Glossar
ADH = Antidiuretisches Hormon
HRS = hepatorenales Syndrom
RAAS = Renin-Angiotensin-Aldosteronsystem
SNS = sympathisches Nervensystem
SBP = spontane bakterielle Peritonitis
TIPS = transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt
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Diagnostik bei Aszites
Diagnostik bei Aszites
Unterschiedlichste Erkrankungen können mit Aszites einhergehen.In Deutschland
sind Leberzirrhose und Peritonealkarzinose die häufigsten Ursachen einer intraperitonealen
Flüssigkeitsansammlung. Seltenere Ursachen sind primäre Leberzellkarzinome oder
Lebermetastasen ohne Peritonealkarzinose bzw. nicht-maligne Ursachen wie Herzinsuffizienz,
Pankreatitis, Budd-Chiari-Syndrom, Tuberkulose, akute Virus- oder Fettleberhepatitis,
schwere Hypalbuminämie. Von therapeutischer Konsequenz ist die Differenzierung
zwischen Aszites bei malignen und nichtmalignen Grunderkrankungen sowie von infiziertem
und nicht infiziertem Aszites. Hier können häufig Anamnese, körperliche Untersuchung
und bildgebende Verfahren diagnostisch hilfreich sein. Zumeist aber, insbesondere
bei der Erstdiagnose, wird man weitere Aufschlüsse durch die Untersuchung der
Aszitesflüssigkeit selbst gewinnen (Abb. [1]).
Abb. 1 Vorgehen zur Differentialdiagnose des Aszites. Bei niedrigen Cholesterin- bzw.
Proteinkonzentrationen kann nach Ausschluss von Lebermetastasen oder hepatozellulärem
Karzinom von einem nicht malignen Aszites ausgegangen werden. Der Verdacht eines
malignen Aszites bei erhöhten Cholesterin- bzw. Proteinkonzentrationen kann durch
Zytologie, CEA oder andere Tumormarker bestätigt werden. Das Vorliegen einer spontanen
oder sekundären bakteriellen Peritonitis kann durch mikrobiologische Untersuchungen
und erhöhte Zahl von Granulozyten im Aszites erkannt werden.
Betont werden muss die Bedeutung der Ultraschalluntersuchung des Abdomens. Sie
ist besonders hilfreich zur Diagnose bzw. zum Ausschluss von Raumforderungen in
der Leber, aber auch zur Diagnose nicht maligner Ursachen des Aszites, z. B. einer
Pankreatitis. Die Duplex-Doppler-Sonographie kann den Verdacht auf ein Budd-Chiari-Syndrom
erhärten.
Für die klinische Routine empfiehlt sich zur Aszitesdiagnose nach Anamnese, Inspektion
und körperlicher Untersuchung die Ultraschalluntersuchung. Zur differentialdiagnostischen
Abgrenzung von malignem bzw. entzündlichem von nicht malignem bzw. nicht entzündlichem
Aszites sollten untersucht werden:
-
Zellzahl und Differenzierung (Grenzwert 500 Zellen/µl bzw. 250 Granulozyten/µl)
-
Zytologie (maligne Zellen)
-
Gesamteiweiß (Grenzwert 3 g/dl)
-
Cholesterin (Grenzwert 45 mg/dl)
-
Carcinoembryonales Antigen (CEA) (Grenzwert 2,5 ng/ml)
-
Bakteriologie mit Inokulation von aeroben und anaeroben Blutkulturflaschen
Therapie des hepatischen Aszites
Therapie des hepatischen Aszites
Hämodynamische Veränderungen und ihre Beziehung zu neurohumoralen Systemen stellen
einen wesentlichen Faktor in der Pathogenese des Aszites bei Zirrhose dar [2] [8]. Therapeutische Strategien für refraktären Aszites und hepatorenales Syndrom
müssen diese Veränderungen berücksichtigen, um eine Verschlimmerung der hyperdynamen
Zirkulation bei Zirrhose zu verhindern.
Die wesentlichen zirkulatorischen Veränderungen bei Patienten mit chronischen
Lebererkrankungen betreffen portale Hypertension und periphere arterielle Vasodilatation.
Dies führt zu einem reduzierten zentral effektiven Blutvolumen trotz einer Zunahme
des Gesamt-Blutvolumens [13]. In der Folge kommt es zu einer Aktivierung von Natrium- und Volumen-retinierenden
neurohumoralen Systemen, wie dem Renin-Angiotensin-Aldosteronsystem (RAAS), zu
einer Aktivierung des sympathischen Nervensystems (SNS) und zu einer nicht-osmotischen
Freisetzung von Argininvasopressin (ADH). Diese neurohumoralen Veränderungen bedingen
renale Natrium- und Wasserretention, was schließlich zur Akkumulation von
Aszites führt. Das hepatorenale Syndrom (HRS) stellt die schwerste Ausdrucksform
dieser zirkulatorischen Veränderungen mit hochgradig aktiviertem RAAS und SNS
dar.
Aktuelle therapeutische Strategien für Aszites und hepatorenales Syndrom berücksichtigen
diese pathophysiologischen Überlegungen: Der transjuguläre intrahepatische portosystemische
Shunt (TIPS) senkt den Pfortaderdruck, Infusion von Vasopressinanaloga und
Plasmaexpandern erhöhen den systemischen Gefäßwiderstand und das effektive Blutvolumen
bei Patienten mit Zirrhose.
kurzgefasst: Aktuelle Therapiestrategien für Aszites und hepatorenales Syndrom versuchen
die hämodynamischen Veränderungen in dieser Situation zu verbessern: Reduktion
des portalen Hypertonus, Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstandes und des zentral
effektiven Blutvolumens.
Refraktärer und rezidivierender Aszites
Ein Großteil der Patienten mit Leberzirrhose und Aszites lässt sich problemlos
mit dem konventionellen Stufenschema aus salzarmer Diät, Spironolakton und Furosemid
behandeln [8]. Bei Patienten mit refraktärem oder rezidivierendem Aszites gemäß der Definition
des International Ascites Club [2] stellt die therapeutische Parazentese mit Infusion von geeigneten Plasmaexpandern
(vorzugsweise Humanalbumin 6 - 8 g/l entferntem Aszites) seit einigen Jahren
die Behandlung der Wahl dar. Hierdurch lassen sich nach Parazentese häufig beobachtete
Komplikationen wie hämodynamische Veränderungen, Elektrolytentgleisungen und Nierenfunktionsverschlechterungen
verhindern [5]. Ein weiterer Vorteil bei hochdosierter Anwendung von Albumin bei Patienten
mit Zirrhose und Aszites zeigt sich im Falle einer neu aufgetretenen spontanen
bakteriellen Peritonitis. So wurde durch die Gabe von 1,5 g Albumin pro kg Körpergewicht
am Tag der Diagnosestellung sowie erneuter Gabe von 1 g pro kg KG am 3. Tag die
Häufigkeit von Nierenfunktionsstörungen (bei adäquater antibiotischer Therapie
in beiden Gruppen) von 33 % auf 10 % gesenkt und die Mortalität von 41 % auf
22 % reduziert [14].
Der transjuguläre intrahepatische portosystemische Shunt (TIPS) konnte in mehreren
kontrollierten Studien seine therapeutische Effizienz bei refraktärem Aszites
belegen. Eine Verbesserung des Patientenüberlebens konnte bislang jedoch nur in
einer Studie gezeigt werden [12]. Eine sorgfältige Auswahl der Patienten erscheint daher unabdingbar, um diese
positiven Ergebnisse zu reproduzieren. Bei Patienten mit einer Bilirubinkonzentration
< 5 mg/dl und ohne höhergradige (< Grad II) Enzephalopathie kann durch dieses
Verfahren zudem eine Verbesserung der Lebensqualität erzielt werden [9].
kurzgefasst: Unzureichendes Ansprechen auf adäquate Dosierung von Spironolacton und Furosemid
spricht für das Vorliegen eines refraktären oder rezidivierenden Aszites. In
dieser klinischen Situation stellt die therapeutische Parazentese die Therapie
der Wahl dar. Obligatorisch ist bei Parazentesemengen ab 5 l die Gabe von
geeigneten Plasmaexpandern. Hierbei ist Humanalbumin den synthetischen Plasmaexpandern
therapeutisch überlegen und weist keine relevanten Nebenwirkungen auf. TIPS
ist bei bestimmten Patienten (Bilirubin < 5 mg/dl, Enzephalopathie < Grad II)
der therapeutischen Parazentese überlegen und kann hier Überleben und
Lebensqualität verbessern.
Diagnostik und Therapie des hepatorenalen Syndroms
Diagnostik und Therapie des hepatorenalen Syndroms
Die diagnostischen Hauptkriterien gemäß International Ascites Club [2] sind in Tab. [1] dargestellt. Nach diesen Kriterien wird das HRS in zwei Formen eingeteilt, die
sich in ihrem klinischen Verlauf erheblich unterscheiden: Während der schwere
Typ 1 rasch progredient ist und ohne spezifische Therapie eine mediane Überlebenszeit
von unter einen Monat aufweist, stellt der Typ 2 die chronische und weniger schwere
Verlaufsform dar.
Tab. 1 Hauptkriterien des hepatorenalen Syndroms (Definition des International Ascites
Club).
<TD VALIGN="TOP">
- Leberversagen mit portaler Hypertension
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
- Typ 1: Serumkreatinin > 2,5 mg/dl oder GFR < 20 ml/min
(Anstieg innerhalb 2 Wochen um ≥50 % oder Abfall um 50 %)
- Typ 2: Serumkreatinin > 1,5 mg/dl oder GFR < 40 ml/min
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
- Ausschluss von Schock, florider bakterieller Infektion, nephrotoxischen Medikamenten
oder Volumenmangel
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
- Keine Besserung nach Absetzen der Diuretika und Gabe von
1500 ml NaCl 0,9 % i. v.
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
- Proteinurie < 0,5 g/d, unauffällige Nierensonographie
</TD>
Das hepatorenale Syndrom (HRS) stellt eine ernsthafte Komplikation bei Patienten
mit Leberzirrhose und Aszites dar und ist mit einer ungünstigen Prognose verbunden,
falls nicht rasch eine Lebertransplantation durchgeführt werden kann [4]. Der Verlauf nach Lebertransplantation scheint bei Patienten mit HRS ungünstiger
als bei Patienten, die vor Lebertransplantation noch eine normale Nierenfunktion
aufwiesen [6]. TIPS scheint die Nierenfunktion in günstiger Weise zu beeinflussen. Die mittlere
Überlebenszeit bei 14 Patienten, die mit HRS Typ I einen TIPS erhielten, lag bei
etwa 4 Monaten [3]. Ein erheblicher Prozentsatz der Patienten musste jedoch wegen deutlich eingeschränkter
Leberfunktion von diesem Verfahren ausgeschlossen werden. Auch deshalb wurden
lange Zeit pharmakologische Interventionen, wie etwa die niedrigdosierte Dopamininfusion,
empfohlen. Trotz einer verbesserten renalen Perfusion konnte diese Therapie
jedoch nicht die glomeruläre Filtrationsrate oder die Diurese bei Patienten mit
HRS steigern. Neuere Strategien, die an der peripheren Vasodilatation ansetzen
[10], oder die das Ansprechen auf Vasokonstriktoren verbessern [1], können die Nierenfunktion bei Patienten mit HRS signifikant verbessern. So
lag die Ansprechrate auf Terlipressin in einer großen retrospektiven Untersuchung
bei 58 % der Patienten mit einer einmonatigen Überlebenswahrscheinlichkeit von
40 % [10]. Eine in dieser Studie durchgeführte Multivarianzanalyse identifizierte die
Terlipressin-induzierte Verbesserung der Nierenfunktion sowie einen Child-Pugh-Score
≤ 11 Punkte als unabhängige Prädiktoren für einen günstigen Verlauf. Bei 13 von
99 Patienten wurde eine Lebertransplantation (92 ± 95 Tage nach Beginn des
HRS) durchgeführt, davon bei zehn Patienten, die auf die Terlipressin-Gabe angesprochen
hatten. Die durchschnittliche erforderliche Tagesdosis beträgt 3 mg verteilt auf
3 - 6 i. v. Bolusgaben. Eine längere Therapiedauer (im Mittel 11 Tage) scheint
mit einem besseren Ansprechen auf diese Therapie verbunden zu sein. Diese therapeutischen
Ansätze erscheinen daher eine sinnvolle Überbrückungsmaßnahme bis zu einer Lebertransplantation,
insbesondere weil hierdurch die Komplikationsraten ebenso wie das Überleben
nach Lebertransplantation auf ein Niveau verbessert werden können, wie es bei
Patienten beobachtet wird, die ohne HRS eine Lebertransplantation erhalten [11].
kurzgefasst: TIPS kann auch bei Patienten mit HRS die Nierenfunktion deutlich verbessern.
Die sehr schlechte Leberfunktion dieser Patienten stellt jedoch häufig eine Kontraindikation
dar. Terlipressin (in Kombination mit Albumin) kann bei etwa der Hälfte der
Patienten mit HRS die Nierenfunktion normalisieren. Dies verbessert auch die Überlebenswahrscheinlichkeit
und stellt daher eine sinnvolle Überbrückungsmaßnahme bis zur Durchführung einer
Lebertransplantation dar.
Fazit
Fazit
Körperliche Untersuchung und abdominelle Sonographie sind sensitive Verfahren
zur Diagnostik des Aszites. Bei jedem Patienten mit neu aufgetretenem Aszites
muss eine diagnostische Parazentese durchgeführt werden, um Exsudat, Transsudat
und infizierten Erguss differenzieren zu können. Patienten mit „unkompliziertem
Aszites” können gut nach dem herkömmlichen Stufenschema mit diätetischer Natriumrestriktion,
Aldosteronantagonisten und Schleifendiuretika behandelt werden. Bei massivem,
diuretikarefraktärem oder rezidivierendem Aszites empfiehlt sich zur initialen
Behandlung die therapeutische Aszitespunktion von mindestens 4 - 6 l mit nachfolgender
Infusion von Albumin bis zur weitgehenden Aszitesfreiheit und anschließende
Einstellung auf Diuretika. Der transjuguläre intrahepatische portosystemische
Shunt (TIPS) ist bei selektierten Patienten (Bilirubin < 5 mg/dl, Enzephalopathie
< Grad II) der therapeutischen Parazentese überlegen und kann bei diesen Patienten
Überleben und Lebensqualität verbessern. Zur Therapie des hepatorenalen Syndroms
kommt der TIPS wegen der häufig sehr stark eingeschränkten Leberfunktion nur gelegentlich
in Betracht. Hier haben pharmakologische Ansätze (Terlipressin) ihre Wirksamkeit
bewiesen. Die Lebertransplantation ist die einzige kurative Behandlung von refraktärem
Aszites und HRS und sollte bereits bei erstmaligem Auftreten von Aszites bei
geeigneten Patienten diskutiert werden.