Manifeste Hypothyreose
Manifeste Hypothyreose
Die medikamentöse Substitution mit Schilddrüsenhormon ist bei der manifesten Hypothyreose obligatorisch. Sie zielt darauf ab, eine
Normalisierung der Schilddrüsenfunktion zu erreichen, die anhand des Serum-TSH-Wertes
kontrolliert wird. Aufgrund der aktuellen Datenlage wird nicht nur diskutiert
den oberen Grenzwert des Serum-TSH auf 2,5 mU/l abzusenken, sondern auch, den
Zielwert des Serum-TSH unter einer Schilddrüsenhormonsubstitution auf 0,5-2,0 mU/l
TSH festzulegen ([11]; siehe auch „Hypothyreose - Diagnostik” S. 1571 Abb. 2). Bei der sekundären (hypothalamisch-hypophysären) Hypothyreose ist nicht
der TSH-Spiegel zur Einstellungskontrolle geeignet, sondern andere Kriterien,
z. B. periphere Hormonparameter, Cholesterin, Klinik.
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kurzgefasst: Bei manifester Hypothyreose ist die Substitutionstherapie mit Levothyroxin obligatorisch,
Therapieziel ist die Einstellung des Serum-TSH-Wertes in einen Bereich von 0,5
- 2,0 mU/l.
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Subklinische Hypothyreose
Subklinische Hypothyreose
Klinische Relevanz und Behandlungsbedürfigkeit
In der klinischen täglichen Praxis steht der Patient mit einer milden Schilddrüsendysfunktion
ganz im Vordergrund, bei dem oft zufällig ein mäßig erhöhter Serum-TSH-Wert gefunden
wurde und allenfalls milde, eher unspezifische klinische Symptome bestehen.
Seit vielen Jahren werden die klinische Relevanz und vor allem die Behandlungsbedürftigkeit
einer solchen subklinischen Hypothyreose kontrovers diskutiert [4]
[13]. Zur optimalen Lösung dieser Fragestellung müssen neuere Befunde berücksichtigt
werden. Diese zeigen zum einen, dass klinische Symptome trotz im Normalbereich
liegender peripherer Hormonwerte auftreten können. Von Bedeutung ist hier, dass
die Normalbereiche der Schilddrüsenfunktionswerte relativ weit und mit größter
Wahrscheinlichkeit individuell unterschiedlich sind. Daher können Werte, die
im absoluten Normalbereich liegen, für den individuellen Patienten bereits erniedrigt
sein und es können schließlich Veränderungen an peripheren Organsystemen resultieren.
Zum anderen belegen die Daten aktueller Studien ein deutlich höheres Risiko für
den Übergang einer subklinischen in eine manifeste Hypothyreose und unterstützen
damit die Bedeutung einer therapeutischen Intervention bei diesem Krankheitsbild
[4]
[14].
In der Nutzen-Risiko-Kosten-Analyse einer Schildrüsenhormonbehandlung bei subklinischer Hypothyreose müssen drei wesentliche Gesichtspunkte bei der
Therapieentscheidung bedacht werden:
-
Übergang der subklinischen in eine manifeste Hypothyreose,
-
Einfluss auf Serumlipide und das damit verbundene kardiovaskuläre Risiko und
der
-
Einfluss auf milde klinische Symptome der subklinischen Hypothyreose, einschließlich
neurologisch/psychiatrischer Symptome.
Übergang in eine manifeste Hypothyreose
Vor allem im Falle eines Nachweises von Anti-TPO-Antikörpern ist im Hinblick auf den Übergang in eine manifeste Hypothyreose bei Autoimmunthyreoiditis
eine Schilddrüsenhormonsubstitutionstherapie immer anzustreben [13]. In einer über 20 Jahre durchgeführten Beobachtung (Wickham Survey [14]) betrug das jährliche Risiko für die Entwicklung einer Hypothyreose bei Frauen
mit einem erhöhten Serum-TSH-Wert und positiven Antikörperbefunden 4 %, die kumulative
Inzidenz der Hypothyreose über 20 Jahre lag in dieser Gruppe bei 55 % [14]. Wenngleich bisher prospektive randomisierte klinische Studien fehlen, die die
Effektivität der Schilddrüsenhormontherapie bei subklinischer Hypothyreose und
mäßig erhöhten Serum-TSH-Werten (TSH 4,0-10,0 mU/l bzw. 2,5-10 mU/l) eindeutig
nachweisen, sollte die Therapieentscheidung ab einem Serum-TSH-Wert von 4,0 mU/l
bzw. 2,5 mU/l gefällt werden. Es ist unbedingt gerechtfertigt, die Ergebnisse
verschiedenster klinischer Studien bei Menschen mit subklinischer Hypothyreose
bei der Abwägung der Therapieindikation einzubeziehen [4]. Diese geben in ihrer Gesamtheit deutliche Hinweise auf eine Verbesserung verschiedener
klinischer Symptome bzw. Verbesserung von Organfunktionen (Senkung des kardiovaskulären
Risikos, Verbesserung des Lipidprofils, Stabilisierung psychischer/psychiatrischer
Symptome, Normalisierung bzw. Verbesserung der weiblichen Gonadenfunktion). Das
Ergebnis einer amerikanischen Konsensuskonferenz [12] berücksichtigt im Hinblick auf die klinische Medizin bedauerlicherweise die
verfügbaren klinischen Studiendaten nicht für die Empfehlung der Therapie der
subklinischen Hypothyreose und möchte sich ausschließlich auf evidenzbasierte
Daten prospektiv randomisierter Studien berufen. Dieser Vorschlag der Konsensuskonferenz
ist auf massive und wie die Autoren meinen berechtige Kritik gestoßen [9], da die klinische Erfahrung und unerwähnt zahlreiche Studiendaten mit aller
Deutlichkeit den Vorteil der frühen Schilddrüsensubstitutionstherapie der subklinischen
Hypothyreose in den Vordergrund rücken, insbesondere auch im Hinblick auf das
erhöhte kardiovaskuläre Risiko bei milder Serum-TSH-Erhöhung.
Für eine frühzeitige Schilddrüsenhormontherapie sprechen auch präliminäre Daten
klinischer Untersuchungen, die zeigen konnten, dass durch eine Schilddrüsenhormontherapie
bei noch euthyreoten Patienten mit Autoimmunthyreoiditis nach einjähriger Behandlung
die Anti-TPO-Antikörper-Titer sowie die intrathyreoidalen B-Lymphozyten signifikant
abnehmen [13]. Aktuelle Daten weisen darauf hin, dass die zusätzliche Gabe von Selen vor allen
Dingen die serologischen Daten bei Hashimoto-Thyreoiditis verbessern [6]. Die klinische Bedeutung dieser Befunde muss überprüft werden.
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kurzgefasst: Bei positivem Nachweis von Anti-TPO-Antikörpern ist im Hinblick auf die Entwicklung
einer manifesten Hypothyreose immer die Levothyroxin-Substitution der subklinischen
Hypothyreose einzuleiten.
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Durchführung der Schilddrüsenhormontherapie
Durchführung der Schilddrüsenhormontherapie
Die Schilddrüsenhormontherapie wird initial mit 50-75 µg Levothyroxin täglich
begonnen. Eine Normalisierung des Serum-TSH-Wertes ist Ziel der Therapie. Aufgrund
der aktuellen Datenlage [11] ist der Zielbereich des Serum-TSH zwischen 0,5 und 2,0 mU/l anzustreben. Vor
allem ältere Patienten mit koronarer Herzerkrankung sollten einschleichend dosiert
werden, beginnend mit 25 bzw. 12,5 µg Thyroxin. Die Schilddrüsenhormon-Dosis
steigt in der Regel bei Patienten mit Autoimmunthyreoiditis im Laufe der Jahre
(s. Kasuistik S. 1569) an. Im Hinblick auf die Frage, in wieweit eine relativ
früh einsetzende Schilddrüsenhormonbehandlung bei der Autoimmunthyreoiditis langfristig
den Autoimmunprozess verlangsamen kann, ist nicht geklärt und muss in prospektiven,
lang angelegten klinischen Studien überprüft werden. Besondere Aufmerksamkeit
gilt der Schilddrüsenhormonsubstitution in der Gravidität und bei Östrogensubstitutionstherapie
in der Peri- und Postmenopause [1]
[2]. Eine Dosiserhöhung des Levothyroxins von 25 - 50 % der Tagesdosis ist häufig
zur Erhaltung des TSH-Therapieziels notwendig. Im Vergleich zu einer Monotherapie
mit Levothyroxin bietet die Kombinationsbehandlung (Levothyroxin (T4) + Trijothyronin
(T3)), auch aufgrund aktueller klinischer Studiendaten, keine relevanten Vorteile
[3]
[15] und sollte nur bei der äußerst seltenen Konstellation einer Konversionsstörung
von T4 zu T3 zum Einsatz kommen.
Besondere Behandlungssituationen bei Hypothyreose
Besondere Behandlungssituationen bei Hypothyreose
Gravidität und Stillperiode/Post-partum-Periode
Während in der Gravidität der Verlauf von Autoimmunthyreopathien wie auch der
Autoimmunthyreoiditis stabilisiert wird (Reduktion von Prävalenz und Titerhöhe
der Schilddrüsenantikörper), kommt es post partum gehäuft zu einer Exazerbation
der Autoimmunreaktion mit z. B. Aggravierung der Autoimmunthyreoiditis mit Hypothyreose
und zur Post-partum-Thyreoiditis [16]. Eine wesentliche Voraussetzung für einen komplikationslosen Schwangerschaftsverlauf
ist eine normale Schilddrüsenfunktion der Mutter [17]. Die Überprüfung der Schilddrüsenfunktion (Serum-TSH als Screeningparameter)
bereits bei der Familienplanung und in jedem Trimenon der Schwangerschaft ist
dringend zu empfehlen. Eine neu entdeckte Hypothyreose in der Gravidität stellt
eine zwingende Indikation zur Schilddrüsenhormonsubstitutionstherapie dar. Bei
bekannter Hypothyreose ist die Schilddrüsenhormonsubstitution sorgfältig fortzuführen
und das oben genannte Therapieziel des Serum-TSH-Wertes zwischen 0,5 und 2,0 mU/l
unbedingt zu erreichen. Zahlreiche aktuelle Studien zeigen, dass bereits bei subklinischer
Hypothyreose der Mutter fetale Fehlentwicklungen signifikant häufiger auftreten
und hier mit Störungen der neurointellektuell/-psychomotorischen sowie der psychologischen
Entwicklung einhergehen und darüber hinaus ein signifikant schlechterer mentaler
Entwicklungsindex begünstigt wird [5]
[8]
[10]. Bereits eine subklinische Hypothyreose in der Frühschwangerschaft beeinträchtigt
die Gehirnentwicklung des Feten [7]. Bei bereits bekannter Hypothyreose ist im Verlauf der Gravidität in der Regel
eine Steigerung der Levothyroxin-Dosis bei bis zu 70 % der Patientinnen notwendig,
mit einer Steigerung der Tagesdosis um 25-50 % Levothyroxin [1]. Nur in der Schwangerschaft wird zusätzlich Jodid verabreicht.
Die Prävalenz einer Post-partum-Thyreoiditis liegt bei ca. 10 % der Schwangeren,
wobei es bei nahezu 50 % der Frauen zu einer passageren hypothyreoten Phase bis
zu einem Jahr nach der Entbindung kommt. Von Bedeutung erscheint es, dass sich
bei etwa der Hälfte dieser Frauen im Langzeitverlauf eine permanente Hypothyreose
aufgrund einer Autoimmunthyreoiditis chronisch entwickelt.
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kurzgefasst: Voraussetzung für einen normalen Schwangerschaftsverlauf und eine regelrechte
Kindesentwicklung ist ein im Normbereich eingestellter Serum-TSH-Wert. Ansonsten
ist mit einer signifikanten Steigerung von Schwangerschaftskomplikationen und
fetalen Fehlentwicklungen zu rechnen.
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Östrogensubstitution in der Peri- und Postmenopause bei Hypothyreose
Östrogensubstitution in der Peri- und Postmenopause bei Hypothyreose
Wie aktuelle Studien zeigen, ist unter einer Östrogensubstitutionstherapie der
Schilddrüsenhormonbedarf erhöht. Um die Therapiezielwerte eines Serum-TSH-Wertes
von 0,5-2,0 mU/l zuverlässig zu erreichen, muss eine entsprechend erhöhte
Tagesdosis des Levothyroxin für die betroffenen Patienten individuell anhand der
Serum-TSH-Bestimmung ermittelt werden [2]. In der Regel muss die Levothyroxin-Therapie um 25-50 mg/Tag gesteigert werden,
um den Serum-TSH-Zielwert zu erhalten.
kurzgefasst: Unter einer zusätzlichen Östrogensubstitutionsbehandlung muss in
der Regel die Levothyroxin- Therapie um 25-50 µg/Tag gesteigert werden, um den
Serum-TSH-Zielwert zu erhalten.
Autorenerklärung: Die Autoren erklären, dass sie keine finanziellen Verbindungen mit einer Firma
haben, deren Produkt in dem Artikel eine wichtige Rolle spielt.