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DOI: 10.1055/s-2004-825248
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Aktuelles in der Parkinson-Therapie - Differenzialdiagnose und Therapie des idiopathischen Parkinson-Syndroms
Therapies for Parkinson's Disease Up to Date - Differential Diagnosis and Therapy for Idiopathic Parkinson's DiseaseAnschrift des Verfassers
Prof. Dr. Andres Ceballos-Baumann
Neurologische Klinik
Klinikum rechts der Isar
Technische Universität München
Möhlstr. 28
81675 München
Publication History
Publication Date:
30 April 2004 (online)
Zusammenfassung
Die präzise klinische Differenzierung des idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS) von anderen Parkinson-Syndromen ist Grundvoraussetzung für eine rationale, sichere und gesundheitsökonomisch sinnvolle Therapie. Nur ein Teil der Patienten mit Parkinson-Symptomen leidet an dem gut behandelbaren IPS im engeren Sinne. Heute sind acht Dopaminagonisten einschließlich des Apomorphins zur subkutanen Injektion, verschiedene L-Dopa-Darreichungsformen, COMT- und MAO-Hemmer, Amantadin, mit Einschränkungen das Budipin, das Clozapin und die tiefe Hirnstimulation für die Therapie dieser Erkrankung zugelassen. In Situationen, in denen auch eine optimierte medikamentöse Feineinstellung keinen Behandlungserfolg mehr bringt, hat bei Patienten mit schweren Dopa-Wirkungsschwankungen (On-off-Phänomen), Dyskinesien und Tremor inzwischen die tiefe Hirnstimulation („Hirnschrittmacher”) einen festen Platz erobert. Anticholinergika sollten auch bei Tremor-Dominanz nur noch in Ausnahmefällen eingesetzt werden. Cholinesterasehemmer sind hilfreich bei nicht kognitiven Demenz-Symptomen ohne die Parkinson-Symptomatik zu verschlechtern. Kurz vor der europäischen Zulassung stehen momentan spezifische Medikamente gegen Dopa-Dyskinesien. Und mit der Implantation dopaminerger Retinazellen besteht eine weitere Perspektive zur Therapie des idiopthischen Parkinson-Syndroms, die sich bereits in einer fortgeschrittenen Phase der klinischen Prüfung befindet.
#Summary
The precise differentiation of Parkinson's disease (PD) from other forms of parkinsonism is the basis for a rationale, safe and pharmacoeconomically sound therapy. Drugs are usually unsatisfactory in other parkinsonian syndromes besides Parkinson's disease proper. Parkinson's disease is a well characterised syndrome which represents only a part of the various causes of parkinsonism. Eight dopamine agonists including apomorphine for subcutaneous injections, various distinct levodopa preparations, amantadine, COMT- and MAO-inhibitors, with restrictions also budipine, clozapine, and deep brain stimulation represent approved therapies for Parkinson's disease. Deep brain stimulation is emerging as treatment strategy for patients with severe on-off fluctuations, levodopa dyskinesias and tremor otherwise refractory to medical therapy. Anticholinergics should be only prescribed exceptionally even in tremor dominant Parkinson's disease. Cholinesterase-inhibitors are effective in non-cognitive symptoms of dementia without worsening parkinsonism. Specific compounds for the management of levodopa induced dyskinesias may gain approval shortly. The implantation of dopaminergic retinal cells represents a new perspective which is already in an advanced stage of clinical trial.
Key Words
Parkinson's disease - levodopa - dopamine agonists - deep brain stimulation - cholinesterase inhibitors - cell implantation
Leitsymptom des Parkinsonismus ist die Bewegungsverarmung und -verlangsamung. Dabei lassen sich drei Komponenten differenzieren:
-
Bradykinese (Bewegungsverlangsamung)
-
Hypokinese (eine Verminderung der Bewegungsamplituden, z.B. zunehmende Verkleinerung des Schriftbildes = Mikrographie und der Spontanbewegungen, wie zum Beispiel das Mitschwingen der Arme beim Gehen, Gestik, Hypomimie, „Pokerspieler-Gesicht”)
-
Akinese (Hemmung der Bewegungsinitiation).
Im klinischen Sprachgebrauch werden die drei genannten Begriffe synonym und austauschbar verwendet.
Die Diagnose eines Parkinson-Syndroms kann gestellt werden, wenn eine Bradykinese und mindestens eines der folgenden Symptome vorliegt: Ruhetremor (4-6 Hz), Rigor oder Haltungsinstabilität (gestörte posturale Reflexe), die nicht primär durch visuelle, vestibuläre, zerebelläre oder propriozeptive Störungen zu erklären sind.
Die Abgrenzung der verschiedenen Parkinson-Syndrome untereinander, insbesondere die Differenzierung in den ersten Krankheitsjahren zwischen dem idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS) und den anderen Parkinson-Syndromen wie der Multisystematrophie (MSA), der progressiven supranukleären Paralyse (Steele-Richardson-Olszewski-Syndrom) oder der kortikobasalen Degeneration kann schwierig sein. Doch die Differenzialdiagnostik der Parkinson-Syndrome ist von therapeutischer Relevanz, denn nicht alle Formen des Parkinson-Syndroms sprechen gleichermaßen auf die Antiparkinsonika an.
Schwierig ist zum Beispiel die Therapie bei den Patienten mit Parkinson-Plus-Syndromen, die - neben dem Parkinson-Syndrom - schon früh im Verlauf weitere neurologische Zeichen wie beispielsweise autonome Störungen (MSA) oder eine Demenz (Lewy-Body-Demenz) aufweisen. Hier gilt es auch, den Patienten vor einer ineffektiven, potenziell nebenwirkungsreichen Medikation zu schützen. Prinzipiell sollte der behandelnde Neurologe regelmäßig den Sinn einer Antiparkinson-Medikation und ihre Verträglichkeit, insbesondere bei bestehender Komorbidität, überprüfen.
Die hier angesprochenen therapeutischen Aspekte beziehen sich auf das idiopathische Parkinson-Syndrom und nicht auf andere Parkinson-Syndrome, die davon zu differenzieren sind.
#Das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS)
Klinisch ist das idiopathische Parkinson-Syndrom gut definiert [Tab. 1]. Seine Prävalenz liegt bei über 60-Jährigen bei 1 %, bei über 80-Jährigen nähert sie sich der 3 %-Marke. Mitunter beträgt der Zeitraum zwischen dem Auftreten der ersten Beschwerden und der Diagnose mehrere Jahre - gerade bei jüngeren Patienten. Immerhin 30 % der Patienten erkranken vor dem 50. Lebensjahr.
Für den Erstdiagnostizierer - meist ist dies der Hausarzt - gilt es, nach den ersten Anzeichen von Bradykinese und Ruhetremor zu fahnden. Denn noch immer fehlen einfache Labortests. Die kranielle Bildgebung dient dazu, die Parkinson-Syndrome aufgrund eines Normaldruckhydrozephalus [Abb. 1] oder einer subkortikalen arteriosklerotischen Enzephalopathie einer spezifischen Behandlung zuführen zu können. Am einfachsten ist die Diagnose, wenn das idiopathische Parkinson-Syndrom mit dem klassischen Ruhetremor (Pillendrehen) beginnt. In diesen Fällen wird die Diagnose demnach auch relativ früh gestellt. Doch nur in etwa der Hälfte der Fälle tritt der Ruhetremor als Erstsymptom auf.
Für die Mehrzahl der Parkinson-Patienten ist der Tremor nicht das vorherrschende Symptom. Fehlt er allerdings über einen Verlauf von mehreren Jahren vollständig, ist dies eher ungewöhnlich und sollte daher differenzialdiagnostische Überlegungen in Richtung anderer Parkinson-Varianten nach sich ziehen. Klassischerweise beginnt der Ruhetremor beim idiopathischen Parkinson-Syndrom unilateral: Er ist sichtbar, wenn die betroffene Extremität nicht bewegt wird - beispielsweise wenn die Arme im Stehen herabhängen oder auch wenn sie entspannt auf einer Unterlage ruhen. Standunsicherheit und Stürze, Demenz und vegetative Symptome wie Inkontinenz sind in den ersten Jahren eines idiopathischen Parkinson-Syndroms ein Ausschlusskriterium. Im Gegensatz zu Parkinson-Plus-Syndromen treten diese Probleme hier erst in späten Krankheitsphasen auf.
#IPS-Therapie
Basis der Therapie des idiopathischen Parkinson-Syndroms ist die Dopamin-Substitution durch die Gabe der Dopamin-Vorläufersubstanz Dopa und direkt wirksamer Dopaminagonisten. Spricht der Patient eindeutig auf diese Medikamente an, gilt dies als eines der wesentlichen diagnostischen Kriterien [Tab. 1]. Im weiteren Verlauf sollten Krankengymnastik und Logopädie die medikamentöse Therapie ergänzen. Patienten sollten frühzeitig auf die Möglichkeiten der Selbsthilfe über die Deutsche-Parkinson-Vereinigung e.V.[1] aufmerksam gemacht werden.
#L-Dopa mit peripherem Decarboxylasehemmer
Das wirksamste Parkinson-Medikament ist Dopa in Kombination mit einem Decarboxylasehemmer (Carbidopa, Benserazid). Allerdings ist Dopa mit vermehrten motorischen Komplikationen im Langzeitverlauf assoziiert. Die L-Dopa-Monotherapie führt nach fünf Jahren bei über 50 % der Patienten zu motorischen Wirkungsschwankungen: Zunächst verkürzt sich die Wirkdauer einzelner Dopa-Gaben, dann treten Dyskinesien und Off-Phasen auf.
Aufgrund des zu erwartenden längeren Verlaufs sind jüngere Patienten von diesen Komplikationen besonders betroffen. Daher wird versucht, den Verlauf der Krankheit bei „jüngeren”, ansonsten gesunden Patienten dadurch günstig zu beeinflussen, indem man die Dopa-Therapie mithilfe einer initialen Dopaminagonisten-Monotherapie möglichst lange hinauszögert.
#Dopaminagonisten
Sieben verschiedene orale Dopaminagonisten stehen inzwischen zur Verfügung. Sie sind für die initiale Monotherapie und als Zusatzmedikation zur Dopa-Behandlung zugelassen. Studien zur initialen Monotherapie mit Cabergolin (Cabaseril®), Ropinerol (Requib®) [13] und Pramipexol (Sifrol®) [11] [12] zeigten eine im Vergleich zu L-Dopa deutlich verminderte Inzidenz von Spätkomplikationen wie Dyskinesien. Außerdem stellte sich heraus, dass die Verträglichkeit - mit Ausnahme von psychiatrischen Nebenwirkungen - und die Wirksamkeit bei adäquater Aufdosierung in den ersten Jahren der Krankheit dem Dopa fast als gleichwertig anzusehen ist. Ropinerol kann das Auftreten von Dyskinesien im Vergleich zu Dopa in einem Beobachtungszeitraum von fünf Jahren eindeutig verzögern. Cabergolin erlaubt aufgrund seiner langen Halbwertszeit eine einmalige Tagesgabe. Beim Pramipexol werden spezifische tremorlytische und antidepressive Effekte diskutiert.
Der Vorteil der subkutanen Applikation von Apomorphin - einem parenteralen Dopaminagonisten - ist der schnelle und zuverlässige Wirkeintritt bei Patienten mit schweren Off-Phasen meist nach zehn Minuten. Bereits über 15 Jahre reicht inzwischen die Erfahrung zu der subkutanen Apomorphin-Gabe zurück - entweder intermittierend bei Off-Phasen oder als Dauertherapie mittels Pumpe. Seit drei Jahren steht in Deutschland auch ein spezieller Apomorphin-Penject (ApoGo®) zur Verfügung. Die Ersteinstellung auf diese Therapieoption sollte zur Einweisung und Dosisfindung in einer Parkinson-Spezialambulanz bzw. stationär erfolgen.
#COMT- Hemmer
Mit der Hemmung der Katechol-O-Methyltransferase (COMT) wird - analog der Dekarboxylasehemmung mit Benserazid oder Carbidopa in den L-Dopa-Präparaten - der zweite wichtige Abbauweg von Dopa extrazerebral inhibiert. Daher macht ein so genannter COMT-Hemmer nur Sinn, wenn er zur Wirkdauerverlängerung einzelner L-Dopa-Gaben eingesetzt wird, die subjektiv und objektiv die Beweglichkeit verbessern. So konnte Entacapon (Comtess®) in Studien die Phasen schlechter Beweglichkeit bei Patienten mit Wirkungsfluktuationen unter einer Dopa-Therapie verkürzen.
Erst im Herbst letzten Jahres wurde eine fixe Kombination von Entacapon, Carbidopa und L-Dopa (Stalevo®) in drei Stärken zugelassen. Damit können jetzt die beiden wichtigen Abbauwege von L-Dopa außerhalb des Hirns mit einer Darreichungsform gehemmt werden.
Sollte sich auch mit der zusätzlichen Therapie mit einem COMT-Hemmer die Wirkung der einzelnen Dopa-Gaben nicht verlängern lassen, sollte man den Sinn dieser Therapiemaßnahme durch Auslassversuche objektivieren. Die Ursache für ein solches „Therapieversagen” könnte zum einen die unterschiedliche Aktivität der Katechol-Methyltransferase in der Bevölkerung sein, zudem nimmt die Aktivität des Enzyms im Alter ab. Eine Diarrhö tritt bei weniger als 5 % der Patienten mit einer Latenz von bis zu vier Monaten nach Therapiebeginn auf. Eine gelbe bzw. orange Verfärbung des Urins wird dagegen regelhaft beobachtet [3].
#Monoaminooxidase(MAO)-B-Hemmer (Selegelin)
Anfangs hatte man angenommen, dass Selegelin neuroprotektiv wirkt. Denn in einer großen Studie (DATATOP[2]) trat die „Dopa-Pflichtigkeit” um sechs bis neun Monate später auf, wenn die Patienten diesen MAO-B-Hemmer einnahmen. Heute geht man jedoch eher von einer symptomatischen Wirkung der Substanz aus, erklärt wird der Effekt durch eine Hemmung des Dopamin-Abbaus im Gehirn und der Verstoffwechselung von Selegelin zu Metamphetamin. Die Monotherapie mit Selegelin hält bei De-novo-Patienten daher selten über einen längeren Zeitraum als ein Jahr in ausreichender Weise an, kann aber als initiale Therapie erwogen werden [3].
#Budipin
Budipin ist für die Kombinationstherapie mit Dopa zugelassen worden. Da jedoch unter der Budipin-Behandlung Herzrhythmusstörungen vom Typ Torsade des Pointes auftreten können (Inzidenz von 1:2000) unterliegt die Substanz heute diversen Anwendungsbeschränkungen. Sie kann nur noch verschrieben werden, wenn der Patient eine Verpflichtungserklärung zur EKG-Kontrolle (QT-Zeit!) unterschreibt und die Kontrollen in der ersten und der dritten Woche nach Beginn der Therapie, dann jährlich oder bei einer Dosissteigerung durchgeführt werden [3].
#Anticholinergika
Die ersten Parkinson-Medikamente waren die Anticholinergika, die zunächst als Extrakte der Tollkirschenwurzel auf dem Markt waren. Auch heute noch ist die Ansicht weit verbreitet, dass diese Medikamente besonders effektiv gegen den Tremor beim idiopathischen Parkinson-Syndrom wirken würden.
Die Evidenz im Vergleich zu Dopaminergika (Dopa, Dopaminagonisten) hierfür ist allerdings mehr als dürftig. Aufgrund ihres hohen Nebenwirkungsprofils und der negativen kognitiven Effekte haben Anticholinergika inzwischen nur noch einen sehr eingeschränkten Stellenwert in der Parkinsontherapie. Ihr abruptes Absetzen kann ein Delir hervorrufen, Anticholinergika sollten daher ohne Not nur langsam, über Wochen, ausgeschlichen werden [3].
#Cholinesterasehemmer
Die nichtkognitiven Demenz-Symptome wie Halluzinationen und Verhaltensauffälligkeiten lassen sich - so die Ergebnisse einer randomisierten doppelblinden plazebokontrollierten internationalen Studie an 120 Patienten bei Lewy-Body-Demenz - durch Cholinesterasehemmer positiv beeinflussen. In der Regel ist die Lewy-Body-Demenz durch ein begleitendes Parkinson-Syndrom gekennzeichnet. Unter einer Dosis von 6-12 mg/Tag Rivastigmin (Excelon®) zeigten fast doppelt so viele Patienten eine signifikante Besserung der demenzassoziierten neuropsychiatrischen Verhaltensauffälligkeiten um mindestens 30 % im Vergleich zur Plazebogruppe [9]. Die Parkinson-Symptomatik verschlechterte sich unter der Therapie mit Rivastigmin nicht.
Daher werden momentan Cholinesterasehemmer - insbesondere das Donezepil (Arizept®) - intensiv bei Parkinson-Patienten mit Demenz untersucht. In dieser Situation gibt es ansonsten nur sehr begrenzte Therapiemöglichkeiten, da Neuroleptika das Parkinson-Syndrom lebensgefährlich verschlechtern. Die atypischen Neuroleptika Clozapin und Quetiapin dagegen verursachen zwar keine extrapyramidalmotorischen Symptome, liegt jedoch eine Demenz vor, können sie ein Delir auslösen.
#Amantadin
In der Kombinationsbehandlung mit anderen Parkinson-Mitteln wirkt Amantadin potenzierend. Das Auftreten exogener Psychosen ist besonders bei prädisponierten älteren Patienten, gerade wenn eine Niereninsuffizienz vorliegt, und bei Kombination mit anderen Antiparkinsonmitteln ein Risiko. Die Aufdosierung von Amantadinsulfat-Präparaten, kann rasch erfolgen. Dass Tagesdosierungen von über zwei- bis dreimal 100 mg die Effektivität steigern, ist nicht erwiesen.
Falls sich L-Dopa-Dyskinesien mit gängigen Strategien wie Dopa-Dosisfraktionierung und dem Aufdosieren von Dopaminagonisten bei gleichzeitiger Reduktion der Dosierung von L-Dopa nicht ausreichend therapieren lassen, ist Amantadin eine Therapieoption, die man in Erwägung ziehen sollte. Denn in einer doppelblinden Cross-over-Studie konnte unter Amantadin eine bis zu 60 %ige Reduktion in den Dyskinesie-Scores gezeigt werden [3]. Außerdem ist Amantadin die einzige Substanz, bei der eine Besserung von Gangparametern im Rahmen einer subkortikalen vaskulären Enzephalopathie mit frontaler Gangstörung (Synonym) und arteriosklerotischem Parkinson-Syndrom gezeigt werden konnte [1].
#Botulinum-Toxin
In Einzelfällen kann auch die Gabe von Botulinum-Toxin sinnvoll sein - nämlich bei Dystonien, Rigor und Sialorrhö (Speichelfluss). So können fokale Dystonien, die im Rahmen eines idiopathischen Parkinson-Syndroms vorwiegend im Bereich des Fußes als Zehenstrecker-Spasmen auftreten, relativ einfach mit lokalen Injektionen von Botulinum-Toxin in die überaktiven Muskeln therapiert werden, sofern medikamentöse Umstellungen vorher zu keinem Erfolg geführt haben. Kleinere Studien berichten auch über positive Effekte der Substanz bei medikamentenrefraktärem fokalen Rigor und Sialorrhö (Injektionen in Parotis) [8].
#Tiefenhirnstimulation
Die so genannten „Hirnschrittmacher” ermöglichen heute gewebeerhaltende minimal destruktive Eingriffe zur Tiefenhirnstimulation. Denn anders als früher wird der Zielkern nicht mehr koaguliert, vielmehr stimulieren ihn die implantierten Elektroden chronisch hochfrequent. Damit kann die pathologische Signalübertragung in den durch das Dopamindefizit gestörten Basalganglienverbindungen wie mit einen „Störsender” maskiert werden [2]. Zugelassen ist das Verfahren in Nordamerika und in Deutschland für die Therapie der Akinese und des Tremors.
In den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass die Stimulation im Nucleus subthalamicus die geeigneteste Zielstruktur für die Behandlung eines Morbus Parkinson ist. Hier werden die akinetisch-rigide Symptomatik mit einem L-Dopa-ähnlichen Effekt und der Tremor positiv beeinflusst.
Die mit dem Eingriff assoziierte Letalität oder irreversibel beeinträchtigende Morbidität liegen zentrumsspezifisch zwischen 0,5 und 3 % (5, 6). Indiziert ist dieses sehr effektive, aber teure Verfahren - allein die unmittelbaren Kosten für Eingriff, Hospitalisierung, Elektroden und Impulsgeber betragen etwa 30000 Euro - bei Patienten mit ansonsten therapierefraktären starken On-off-Fluktuationen, dopaminerg induzierten Dyskinesien und Tremor [7]. Ein Prädiktor für den Erfolg ist der Grad an Dopa-Responsivität, also die Besserung der Motorik unter L-Dopa, und jüngere Patienten profitieren mehr als ältere [4]. Spezifische Kontraindikationen sind Demenz, psychiatrische Vorerkrankungen sowie Hirnatrophie.
Immer häufiger hört man nach der Implantation der tiefen Hirnstimulatoren parallel zur Besserung der Motorik aber von psychiatrischen unerwünschten Wirkungen, wie Depression, Manie und Verhaltensauffälligkeiten. Diese sind auf eine unbeabsichtigte Beeinflussung nichtmotorischer Verschaltungen zurückzuführen [14] [15]. Doch noch sind die Erfahrungen mit dem Verfahren so gering - die erste Publikation mit Verlaufsbeobachtungen von 49 Patienten über fünf Jahre ist erst vor kurzem erschienen [6] -, dass mit einer weiteren Verfeinerung dieser Therapieoption zu rechnen ist.
#Implantation dopaminerger Zellen
Die Implantation embryonaler dopaminerger Zellen aus Mittelhirngewebe hat große Aufmerksamkeit in den Medien erregt und Hoffnungen geweckt. Das implantierte Gewebe stammte ursprünglich meist aus abgetriebenen menschlichen Embryonen, in einigen Fällen wurden die Zellen auch aus Schweinen gewonnen. Zwei kontrollierte Studien aus den USA - hier wurden Scheinoperationen durchgeführt - dokumentieren, dass die Besserung bei den mit menschlichen embryonalen Zellen implantierten Patienten eher bescheiden war. Zudem entwickelten gerade jüngere Patienten schwer wiegende, kaum behandelbare Dyskinesien [10].
Derzeit wird daher ein neuer Ansatz klinisch getestet, wobei dopaminerge Zellen aus der Retina von verstorbenen Organspendern eingesetzt werden: Bei sechs Patienten hatte die Transplantation die Beweglichkeit um durchschnittlich 40 % erhöht, die Verbesserung hielt über mehr als zwei Jahre an. Darum läuft nun ein größerer Therapieversuch mit 68 Patienten in Europa und den USA, von denen zwölf Patienten bereits behandelt wurden.
Technisch verläuft dieses Verfahren so: Die Implanteure legen in jeder Hirnhälfte etwa 325000 Netzhautzellen in die Basalganglien (dorsales Striatum) ab. Das Zielgebiet wird mit einer Hohlnadel erreicht, deren Pfad anhand spezieller Kernspintomografie-Aufnahmen und Computersimulationen errechnet wird. Allerdings wird mit Einverständnis der Patienten aufgrund der Studiensituation nur jeder Zweite tatsächlich implantiert. Wen die Randomisierung dazu bestimmt, der wird einer Scheinoperation zugeführt, die einem Plazebo entspricht: Dabei wird der Schädel in Narkose zwar angebohrt, dem Patienten dann aber keine Hohlnadel mehr ins Gehirn geschoben.
Die Patienten werden neurologisch nur an bestimmten Zentren in die Studie aufgenommen, dort betreut und kontinuierlich evaluiert. Damit ein doppelblindes Verfahren analog Medikamentenstudien weitest gehend eingehalten werden kann, erfolgen die Implantation und Kernspintomografie-Kontrolle an anderen Zentren, die an der neurologischen Betreuung und Evaluierung nicht beteiligt sind. Dieses aufwändige Verfahren soll sicherstellen, dass man später etwaige Fortschritte differenzieren kann, die durch die Zellen und durch die intensive Betreuung der Versuchsteilnehmer ausgelöst werden.

Abb. 1 Die 74-jährige Patientin leidet an einer frontalen Gangstörung in Form eines breitbeinigen „Magnetgangs” mit Starthemmung und Schwellenängsten („Parkinson-Syndrom der unteren Körperhälfte”). Zu sehen ist ein transependymales Ödem betont an den Ventrikelpolen. Die parietalen Hirnwindungsfurchen sind im sagittalen Bild verstrichen

Abb. 2 Nach der Gabe von L-Dopa konnten die hypofunktionellen kortikalen Areale - insbesondere die sensomotorischen Areale reaktiviert werden (gemessen mit funktioneller Kernspintomografie bei einfachen Handbewegungen)

Abb. 3 Der Impulsgenerator für die tiefe Hirnstimulation wird subklavikulär implantiert

Abb. 4 Mithilfe von Ableitungselektroden wird der Zielpunkt, der präoperativ mithilfe bildgebender Verfahren (MRT, CCT) bestimmt wurde, intraoperativ noch optimiert

Abb. 5 Das implantierte embryonale Gewebe metabolisiert [18]-Fluoro-L-Dopa, zu sehen sind die OP-Trakte
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Indikationen
Voraussetzungen
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Literatur
- 1 Baezner H, Oster M, Henning O. et al. . Amantadine increases gait steadiness in frontal gait disorder due to subcortical vascular encephalopathy: a double-blind randomized placebo-controlled trial based on quantitative gait analysis. Cerebrovasc Dis. 2001; 11 235-244
- 2 Ceballos-Baumann AO, Boecker H, Bartenstein P. et al. . A positron emission tomographic study of subthalamic nucleus stimulation in Parkinson disease: enhanced movement-related activity of motor-association cortex and decreased motor cortex resting activity. Arch Neurol. 1999; 56 997-1003
- 3 Ceballos-Baumann AO. Dopaminergic agents, COMT inhibitors or amantadine? Proper treatment for your Parkinson patient. MMW Fortschr Med. 2002; 37-43
- 4 Charles PD, Van Blercom N, Krack P. et al. . Predictors of effective bilateral subthalamic nucleus stimulation for PD. Neurology. 2002; 59 932-934
- 5 Deep-Brain Stimulation for Parkinson's Disease Study Group . Deep-brain stimulation of the subthalamic nucleus or the pars interna of the globus pallidus in Parkinson's disease. N Engl J Med. 2001; 345 956-963
- 6 Krack P, Batir A, Van N Blercom. et al. . Five-year follow-up of bilateral stimulation of the subthalamic nucleus in advanced Parkinson's disease. N Engl J Med. 2003; 349 1925-1934
- 7 Kuehler A, Henrich G, Schroeder U. et al. . A novel quality of life instrument for deep brain stimulation in movement disorders. J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2003; 74 1023-1030
- 8 Mancini F, Zangaglia R, Cristina S. et al. . Double-blind, placebo-controlled study to evaluate the efficacy and safety of botulinum toxin type A in the treatment of drooling in parkinsonism. Mov Disord. 2003; 18 685-688
- 9 McKeith I, Del T Ser, Spano P. et al. . Efficacy of rivastigmine in dementia with Lewy bodies: a randomised, double-blind, placebo-controlled international study. Lancet. 2000; 356 2031-2036
- 10 Olanow CW, Goetz CG, Kordower JH. et al. . A double-blind controlled trial of bilateral fetal nigral transplantation in Parkinson's disease. Ann Neurol. 2003; 54 403-414
- 11 Parkinson Study Group . Dopamine transporter brain imaging to assess the effects of pramipexole vs levodopa on Parkinson disease progression. JAMA. 2002; 287 1653-1361
- 12 Parkinson Study Group . Pramipexole vs levodopa as initial treatment for Parkinson disease: A randomized controlled trial. JAMA. 2000; 284 1931-1938
- 13 Rascol O, Brooks DJ, Korczyn AD. et al. . A five-year study of the incidence of dyskinesia in patients with early Parkinson's disease who were treated with ropinirole or levodopa. 056 Study Group. N Engl J Med. 2000; 342 1484-1491
- 14 Schroeder U, Kuehler A, Haslinger B. et al. . Subthalamic nucleus stimulation affects striato-anterior cingulate cortex circuit in a response conflict task: a PET study. Brain. 2002; 125 1995-2004
- 15 Schroeder U, Kuehler A, Lange KW. et al. . Subthalamic nucleus stimulation affects a frontotemporal network: a PET study. Ann Neurol. 2003; 54 445-450
1 Deutsche-Parkinson-Vereinigung e.V., Moselstr. 31, 41464 Neuss
2 deprenyl and tocopherol antioxidative therapy of parkinsonism
#Anschrift des Verfassers
Prof. Dr. Andres Ceballos-Baumann
Neurologische Klinik
Klinikum rechts der Isar
Technische Universität München
Möhlstr. 28
81675 München
Literatur
- 1 Baezner H, Oster M, Henning O. et al. . Amantadine increases gait steadiness in frontal gait disorder due to subcortical vascular encephalopathy: a double-blind randomized placebo-controlled trial based on quantitative gait analysis. Cerebrovasc Dis. 2001; 11 235-244
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- 3 Ceballos-Baumann AO. Dopaminergic agents, COMT inhibitors or amantadine? Proper treatment for your Parkinson patient. MMW Fortschr Med. 2002; 37-43
- 4 Charles PD, Van Blercom N, Krack P. et al. . Predictors of effective bilateral subthalamic nucleus stimulation for PD. Neurology. 2002; 59 932-934
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- 6 Krack P, Batir A, Van N Blercom. et al. . Five-year follow-up of bilateral stimulation of the subthalamic nucleus in advanced Parkinson's disease. N Engl J Med. 2003; 349 1925-1934
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- 9 McKeith I, Del T Ser, Spano P. et al. . Efficacy of rivastigmine in dementia with Lewy bodies: a randomised, double-blind, placebo-controlled international study. Lancet. 2000; 356 2031-2036
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- 11 Parkinson Study Group . Dopamine transporter brain imaging to assess the effects of pramipexole vs levodopa on Parkinson disease progression. JAMA. 2002; 287 1653-1361
- 12 Parkinson Study Group . Pramipexole vs levodopa as initial treatment for Parkinson disease: A randomized controlled trial. JAMA. 2000; 284 1931-1938
- 13 Rascol O, Brooks DJ, Korczyn AD. et al. . A five-year study of the incidence of dyskinesia in patients with early Parkinson's disease who were treated with ropinirole or levodopa. 056 Study Group. N Engl J Med. 2000; 342 1484-1491
- 14 Schroeder U, Kuehler A, Haslinger B. et al. . Subthalamic nucleus stimulation affects striato-anterior cingulate cortex circuit in a response conflict task: a PET study. Brain. 2002; 125 1995-2004
- 15 Schroeder U, Kuehler A, Lange KW. et al. . Subthalamic nucleus stimulation affects a frontotemporal network: a PET study. Ann Neurol. 2003; 54 445-450
1 Deutsche-Parkinson-Vereinigung e.V., Moselstr. 31, 41464 Neuss
2 deprenyl and tocopherol antioxidative therapy of parkinsonism
#Anschrift des Verfassers
Prof. Dr. Andres Ceballos-Baumann
Neurologische Klinik
Klinikum rechts der Isar
Technische Universität München
Möhlstr. 28
81675 München

Abb. 1 Die 74-jährige Patientin leidet an einer frontalen Gangstörung in Form eines breitbeinigen „Magnetgangs” mit Starthemmung und Schwellenängsten („Parkinson-Syndrom der unteren Körperhälfte”). Zu sehen ist ein transependymales Ödem betont an den Ventrikelpolen. Die parietalen Hirnwindungsfurchen sind im sagittalen Bild verstrichen

Abb. 2 Nach der Gabe von L-Dopa konnten die hypofunktionellen kortikalen Areale - insbesondere die sensomotorischen Areale reaktiviert werden (gemessen mit funktioneller Kernspintomografie bei einfachen Handbewegungen)

Abb. 3 Der Impulsgenerator für die tiefe Hirnstimulation wird subklavikulär implantiert

Abb. 4 Mithilfe von Ableitungselektroden wird der Zielpunkt, der präoperativ mithilfe bildgebender Verfahren (MRT, CCT) bestimmt wurde, intraoperativ noch optimiert

Abb. 5 Das implantierte embryonale Gewebe metabolisiert [18]-Fluoro-L-Dopa, zu sehen sind die OP-Trakte