Pneumologie 2005; 59(2): 99-100
DOI: 10.1055/s-2004-830154
Brennpunkt
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Asbest - die unauslöschliche Geschichte?

Asbestos - the Neverending Story?R.  Merget1
  • 1Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Institut der Ruhr-Universität, Bochum
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Prof. Dr. med. Rolf Merget

Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Institut der Ruhr-Universität, Bochum

Bürkle-de-la-Camp-Platz 1

44789 Bochum ·

Email: merget@bgfa.ruhr-uni-bochum.de

Publication History

Publication Date:
21 February 2005 (online)

Table of Contents

Die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) hat kürzlich eine Erklärung an Asbest-produzierende und -verarbeitende Länder gerichtet und fordert darin ein Asbestverbot. Der Name Asbest leitet sich aus dem griechischen „asbestos” ab, was mit „unauslöschlich” zu übersetzen ist. Diese Bezeichnung wurde offensichtlich gewählt, weil man beobachtet hatte, dass Asbest von Feuer nicht zerstört werden konnte. Nunmehr scheint dieser Begriff auf makabere Weise auch auf den anhaltenden Verbrauch von Asbest im 21. Jahrhundert anwendbar. Schon die Geschichte des Asbest-Verbotes in einigen Ländern Europas ist kein Ruhmesblatt des Arbeitsschutzes: so vergingen in Deutschland zwischen ersten Erkenntnissen über gesundheitsschädigende Eigenschaften, ersten Einschränkungen 1979 und vollständigem Verbot im Jahre 1993 viele Jahrzehnte. Angesichts der aktuellen Krankheitszahlen bleibt es unverständlich, weshalb Politiker vieler Länder immer noch taube Ohren haben, wenn es um die Forderung nach einem Asbestverbot geht. Ist es wirklich das Argument geringer wirtschaftlicher Ressourcen? Der fehlende Glaube an die toxikologischen und epidemiologischen Erkenntnisse über die Asbestwirkungen? Oder der fehlende mahnende Zeigefinger der Wissenschaft? Etwa eine Kombination aus allem?

Deutschlands Unfallversicherungsträger brachten im Jahr 2002 fast 300 Millionen Euro für Asbestopfer auf, der Schrecken des Karzinomtodes muss an dieser Stelle nicht nochmals dargestellt werden. Bleibt nur zu hoffen, dass einige Länder dem Aufruf der IVSS folgen, und diese Geschichte endlich beenden.

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Erklärung zu Asbest, Beijing 2004

Durch den Besonderen Ausschuss für Prävention der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS), der anlässlich der Generalversammlung der Vereinigung am 16. September 2004 in Beijing zusammengetreten ist, wurde folgende Erklärung verabschiedet. Sie ist an Länder gerichtet, die noch Asbest produzieren und verarbeiten:

  • Asbest ist ein natürlich vorkommendes Mineral. Der beim Abbau, Verarbeiten und Verwenden freigesetzte Faserstaub hat in allen seinen Arten - einschließlich Chrysotil - nach weltweiten epidemiologischen Erkenntnissen eine krebserzeugende Wirkung beim Menschen. Aus den Zahlen der asbestbedingten Erkrankungen (Asbestose, Lungen- und Kehlkopfkrebs, Mesotheliom) ergibt sich die Schätzung, dass jährlich weltweit mehrere hunderttausend Menschen an den Folgen einer beruflichen Asbestexposition erkranken. Bereits heute sterben Jahr für Jahr viele tausend Menschen an den genannten Erkrankungen.

  • Asbest wurde im 20. Jahrhundert für die Herstellung unterschiedlichster Produkte verwendet. Die gefährlichen Eigenschaften dieses Materials bleiben aber latent bestehen, egal wie es verarbeitet worden ist.

  • Die Entschädigungsleistungen liegen heute schon bei mehreren hundert Milliarden US-Dollar. Eine Reihe von Unternehmen sind an den nicht mehr aufzubringenden Forderungen bereits in Konkurs gegangen.

  • Trotz der dramatischen Folgen für die Gesundheit des Menschen und des drohenden volkswirtschaftlichen Schadens werden heute immer noch ungefähr 2,5 Millionen Tonnen Asbest pro Jahr produziert und verwendet.

  • Erst nach einem langwierigen Prozess über drei Jahrzehnte und nachdem geeignete Ersatzstoffe für Asbest gefunden wurden, konnte in einigen Industrieländern ein umfassendes Herstellungs- und Verwendungsverbot für Asbest und asbesthaltige Produkte durchgesetzt werden. Heute sind in diesen Ländern nur noch entsprechende Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten erlaubt.

  • Von der ersten Exposition gegen Asbest bis zum Auftreten von Anzeichen einer asbestbedingten Erkrankung können mehrere Jahrzehnte vergehen, deshalb tickt in allen Ländern ohne Verbot eine gesundheitspolitische Zeitbombe.

Der Besondere Ausschuss für Prävention der IVSS ruft alle Länder auf, die Produktion, den Handel und die Verwendung aller Arten von Asbest und asbesthaltigen Produkten schnellstmöglich zu verbieten.

Prof. Dr. med. Rolf Merget

Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Institut der Ruhr-Universität, Bochum

Bürkle-de-la-Camp-Platz 1

44789 Bochum ·

Email: merget@bgfa.ruhr-uni-bochum.de

Prof. Dr. med. Rolf Merget

Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Institut der Ruhr-Universität, Bochum

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