Aktuelle Urol 2004; 35(1): 2-4
DOI: 10.1055/s-2004-822940
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Verbesserte Prognose durch moderne Immuntherapie?

Metastasierendes Nierenzellkarzinom
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Publication Date:
15 July 2004 (online)

 
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Nur wenige Patienten mit Nierenzellkarzinom (RCC) reagieren auf die Immuntherapie (IMT) mit einer anhaltenden und kompletten Remission; insbesondere Patienten mit Lymphknoten positiver Erkrankung hatten vor Einführung der Immuntherapie eine signifikant schlechtere Prognose. Ob sich dieses in der neuen Ära der systemischen Immuntherapie bessert, haben A. J. Pantuck und Kollegen im Rahmen einer retrospektiven Kohortstudie untersucht (Cancer 2003; 97: 2995 - 3002).

Die Studienpopulation bestand aus 322 Patienten, die sich zwischen den Jahren 1989 und 2000 an der Universität von Kalifornien in Los Angeles aufgrund eines unilateralen RCC einer radikalen oder partiellen Nephrektomie unterzogen. Die Mehrzahl der Patienten erhielt eine rekombinante auf Interleukin-2 basierende IMT. Die Patienten wurden in 2 Gruppen aufgeteilt: Solche, die ein metastasierendes RCC ohne positive regionale Lymphknoten zum Zeitpunkt der Diagnose hatten und solche mit sowohl positiven regionalen Lymphknoten als auch Fernmetastasen zum Zeitpunkt der Diagnose. Eine weitere Untergliederung berücksichtigte die Teilnahme an einer IMT. Verglichen wurden die Responseraten und die Überlebenszahlen.

Unter den 322 Patienten waren 236 mit metastasierendem RCC ohne Hinweis auf eine retroperitoneale Lymphadenopathie (N0M1) und 86 Patienten mit sowohl positiven regionalen Lymphknoten als auch Fernmetastasen (N+M1). Die Häufigkeit für eine gleichzeitige Erkrankung der Lymphknoten für Patienten mit M1 RCC betrug 26,7 % und war damit 3-mal größer als für Patienten mit M0 Erkrankung (7%). Aus der N0M1 Gruppe erhielten 64 % der Patienten und aus der N+M1 Gruppe 65 % eine adjunktive IMT nach zytoreduktiver Nephrektomie. Dabei erreichten 3-mal mehr N0M1 Patienten als N+M1 Patienten einen objektiven Response und machten signifikant seltener einen progressiven Krankheitsverlauf durch als N+ Patienten. Die durchschnittliche Überlebenszeit aller N0 Patienten ohne Berücksichtigung der Behandlung betrug 20,4 Monate, die der N+ Patienten 10,5 Monate. Während sich für erstere die durchschnittliche Überlebenszeit nach der IMT auf 28 Monate verlängerte, blieb sie für N+ auch nach IMT unverändert.

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TNM-System bei Nierentumoren (Bild: Urologie, GTV, 2002).

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Lymphknotenstatus entscheidend

Eine einfache klinische und pathologische Variable, regionale Lymphadenopathie, hat einen dramatischen Einfluss auf die Überlebensraten und ist ein signifikanter Faktor für das Anschlagen einer IMT. Die hier dargestellten Zahlen von mehr als 300 Patienten mit metastasierendem RCC zeigen sehr deutlich, dass auch in der modernen Immuntherapie- Ära der Lymphknotenstatus über Gelingen oder Mißlingen entscheidet. Warum dem so ist, ob intrinsische Dysfunktionen des Immunsystems eine Rolle spielen oder VEGF als Sprungbrett für den Tumor ins lymphatische System entscheidend ist, ist derzeit Thema in vielen Labors.

Dr. Sabine Adler, Mülsen St. Niclas

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Kommentar

Belldegrun und Figlin präsentieren hier wiederum eine retrospektive und unkontrollierte Publikation aus der UCLA-Datenbank, wobei eine 11-jährige Einschlusszeit mit unterschiedlichen Behandlungsregimen eigentlich keine valide Aussage ermöglicht.

In der Multivarianzanalyse ist der N+- Status kein unabhängiger Parameter, sondern vielmehr abhängig von Faktoren wie Histologie, Grading und Tumorstadium. Diese Parameter sind teilweise ungleich verteilt (Grading, papilläre Histologie) und beeinflussen die Prognose der Patienten entscheidend. Eine Therapieentscheidung allein nach dem Lymphknotenstatus ist sicherlich zu probat, zu mal die Gruppe der N0-Patienten die good Risk“-Patienten anderer, international anerkannter Prognose-Scores sowohl anteilsmäßig als auch in der Prognose um Dimensionen zu übertreffen scheint. Derartige Diskrepanzen fordern kontrollierte Beobachtungen bevor hieraus Therapieempfehlungen abgeleitet werden können.

Dr. Joachim Beck, Mainz

 
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TNM-System bei Nierentumoren (Bild: Urologie, GTV, 2002).