Rofo 2004; 176(8): 1071
DOI: 10.1055/s-2004-830961
85. Deutscher Röntgenkongress

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Platinspiralen füllen Aneurysmata in Hirngefäßen schonend aus

Further Information

Publication History

Publication Date:
18 August 2004 (online)

 
Table of Contents

Aneurysmata in Hirngefäßen sind eine Zeitbombe. Rasende Kopfschmerzen, von denen die meisten Patienten sagen, sie hätten sie noch nie erlebt, weisen auf ein geplatztes Gefäß hin. In Deutschland gibt es jährlich ca. 5 500 bis 8 000 Subarachnoidalblutungen, die durch Aneurysmata verursacht wurden.

Häufig ist das Aneurysma ein Zufallsbefund. Wird es festgestellt, "so kann heute die Behandlung weitaus schonender erfolgen, als noch vor vielen Jahren", sagt Professor Michael Forsting, Essen. Nur noch in Ausnahmefällen müssten Neurochirurgen den Schädel öffnen, sich einen Weg durch das Hirn bahnen und das Aneurysma mit einer Klammer abklippen ("Clipping"). Stattdessen kommt die endovaskuläre Therapie zum Einsatz. Der Arzt führt dabei einen Mikrokatheter durch die Leistenarterie ein, schiebt ihn bis zum Aneurysma im Gehirn vor und füllt dann die Aussackung mit Platinspiralen ("Coils") aus.

#

Vorteile des "Coiling" zeigten sich in groß angelegter Studie

"Coiling" ist so viel risikoärmer als "Clipping", dass eine internationale vergleichende Studie mit 2 100 Patinenten an der Universität Oxford aus ethischen Gründen abgebrochen wurde. "Studienleiter Andrew Molyneux hielt es für unethisch, Patienten, die dafür in Frage kommen, nicht mit der sanfteren Methode zu behandeln", so Forsting. In Essen wird durchschnittlich ein Patient pro Tag mit der "Coiling-Methode" behandelt. An den Universitätskliniken Hamburg und München wird es immer häufiger eingesetzt. Forsting fordert: "Die Technik muss ausgeweitet werden, es müssen sich neben den ganz großen Zentren auch solche bilden, die 40 bis 50 Aneurysmen pro Jahr versorgen. Man sollte einen kreativen Blick auf die Landkarte werfen und Kliniken mit großen Neurologischen und Neurochirurgischen Abteilungen identifizieren und dort dann neuroradiologische Experten einstellen.

#

Die Nachblutungsquote kann durch "Hydrocoils" vermindert werden

Bisher wiesen Kritiker darauf hin, dass die minimal invasiven Eingriffe mit den Platinspiralen eine höhere Nachblutungsquote haben als die herkömmliche Behandlung. In einer klinischen Studie der Universität Essen konnte an 100 Patienten gezeigt werden, dass dies nicht so sein muss: Spezialbeschichtete, saugfähige Platinspiralen, so genannte "Hydrocoils", verringern das Risiko einer Nachblutung. Die Patienten bleiben etwa 3 Tage im Krankenhaus. Die Kosten des Coilings liegen einer amerikanischen Studie zufolge bei 16 500 Euro pro Patient. Die Operation am offenen Gehirn kostet annähernd 29 200 Euro.