Einleitung
Einleitung
Zeichen eines obstruktiven Schlafapnoesyndrom finden sich bei ca. 1,9 % der Bevölkerung [1]. Im Alter zwischen 30 und 60 Jahren beträgt die Häufigkeit etwa 3 % [2]. Die Ursache der Erkrankung ist ein repetitiver Kollaps der pharyngealen Atemwege während des in der Inspiration negativen Atemwegdruckes. Die pharyngealen Obstruktionen führen zu Sauerstoffentsättigungen und/oder einer zentralnervösen Aktivierungsreaktion, zu Arousals [3]. Das obstruktive Schlafapnoesyndrom ist ein wichtiger Risikofaktor für nicht-erholsamen Schlaf [4]
[5] aber auch Herz-Kreislauferkrankungen [6]
[7]
[8]. Im Unterschied dazu ist das primäre Schnarchen nur durch laute Atmungsgeräusche charakterisiert, die durch Schwingungen im Bereich des Pharynx entstehen. Die Betroffenen haben keine Symptome, weder Insomnie noch Hypersomnie. Im 20. Lebensjahr schnarchen ca. 10 % der Bevölkerung, ab dem 60. Lebensjahr etwa 50 % [9].
Folgeerkrankungen
Folgeerkrankungen
Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe, also mit einer signifikant erhöhten Zahl obstruktiver Apnoen bzw. Hypopnoen [4] werden in den 5 Jahren vor Diagnose der Erkrankung häufiger als Personen aus Vergleichskollektiven aufgrund folgender Komorbiditäten behandelt (nach [10], Tab. [1]):
Tab. 1 Komorbiditäten über 5 Jahre vor Diagnose einer obstruktiven Schlafapnoe (nach [10])
Diagnose | Odds-Ratio | 95 %-Konfidenzintervall |
Herz-Kreislauferkrankungen
| 2,6 | 2,0 - 3,3 |
arterieller Hypertonus
| 2,5 | 2,0 - 3,3 |
ischämische Herzerkrankungen
| 1,3 | 0,8 - 1,9 |
(kardiale) Arrhythmien
| 2,2 | 1,2 - 4,0 |
COPD
| 1,6 | 1,2 - 2,0 |
Gelenkerkrankungen
| 1,2 | 0,9 - 1,5 |
Depression
| 1,4 | 1,0 - 1,9 |
Bemerkenswert ist die in dieser Studie erhöhte Odds-Ratio für die COPD, die sich in anderen Untersuchungen nicht bestätigen ließ [11]
[12]. Besonders häufig finden sich in der genannten Arbeit jedoch Herz-Kreislauferkrankungen, wie auch bei anderen Autoren beschrieben [13]
[14]
[15]. Es ist allerdings zu bedenken, dass die Mehrzahl der Patienten mit obstruktiven Schlafapnoesyndromen übergewichtig ist. Auch Übergewicht ist ein Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen, ebenso wie die in diesem Kollektiv häufige arterielle Hypertonie. Es stellt sich daher die Frage nach Ursache und Wirkung. In der Mehrzahl der in diesem Artikel aufgeführten Studien wurden Kollektive verglichen, die sich nur bezüglich des Vorliegens eines obstruktiven Schlafapnoesyndroms unterschieden.
Pathophysiologie kardiovaskulärer Folgeerkrankungen
Pathophysiologie kardiovaskulärer Folgeerkrankungen
Eine Arteriosklerose ist der Endpunkt einer Gefäßerkrankung, die als Kombination von Funktionsstörungen der Endothelzellen, der glatten Gefäßmuskulatur, der Blutzellen und der Plasmabestandteile beginnt. Schlafbezogene Atmungsstörungen können über verschiedene Mechanismen zu Herz-Kreislauferkrankungen führen (nach [6]). Eine erhöhte Aktivität des Sympathikus, rezidivierende Hypoxämien, Scherstress, Störungen der mikrovaskulären Milieus, endotheliale Dysfunktion, erhöhte oxidative Kapazität sowie eine verminderte vaskuläre Reagibilität werden mit dem Entstehen einer Arteriosklerose in Verbindung gebracht.
Ein gesteigerter Sympathikotonus steht möglicherweise am Anfang der Erkrankung. Er ist sowohl humoral [16]
[17]
[18]
[19] als auch nerval nachweisbar [20]
[21]
[22]. Der Tonus ist nicht nur in der Nacht, sondern auch am Tag erhöht [20]. Eine Hypoxie ist als Ursache für einen Tonusanstieg beschrieben [23]. Unter einer Therapie mit CPAP sinkt ein vorher erhöhter Sympathikotonus ab [15], möglicherweise aber nur bei hypertensiven Patienten [24].
Die Endothelfunktion, gemessen als Ischämie-induzierte oder durch Bradykinin-vermittelte Flusszunahme, ist vermindert [25]
[26]. Die Endothelzellen werden durch den Sympathikus/Parasympathikus sowie hormonelle Faktoren kontrolliert und steuern Immunprozesse, Permeabilität und Wachstum. Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe haben Apnoe-Hypopnoe-Index-abhängig verminderte NO-Serum-Werte, die auch mit dem systolischen Blutdruck korrelieren [27] und unter CPAP wieder ansteigen [28]. Ein verminderter NO-Spiegel könnte eine Ursache der o. g. gestörten Endothelfunktion sein.
Die Leukozyten von Patienten mit obstruktiven Schlafapnoesyndromen geben leichter Sauerstoffradikale ab [29]
[30]. Die Sauerstoffradikale können in Kombination mit erhöhten Peroxidasespiegeln bei gleichzeitig verminderten protektiven Faktoren (PON1) Lipide und damit z. B. Zellwände schädigen [31]
[32]. Die Lymphozyten von Patienten mit obstruktiven Schlafapnoesyndromen sind aktiviert und können zu entzündlichen Veränderungen der Gefäßwände beitragen [33].
Eine Arteriosklerose ist ein chronischer Entzündungsprozess der Blutgefäße, der zu Erhöhungen des CRP-Spiegels führt [34]. Bei Patienten mit OSAS sind die Werte etwa 3-fach erhöht und normalisieren sich unter einer CPAP-Therapie [35]. Auch die Werte für Interleukin-6, TNF-α (ein zytotoxisch, atherogen und thrombogen wirkendes Produkt), IL-8 (ein chemotaktisches Interleukin, welches die natural Killer-Cells aktiviert) und IL-10 (bei Ischämien protektiv) sind verändert [36]. Durch die chronische Entzündung sind Faktoren, die Gefäßschäden anzeigen wie VGEF (v. a. unter hypoxischen Bedingungen, [37]
[38]) ICAM-1, VCAM-1 und L-Selectin [39], vermehrt nachweisbar.
Patienten mit obstruktiven Schlafapnoesyndromen haben verglichen mit Kontrollpersonen eine höhere Gefäßdicke, gemessen als Intima-Media-Dicke an der A. carotis. Die Intima-Media-Dicke korreliert signifikant mit dem Apnoe-Hypopnoe-Index (r = 0,327, p < 0,001, nach [40]). Der Durchmesser der A. carotis nimmt mit steigender Anzahl schlafbezogener Atmungsstörungen zu, wie die Daten von 1037 Untersuchten der Sleep Heart Health/Cardiovascular Health Study zeigen, zugleich nimmt die Reagibilität parallel zum Apnoe-Hypopnoe-Index ab [41]. Auch in anderen Gefäßprovinzen ist eine reduzierte Gefäßreagibilität nachweisbar [25]
[42]
[43].
Die Leptinspiegel sind höher verglichen mit Kontrollen und fallen unter einer CPAP-Therapie ab [44]. Patienten mit obstruktiven Schlafapnoesyndromen zeigen eine Insulinresistenz [45]
[46], auch unter Berücksichtigung der häufig vorhandenen Adipositas. Die Ursache der Insulinresistenz ist nicht vollständig geklärt, möglicherweise ist die durch den erhöhten Sympathikotonus gesteigerte Lipolyse verantwortlich [47]. Unter einer CPAP-Therapie nimmt die Insulinsensitivität vor allem bei Obesitas wieder zu [48]. Die Fibrinogen-Spiegel sind bei Patienten mit obstruktivem Schlafapnoesyndrom um mehr als 10 % erhöht. Dadurch nimmt die Plasmaviskosität zu [49]
[50]. Unter einer CPAP-Therapie fallen die Werte um etwa den gleichen Betrag ab [51]. Die Thrombozyten von Patienten mit obstruktiven Schlafapnoesyndromen aggregieren leichter [52].
Arterieller Hypertonus
Arterieller Hypertonus
Patienten mit obstruktivem Schlafapnoesyndrom haben verglichen mit Personen ohne Schlafapnoe auch unter Berücksichtigung anderer Risikofaktoren erhöhte Blutdruckwerte. So zeigte z. B. eine Untersuchung, dass der diastolische mittlere Blutdruck tagsüber 4,6 (95 % [CI] Konfidenzintervall 0,7 - 8,6) mmHg und nachts 7,2 (95 % Konfidenzintervall [CI] 3,7 - 10,6) mmHg höher lag verglichen mit Kontrollpersonen, auch war der systolische mittlere Blutdruck in der Nacht um 9,2 (95 % CI 2,3 - 16,1) mmHg höher [53]. Bei einem Apnoe-Hypopnoe-Index > 40/Std. ist das relative Risiko einer arteriellen Hypertonie auch nach Korrektur anderer Risikofaktoren 4,15fach erhöht [95 % CI 2,7 - 6,5]. Vor allem jüngere Patienten (< 50 Jahre) sind gefährdet (Odds Ratio 7,15 versus 2,70 bei einem RDI > 40 versus < 5/Std., nach [54]). Kohortenstudien zeigen erhöhte Blutdruckwerte für Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe [55]
[56]. Verglichen mit einem Apnoe-Hypopnoe-Index von 0 ist die Wahrscheinlichkeit, eine arterielle Hypertonie zu entwickeln, nach vier Jahren bei einem Apnoe-Hypopnoe-Index bis zu 5/Std. 1,42fach, bei einem Apnoe-Hypopnoe-Index bis 15 2,02fach und bei einem Apnoe-Hypopnoe-Index > 15/Std. 2,89fach erhöht (Abb. [1], nach [57]).
Abb. 1 4-Jahres-Risiko für die Entwicklung einer Hypertonie, abhängig vom Apnoe-Hypopnoe-Index (nach [58]).
Unter einer Therapie mit CPAP sinken vorher erhöhte Blutdruckwerte ab [58] sofern die eingesetzten Drucke effektiv sind. Eine Sham-Therapie führt dagegen nicht zu einem Abfall des Blutdruckes [59].
Morbidität und Mortalität
Morbidität und Mortalität
Verschiedene Untersuchungen sprechen für eine erhöhte Morbidität und Mortalität von Patienten mit obstruktiven Schlafapnoesyndromen [60]
[61]
[62]
[63]
[64]. Das Risiko einer koronaren Herzkrankheit ist bei Patienten mit obstruktivem Schlafapnoesyndrom erhöht, obwohl unterschiedliche Studien deutliche Unterschiede zeigen: 1,13fach [13] bis 23,3faches Risiko [13]. Schlafbezogene kardiale Ischämien werden bei bis zu 31 % aller Patienten mit schlafbezogenen Atmungsstörungen beobachtet [65]. Durch die Arteriosklerose kann eine koronare Herzerkrankung mit der Folge einer Linksherzinsuffizienz entstehen. Unter einer CPAP-Therapie nimmt die linksventrikuläre Ejektionsfraktion zu, der Sympathikotonus sinkt [66]
[67]
[68]. Herzrhythmusstörungen werden bei Patienten mit Schlafapnoesyndromen vermehrt beobachtet [69].
Patienten mit obstruktivem Schlafapnoesyndrom zeigen kernspintomographisch Änderungen des Hirnstoffwechsels (N-Acetylaspartat/Cholin-Verhältnis, nach [70]). Welchen Stellenwert dieser Befund hat, ist zur Zeit noch offen. Damit gibt es aber Hinweise auf hirnorganische Folgen obstruktiver Apnoen. Das Risiko eines Schlaganfalls ist erhöht (2,1fach, nach [71]
[72]).
Konklusion
Konklusion
Aufgrund des retrospektiven Designs der meisten Studien, der unterschiedlichen Schweregrade der Patienten und der teils uneinheitlichen Therapie fällt es schwer, zuverlässige Angaben über die langfristigen kardiovaskulären Folgen schlafbezogener obstruktiver Atmungsstörungen auszusprechen. Die aufgeführten Daten und pathophysiologischen Zusammenhänge weisen jedoch auf eine deutlich erhöhte Morbidität vor allem von Herz-Kreislauferkrankungen und ein verglichen mit Kontrollkollektiven vermindertes langfristiges Überleben hin.