DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2004; 2(03): 28-29
DOI: 10.1055/s-2004-830999
Focus
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Stuttgart

Mobilisation der Rippen - in die ein geschränkte oder in die freie Richtung?

Pro / Contra
N. N.
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Publication Date:
30 May 2005 (online)

Pro

Dr. med. Thomas Küttner, Zert. O.M., Facharzt für Orthopädie-Rheumatologie, Chirotherapie und Sportmedizin mit eigener Praxis in Gladbeck

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Beschwerden im Bereich des Thorax infolge dysfunktioneller Rippen finden sich sehr häufig bei den Patienten in unseren Praxen. Dabei tragen die Betroffenen stets die Sorge in sich, an einer Herzkranzgefäßverengung oder einer ernsthaften Lungenaffektion erkrankt zu sein.

Nachdem solche gravierenden, morphologischen Erkrankungen ausgeschlossen sind, können wir die Beschwerden dieser Patienten schlagartig und meist dauerhaft beseitigen, indem wir mit Muskelenergietechniken auf schonende Weise die dysfunktionellen Rippen in die eingeschränkte Richtung mobilisieren und damit die physiologischen Rippenbewegungen wiedererlangen, die dem Patienten sein volles Leistungsvermögen zurückgeben.

Nur in äußerst seltenen Fällen ist eine direkte Mobilisation der Rippe in die eingeschränkte Richtung erforderlich. Hierzu sollte aber unbedingt durch eine vorhergehende Röntgenuntersuchung eine Osteoporose ausgeschlossen werden.

Rezidive werden am besten vermieden, indem erst die somatische Störung und danach die verbliebene myofasziale Fehlspannung beseitigt wird.

Ein EKG wurde geschrieben. Es zeigte keine Veränderungen in der Reizleitung des Herzens. Die Lunge war perkutorisch und auskultatorisch unauffällig. Auch auf einer Röntgenaufnahme der Lunge konnten keine Veränderungen am Parenchym, an den Bronchien oder an der Pleura gefunden werden.

So kommt der Patient mit der Arbeitsdiagnose “Interkostalneuralgie” in die Praxis.

Der Verdacht des zuweisenden Kollegen, dass es sich um eine Funktionsstörung der Rippen handelt, bestätigt sich bei der Untersuchung schnell. Eine Ein- oder Ausatmungsstörung einer oder mehrerer Rippen ist oft die Ursache der den Patienten quälenden Brustkorbbeschwerden. Nun bietet die Osteopathie hier verschiedene Möglichkeiten einer Therapie. Der augenscheinlich sinnvollste Weg ist der von Harry Friedman D.O. in San Francisco empfohlene: Behandle erst die somatische Störung, dann beseitige die verbliebenen myofaszialen Fehlspannungen!

Somatische Störungen, also solche, die ihre Ursache im Bewegungsapparat haben, erfordern eine Behandlung der Gelenke, die bei diesem Behandlungsansatz als die Strukturen angesehen werden, von denen die Dysfunktion ausgeht. Auf die Empfehlungen von Mitchell und Greenman hin wird zunächst die dysfunktionelle “Schlüsselrippe” innerhalb der respiratorischen Dysfunktion mehrerer Rippen aufgesucht und diese auf strukturelle Läsionen untersucht. Die Behandlung zielt nun darauf ab, mit Muskelenergietechniken die Rippe aus ihrer dysfunktionellen Stellung heraus wieder in den Bewegungsverbund der benachbarten Rippen zu integrieren.

Dazu ist es unumgänglich, die Barriere aus der aktuellen, dysfunktionellen Ruhelage wieder in die normale Ruhelage zurückzubringen und damit der Barriere ihre Härte zu nehmen und ihr ihre Elastizität wiederzugeben.

Nur in äußerst wenigen Fällen - nach meiner bisherigen Erfahrung nur beim Hochstand der 1. Rippe - ist einmal eine direkte Mobilisation der Rippe erforderlich, um ihre Beweglichkeit wiederherzustellen.

Kontraindikationen bei der Behandlung mit Muskelenergietechniken beim Nachstellen der neugewonnenen Barriere im Sinne eines muskulären Ausbalancierens der Rippe gibt es nicht, da der Patient dabei - von der eingeschränkten Barriere weggerichtet - eine Muskelspannung aufbaut und der Therapeut nach der Entspannungsphase vorsichtig um den gewonnenen Raum die Rippe neu einstellt, ohne eine Spannung in der Barriere aufzubauen.

Dies ist dann erfolgreich möglich, wenn der Patient in der Lage ist, die entsprechende Muskulatur in die vom Therapeuten vorgegebene Richtung anzuspannen. Kontraindikationen bestehen lediglich bei der direkten Mobilisation der Rippe in die restriktive Barriere hinein. Hierbei sind die für diese Therapieform allgemein geltenden Kriterien maßgebend: eine Osteoporose oder Metastasen in der zu behandelnden Rippe müssen zuvor röntgenologisch ausgeschlossen werden.


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Fazit

Mit der Mobilisation von Rippen in die eingeschränkte Richtung (vorzugsweise mit Muskelenergietechniken) werden Rippendysfunktionen, die ihren Ursprung im Bewegungsapparat haben, erfolgreich behandelt. Der Erfolg der Behandlung ist durch die wiedergewonnenen Atemexkursionen sofort palpatorisch nachweisbar. Rezidive sind dadurch seltener zu beobachten als bei der ausschließlichen Verwendung von reinen myofaszialen Techniken.


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