Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) erlaubt gleichzeitig Visualisierung,
Identifikation und Lokalisierung von einzelnen Mikroorganismen in ihrem natürlichen
Habitat. Sie findet breite Anwendung bei umfassenden mikrobiologischen Fragestellungen
in Umwelt- und Biotechnologie sowie in der Human- und Veterinärmedizin und wird zunehmend
auch zu diagnostischen Zwecken in der medizinischen Mikrobiologie eingesetzt [1]
[2]
[3].
Das Prinzip der FISH von Bakterien beruht auf der spezifischen Hybridisierung von
fluoreszenzmarkierten Oligonukleotidsonden an ihre Zielsequenz, meist ribosomale RNA,
im morphologisch intakten Mikroorganismus [2]
[4]. Hierfür werden die Proben zunächst fixiert, um den Sonden die Diffusion in die
Bakterienzelle zu ermöglichen und RNAsen am Abbau der 16S rRNA zu hindern. Die ribosomale
RNA eignet sich deswegen sehr gut für die FISH, weil sie aufgrund ihrer Präsenz in
jedem bekannten, wie auch unbekannten Bakterium, der hohen Kopiezahl, sowie ihrer
evolutionär konstanten und variablen Bereiche ein ideales Zielmolekül für das Design
spezies- oder genus-spezifischer bzw. bakterieller, d. h. alle Bakterien erfassender
Sonden bildet. Nach der Fixierung der Probe wird ein Schnitt- oder Ausstrichpräparat
hergestellt und mit dem Sonden-Puffergemisch hybridisiert. Nach einem Waschschritt
wird das Präparat mit Eindeckmedium und Deckglas versehen und am Fluoreszenzmikroskop
ausgewertet.
Da man mit dieser Technik Bakterien nicht nur visualisieren und identifizieren kann,
sondern auch Informationen über ihre Anzahl und räumliche Verteilung erhält, hat sich
die FISH als wertvolles Werkzeug bei der Analyse komplexer Habitate in der Umwelt
etabliert [5].
Forschungsergebnisse der letzten Jahre weisen darauf hin, dass die natürliche Lebensform
der meisten Bakterien nicht das einzelne, planktonische Vorkommen ist, sondern dass
sie vielmehr in komplexen, sessilen Lebensgemeinschaften, so genannten Biofilmen existieren,
deren Architektur sich in idealer Weise mit der FISH darstellen lässt [6]
[7]
[8]
[9]. Bakterielle Biofilme haben nicht nur in der Umwelt, sondern gewinnen auch im medizinischen
Bereich eine zunehmend größere Bedeutung. Ein gut untersuchtes Beispiel für hochkomplexe
Biofilme ist die supragingivale bzw. subgingivale Plaque der Mundhöhle [10]
[11]. Aus molekularbiologischen Analysen wissen wir von der hohen Diversität der Mundflora,
die bis zu 500 Spezies umfasst, von denen bisher allerdings nur ca. die Hälfte kultivierbar
ist [12]. Molekular-epidemiologische Untersuchungen zeigten insbesondere eine hohe Prävalenz
von bisher nicht kultivierten, oralen Treponemen, welche sich dann in großer Zahl
durch die FISH darstellen ließen [13]
[14]. Während die reine Prävalenz die Pathogenität eines Mikroorganismus noch nicht beweist,
kann seine Visualisierung in Gewebsschnitten wichtige Indizien für seine Invasivität
liefern. So konnte exemplarisch für die Dermatitis digitalis, eine bakterielle Klauenerkrankung beim Rind, gezeigt werden, dass bisher nicht kultivierte
Treponemen zu den Vorreitern in tieferen Gewebsschichten gehörten [15].
Neben der Erforschung komplexer mikrobieller Habitate hat die FISH zunehmend Anwendung
in der mikrobiologischen Diagnostik gefunden. So wurde sie erfolgreich für die Differenzierung
von Erregern in positiven Blutkulturen eingesetzt. Bei der Sepsisdiagnostik ist eine
schnelle und möglichst gezielte Therapie von entscheidender Bedeutung [16]. Die diagnostische Routine umfasst momentan ein Grampräparat zur groben Einordnung
des Erregers mit nachfolgender Kultivierung über Nacht und biochemischer Differenzierung.
So werden bis zur endgültigen Speziesdifferenzierung in der Regel 1 - 2 Tage benötigt.
Mit der FISH kann bereits in weniger als 3 Stunden eine Speziesdifferenzierung herbeigeführt
werden (Abb. [1]) [17]
[18]
[19]. Weitere Vorteile gegenüber anderen molekularbiologischen Verfahren (Nukleinsäure-Amplifikationstechniken)
sind neben dem geringeren personellen und gerätetechnischen Aufwand auch erheblich
geringere Kosten. Auch eine Raumtrennung ist wegen der geringeren Kontaminationsgefahr
nicht nötig. Als Nachteil der Technik muss die allen mikroskopischen Methoden eigene,
relativ niedrige Sensitivität genannt werden. Daher findet diese Methode zurzeit vor
allen Dingen bei Krankheitsbildern Anwendung, bei denen mit hohen Keimzahlen gerechnet
werden kann.
Abb. 1 FISH von Ausstrichen zweier positiver Blutkulturen (A/B und C/D). Hybridisierung mit einer Staphylococcus genusspezifischen Sonde (A und C, grün) und simultan mit einer S. aureus spezifischen Sonde (B und D, orange) erlaubt die Differenzierung von S. aureus (C und D) gegenüber koagulasenegativen Staphylokokken (A und B).
In der Pneumologie spielen bakterielle Biofilme, z. B. bei der zystischen Fibrose,
eine wichtige Rolle. In Sputumproben solcher Patienten wurden semiquantitativ erfolgreich
Pseudomonas aeruginosa und qualitativ Stenotrophomonas maltophilia, Burkholderia cepacia, Haemophilus influenzae, Staphylococcus
aureus, Streptococcus pyogenes sowie Candida albicans mit Erfolg nachgewiesen [20]. So erlaubt die FISH eine schnelle Diagnostik akuter Exazerbationen und ein früheres
therapeutisches Einschreiten. Eine weitere diagnostische Anwendung besteht bei anspruchsvollen
oder langsam wachsenden Spezies, bei welchen die biochemische Differenzierung aufwendig
ist. Bei positiven Kulturen gelingt die Abgrenzung des Mycobacterium-tuberculosis-Komplexes gegenüber anderen Mykobakterien zurzeit nur mit langwierigen biochemischen
oder relativ aufwendigen, teuren NAT-Techniken. FISH stellt hier eine schnelle und
günstige Alternative dar. Allerdings penetrieren die üblicherweise für die FISH benutzten
Oligonukleotidsonden die mykolsäurehaltige Zellwand der Mykobakterien nur sehr schlecht
oder gar nicht. Hier finden PNA (peptide nucleid acid)-Sonden Anwendung, welche wegen
ihres ungeladenes Rückrats ungehindert in Mykobakterien eindringen können [21]
[22].
Ein häufiges Problem der mikrobiologischen Diagnostik ist die negative Kultur bei
positivem Keimnachweis im mikroskopischen Präparat. Dafür kann u. a. die bei Probennahme
bereits begonnene Antibiotikatherapie verantwortlich sein. An kulturnegativen Herzklappen
von Endokarditispatienten konnten mittels FISH ausgeprägte bakterielle Biofilme visualisiert
und mit genusspezifischen Sonden als Streptokokken identifiziert werden (Abb. [2]). So könnte diese Technik in Zukunft einen wertvollen Beitrag zur Endokarditisdiagnostik
leisten und auch den Nachweis schwer kultivierbarer Mikroorganismen, wie z. B. Tropheryma whipplei, erlauben [23].
Abb. 2 FISH eines Schnittes einer kulturnegativen Aortenklappe. Hybridisierung mit einer
bakteriellen Sonde (orange) zeigt einen ausgeprägten Biofilm (A), welcher sich ebenfalls mit einer Streptococcus genusspezifischen Sonde (grün) darstellen lässt (B).
Ein weiteres Beispiel für einen bisher nicht erfolgreich in vitro kultivierbaren Mikroorganismus ist Treponema pallidum, der Erreger der Syphilis. Auch diese Spirochäten lassen sich mit der FISH darstellen
und identifizieren [3].
Der kulturunabhängige Nachweis von Mikroorganismen hat neben den genannten Vorteilen
jedoch den Nachteil, dass keine Aussage über die Sensibilität gegenüber Antibiotika
getroffen werden kann. Eine Ausnahme hiervon bildet die Clarithromycin-Resistenz von
Helicobacter pylori, welche im 23S rRNA-Gen kodiert ist. Durch die Kombination einer speziesspezifischen
16S rRNA gerichteten Sonde mit Sonden, die Punktmutationen in der 23S rRNA erkennen,
konnte H. pylori nicht nur identifiziert, sondern gleichzeitig direkt in Magenbiopsien auch seine
Sensibilität gegenüber Clarithromycin zuverlässig bestimmt werden [24]
[25]. Da es zurzeit nur wenige kommerzielle FISH-Kits für den Nachweis von Bakterien
gibt, bleibt diese Methode bisher Laboratorien vorbehalten, die über ausreichende
molekulargenetische Expertisen in Sondendesign und -optimierung, sowie die Auswahl
von Positiv- und Negativkontrollen verfügen.
FISH ist ein viel versprechendes Verfahren, das sich zu einem wertvollen Instrument
für die mikrobiologische Routinediagnostik entwickeln kann. Sie schlägt eine Brücke
zwischen Molekulargenetik und konventioneller Fluoreszenzmikroskopie und eignet sich
damit auch für den Einsatz in den Laboratorien, die nicht die räumlichen, personellen
und auch finanziellen Voraussetzungen für eine zuverlässige und kosteneffiziente molekulargenetische
Diagnostik erfüllen.