Dtsch Med Wochenschr 2004; 129: S85-S86
DOI: 10.1055/s-2004-831381
Kurzübersicht
Dünn- und Dickdarm
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ziele und Verfahren der konservativen Therapie des Hämorrhoidalleidens

Conservative treatment of hemorrhoids: aims and proceduresH. Krammer1 , A. Herold2
  • 1II. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim
  • 2Enddarmzentrum Mannheim
Further Information

Prof. Dr. H. Krammer

II. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim

68135 Mannheim

Phone: 0621/3833284

Fax: 0621/3831994

Email: h.krammer@med.ma.uni-heidelberg.de

Publication History

eingereicht: 5.5.2004

akzeptiert: 22.7.2004

Publication Date:
15 September 2004 (online)

Table of Contents

Von vergrößerten Hämorrhoiden spricht man bei einer Hyperplasie des Corpus cavernosum recti. Hierbei handelt es sich um arterio-venöse Schwellkörper oberhalb der Linea dentata. Dieser Schwellkörper spielt eine wichtige Rolle in der Feinkontinenz [18]. Beim Hämorrhoidalleiden kommt es am häufigsten zu Blutungen (in der Regel beim oder nach dem Stuhlgang, fast immer hellrot). Symptome wie Nässen, Stuhlschmieren und Jucken sind Folge der gestörten Feinkontinenz. Diese Symptome sind nicht spezifisch für das Hämorrhoidalleiden, sondern sie sind auch bei vielen anderen proktologischen Erkrankungen in ähnlicher Weise vorhanden [8] [18].

Hämorrhoiden werden in Schweregrade I-IV eingeteilt (Tab. [1]).

Tab. 1 Klassifikation der Hämorrhoiden [8] [18].

Vergrößertes Corpus cavernosum, das besonders nach Betätigung der Bauchpresse im Proktoskop zu erkennen ist

II°

Prolabieren bei der Defäkation bis in den distalen Analkanal und retrahieren sich anschließend wieder spontan

III°

Prolabieren bei der Defäkation nach außen und retrahieren nicht spontan, manuell reponibel

IV°

Nicht mehr zu reponierende Hämorrhoiden, die häufig zu einem Prolaps des gesamten Analkanales führen

Die Ätiopathogenese des Hämorrhoidalleidens ist nicht vollständig geklärt. Neben einer familiären Häufung, die eine genetische Ursache nahelegt, wird die chronische Obstipation als wichtiger Faktor in der Ätiopathogenese angesehen. Zwar ist das Hämorrhoidalleiden von einer hohen primären spontanen Symptombesserung und -freiheit (65 % nach 4 Wochen) gekennzeichnet, jedoch kommt es häufig zu Rezidiven (40 % innerhalb von 4 Jahren) [7]. Darüber hinaus ist ohne eine Therapie mit einer ständigen Progredienz der Beschwerden und der morphologischen Befunde zu rechnen. Bei der Therapie unterscheidet man zwischen kausaler (Stuhlgangregulierung) und symptomatischer (Sklerosierung, Gummiringligatur, Infrarotkoagulation, Operation) Therapie [2] [3] [6] [8].

#

Stuhlgangregulierung

Bei der kausalen Behandlung steht die physiologische Stuhl- gangregulierung mit z. B. ballaststoffreicher Ernährung an erster Stelle. Besonders hilfreich ist die Einnahme von Quellmitteln wie Flohsamenschalen, die durch eine geformte Stuhlsäule über den rektoanalen inhibitorischen Reflex zu einer Erschlaffung des unwillkürlichen Sphincter ani internus und damit zu einer vollständigen Entleerung der Hämorrhoidalkonvolute bei der Defäkation führen. Dadurch wird wiederum eine Traumatisierung der Hämorrhoidalgefäße verhindert. Bei ständig dünnem Stuhlgang kann der gleiche Effekt durch tägliche Sphinkterdehnung mit einem Analdehner erreicht werden. Es konnte insbesondere bei Obstipierten gezeigt werden, dass mit Hilfe einer ballaststoffreichen Kost die auf Hämorrhoiden zurückzuführenden Blutungen ebenso günstig beeinflusst werden wie durch eine Sklerosierungsbehandlung [1].

#

Proktologika

Eine lokale Behandlung mit Proktologika (Salben, Suppositorien oder Analtampons) kann zur kurzfristigen Besserung der Symptome eines Hämorrhoidalleidens und so zu einer temporären Linderung führen. Sie stellen keine kausale Therapie dar. Darüber hinaus besteht die Gefahr einer verzögerten und unzureichenden Diagnostik [14]. Steroidale Antiphlogistika kommen beim Analekzem, nichtsteroidale Antiphlogistika bei Schmerzen, Lokalanästhetika bei Schmerzen und Juckreiz sowie die Adstringentia beim nässenden Ekzem kurzfristig zum Einsatz.

Nachweisbare und wirksame therapeutische Effekte sind beim Hämorrhoidalleiden von der Sklerosierung, Infrarotbehandlung, Gummiringligatur, Arterienligatur und Operation zu erwarten [6].

Diese Behandlungsmethoden dürften aber nicht das Ziel haben, die Hämorrhoiden zu beseitigen, sondern lediglich die Beschwerden zu beheben. Deshalb sollte jede dieser Behandlungsarten auch nur vorgenommen werden, solange Beschwerden bestehen. Die einzelnen Behandlungsverfahren haben dabei ihren bestimmten Indikationsbereich [11].

#

Sklerosierungsbehandlung

Die Sklerosierung der Hämorrhoiden kann nach Blond oder Blanchard bzw. Bensaude vorgenommen werden. Beide Methoden sind die Therapie erster Wahl bei Hämorrhoiden I.°. Bei der Blond’schen Methode wird die Sklerosierungslösung (z. B. Polidocanol, mindestens 10 %) im Blond’schen Proktoskop tropfenweise zirkulär oberhalb der Linea dentata submukös injiziert. Dafür sind 0,5 - 1,0 ml Sklerosierungslösung ausreichend, die im Abstand von 14 Tagen 2 - 3mal verabreicht werden [2] [3].

Bei der Sklerosierungstechnik nach Blanchard bzw. Bensaude werden je 1 - 3 ml einer Phenol-Mandellösung oder einer Phenol-Erdnussöllösung in den Bereich der zuführenden Hämorrhoidalarterien bei 3, 7 und 11Uhr in Steinschnittlage appliziert. Auch bei dieser Technik sind allenfalls 2 - 3 Behandlungen im Abstand von 2 Wochen nötig, um die bei Hämorrhoiden I.° auftretenden Beschwerden zu beseitigen [4] [5]. Der Einsatz von öligem Phenol als Verödungsmittel ist in Deutschland aufgrund der Toxizität problematisch. Die Sklerosierung hatte eine durchschnittliche primäre Erfolgsrate von 80 %, jedoch eine Rezidivrate von 75 % in den ersten 4 Jahren. Kontraindikationen sind ein akuter Schub einer Colitis ulcerosa, anale Mitbeteiligung bei Morbus Crohn, Immunsupressionen und hämorrhagische Diathese (anhaltende hämorrhoidale Blutungen marcumarisierter Patienten gestatten allerdings eine Sklerosierung) [13] [15].

#

Infrarotkoagulation

Bei der Infrarotkoagulation verwendet man ein Infrarotkoagulator in Pistolenform, mit dem die im vorn offenen Proktoskop dargestellten Hämorrhoiden behandelt werden. Der therapeutische Effekt ist auf Infrarotstrahlen zurückzuführen, die mit einer Temperatur von ca. 100 °C zu einer oberflächlichen Nekrose des Gewebes führen. Pro Sitzung sollten nicht mehr als 4 Koagulationen gesetzt werden. Nach 2 Sitzungen im Abstand von 2 Wochen ist mit einem Erfolg von etwa 75 % zu rechnen [10].

#

Gummiringligatur

Knotig vergrößerte Hämorrhoiden lassen sich sehr elegant und einfach mit kleinen Gummiringen beseitigen. Dazu hat Blaisdell 1954 ein Verfahren entwickelt, das von Barron modifiziert und heutzutage als Therapie erster Wahl zur Behandlung von Hämorrhoiden II.° gilt. Mit Hilfe eines speziellen Applikators werden im vorn offenen Proktoskop knotig vergrößerte Hämorrhoiden ligiert. Innerhalb kurzer Zeit führt dies zu einer Nekrose und in den folgenden Tagen zu einem Abstoßen des toten Gewebes. Die Gummiringe dürfen unter keinen Umständen unterhalb der Linea dentata platziert werden, sondern nur in dem nicht sensiblen Bereich oberhalb dieser Linie. Sonst ist über mehrere Tage mit starken Schmerzen zu rechnen. Einige Autoren empfehlen, die Gummiringe nicht unbedingt auf die Hämorrhoidalpolster zu platzieren, sondern besser oberhalb, um damit die Schleimhaut zu raffen. Wenn die Beschwerden nach der ersten Behandlung abgeklungen sind, braucht eine weitere Therapie nicht zu erfolgen. Andernfalls empfiehlt sich eine zweite Sitzung nach 3 - 4 Wochen. Einer Erfolgsrate von über 95 % steht eine Rezidivrate von 25 % innerhalb von 4 Jahren gegenüber. An mögliche Komplikationen ist neben beachtlichen Schmerzen auch mit starken teils lebensbedrohlichen Blutungen zu rechnen. Diese können erst 2 - 3 Wochen nach der Behandlung auftreten. Wie bei der Sklerosierung ist an eine Endokarditisprophylaxe zu denken [9] [12] [18] [16].

Führt die genannte Therapie der Hämorrhoiden II° nicht zum Erfolg, kommen wie bei den Hämorrhoiden III° und IV° operative Verfahren zum Einsatz [19].

#

Fazit

Insgesamt bietet die stadienorientierte Therapie des Hämorrhoidalleidens mit konservativen und operativen Maßnahmen eine hohe Heilungschance mit niedrigem Komplikations- und Rezidivrisiko.

#

Literatur

  • 1 Brühl W, Schmauz R. Injection Sclerotherapy and a Bulk Laxative in the Treatment of Bleeding Grade 1 Hemorrhoids.  Coloproctology. 2000;  22 211-217
  • 2 Brühl W, Schmauz R. Zur Verödungstechnik der Hämorrhoiden nach Blond.  Coloproctology. 1991;  13 344-347
  • 3 Brühl W. Zur Indikation der Sklerosierungsbehandlung nach Blond beim Haemorrhoidalleiden.  Akt Koloproktologie. 1988;  8 154-161
  • 4 Gartell P, Sheridan R, McGinn F. Out-patient treatment of hemorrhoids: a randomized clinical trial to compare rubber band ligation with phenol injection.  Br J Surg. 1985;  72 478-479
  • 5 Greca F, Hares M, Nevah E. et al . A randomised trial to compare rubber band ligation with phenol injection for treatment of hemorrhoids.  Br J Surg. 1981;  68 250-252
  • 6 Johanson J, Rimm A. Optimal nonsurgical treatment of hemorrhoids: a comparative analysis of infrared coagulation, rubber band ligation, and injection sclerotherapy.  Am J Gastroenterol. 1992;  87 1600-1606
  • 7 Jensen S L, Harling H, Arseth-Hansen P, Tange G. The natural history of symptomatic haemorrhoids.  Int J Colorect Dis. 1989;  4 41-44
  • 8 Kirsch J. Ambulante Haemorrhoidenbehandlung - Nutzen und Risiko.  Aktuelle Chirurgie. 1989;  24 253-259
  • 9 Komborozos V, Skrekas G, Pissiotis C. Rubber band ligation of symptomatic internal hemorrhoids: results of 500 cases.  Dig Surg. 2000;  17 71-76
  • 10 Leicester E, Nicholls R, Mann C. Infrared coagulation : a new treatment for hemorrhoids.  Dis Colon Rectum. 1981;  24 602-605
  • 11 MacRae H, McLeod R. Comparison of hemorrhoidal treatment modalities: a meta-analysis.  Dis Colon Rectum. 1995;  38 687-694
  • 12 Pezzulo A, Palladino E. Rubber band ligation of hemorrhoids. 5-year follow-up.  G Chir. 2000;  21 253-256
  • 13 Ribbans W, Radcliffe A. Retroperitoneal abscess following sclerotherapy for hemorrhoids.  Di▴ Colo Rec▾u○. 1985;  28(✓) 188-189
  • 14 Rohde H. Hämorrhoidenmittel - Placebo oder mehr?.  Dtsch Ärztebl. 2002;  99 1133
  • 15 Shemesh E, Kodner I, Fry R. et al . Severe complication of rubber band ligation of internal hemorrhoids.  Dis Colon Rectum. 1987;  30 199-200
  • 16 Sim A, Murie J, Mackenzie I. Three year follow-up study on the treatment of first and second degree hemorrhoids by sclerosant injection or rubber band ligation.  Surg Gynecol Obstet. 1983;  157 534-536
  • 17 Spallanzani A l. Rubber band ligation of hemorrhoids. Our experience.  Minerva Chir. 1997;  52 1047-1051
  • 18 Stelzner F, Staubesand J, Machleidt H. Das corpus cavernosum recti - die Grundlage der inneren Haemorrhoiden.  LangenbeckŽs Arch Chir. 1962;  299 302-312
  • 19 Walker A, Leicester R, Nicholls R. et al . A prospective study of infrared coagulation, injection and rubber band ligation in the treatment of hemorrhoids.  Int J Colorectal Dis. 1990;  5 113-116

Prof. Dr. H. Krammer

II. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim

68135 Mannheim

Phone: 0621/3833284

Fax: 0621/3831994

Email: h.krammer@med.ma.uni-heidelberg.de

#

Literatur

  • 1 Brühl W, Schmauz R. Injection Sclerotherapy and a Bulk Laxative in the Treatment of Bleeding Grade 1 Hemorrhoids.  Coloproctology. 2000;  22 211-217
  • 2 Brühl W, Schmauz R. Zur Verödungstechnik der Hämorrhoiden nach Blond.  Coloproctology. 1991;  13 344-347
  • 3 Brühl W. Zur Indikation der Sklerosierungsbehandlung nach Blond beim Haemorrhoidalleiden.  Akt Koloproktologie. 1988;  8 154-161
  • 4 Gartell P, Sheridan R, McGinn F. Out-patient treatment of hemorrhoids: a randomized clinical trial to compare rubber band ligation with phenol injection.  Br J Surg. 1985;  72 478-479
  • 5 Greca F, Hares M, Nevah E. et al . A randomised trial to compare rubber band ligation with phenol injection for treatment of hemorrhoids.  Br J Surg. 1981;  68 250-252
  • 6 Johanson J, Rimm A. Optimal nonsurgical treatment of hemorrhoids: a comparative analysis of infrared coagulation, rubber band ligation, and injection sclerotherapy.  Am J Gastroenterol. 1992;  87 1600-1606
  • 7 Jensen S L, Harling H, Arseth-Hansen P, Tange G. The natural history of symptomatic haemorrhoids.  Int J Colorect Dis. 1989;  4 41-44
  • 8 Kirsch J. Ambulante Haemorrhoidenbehandlung - Nutzen und Risiko.  Aktuelle Chirurgie. 1989;  24 253-259
  • 9 Komborozos V, Skrekas G, Pissiotis C. Rubber band ligation of symptomatic internal hemorrhoids: results of 500 cases.  Dig Surg. 2000;  17 71-76
  • 10 Leicester E, Nicholls R, Mann C. Infrared coagulation : a new treatment for hemorrhoids.  Dis Colon Rectum. 1981;  24 602-605
  • 11 MacRae H, McLeod R. Comparison of hemorrhoidal treatment modalities: a meta-analysis.  Dis Colon Rectum. 1995;  38 687-694
  • 12 Pezzulo A, Palladino E. Rubber band ligation of hemorrhoids. 5-year follow-up.  G Chir. 2000;  21 253-256
  • 13 Ribbans W, Radcliffe A. Retroperitoneal abscess following sclerotherapy for hemorrhoids.  Di▴ Colo Rec▾u○. 1985;  28(✓) 188-189
  • 14 Rohde H. Hämorrhoidenmittel - Placebo oder mehr?.  Dtsch Ärztebl. 2002;  99 1133
  • 15 Shemesh E, Kodner I, Fry R. et al . Severe complication of rubber band ligation of internal hemorrhoids.  Dis Colon Rectum. 1987;  30 199-200
  • 16 Sim A, Murie J, Mackenzie I. Three year follow-up study on the treatment of first and second degree hemorrhoids by sclerosant injection or rubber band ligation.  Surg Gynecol Obstet. 1983;  157 534-536
  • 17 Spallanzani A l. Rubber band ligation of hemorrhoids. Our experience.  Minerva Chir. 1997;  52 1047-1051
  • 18 Stelzner F, Staubesand J, Machleidt H. Das corpus cavernosum recti - die Grundlage der inneren Haemorrhoiden.  LangenbeckŽs Arch Chir. 1962;  299 302-312
  • 19 Walker A, Leicester R, Nicholls R. et al . A prospective study of infrared coagulation, injection and rubber band ligation in the treatment of hemorrhoids.  Int J Colorectal Dis. 1990;  5 113-116

Prof. Dr. H. Krammer

II. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim

68135 Mannheim

Phone: 0621/3833284

Fax: 0621/3831994

Email: h.krammer@med.ma.uni-heidelberg.de