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DOI: 10.1055/s-2004-829018
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Können wir uns die Fortschritte der Intensivmedizin noch leisten? - Zuschrift Nr. 1
Zum Beitrag aus DMW 1-2/2004Publication History
Publication Date:
23 July 2004 (online)
Mit Interesse haben wir das Plädoyer für eine offene Debatte von J. Boldt [1] gelesen. Bezüglich des rekombinanten aktivierten Protein C (Handelsname Xigris‚) kommentieren wir einige Aussagen des Artikels wie folgt:
Xigris‚ ist weltweit von allen wichtigen Behörden zur Behandlung der schweren Sepsis zugelassen (in Europa bei erwachsenen Patienten mit schwerer Sepsis mit multiplem Organversagen zusätzlich zur Standardtherapie). Die Therapie senkt die Sterblichkeit bei diesen Patienten um 7,4 % absolut (26,5 % vs 33,9 % gemäß einer Subgruppenanalyse der PROWESS-Studie). In der Gesamtpopulation lag die Sterblichkeit in der mit Xigris‚ behandelten Gruppe bei 24,7 % und in der mit Placebo behandelten Gruppe bei 30,8 % (p = 0,005). Nach vielen enttäuschenden klinischen Prüfungen von neuen Substanzen ist Xigris‚ die erste Substanz, die im Zusammenspiel mit der Standardtherapie die Sterblichkeit bei der schweren Sepsis senkt. Deshalb halten wir sie tatsächlich für einen „Meilenstein in der Sepsistherapie“, nicht für eine sagenhafte „magic bullet“, aber für eine zusätzliche Therapieoption, die Leben retten kann. Wir legen großen Wert auf wissenschaftlich korrekte Aussagen und halten uns in unseren Produktaussagen an Fakten. Zudem werden die wissenschaftlichen Grundlagen zu Xigris‚ durch weltweite Forschung weiter gefestigt, u. a. werden derzeit Studien an Kindern mit Sepsis durchgeführt, eine Studie zur Interaktion mit Heparin und eine große, von der Zulassungsbehörde geforderte Studie zur Therapie der Sepsis in weniger schweren Fällen. Vor kurzem wurden bereits die Ergebnisse einer einarmigen Xigris‚-Studie (ENHANCE) vorgestellt, die die größte monitorierte Datenbank bei Patienten mit schwerer Sepsis darstellt (n = 2378). Wir stimmen mit Herrn Prof. Boldt überein, dass der APACHE II-Score kein geeignetes Kriterium für den Einsatz von Xigris‚ ist, denn so genannte „score-basierte“ Therapieempfehlungen vernachlässigen individuelle Aspekte . Die Orientierung an der Anzahl der Organdysfunktionen ist der Indikation mittels APACHE II-Score vorzuziehen. Xigris‚ wird allerdings nicht, wie behauptet, für einen frühen Einsatz bereits nach dem ersten Organversagen propagiert, denn dies entspricht nicht der Zulassung der Substanz. Die Aussage „die Anwendung auf operativen Intensivstationen muss unbedingt eingeschränkt werden“ ist nicht durch Daten belegbar. Gerade in Deutschland liegen Erfahrungen aus operativen Zentren vor, die darauf hinweisen, dass chirurgische Patienten erfolgreich mit Xigris‚ behandelt werden können. Aufgrund des hohen Stellenwertes der Therapie der schweren Sepsis bei chirurgischen Patienten wurden die Daten der PROWESS-Studie von einem unabhängigen Komitee post hoc nochmals mit folgendem Ergebnis evaluiert: In der PROWESS-Studie wurden 474 chirurgische Patienten (28 % der Studienpopulation) behandelt. Die größte chirurgische Gruppe mit insgesamt 315 Patienten wurde von Patienten mit intraabdominellen Infektionen gestellt. Die Sterblichkeitsreduktion bei diesen Patienten betrug absolut 9,1 % (relativ 29,7 %). Während der Infusion mit Xigris‚ traten bei allen Studienpatienten schwere Blutungen in 2,4 % der Fälle auf, bei den chirurgischen Patienten in 3,1 %. Es ist richtig, dass die Blutungsrate bei mit Xigris‚ behandelten Patienten gegenüber Placebo leicht erhöht ist (2,4 % vs 1,0 % während der Infusion). Die Blutungen sind jedoch in aller Regel beherrschbar. Zudem hat die Substanz eine kurze Plasmahalbwertzeit von initial 13 min.
Wir sind sicher, mit Xigris‚ nach mehr als 21 Jahren anspruchsvoller Forschungsarbeit ein Präparat entwickelt zu haben, das mithelfen kann, die Qualität der Sepsis-Behandlung in internistischen und operativen Intensivstationen zu verbessern. Die laufende Forschung wird weiter die Indikation und das Potenzial der Substanz definieren.
Literatur
- 1 Boldt J. Können wir uns die Forschritte in der Intensivmedizin noch leisten?. Dtsch Med Wochenschr. 2004; 129 36-40
Dr. Jörg Rustige
Critical Care Europe
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