Pneumologie 2004; 58(12): 845-849
DOI: 10.1055/s-2004-830056
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Tirapazamine, Cisplatin und Gemcitabine beim fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom - eine Phase II-Studie

Phase II-Trial of Tirapazamine in Combination with Cisplatin and Gemcitabine in Patients with Advanced Non-Small-Cell-Lung-Cancer (NSCLC)M.  Reck1 , J.  von Pawel2 , C.  Nimmermann2 , G.  Groth1 , U.  Gatzemeier1
  • 1Onkologischer Schwerpunkt, Krankenhaus Großhansdorf, Großhansdorf (Leitung: Dr. U. Gatzemeier)
  • 2Onkologische Abteilung, Asklepios Kliniken Gauting, München (Leitung: Dr. von Pawel)
Diese Studie wurde unterstützt von der Firma Sanofi Synthelabo Deutschland.DanksagungFür die Erstellung des Manuskriptes danken wir Fr. Waltraud Krumm.
Further Information

Dr. Martin Reck

Onkologischer Schwerpunkt, Krankenhaus Großhansdorf

Wöhrendamm 80

22927 Großhansdorf

Email: dr.martin.reck@web.de

Publication History

Eingang: 13. Juli 2004

Annahme: 4. August 2004

Publication Date:
14 December 2004 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Trotz Fortschritte in der Chemotherapie des fortgeschrittenen und metastasierten nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) ist die Prognose mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 2 - 5 % denkbar schlecht. Aufgrund des hohen Anteils von hypoxischen Zellen in soliden Tumoren bietet der Einsatz von Substanzen mit Wirksamkeit im hypoxischen Milieu wie dem Benzotriazinderivat Tirapazamine (SR 259 075) eine Möglichkeit, die Resultate zu verbessern. Wir behandelten 45 Patienten mit einem fortgeschrittenen oder metastasierten nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom (Stadium IIIb: 20 Patienten), (Stadium IV: 25 Patienten) mit der Kombination Tirapazamine 330 mg/m2 (Tag 1), Cisplatin 75 mg/m2 (Tag 1), Gemcitabine 1250 mg/m2 (Tag 1 und 8) alle 3 Wochen. Bei einer Ansprechrate von 40 % beobachteten wir ein medianes progressionsfreies Überleben von 6,7 Monaten (4,8 - 8,1 Monate) und ein medianes Überleben von 8,1 Monaten (7,5 - 12,5 Monate) mit einer 1-Jahres-Überlebensrate von 35 %. Die hämatologische und nicht-hämatologische Toxizität war moderat (Neutropenie CTC Grad 3 und 4: 20 %, Thrombopenie CTC Grad 3 und 4: 16 %, Übelkeit und Erbrechen CTC Grad 3: 5 %). Die Kombination von Cisplatin/Gemcitabine mit Tirapazamine war gut durchführbar und zeigte vergleichbare Ergebnisse zur kombinierten Chemotherapie beim NSCLC. Die Ergebnisse einer anschließenden Phase III-Studie zur Bewertung des Stellenwertes des Tirapazamine stehen aus.

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Abstract

Despite improvements in chemotherapy of advanced and metastatic Non-Small-Cell-Lung-Cancer (NSCLC) the prognosis of these patients still remains poor with a 5-year-survival of 2 to 5 %. Due to the high level of hypoxic cells in solid tumors agents with activity in hypoxic milieu as the Benzotriazine compound Tirapazamine (SR 259 075) might improve the therapeutic results. We treated 45 patients with advanced or metastatic Non-Small-Cell-Lung-Cancer (stage IIIb: 20 patients, stage IV: 25 patients) with the combination TPZ 330 mg/m2 (day 1), Cisplatin 75 mg/m2 (day 1) and Gemcitabine 1250 mg/m2 (day 1 and 8) every 3 weeks. With a response rate of 40 % median progression free survival was 6.7 months (4.8 - 8.1 months) and median survival was 8.1 months (7.5 - 12.5 months), (1-year-survival: 35 %). Hematologic and non-hematologic toxicity was moderate (neutropenia CTC grade 3 and 4: 20 %, thrombocytopenia CTC grade 3 and 4: 16 %, nausea and vomiting CTC 3: 5 %). Treatment of advanced and metastatic NSCLC with TPZ in combination with Gemcitabine/Cisplatin was well feasible and showed results recording to currently published data. The results of a following phase III-trial are awaited.

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Einleitung

Mit einer Rate von mehr als 30 000 Neuerkrankungen pro Jahr allein in Deutschland und steigender Tendenz gewinnt das Bronchialkarzinom unter den Tumorerkrankungen zunehmend an Bedeutung [1]. In über 80 % der Fälle handelt es sich dabei um ein nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom (NSCLC) [2]. Zum Zeitpunkt der Diagnose ist die Erkrankung bei mehr als 66 % der Patienten bedingt durch lokal fortgeschrittenes oder durch metastatisches Wachstum nicht mehr einem kurativen, chirurgischen Eingriff zugänglich [3].

Nachdem die Wirksamkeit einer Cisplatin-gestützten Chemotherapie auf Überleben und tumorbedingte Beschwerden bestätigt worden war [4], wurden in den letzten Jahren eine ganze Reihe von neuen Kombinationen mit den Wirkstoffen Vinorelbine, Gemcitabine, Irinotecan und Topotecan, Docetaxel und Paclitaxel evaluiert. Große vergleichende Studien zeigten keine wesentlichen Unterschiede im Bezug auf Ansprechen und Überleben mit Ansprechraten zwischen 15 und 32 % und 1-Jahres-Überlebensraten zwischen 31 und 43 % [5] [6] [7] [8]. Trotz des Fortschritts in der Therapie des fortgeschrittenen NSCLC bleibt die Prognose dieser Patienten eingeschränkt und die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze ist dringend erforderlich.

Ein Problem in der Chemotherapie und der Strahlentherapie von soliden Tumoren stellt die Präsenz hypoxischer Zellen in größeren Tumorarealen dar. Circa 12 bis 35 % der Tumorzellen in menschlichen Tumoren sind hypoxisch oder überwiegend hypoxisch und damit weitaus resistenter gegenüber einer Strahlentherapie aber auch einer Chemotherapie als normal oxygenierte Zellen [9] [10] [11] [12] [13] [14]. Eine spezifische Zerstörung von hypoxischen Tumorzellen und damit auch eine Manipulation der hypoxisch bedingten Tumorresistenz durch selektiv wirksame Medikamente könnte die Wirksamkeit einer Chemo- oder Strahlentherapie deutlich verbessern.

Tirapazamine (SR 259 075), ein Benzotriazinderivat, gehört neben den Chinonen (Mitomycin C, B 09) und den Metronidazolen (Misonidazol, RSU 1069) zu einer Gruppe von Wirkstoffen, die über einen Reduktionsmechanismus eine selektive Zytotoxizität im hypoxischen Milieu entwickeln, die verstärkt wird durch das saure Milieu, welches in hypoxischen Tumorzellen vorherrscht [15] [16] [17] [18] [19] [20]. Neben einer zytotoxischen Wirkung als Monotherapie an Modelltumoren und im Tiermodell konnte für das Tirapazamine (TPZ) sowohl eine synergistische wie teilweise auch eine additive Wirksamkeit in Kombination mit diversen Zytostatika unter anderem mit Cisplatin gezeigt werden [15] [21] [22] [23] [24]. Nachdem die optimale Dosis für Cisplatin und Tirapazamine bestimmt werden konnte, wurde die Effektivität der Kombination Cisplatin/Tirapazamine bei Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC bestätigt. Als charakteristische Nebenwirkungen für das TPZ fanden sich ein reversibler Hörverlust, Muskelkrämpfe, Sehstörungen, Übelkeit und Erbrechen sowie ein Fatigue-Syndrom [25] [26] [27] [28]. In einer nachfolgenden Phase III-Studie konnte sogar ein statistisch signifikanter Vorteil für Ansprechen und Überleben zugunsten der Kombination Cisplatin/Tirapazamine versus Cisplatin gezeigt werden [29].

Die Rationale für unsere Studie war die Prüfung der Durchführbarkeit und Wirksamkeit einer Kombinationsbehandlung von Gemcitabine/Cisplatin, einer mittlerweile etablierten Chemotherapie beim NSCLC [5] [7], mit Tirapazamine.

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Material und Methoden

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Ein- und Ausschlusskriterien

Die Einschlusskriterien für diese Studie umfassten ein histologisch oder zytologisch nachgewiesenes NSCLC im Stadium IIIb oder IV ohne ZNS-Metastasen. Neben einem ausreichenden Allgemeinzustand entsprechend einem Karnofsky-Status von mindestens 70 % waren eine ausreichende Nieren-, Leber- und Knochenmarksfunktion gefordert sowie eine ausreichende Kontrazeption während und bis zu 3 Monaten nach der Therapie. Vor Einschluss musste der Patient sein Einverständnis durch eine schriftliche Einwilligung dokumentieren. Im Falle einer Zweittumorerkrankung, einer schwerwiegenden kardialen oder anderweitigen Begleiterkrankung sowie einer Vortherapie des Bronchialkarzinoms kam eine Teilnahme nicht in Betracht.

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Behandlung

Vor Behandlungsbeginn erfolgte eine Evaluation der Tumorerkrankung durch Röntgen-Thorax, TCT, CCT, Oberbauch-Sonographie und gegebenenfalls ergänzenden Untersuchungen wie Knochenszintigraphie oder Kernspintomographie. Eine regelmäßige Beurteilung des Tumoransprechens wurde alle 2 Zyklen mittels TCT durchgeführt. Die Überwachung der Laborwerte erfolgte durch wöchentliche Blutbild- und Differenzialblutbildkontrollen sowie regelmäßige Kontrollen der Leber- und Retentionsparameter sowie der Serumelektrolyte. Eine Beurteilung der Toxizität erfolgte anhand der Common Toxicity Scala (Version 2) [30]. Darüber hinaus wurden in regelmäßigen klinischen Visiten mögliche Nebenwirkungen erfasst.

In einem Phase I-Teil erfolgte die Bestimmung der optimalen Dosierung, wobei als Dosis limitierende Toxizitäten Fatigue, Diarrhoe, Phlebitiden, Kopfschmerzen, Thrombopenien und schwere Infektionen beobachtet wurden [31]. Dementsprechend wurden die Patienten in unserer Studie mit 330 mg/m2 KOF Tirapazamine (Sanofi Synthelabo Berlin) i.v. Tag 1, Cisplatin 75 mg/m2 KOF i.v. (Tag 1) und Gemcitabine 1250 mg/m2 KOF i.v. (Tag 1 und 8) behandelt. Eine Wiederholung des Kurses erfolgte am Tag 21 bis zu einer Zahl von maximal 8 Zyklen.

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Ansprechen

Der primäre Endpunkt unserer Studie war die Bestimmung des Ansprechens. Eine komplette Remission lag vor bei vollständiger Regredienz sämtlicher tumorbedingten Läsionen, bestätigt durch eine Kontrolluntersuchung mindestens 4 Wochen später. Die Kriterien für eine Teilremission (PR) umfassten eine mindestens 50 %ige Größenabnahme des messbaren Tumors im größten Durchmesser. Eine geringere Größenabnahme bishin zu einer Größenzunahme von maximal 25 % entsprach einem No Change (NC), wobei eine Größenzunahme von über 25 % als Progress (PD) eingeordnet wurde.

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Statistik

Neben Ansprechen als primärem Endpunkt waren das progressionsfreie Überleben, das Gesamtüberleben und die Remissionsdauer als sekundäre Endpunkte definiert.

Alle Patienten, die mindestens einen Zyklus Chemotherapie erhalten hatten, waren auswertbar für Toxizität und Ansprechen. Die Auswertung von demografischen Daten erfolgte anhand der üblichen statistischen Instrumente wie Median, Minimum und Maximum sowie Standardabweichungen.

Zur Beurteilung des Tumoransprechens wurde eine Null-Hypothese von </ = 30 % definiert, d. h. bei einer Remissionsrate </ = 30 % unter den ersten 19 Patienten wäre die Studie abgebrochen worden. Im anderen Fall sollte eine Rekrutierung bis zur geplanten Patientenzahl von 39 Patienten im Phase II-Teil erfolgen. Eine Darstellung der Überlebensdaten und der Daten fürs progressionsfreie Überleben erfolgte anhand der Kaplan-Meier-Methode.

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Ergebnisse

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Patientencharakteristika

Von 04/02 bis 07/02 wurden insgesamt 45 Patienten (13 Frauen/32 Männer) aus zwei Zentren eingeschlossen. Bei 20 Patienten befand sich die Erkrankung im Stadium IIIb und bei 25 Patienten im Stadium IV. Das mediane Alter lag bei 62 Jahren (24 bis 75 Jahren) und 58 % der Patienten hatten einen Allgemeinzustand entsprechend einem Karnofsky-Status von 90 bis 100 % vor Therapiebeginn. Bei 16 Patienten (35,6 %) lag ein Adenokarzinom vor, bei 10 Patienten (22,2 %) ein Plattenepithelkarzinom und bei 19 Patienten (42,2 %) ein großzelliges oder anderes nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom. Die mediane Anzahl der gegebenen Zyklen betrug 4 (1 - 6), und die mediane relative Dosisintensität (DI) für TPZ lag bei 96,4 % (76,5 bis 102,5 %) (Tab. [1]).

Tab. 1 Patientencharakteristika
Patienten 45
Alter (median) 62 J (24 - 75)
Geschlecht (M/F) 32/13 (71/29 %
KF 90 - 100 %
KF 70 - 80 %
KF n. a.
26 (57,8 %)
13 (28,9 %)
6 (13,3 %)
Vorbehandlung Operation
Vorbehandlung Radiatio
7 (15,6 %)
1 (02,2 %)
Stadium IIIb
Stadium IV
20 (44,4 %)
25 (55,6 %)
Histologie
Adenokarzinom
Plattenepithelkarzinom
großzelliges Karzinom
andere
16 (35,6 %)
10 (22,2 %)
15 (33,3 %)
4 ( 8,9 %)
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Toxizität

Die hämatologische Toxizität war moderat mit einer Neutropenie CTC Grad 3/4 bei 20 % der Patienten und einer Thrombopenie CTC Grad 3/4 bei 16 % der Patienten (Tab. [2]). Schwere nicht-hämatologische Nebenwirkungen wurden selten beobachtet mit Übelkeit und Erbrechen CTC Grad 3/4 bei 4,4 % und 6,7 % der Patienten sowie Diarrhoe und Fatigue bei jeweils 2,2 % der Patienten. Schwere „Tirapazamine-typische” Nebenwirkungen wurden selten beobachtet. Bei einem Patienten kam es zu einem ausgeprägten jedoch reversiblen Hörverlust und bei einer Reihe von Patienten wurden leichte bis mittelgradige Muskelkrämpfe verzeichnet. Relativ häufig trat ein Fatigue-Syndrom auf (CTC Grad 1: 15,6 % der Patienten CTC Grad 2: 31,1 % der Patienten), welches allerdings sicherlich nicht nur durch TPZ, sondern auch durch die Chemotherapie, insbesondere das Cisplatin, und die Grunderkrankung mit induziert wurde (Tab. [2]).

Tab. 2 Hämatologische/Nicht-hämatologische Toxizität
n = Patientenzahl (% der Patienten)
CTC 1CTC 2CTC 3CTC 4
Leukopenie 1 ( 2) 4 ( 9)5 (11)1 (2)
Neutropenie 0 4 ( 9)8 (18)1 (2)
Anämie 1 ( 2) 9 (20)6 (13)0
Thrombopenie 1 ( 2) 6 (13)3 ( 7)4 (9)
Übelkeit 11 (24)20 (44)2 ( 4)0
Erbrechen 7 (16)13 (29)3 ( 7)0
Fatigue 7 (16)14 (31)1 ( 2)0
Diarrhoe 12 (27) 9 (20)1 ( 2)0
Muskelkrämpfe 6 (13) 8 (18)00
Myalgien 2 ( 4) 3 ( 7)2 ( 4)0
Hörverlust 3 ( 7) 2 ( 4)1 ( 2)0
lokale Nebenwirkungen 6 (13) 1 ( 2)00
CTC = Common Toxicity Criteria
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Ansprechen und Überleben

Bei fehlenden kompletten Remissionen wurde bei 18 Patienten eine bestätigte Teilremission beobachtet, welches einer Ansprechrate von 40 % entspricht. Die Tumorkontrollrate lag bei 84,4 %. Bei drei Patienten war der Tumor unter der Therapie progredient und bei vier Patienten konnte keine Remission bestimmt werden. Das mediane progressionsfreie Überleben lag bei 6,7 Monaten (95 % CI und 4,8 - 8,1 Monate) und das mediane Überleben bei 8,1 Monaten (95 % CI, 7,5 - 12,5 Monate) mit einem 1-Jahres-Überleben von 35 % (Tab. [3], Tab. [4], Abb. [1]).

Tab. 3 Tumoransprechen
Remission (n = Patientenzahl [% der Patienten])
CR
PR 18 (40 %)
NC 20 (44,4 %)
PD 3 ( 6,7 %)
n. a. 4 ( 8,9 %)
Tab. 4 Überleben und progressionsfreies Überleben
Überleben
medianes progressionsfreies Überleben 6,7 Monate (4,8 - 8,1 Monate)
medianes Überleben 8,1 Monate (7,5 - 12,5 Monate)
1-Jahres-Überleben 35 %
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Abb. 1 Gesamtüberleben und 75 % Konfidenzintervall

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Diskussion

Mit einer Ansprechrate von 40 % und einem medianen Überleben von 8,1 Monaten sowie einer 1-Jahres-Überlebensrate von 35 % zeigte sich in unserer Phase II-Studie eine ermutigende Aktivität der Kombination TPZ mit Gemcitabine/Cisplatin, die am oberen Rand der bisher publizierten Daten zur Chemotherapie des fortgeschrittenen/metastasierten NSCLC lag [5] [6] [7] [8], wobei selbstverständlich ein Vergleich von Phase II- mit Phase III-Daten nur einen Eindruck vermitteln kann. Auch die Verträglichkeit war im Allgemeinen gut, wobei durch die Einführung des TPZ eine Reihe von neuen Nebenwirkungen wie der Hörverlust, intermittierende Sehstörungen, Muskelkrämpfe, lokale Nebenwirkungen am Injektionsarm und möglicherweise ein verstärktes Fatigue-Syndrom hinzugekommen sind. Als Konsequenz aus unserer Phase II-Studie wurde eine randomisierte Phase III-Studie konzipiert, wobei als Chemotherapie-Regimen statt Cisplatin/Gemcitabine die Kombination Cisplatin/Vinorelbine gewählt wurde. Die Ergebnisse dieser Phase III-Studie liegen bislang noch nicht vor.

Es sind jedoch in den letzten Jahren zwei Phase III-Studien publiziert worden, in denen der Stellenwert des TPZ überprüft wurde.

In der CATAPULT II-Studie wurde die Kombination TPZ/Cisplatin mit Cisplatin/Etoposid verglichen. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Armen, wobei Ansprechen und Überleben im Trend günstiger für die Kombination Cisplatin/Etoposid waren (Remissionsrate Cisplatin/Etoposid versus Cisplatin/Tirapazamine: 19 % versus 15,3 %, medianes Überleben Cisplatin/Etoposid versus Cisplatin/Tirapazamine: 7,8 Monate versus 6,7 Monate). Die nicht-hämatologische Toxizität mit Übelkeit und Erbrechen, Muskelkrämpfen, Fatigue-Syndrom und Hörverlust war deutlich erhöht im TPZ-Arm [32].

Eine weitere Phase III-Studie untersuchte die Kombination TPZ, Paclitaxel, Carboplatin (TPC) versus Paclitaxel und Carboplatin (PC). Diese Studie wurde vorzeitig beendet, da sich in einer Zwischenanalyse der erwartete Überlebenszuwachs für den TPZ-Arm nicht bestätigte (medianes Überleben TPC versus PC7 versus 9 Monate). Bedingt durch Toxizität erfolgte signifikant häufiger ein Therapieabbruch im TPC-Arm und eine geplante Dosiseskalation des TPZ von 260 auf 330 mg/m2 KOF konnte bei 44 % der Patienten im TPC-Arm aus Toxizitätsgründen nicht durchgeführt werden [33].

Zusammenfassend stellt die Therapie hypoxischer Tumorzellen durch bioreduktive Substanzen ein äußerst interessantes Konzept dar, wobei anhand der vorliegenden Daten eine Verbesserung der therapeutischen Ergebnisse beim NSCLC durch das Tirapazamine bislang nicht gezeigt werden konnte. Etwas anders sieht die Situation bei den Kopf-/Halstumoren aus, wo es Hinweise gibt, dass möglicherweise der Einsatz des TPZ zu einer Verbesserung des rezidivfreien und Gesamtüberlebens führt, wobei diese Daten noch in Phase III-Studien bestätigt werden müssen [34].

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Dr. Martin Reck

Onkologischer Schwerpunkt, Krankenhaus Großhansdorf

Wöhrendamm 80

22927 Großhansdorf

Email: dr.martin.reck@web.de

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Abb. 1 Gesamtüberleben und 75 % Konfidenzintervall