateson E M. Relationship between intrapulmonary and endobronchial cartilage-containing tumors (so-called hamartomata). Thorax. 1965; 20 447-461
- 4 Tajima H, Hayashi Y, Maehara T. et al . Endobronchial hamartoma treated by an Nd-YAG Laser: Report of a case. Jpn J Surg. 1998; 28 1078-1080
- 5 Tomashefski J F. Benign endobronchial mesenchymal tumors. Their relationship to parenchymal pulmonary hamartomas. Am J Surg Pathol. 1982; 6 531-540
- 6 Dail D H, Hammar S P. ed .Pulmonary Pathology, 2nd edition. New York, Heidelberg: Springer-Verlag 1995: 1368-1374
- 7 Teschner M, Gerbatsch K P, Lülling H. Endobronchiale Chondrome - Bronchoskopische Resektion oder thoraxchirurgische Intervention?. Pneumologie. 1998; 52 249-253
- 8 Ishibashi H, Akamatsu H, Masataka K. et al . Resection of endobronchial hamartoma by bronchoplasty and transbronchial endoscopic surgery. Ann Thorac Surg. 2003; 75 1300-1302
- 9 Cosío B G, Villena V, Echave-Sustaeta J. et al . Endobronchial hamartoma. Chest. 2002; 122 202-205
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