In dieser Ausgabe der Pneumologie wird von Koschel u. Mitarb. erstmals ein Fall einer
„Zimmerspringbrunnen-Alveolitis” [1] beschrieben. Dabei handelt es sich um eine Form der exogen-allergischen Alveolitis,
die durch häusliche Exposition gegenüber einem von einem Zimmerspringbrunnen erzeugten
Aerosol ausgelöst wurde. Die Autoren konnten verschiedene Mikrorganismen in dem Wasser
des Brunnens und spezifische Antikörper dagegen im Serum der Patientin nachweisen.
Den endgültigen Beweis für die Verdachtsdiagnose erbrachte eine Expositionstestung,
die zu einer typischen systemischen und pulmonalen Reaktion führte.
Vielfach wird jetzt der Einwand kommen: Schon wieder eine neue Form der exogen-allergischen
Alveolitis. Wer soll denn da noch den Überblick behalten? Der Einwand ist berechtigt.
Es sind bislang fast 40 verschiedene Formen von exogen-allergischen Alveolitiden beschrieben
worden [2]. Farmer- und Vogelhalterlunge sind vermutlich jedem Pneumologen vertraut, vielleicht
auch noch die „klassischen” Formen der Befeuchterlunge, die restlichen haben oft nur
lokale Bedeutung oder stellen exotische Raritäten dar.
Aber die Kenntnis jeder einzelnen Form der exogen-allergischen Alveolitis ist für
den Alltag in Praxis und Klinik auch nicht gefragt: Viel bedeutender ist, dass der
behandelnde Pneumologe daran denkt, dass bei bestimmten Konstellationen einer diffusen
parenchymatösen Lungenerkrankung eine exogen-allergische Alveolitis ausgeschlossen
werden muss. Dazu zählen insbesondere folgende:
-
Eine klinische Präsentation mit rezidivierenden Schüben im Sinne einer für Stunde
bis Tage bestehenden grippeartigen Symptomatik.
-
Im Zusammenhang damit eine zügige Besserung bei Ortswechsel, z. B. Aufnahme in die
Klinik ohne spezifische therapeutische Maßnahmen.
-
Der Nachweis von spezifischen Antikörpern gegen „klassische” Antigene der exogen-allergischen
Alveolitis im Serum.
-
Ein Zelldifferenzial einer bronchoalveolären Lavage mit einer ausgeprägten Lymphozytose,
insbesondere wenn das CD4-CD8-Verhältnis erniedrigt ist.
-
Ein HRCT mit einem Nebeneinander von zentrilobulären Noduli und Milchglastrübungen.
Keiner dieser Punkte ist beweisend bzw. begründet bei Nichtvorhandensein den Ausschluss
der Diagnose. So haben viele Patienten mit einer exogen-allergischen Alveolitis keine
akuten Schübe, Antikörper findet man vielfach auch bei gesunden Individuen, die gegenüber
entsprechenden Antigenen exponiert sind, eine Lymphozytose in der bronchoalveolären
Lavage kann auch durch andere granulomatöse Lungenerkrankungen wie die Sarkoidose,
durch lungentoxische Medikamente oder ein BOOP-Syndrom [3] bedingt sein. Dennoch können diese Anhaltspunkte als eine Art Wegweiser dienen.
Wenn dann noch ein entsprechender „Auslöser” dingfest zu machen ist, ist schon vieles
gewonnen. Aber hier wird es oft schwierig. Der Autor dieser Zeilen hat z. B. schon
einen Fall einer Vogelhalterlunge ohne aktuellen Vogelkontakt (vorangehender Mieter
betrieb Vogelhaltung) und einen Fall einer Befeuchterlunge, wo der krankheitsverursachende
Raumluftbefeuchter im Zimmer der Sekretärin stand, gesehen. Solche Fälle und die in
dieser Ausgabe vorgestellte Kasuistik bedeuten in der Konsequenz, dass der behandelnde
Pneumologe manchmal sehr hartnäckig sein muss, damit er das „Corpus delicti” dingfest
machen kann.
Warum soll man sich überhaupt die Mühe machen? Man kann doch einen Patienten mit einer
diffusen parenchymatösen Lungenerkrankung, die nicht nach idiopathischer Lungenfibrose
aussieht, erst mal mit Steroiden behandeln und dann weitersehen. Dem ist entgegenzuhalten,
dass eine exogen-allergische Alveolitis in vielen Fällen durch konsequente Expositionskarenz
geheilt werden kann und zwar ohne jeden Medikamenteneinsatz. Darüber hinaus ist die
therapeutische Rolle von Steroiden bei der exogen-allergischen Alveolitis längst nicht
so klar. So ist gar nicht sicher, dass der Einsatz von Steroiden den Fortgang der
Erkrankung bei fortgesetzter Exposition bremsen, geschweige denn aufhalten kann. Schließlich
gibt es u. U. berufsrechtliche Aspekte zu bedenken.
Zusammenfassend weisen Fälle wie der von Koschel u. Mitarb. darauf hin, dass ein Pneumologe
eine detektivische Spürnase haben sollte - sozusagen Dr. Watson und Sherlock Holmes
in einer Person.