Pneumologie 2005; 59(6): 376-377
DOI: 10.1055/s-2004-830301
Pneumologische Blickdiagnose
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Pulmonale Megakaryozytenembolien bei Osteomyelofibrose

Pulmonary Megacaryocyta-Embolism in Contact with OsteomyelofibrosisH.  Steppling1 , K.-M.  Müller2 , F.  Brasch2
  • 1Clemenshospital Münster, Klinik für Innere Medizin II - Pneumologie (Leiter Prof. Dr. med. Harald Steppling)
  • 2Institut für Pathologie, Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil/Ruhruniversität Bochum
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Prof. Dr. med. H. Steppling

Clemenshospital Münster Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie

Düesbergweg 124, 48153 Münster

Email: h.steppling@clemenshospital.de

Publication History

Publication Date:
01 July 2005 (online)

Table of Contents

Der 32 Jahre alte Patient wurde wegen zunehmender Belastungsdyspnoe sowie Husten und Auswurf stationär aufgenommen. Bei langjährigem inhalativem Zigarettenrauchen (20 pack years) war eine chronisch obstruktive Bronchitis vorbekannt. Die Thoraxübersichtsaufnahme im dorsoventralen Strahlengang (s. Abb. [1]) zeigte bds. eine vermehrte netzig streifige interstitielle Infiltratbildung links mehr ausgeprägt als rechts. In der Lungenfunktionsprüfung fand sich eine mittelgradige restriktive Ventilationsstörung (VC 2,6 Liter entsprechend 66 % des unteren Sollwertes), sowie eine erhebliche obstruktive Ventilationsstörung (Rtot 0,9 kPa/s/l). Es bestand eine leichtgradige respiratorische Partialinsuffizienz (PaO2 71 mm Hg).

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Abb. 1 In der Thoraxübersichtsaufnahme findet sich bds. basal eine vermehrte netzig streifige interstitielle Infiltratbildung links mehr ausgeprägt als rechts.

In der Computertomographie des Thorax (s. Abb. [2]) zeigte sich bds. mit Betonung des Lungenmantels eine milchglasartige Trübung des Lungenparenchyms.

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Abb. 2 Im Thorax-CT zeigt sich bds. mantelbetont eine milchglasartige Trübung des Lungenparenchyms.

Zur weiteren Abklärung des Krankheitsbildes erfolgte eine Fiberbronchoskopie in Lokalanästhesie mit BAL aus der Lingula sowie Entnahme von transbronchialen Zangenbiopsien aus den Segmenten 8, 9 und 10 der linken Lunge.

In der zytologischen Untersuchung des Bronchialsekrets fand sich eine mäßige granulozytäre Entzündung und Flimmerepithelhyperplasie. Kein Anhalt für Malignität. PAP-Klasse II. In der BAL ergab sich eine granulozytäre Alveolitis (polymorphkernige neutrophile Granulozyten 38 %, eosinophile Granulozyten 4 %, Alveolarmakrophagen 58 %).

Histologisch zeigte sich in den transbronchialen Lungenbiopsien in den Bronchus- bzw. Bronchioluswandstrukturen ein deutlich vermehrtes lymphozytäres Entzündungsinfiltrat. Die Alveolarsepten waren leicht verbreitert mit einem diskret vermehrten vorwiegend lymphozytären Entzündungsinfiltrat sowie intraalveolar vermehrt „Kondensatmakrophagen”.

In mehreren Kapillaren gequetschte größere Zellen nach Art wie Megakaryozyten. Intraalveolär vermehrt grünlich-bräunlich pigmentierte Makrophagen (s. Abb. [3] A-E). Die megakaryozytären Zellformen in den Lungenkapillaren zeigten mit dem Thrombozytenmarker CD 61 eine positive Reaktion. Neben der histologischen Diagnose einer Kondensatpneumopathie und RBILD wurde zusätzlich die Diagnose von kapillären Megakaryozytenembolien gestellt. Differenzialdiagnostisch war bei diesem sehr ungewöhnlichen Befund in erster Linie an eine Osteomyelofibrose zu denken, da es bei dieser Erkrankung zur vermehrten Ausschwemmung von Megakaryozyten in das Blut mit Entwicklung von kapillären Megakaryozytenembolien in der Lunge kommen kann [4].

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Abb. 3a-e a (links oben): Alveoläres Lungengewebe mit in den Alveolarsepten diskret vermehrt Entzündungszellen sowie fokal einer Ansammlung von bräunlich pigmentierten Alveolarmakrophagen („Kondensatmakrophagen”). b (rechts oben), c (Mitte links), d (Mitte rechts) und e (unten links): In den Lungenkapillaren wurmartig deformierte Megakaryozyten (b+c) mit immunhistochemisch einer eindeutigen Positivität mit dem „Megakaryozytenmarker” CD 61 (d+e).

In der daraufhin operativ entnommenen Knochen-PE aus dem Beckenkamm fand sich histologisch (s. Abb. [4A, B]) eine Osteosklerose und eine unregelmäßig fleckförmig verteilte Myelofibrose. Der Befund war mit einem myeloproliferativen Syndrom im Sinne einer Osteomyelofibrose vereinbar.

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Abb. 4a + b Fortgeschrittene Verfaserung des Knochenmarks (a) mit fokal einer verzögert ausreifenden Hämatopoese und atypischen Megakaryozyten (b).

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Zusammenfassende Beurteilung

Die von dem Patienten geklagte zunehmende Belastungsdyspnoe erklärt sich zum einen auf dem Boden der erheblichen obstruktiven Ventilationsstörung bei vorbekannter chronisch obstruktiver Bronchitis; zum anderen dürfte die histologisch diagnostizierte RBILD mit Kondensatpneumopathie ebenfalls ursächlich sein. Diese Krankheitsbilder sind mit den radiomorphologischen Befunden (Thoraxröntgenbild, Thorax-CT) zu vereinbaren.

Überraschenderweise fanden sich in den transbronchialen Lungenbiopsien kapilläre Megakaryozytenembolien. Es ist bekannt, dass myeloproliferative Grunderkrankungen zu Megakaryozytenembolien in die Alevolarkapillaren führen können [4]. Diese können zur Entwicklung einer pulmonal arteriellen Hypertonie mit konsekutivem chronischem Cor pulmonale führen [1] [2] [3]. Bei unserem Patienten fanden sich allerdings bislang echokardiographisch keine Hinweise für eine chronische Rechtsherzbelastung.

Eine Osteomyelofibrose geht in den meisten Fällen mit Veränderungen des peripheren Blutes einher (Leukozytose bzw. Leukopenie, Anämie mit Ausschwemmung unreifer erythropoetischer Vorstufen ins periphere Blut). Darüber hinaus findet sich meist eine Splenomegalie auf dem Boden der extramedullären Blutbildung. Diese Befunde waren bei unserem Patienten allerdings nicht zu erheben, so dass es sich wahrscheinlich um eine Frühform einer OMF handelt. Eine anderweitige Erklärung für die nachgewiesenen Megakaryozytenembolien im Kapillarbett der Lunge ergibt sich nach unserem Wissen jedenfalls nicht. Unser Patient befindet sich diesbezüglich in regelmäßiger hämatologischer Kontrolle. Unter systemischer Steroidmedikation (50 mg Prednisolon-Äquivalent Initialdosis) und Nikotinabstinenz hat sich die interstitielle Infiltratbildung im Bereich beider Lungenunterfelder rückgebildet; nach Ablauf von vier Monaten zeigte sich in der Lungenfunktionsprüfung keine restriktive Ventilationsstörung mehr. Eine respiratorische Partialinsuffizienz war ebenfalls nicht mehr nachweisbar.

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Literatur

  • 1 Dingli D, Utz J D, Krowka M J. et al . Unexplained pulmonary hypertension in chronic myeloproliferative diseases.  Chest. 2001;  120 801-808
  • 2 Gracia-Manero G, Schuster S J, Patrick H. et al . Pulmonary hypertension in patients with myelofibrosis secondary to myeloproliferative diseases.  Am J Hematol. 1999;  60 130-135
  • 3 Marvin K S, Spellberg R D. Pulmonary hypertension secondary to thrombocytosis in a patient with myeloid metaplasia.  Chest. 1993;  103 642-644
  • 4 Müller K-M, Müller A M. Pulmonale Hypertonie - Pathologische Anatomie.  Atemw Lungenkrkh. 2000;  26 346-353

Prof. Dr. med. H. Steppling

Clemenshospital Münster Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie

Düesbergweg 124, 48153 Münster

Email: h.steppling@clemenshospital.de

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Literatur

  • 1 Dingli D, Utz J D, Krowka M J. et al . Unexplained pulmonary hypertension in chronic myeloproliferative diseases.  Chest. 2001;  120 801-808
  • 2 Gracia-Manero G, Schuster S J, Patrick H. et al . Pulmonary hypertension in patients with myelofibrosis secondary to myeloproliferative diseases.  Am J Hematol. 1999;  60 130-135
  • 3 Marvin K S, Spellberg R D. Pulmonary hypertension secondary to thrombocytosis in a patient with myeloid metaplasia.  Chest. 1993;  103 642-644
  • 4 Müller K-M, Müller A M. Pulmonale Hypertonie - Pathologische Anatomie.  Atemw Lungenkrkh. 2000;  26 346-353

Prof. Dr. med. H. Steppling

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Abb. 1 In der Thoraxübersichtsaufnahme findet sich bds. basal eine vermehrte netzig streifige interstitielle Infiltratbildung links mehr ausgeprägt als rechts.

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Abb. 2 Im Thorax-CT zeigt sich bds. mantelbetont eine milchglasartige Trübung des Lungenparenchyms.

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Abb. 3a-e a (links oben): Alveoläres Lungengewebe mit in den Alveolarsepten diskret vermehrt Entzündungszellen sowie fokal einer Ansammlung von bräunlich pigmentierten Alveolarmakrophagen („Kondensatmakrophagen”). b (rechts oben), c (Mitte links), d (Mitte rechts) und e (unten links): In den Lungenkapillaren wurmartig deformierte Megakaryozyten (b+c) mit immunhistochemisch einer eindeutigen Positivität mit dem „Megakaryozytenmarker” CD 61 (d+e).

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Abb. 4a + b Fortgeschrittene Verfaserung des Knochenmarks (a) mit fokal einer verzögert ausreifenden Hämatopoese und atypischen Megakaryozyten (b).