Aktuelle Urol 2004; 35(3): 182-183
DOI: 10.1055/s-2004-829477
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bekommen Übergewichtige eher ein Prostatakarzinom?

99. Kongress der American Urological Association
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Publication Date:
03 August 2004 (online)

 
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Vom 9. bis zum 13. Mai 2004 fand dieses Jahr in San Francisco der alljährliche amerikanische Urologenkongress statt. Neben Harnwegserkrankungen, sexuellen Funktionsstörungen, Nierenzellkarzinomen stand auch die Prostata, insbesondere das Prostatakrarzinom, im Fokus vieler Veranstaltungen. Nach wie vor ist es bei den männlichen Krebstodesfällen führend und bleibt weiterhin auf dem Vormarsch.

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Verschiedene Aspekte rund um das Prostakarzinom wurden durch Studien und Untersuchungen beleuchtet. So hält die Diskussion um die Wirksamkeit des PSA-Tests in der Früherkennung des Prostatakarzinoms weiterhin an.

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EPCA könnte frühere Diagnose ermöglichen

Amerikanische Wissenschaftler entdeckten nun ein neues Protein, dessen Aussagewert wahrscheinlich höher als der des PSA ist (Abstract 640). Prof. Robert Getzenberg und seine Kollegen von der Universität Pittsburgh, USA, entdeckten ein neues Protein, das auf bösartige Veränderungen der Tumorzellen in einem sehr frühen Stadium hinweisen könnte. Der neue Marker heißt EPCA. Getzenberg: ”Wir haben EPCA ausschließlich in bösartigen Krebszellen der Prostata nachweisen können.“ In Versuchen zeigte sich, dass EPCA in dem Prostatagewebe nachweisbar war, das später einen Tumor entwickelte. Der Nachweis gelang selbst dann, wenn die Zellen bei der Untersuchung unter dem Mikroskop als normal beurteilt wurden. Mit EPCA ließen sich daher Tumorzellen bereits viel früher aufspüren: Nach Schätzungen der Forscher könnte der Nachweis durch EPCA damit bereits zu einem Zeitpunkt erfolgen, wo noch keine Veränderungen sichtbar sind. Eine große Studie soll nun überprüfen, wie relevant dieses neue Markerprotein ist und wie hoch die Spezifität und Sensitivität des Testes sind.

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Hoher BMI lässt Prostatakarzinom-Risiko wachsen

Adipositas ist nicht nur in den USA die Ursache für viele Erkrankungen, sondern auch hierzulande in zunehmenden Maß. Amerikanische Forscher untersuchten nun in verschiedenen auf dem AUA präsentierten Studie, inwieweit das Prostatakarzinom durch Übergewicht beeinflusst wird. Der genaue Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Verlauf der Tumorerkrankung ist noch nicht geklärt. Die Forscher vermuten jedoch, dass die im Körperfett produzierten Eiweiße und Hormone das Tumorwachstum fördern könnten. Hinzu kommt, dass der Hormonhaushalt bei übergewichtigen Männer verändert ist: Der Spiegel des männlichen Geschlechtshormons Testosteron ist erniedrigt, der des weiblichen Hormons Östrogen dagegen erhöht. Auch diese Tatsache könnte die Tumorerkrankung fördern. In zwei US-amerikanischen Studien wurde nachgewiesen, dass vor allem übergewichtige Männer aggressive Formen von Prostatatumoren entwickeln. Hinzu kommt, dass die Rezidivrate bei dickeren Patienten offensichtlich erhöht ist (Abstract 123/124). Prof. Christopher J. Kane, San Fransisco, stellte die Daten aus der CAPSURE-Erhebung vor. Diese belegen, dass bei Männern mit geringerem Übergewicht (BMI 25 - 30) zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sehr oft ein ”Niedrigrisiko“-Prostatakarzinom diagnostiziert wird, definiert als T1-2a, PSA kleiner als 10 ng/ml und Gleason- Score kleiner als 7. Mit zunehmendem BMI nahm dann das Risiko für die Diagnose eines "Hochrisiko-Prostatakarzinom (T3-4 oder PSA mehr als 20 ng/ml oder Gleason-Score 8-10) zu.

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Bei Übergewicht ist der Krebs aggressiver

Prof. Stephen J. Freedland, San Francisco, konnte bei der Analyse der SEARCH-Database von mehr als 4 000 Patienten nachweisen, dass ein BMI von mehr als 35 mit einem höheren Risiko für eine Progression nach radikaler Prostatektomie verbunden ist. Scheinbar ist bei diesen übergewichtigen Männern der Prostatakrebs besonders aggressiv. Er würde daher seinen Patienten raten ”ihr normales Körpergewicht zu halten, um die Wahrscheinlichkeit, einen klinisch signifikanten, aggressiveren Prostatatumor zu entwickeln, zu verringern“.

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Je radikaler operiert, desto länger Überleben

Den Nachweis, dass die radikale Entfernung der Prostata ausschlaggebend für das Langzeit-Überleben von Patienten mit einem lokalisierten Prostatakarzinom ist, erbrachte eine große, aktuelle Studie (Abstract 1188). Immerhin bis zu 15 Jahren wurde nachbeobachtet. Seit 1983 wurden in dieser Studie insgesamt 1700 Patienten, die sich einer radikalen Prostatektomie bei einem neu diagnostizierten, lokalisierten Prostatakarzinom unterzogen hatten, hinsichtlich des Verlaufs ihrer Erkrankung untersucht. Die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit lag bei 6,3 Jahren, viele Patienten wurden jedoch bis zu einem Zeitraum von 15 Jahren erfasst. Nach 5, 10 bzw. 15 Jahren waren 84, 74 bzw. 73% der Patienten noch krankheitsfrei, berichtete Prof. Fernando Bianco vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York. Neben dem tumorspezifischen Überleben wurde das Gesamtüberleben erfasst. Am Prostatakarzinom verstarben im Untersuchungszeitraum kaum Patienten. Bezogen auf 5, 10 und 15 Jahre lag das tumorspezifische Überleben bei 99, 96 und 93%. Das Gesamtüberleben betrug 96, 86 und 63%. Der Mediziner betonte abschließend: ”Obwohl die Hälfte der Patienten außerdem auch noch mit einer Hormontherapie behandelt wurde, zeigt das hohe Überleben in diesem langen Zeitraum, dass allein die radikale Operation der entscheidende Marker für das Langzeitüberleben ist.“

Bettina Reich, Hamburg

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Info

Nachweis des Nierenkarzinoms durch eine Urinuntersuchung?

Eine besonders interessante Studie zum Nierenkarzinom stellten Mediziner vom Fox Chase Cancer Center in Philadelphia vor: Ihnen gelang der Nachweis des Tumors durch einen Urintest. Mit dem Ziel eine bessere und frühere Diagnose zu ermöglichen, unterzogen amerikanische Mediziner den Urin von 50 Patienten mit Nierenkarzinom einem Gentest. Die Wissenschaftler setzten einen so genannten Methylierungs-spezifischen PCR-Gentest ein. Bei 44 Patienten (88%) zeigten sich im Urin Genveränderungen, die identisch mit den Genalterationen waren, die im Tumorgewebe vorlagen. Mit signifikantem Ergebnis konnte bei 27 von 30 Patienten ein frühes Krankheitsstadium detektiert werden. Im Kontrollurin von 22 Personen ohne Nierenkarzinom ließen sich dagegen keine Genveränderungen nachweisen. ”Wie spezifisch diese DNA-Untersuchung ist, machte die Untersuchung des Urins bei 17 Patienten nach Entfernung der betroffenen Nieren deutlich“, führte Prof. Robert Uzzo, Philadelphia, aus. Bei allen Patienten war der Urintest nach erfolgter Nephrektomie negativ. Falschpositive Ergebnisse gab es nicht. Größere Studien sollen jetzt dieses Ergebnis bestätigen.

 
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